Ein Ausflug nach Ostia

  • Noch schien die Stadt wie ausgestorben. In den sonst so gefüllten Einkaufsstraßen herrschte noch gähnende Leere. Nur einige wenige Sklaven die man losgeschickt hatte, um Besorgungen zumachen, sah man gelegentlich vorbei huschen. Die ersten Händler, die ihre Waren auf den Märkten feilbieten wollten, waren noch dabei ihre Stände zu bestücken. Der Morgen war frisch. Ein leichter Wind wehte, vom Meer kommend und der Himmel war leicht bewölkt. Nichts sprach dagegen, dass dies ein schöner Frühlingstag werden würde. In der Nacht hatte es zwar geregnet. Aber die Regenwolken waren schon weiter gezogen. Nur noch Schäfchenwolken waren übrig geblieben. Die Straße war noch nass und die Feuchtigkeit in der Luft übertünchte etwas den Gestank, der von der Stadt ausging.
    Noch schlief Rom. Ganz Rom? Nein!
    Zwei Reiter, ein Mann, dicht gefolgt von einer jungen Frau, hatten die Gunst der Stunde genutzt und ritten durch die verwaisten Straßen der Stadt. Sie wollten die Porta Raudusculana erreichten. Jenes Stadttor, welches man durchqueren musste, wenn man nach Ostia reisen wollte. Dadurch dass sie ein gutes Durchkommen hatten, war ihr erstes Etappenziel bald erreicht.
    Nun hatten sie auch die Enge der Stadt hinter sich gelassen und für die Reiterin zumindest, war es, wie eine Befreiung....


    So früh hatte ich die Stadt noch nicht gesehen. Rom war mir nur als laute überfüllte und stinkende Stadt bekannt. Hatte ich anfänglich noch Bedenken, wegen dieses Ausfluges gehabt, so fielen diese langsam von mir ab und so etwas wie Freude spürte ich plötzlich in mir. Ein Gefühl, was mir beinahe schon fremd geworden war. In letzter Zeit hatte es wenig Anlass zur Freude in meinem Leben gegeben.
    Es kam mir so vor, als wolle Carmelina, das Pferd, auf dem ich Ritt, das ihrige dazu beitragen, um mir diesen Tag so angenehm wie möglich zu machen. Ihr sanftes Wesen war mir nicht entgangen und so hatte ich sofort Freundschaft mit dem Tier geschlossen.
    Ich ritt stets dicht hinter Aquilius her. Ohne ihn hätte ich mich sicher verirrt. Bald schon erreichten wir ein Tor. Dieser Moment, so unbedeutend er vielleicht für Aquilius gewesen sein mochte, für mich war es etwas Besonderes. Mir schien es eine Ewigkeit her zu sein, seit ich diese Stadt betreten hatte. Damals geschah es aus Zwang. Nach einer sehr langen Reise hatte man mich in Ketten in diese Stadt geschleift. Nun verließ ich sie zum ersten Mal. Diesmal waren die Ketten unsichtbar, doch sie waren noch da. Jeden Tag konnte ich sie spüren.
    Das Gefühl der scheinbaren Freiheit zu erfahren, wirkte überwältigend auf mich. Vor uns lag eine gepflasterte Straße, gesäumt von Bäumen, die den Fluss zu begleiten schien. Erstmals hatte ich ein Auge für die Landschaft. Sie war so ganz anders, wie ich es von meiner Heimat gewöhnt war. Nicht so rau, eher etwas sanfter. Ich war guter Dinge und am liebsten hätte ich meine Freude hinausgeschrieen und wäre ich mit Carmelina davon galoppiert. Doch nichts von allem ließ ich zu. Schweigsam, doch innerlich voller Freude, ritt ich meinem Herrn hinterher.


  • Der frische, kühle Morgen weckte meine Lebensgeister gründlicher und schneller, als ich es mir ausgemalt hatte - und als wir endlich aus Rom hinaus waren, schien mir eine Zentnerlast an Verantwortlichkeiten und Pflichten von den Schultern zu fallen. Der letzte Ausflug nach Ostia schien eine halbe Ewigkeit her zu sein, und doch konnte ich mich an jedes Detail so genau erinnern, als sei es erst gestern geschehen - und dieser Ausflug mit Aurelia Prisca war mit auch einer der Gründe, warum ich mich heute abermals zu Roms Hafen begab. Lapsus' kräftige Muskeln zwischen meinen Schenkeln arbeiten zu fühlen ließ mich an jene stundenlange Ausritte denken, die ich einstmals unternommen hatte, in einer Zeit weit vor meinem Fieber, vor der damit einhergehenden Verzweiflung, dem verlorenen Leben, den verwischten Erinnerungen und dem mühsamen Neuentdecken, Wiederentdecken meiner Identität. Der weite Blick auf das Rom umgebende Land ließ mich aufatmen, und ich ließ die inneren Fesseln mit einem leisen, ebenso innerlichen Juchzen zurück. Manius würde wohl nie verstehen können, warum ich mich in Rom unfrei fühlte, aber wenn man die schroffe Herzlichkeit Hispanias gewöhnt war, würde man niemals Roms unterwürfige Art zu schätzen wissen, und ebensowenig den Dolch, den man dort schnell in den Rücken gerammt bekam.


    Ich wandte den Kopf zu Bridhe, die lebendiger wirkte als die ganze letzte Zeit zusammen, und musste unwillkürlich lächeln. So viel schöner war sie auf diese Weise, und ich rief ihr zu: "Wie schnell kannst Du reiten, Bridhe? Lass uns ein kleines Rennen versuchen, noch ist die Straße frei genug!" Mit einem leichten Grinsen auf den Lippen trieb ich Lapsus voran, der vorfreudig schnaubte - er war immer erst dann glücklich, wenn er an seine Grenzen geführt wurde, und nachdem wir ohnehin nicht am gleichen Tag zurückkehren würden, konnten wir uns kleine Renneskapaden durchaus einmal gönnen. Je weiter wir schnell von Rom weg waren, desto besser, am liebsten wäre ich einige Tage, wenn nicht Wochen ferngeblieben, aber dies war ebensowenig möglich wie ein anderes Leben für mich in Frage kam als jenes, das ich mir bereits gewählt hatte.
    Der würzige Duft früher Gräser lag in der kühlen Luft, und es fehlte nicht viel, ich hätte zu singen begonnen (wäre ich darin irgendwie begabt gewesen), auf jeden Fall war mir sehr danach und ich hatte mir so einiges für diesen Tag erhofft - und seien es nur einige Stunden, in denen ich einfach nur ein Mensch sein konnte, der mit einem anderen Menschen gemeinsam auf reisen war und dieses genoss.

  • Das ließ ich mir nicht zweimal sagen! Als hätte ich auf dieses eine Wort gewartet, trieb ich sofort Carmelina an, auf das sie schneller zu laufen. Ich sparte mir die Antwort auf seine Frage und demonstrierte Aquilius einfach, wie schnell ich mich zu reiten traute. Sicher hatte er nicht damit gerechnet, als ich es ihm gleichtat und beinahe hätte ich es geschafft, an ihm vorbei zu galoppieren. Ich redete Carmellina gut zu, damit sie noch schneller wurde. Immer schneller und schneller galoppierte sie davon. Wobei es mir eigentlich gleich war, dieses Rennen nun zu gewinnen oder nicht. Einzig und allein die Freude, die ich dabei empfand war mir wichtig. Ich spürte auch, wie sehr es Carmelina genoss, das zu tun, wofür sie bestimmt war. Ich hatte ihre Zügel fest in der Hand und saß sicher im Sattel. So wie ihre schwarze Mähne, flatterte auch mein Umhang im Wind und wir beide, Pferd und Reiterin erfreuten uns an der Freiheit, auch wenn sie doch nur ein Trugbild war. Wie sehr hatte ich mich danach gesehnt. Beinahe hatte Ich schon vergessen, wie sich Freiheit anfühlte. Die Nadel in meinen Haaren hatte sich gelöst und so lösten sich auch meine Haare aus ihrer Frisur und flatterten ebenfalls im Wind. Von weitem konnte man bereits die Frische des Meeres erahnen. Ich konnte es kaum noch erwarten, endlich wieder einmal das Meer zu sehen. Doch zuvor sah ich mich an der dahinziehenden Landschaft satt. Zu dieser Jahreszeit waren die Wiesen in sanftes grün gehüllt. Später im Jahr, wenn die unerbittliche Sommersonne das Land verbrannte, würden diese Wiesen gelb gefärbt sein. Ich genoss dieses Rennen in vollen Zügen und hatte schon alles um mich herum vergessen, wäre dann auf einmal nicht dieses penetrante Gefühl gewesen, welches sich von der Magengegend seinen Weg nach oben bahnen wollte. Wie aus dem Nichts überfiel mich diese Übelkeit und da ich mittlerweile damit schon einiges an Erfahrung gesammelt hatte, wusste ich auch genau, was nun kommen würde. Geistesgegenwärtig riss ich an den Zügeln des Pferdes, so dass Carmelina abrupt stehen blieb. In meiner Not achtete ich auch nicht mehr auf Aquilius. Mit letzter Kraft, schaffte ich es vom Pferd und schlug mich in die Busche und tat das, was die Natur verlangte.
    Völlig erledigt und außer Atem, verharrte ich etwas abseits. Ich musste sicher ein grauenvoller Anblick für jeden gewesen sein, der mich so sah. Diese ungebändigte Freude, die ich soeben noch auf dem Rücken des Pferdes empfunden hatte, sie war wie weg gespült. Stattdessen war ich auf den Boden der Tatsachen zurückgekehrt. Diese Einsicht war mehr als ernüchternd.

  • Ich musste lachen, als sie mit Carmelina lospreschte und sich reichlich Mühe gab, mich und Lapsus abzuhängen - dass sie gleich so begeistert auf meine Herausforderung einging, damit hatte ich nun nicht unbedingt gerechnet, aber es freute mich umso mehr. So lenkte ich meinen kräftigen Hengst der zierlicheren Stute hinterher und gab mir Mühe, nicht zu schnell zu werden. Zum einen sollte Bridhe ruhig ein Erfolgserlebnis haben, zum anderen wollte ich Lapsus nicht gleich zu Beginn des Tages seine Grenzen ausloten lassen, wir hatten schließlich noch eine gute Strecke des Weges vor uns. Dass sich ihr Haar löste, gefiel mir zudem auch - eine neue Nadel konnte man immernoch kaufen - und es verlieh ihr einen wilden, urtümlichen Reiz, sodass ich unwillkürlich mein Herz schneller schlagen fühlte, wie immer, wenn mich eine Frau zu fesseln verstand. Bridhe war wohl wirklich nicht für ein Leben in Ketten geboren, das hatte ich schon gewusst, als ich sie gekauft hatte, und es zeigte sich an diesem einfachen Tag einmal mehr, da sie vor mir davongalloppierte und ich den Hauch einer Ahnung dessen erhielt, wie sie sein konnte, wenn sie zufrieden und glücklich war.


    Als sie ihr Tier zügelte und innehielt, wäre ich mit Lapsus fast in sie hineingekracht, aber der Hengst reagierte schneller als ich und wich aus, bis ich ihn schließlich auch bremsen konnte, und zu ihr zurückritt. Er schnaubte unwillig, wollte er doch das Vergnügen des schnellen Ritts nicht gerne aufgeben, aber mir war Bridhe wichtiger. Ich saß ab und ging ihr hinter den Busch nach, wobei mir ein allzu charakteristisches Geräusch schnell verriet, was geschehen war. Still wartete ich ab, holte aus meiner Satteltasche den Wasserschlauch und ein Tuch, tränkte es mit dem Wasser und hielt es ihr stumm hin, als sie sich wieder erhob, und scharrte etwas der Erde über ihr Erbrochenes, als sie sich abtupfte. "Spül Dir besser den Mund aus, sonst verdirbt Dir der Geschmack den ganzen Tag, und das muss ja nicht sein, hm?" sagte ich mit einem leichten Lächeln und legte den Arm kurzerhand um sie. Letztendlich war das eine der unvermeidlichen Folgen der Schwangerschaft, und da musste sie eben durch - wenngleich nicht alleine. Ich war ja nicht unschuldig an ihrem Zustand. "Wenn es Dir besser geht, reiten wir weiter .. aber nicht mehr so schnell. Schließlich haben wir es nicht eilig und spätestens jetzt dürfte nichts mehr in Deinem Magen sein, das raus will." Wer hätte gedacht, dass sie einmal davon profitieren würde, dass ich als junger Mann hemmungslos gesoffen (und ebenso hemmungslos am morgen danach wieder alles ausgekotzt) hatte - ich hatte Übung mit peinlichen Szenen dieser Art.

  • Ich brauchte einige Zeit, um wieder zu mir selbst zu kommen. Allmählich entkrampfte sich mein Körper und ich nahm Aqulius wahr, der bereits vor mir stand und mir ein mit Wasser durchtränktes Tuch entgegen hielt. Verschämt sah ich zu ihm auf und nahm das Tuch dankend an mich. Mit dem Wasser spülte ich anschließend meinen Mund aus. So konnte ich wenigstens den üblen Geschmack loswerden. Das flaue Gefühl im Magen blieb allerdings, so wie es jeden Morgen blieb, auch wenn ich mich schon übergeben hatte.


    Es tut mir Leid, dominus. Diese Übelkeit überkommt mich jeden Morgen. Ich hätte heute morgen, vor unserem Aufbruch etwas trockenes Brot essen sollen.


    Als er seinen Arm um mich legte, ging es mir gleich besser. Dieses wohlige Gefühl von Nähe und diese einfache Geste von Zuneigung, die nicht vieler Worte bedurfte, tat so gut. Ich schmiegte ich mich an seinen Arm und genoss den kurzen Moment der Zweisamkeit, so wie ich ihn schon seit Monaten nicht mehr erlebt hatte. Fraglos hätte ich so noch Stunde um Stunde verbringen können, doch das wäre wahrscheinlich nicht in seinem Sinne gewesen.
    Einige Minuten waren vergangen, in denen ich ein wenig Erholung gefunden hatte. Nun war ich mir gewiss, wieder weiter reiten zu können


    Ich denke, es geht jetzt wieder.


    Vorsichtig erhob ich mich wieder und strich einige Grashalme von meiner Tunika. Carmelina hatte brav an der Stelle gewartet, an der ich von ihr abgestiegen war. Mit einem Satz, saß ich wieder im Sattel und war bereit, weiter zu reiten. Es machte mich schon ein wenig traurig, nun nicht mehr im vollen Galopp reiten zu können. Immerhin tröstete ich mich aber, bald das Meer sehen zu können. Wenn man genau hinschaute, konnte man bereits am Horizont ein blaues Band entdecken, was darauf schließen ließ, nicht mehr allzu weit davon entfernt zu sein.
    Sanft setzte sich Carmelina wieder in Bewegung und so setzten wir unseren Ritt gen Ostia fort.

  • Als sich ihr Körper langsam entspannte, atmete ich auf - es wäre schade gewesen, hätte sie sich so schlecht gefühlt, dass wir hätten umkehren müssen, aber das schien nicht der Fall zu sein, es war doch nur die einfache Form der morgendlichen Übelkeit, die Schwangere gerne überfiel.
    Dass sie sich in meinen Arm schmiegte, überraschte mich ein wenig, aber es war keine unangenehme Überraschung, immerhin war dies eine angenehme Abwechslung zum Auf und Ab der letzten Wochen - so zog ich sie etwas an mich, und hielt sie einfach, bis sie sich von selbst losmachte und prompt wieder deutlich gesünder wirkte. Es half eben doch, manchmal ein bisschen langsamer zu machen, sich Zeit zu lassen und zu warten, bis es wieder von alleine ging, anstatt sich künstlich zu hetzen, wie es so viele Menschen gerne taten. "Du musst Dich nicht entschuldigen, Bridhe, das passiert nunmal. Selbst wenn Du etwas gegessen hättest, das wäre wahrscheinlich auch noch mit herausgekommen," ich zwinkerte ihr amüsiert zu, bevor ich mit ihr wieder zurück zu den Pferden ging, dann Tuch und Wasserschlauch verstaute. Da sie auch beim Gehen nun wieder sicher auftrat, sich dann auch wieder recht geschmeidig auf Carmelinas Rücken hinauf schwang, war ich beruhigt und tat es ihr auf Lapsus gleich, dann nahmen wir den Weg wieder auf.


    Einige Reisende mehr, alle unterwegs nach Rom, kamen uns nun entgegen, Händler, die ihre Karren mit Waren geleert hatten und den Rückweg nach Ostia antraten, waren weit hinter uns und vereinzelt schleppten sie sich auch langsam voran, während die Tiere müde schnauften und wohl froh sein würden, wenn ihre Ställe erreicht waren. Rom wurde nachts mit neuen Waren beliefert, war dies doch die einzige Zeit, in der Gespanne auf den Straßen Platz hatten und nicht dauernd irgendwelche lästigen Fußgänger im Weg standen - glücklicherweise wohnten wir Flavier weitab von solchen Verkehrswegen, mit dem Lärm mussten sich vor allem die proletarii herumschlagen, die dicht aneinander gedrängt in schwankenden insuale ihr Leben fristeten. Nun hatte ich auch wieder Zeit, die Landschaft zu betrachten, die meiner Heimat durchaus ähnelte - aber die Gerüche waren anders, etwas lieblicher wohl, und auch das allgegenwärtige Zirpen der Grillen war längst nicht so stark, wahrscheinlich war ihnen einfach noch zu kalt. "Ich muss, wenn wir in Ostia sind, bei einer Behörde einige Erkundigungen einholen, danach können wir machen, was wir wollen .. was möchtest Du gerne sehen, Bridhe? Außer dem Meer, natürlich."

  • Der weitere Ritt verlief zwangsläufig etwas gemäßigter, nicht nur wegen meiner Übelkeit. Nein, auch weil der Verkehr auf der Straße zunahm, je später es wurde. Ich hoffte nur,heute nicht noch einmal von einem Brechreiz heimgesucht zu werden. Einmal am Tag war das völlig ausreichend, wenn es denn überhaupt notwendig war! Aber da musste ich einfach durch. Cungah hatte sogar gemeint, es könne möglich sein, dass mit der Zeit die tägliche Übelkeit nachlassen und sogar ganz verschwinden konnte. Das hatte mir wieder etwas Zuversicht gegeben. Ich hoffte, sie würde Recht behalten.


    Trotz des gemäßigteren Tempos kamen wir gut voran. Außerdem konnte man sich während des Reitens, an der Landschaft sattsehen, die mir durchaus gefiel. Typisch für diese Landschaft erschienen mir die Bäume, die vereinzelt am Rand der Straße standen. Es gab diese schmalen hohen Bäume, die spitz zuliefen und wieder andere, deren Krone eher einem Schirm glich. Der Duft, der von ihnen ausging, gefiel mir und ich atmete einmal tief durch. Auch die Frühlingssonne war uns heute wohl gesonnen. Sie schien auf uns herab und es versprach, ein doch eher trockener Tag zu werden. Eines hatte dieses Land schon für sich, das Wetter war lange nicht so unbeständig, wie in meiner Heimat. Dort konnte es an einem Tag Frühling, Sommer, Herbst und Winter sein.
    Je weiter wir ritten, desto mehr kam meine Vorfreude wieder zum Vorschein. So kam es, dass ich damit begann, leise eine Melodie vor mich her zu summen. Meine anfänglichen Bedenken gegen diesen Ausflug, die ich gestern noch hatte, hatten sich mittlerweile in Luft aufgelöst. Ein besserer Tag für einen Ausflug hätte es nicht geben können und ich war wirklich dankbar dafür, dass ich es war, die er mitgenommen hatte. Das, was die Tage zuvor gewesen war, hatte ich fast schon vergessen. Auch er schien deswegen nicht sonderlich nachtragend zu sein.
    Erst Aquilius´ Frage holte mich aus meinen Gedanken zurück und ließ mich auch verstummen. Was ich sehen wollte, wusste ich eigentlich gar nicht so genau, da ich ja noch nie in Ostia war und auch nicht wusste, was es dort gab, außer dem Hafen und dem Meer natürlich.


    Ich weiß nicht, sagte ich unsicher. Ich war noch nie in einer anderen römischen Stadt, außer Rom. Was gibt es denn in Ostia zu sehen?


    Ich war mir jetzt ganz unsicher. Von mir aus hätte ich auch einen ganzen Nachmittag am Strand verbringen oder in einem Park spazieren gehen können. Alleine die Aussicht auf etwas Ruhe und Entspannung, waren für mich schon ausreichend.

  • Ich hielt Bridhe in meinem Blick - sicher war sicher - und lenkte mein Pferd an die Seite der Straße, denn die entgegen kommenden Gespanne nahmen doch einiges an Platz ein. Schien sich die ganze Welt heute auf einem Ausflug zu befinden oder war dies normal? So oft hatte ich meine freie Zeit schließlich auch noch nicht auf der Straße verbracht, und so musste ich den Ausblick hinnehmen, wie er sich eben bot - mehr werdende Reisende und ein Tag, der uns wohligen Sonnenschein versprach, denn schon jetzt war der Himmel wolkenlos und die vage Wärme von oben ließ mich auf mehr hoffen. Es war lange her, dass ich vollkommen ohne wirkliche Pflichten einfach Rom verlassen hatte (der Ausflug mit Prisca war auch zur Hälfte ein Teil Pflicht gewesen, denn eine Brautwerbung musste man schließlich ernst nehmen und planen), und ich begann, diesen Umstand zu genießen. Bridhe schien nicht zu den Menschen zu gehören, die auf dem Weg viel sprechen mussten, um sich die Zeit zu vertreiben, und auch das empfand ich als angenehme Abwechslung. Sinnlose Worte wurden mir tagsüber genug entgegen geworfen, wenn nicht nachgetragen, ich vermisste sie nicht, kein bisschen. Der blaue Himmel, der würzige Geruch nach Leben und Land, der im frischen Morgenwind lag, dieser Ausblick auf ein, zwei Tage in aller Ruhe, ohne irgendwelche störenden Einflüsse, das reichte mir vollkommen.


    "Nunja, das Interessanteste dürfte wohl der Hafen sein," sagte ich und lächelte kurz, "..hier landen Schiffe aus allen möglichen Provinzen an und verladen ihre Waren, die dann nach Rom gebracht werden. Wenn du einmal richtig exotische Dinge sehen willst, müssen wir hier die ansässigen Händler besuchen, einige haben Niederlassungen auch in Ostia, aber mit entsprechend horrenden Preisen, die dann in Rom selbst unbezahlbar werden." Ich hatte zwar nicht vor, allzu viel einkaufen zu gehen, aber wenn sie Freude daran haben würde (und daran zweifelte ich nicht, ich hatte bisher keine Frau kennengelernt, die nicht gerne einkaufen gegangen wäre), dann würden wir eben auch irgendwelchen Krempel einkaufen, den sie sicherlich nicht einmal brauchte. Letztendlich saß mir das Geld einfach zu locker, sehr zu Stratons Missvergnügen, und ich gab es immernoch lieber aus, als es zu horten.
    "Aber ich denke, auch das Forum von Ostia kann sich sehen lassen, wegen der Händler und der vielen verschiedenen Menschen - ich persönlich mag jedoch Ostias Umgebung am liebsten, die Landschaft ist schön und friedlich, und man kann stundenlang ausreiten, wenn einem danach ist. Es kommt eben ganz darauf an, was Du gerne sehen möchtest." Ich blickte wieder auf die Straße und glaubte in der Ferne schon den Umriss des Gasthauses zu erkennen, das ich als erste Zwischenstation eingeplant hatte - wobei ich mir nicht sicher war, ob dies so eine gute Idee sein würde, Bridhe hatte schließlich vorhin erst ihren Magen in die umgekehrte Richtung entleert.

  • Alles um mich herum war perfekt. Die Übelkeit war fast völlig verschwunden. Nur ein leichtes grummeln im Magen konnte ich noch spüren. Doch dies stellte sich bald als Hungergefühl heraus.
    Ich war mit meinem Pferd eins geworden. Carmelina reagierte auf jede meiner Bewegungen und auch ich hatte keinerlei Mühe, sie zu führen. Selbst als es eng auf der Straße wurde, war es mit ihr ein gutes durchkommen. Nicht nur die Wärme der Sonne, der blaue klare Himmel, auch die intensiven Farben der Landschaft bescherten mir ein wohliges Gefühl der Harmonie. Ein solches Gefühl war mir schon lange nicht mehr vergönnt gewesen. So genoss ich die Stille, jeden Atemzug und jeden weiteren Schritt Carmelinas, der mich näher in Richtung Ostias brachte.
    Da ich eigentlich gar nichts über Ostia wusste, außer dass sich dort der Hafen befand, hörte ich interessiert zu, was Aquilius zu sagen hatte. Richtig exotische Dinge - das hörte sich wirklich gut an. Was dies für exotische Dinge waren, konnte ich mir nicht vorstellen. Damals, in meiner Heimat, waren die Waren der römischen Händler, exotische Dinge für mich gewesen. Eingelegte Oliven, Glaswaren, Wein in Amphoren, edle Stoffe, Schmuck oder auch Salben und Cremes, die wunderbar dufteten. Auch diese Waren hatten horrende Preise und waren unerschwinglich für uns gewesen. Doch ich hatte sie mir immer gerne angeschaut, auch wenn ich wusste, dass ich so etwas nie besitzen würde.
    Ich war mir ganz sicher! Den Hafen wollte ich gerne sehen, alleine schon der exotischen Waren wegen. Die würde ich mir zwar auch nur anschauen können, mit dem Wissen, sie nie besitzen zu können. Aber ich war genügsam und musste nicht alles haben, was ich sah. Ich konnte mich bereits am Anblick schöner Dinge erfreuen.


    Ich glaube, den Hafen würde ich gerne sehen wollen und diese exotischen Dinge, von denen du gesprochen hast. Aber die Landschaft ist hier auch sehr schön. Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich gerne auch noch etwas davon sehen.


    Ich wollte nicht unverschämt wirken. Denn im Grunde war es ja schon großzügig genug, ihn nach Ostia begleiten zu dürfen.


    Glücklicherweise zeichnete sich vor uns ein Gasthaus ab. Ich hoffte sehnlichst, wir würden hier halt machen, denn ich hatte Hunger wie ein Bär. Wenn ich wenigsten nur eine Kleinigkeit bekommen konnte, wäre ich schon zufrieden gewesen.

  • "Wir werden Zeit genug haben, alles anzusehen, was Du nur sehen möchtest," sagte ich und schmunzelte insgeheim. Sie wäre wohl auch kaum eine richtige Frau gewesen, hätte sie sich nicht an den Dingen erfreuen können, die es dort zu kaufen gab. So entwarf ich mir vor meinem inneren Auge einen kleinen Schlachtplan für den heutigen Tag - ich würde in Ostia zuerst meine Amtsangelegenheiten erledigen, soweit es mir möglich war, und dann nach einem Bummel über den Markt etwas zu Essen kaufen, das wir dann außerhalb der Stadt genießen konnten. Kein anspruchsvolles Programm, aber sicher doch ein sehr angenehmes, wie ich hoffte, und es würde uns beiden eine gewisse Entspannung gestatten.
    "Lass uns ein wenig Pause machen, und langsam könnte ich auch das ein oder andere Frühstück vertragen," sagte ich, als das Gasthaus nicht mehr nur als vager Umriss zu erkennen war, hoffend, sie würde Bescheid sagen, wenn sie nichts zu essen um sich herum ertragen würde (wie es so mancher Schwangeren schließlich häufiger erging). Wir lenkten die Pferde, als wir das weiß verputzte und recht ordentlich wirkende Gebäude erreicht hatten, auf den Hof, wo ein Stallsklave die Zügel der Tiere entgegen nahm und sie zur Tränke führte, während ich Bridhe leicht am Arm berührte und sie, nicht ganz wie ein Gefährte, aber doch wie ein Freund, in das Innere des Gasthofs geleitete.


    Der kleine Raum war schon gut mit Reisenden belegt, aber es gelang uns, einen freien Tisch zu finden, der zudem sauber geschrubbt aussah - die Wände hatten zwar hie und da eine Spinnenwebe in der Ecke, aber ansonsten machte die Räumlichkeit einen sauberen und gepflegten Eindruck, wenngleich natürlich die vielen Gäste einige Spuren hinterlassen hatten. Die Holzmöbel waren abgenutzt, doch noch gut erhalten, und ich war nicht unzufrieden mit der Entscheidung, hier einzukehren, denn die anderen Anwesenden aßen mit gutem Appetit, was mir die Hoffnung auf ein gutes Frühstück erfüllte.
    "Was willst Du essen?" fragte ich und winkte mit einer Hand einen dickbäuchigen Schankkellner heran, dessen grüne tunica schon einige Male zu oft gewaschen worden war und etwas streifig wirkte.
    "Also wir hab'n frisches Brot, Eier, 'n paar Sort'n Obst, wenn'de Milch willst, die hab'n wir auch," zählte der Kellner auch schon eifrig auf und blickte Bridhe erwartungsvoll an.

  • Eine Spur Neugier nagte schon an mir. Besonders auf das Meer und den Hafen freute ich mich, auch wenn ich keinerlei Vorstellungen hatte, was mich in Ostia alles erwartete. Auf jeden Fall wollte ich genügsam sein und mit dem zufrieden sein, was ich bekam. Alleine dass ich jetzt hier war, auf dem Rücken eines Pferdes saß, das zu einem Ausflug ausritt, war mehr, als ich erwarten durfte. Mir war nur noch nicht so genau bewusst, womit ich mir dieses Privileg überhaupt verdient hatte. Besonders die letzen Tage waren sehr schwierig in unserem Miteinander gewesen. Nach allem, was an jenem Abend geschehen war, an dem ich Aquilius zu einer Unterredung gebeten hatte, wusste ich nicht mehr, wo jetzt eigentlich stand. Besser war es, darüber nicht so genau nachzudenken und schon gar nichts diesbezüglich etwas zu erwähnen. Vielleicht würde sich so manches von selbst ergeben.


    Endlich erreichten wir das Gasthaus. Ich hatte wirklich großen Hunger, so dass es mir fast schon schlecht wurde. Aquilius´ Vorschlag kam mir daher mehr als recht. Ich nickte eifrig und lächelte dabei.


    Ja, gerne!


    Mit einem Satz sprang ich vom Pferd und überließ es jenem Stallsklaven, der uns schon von weiten gesehen haben musste, denn er war uns einige Schritte entgegen gekommen. Dann ließ ich mich von Auquilius in das Gasthaus führen. Ich für meinen Teil war zuerst etwas unsicher gewesen, denn es war schon ungewöhnlich, wie er mich so am Arm berührte. So, als wolle ich sicher gehen, nicht etwas falsches zu machen, warf ich ihm einen schüchternen Blick zu und versuchte zu lächeln. Doch er schob mich in den Gastraum hinein. Wir hatten wirklich Glück, noch einen freien Tisch erwischt zu haben! Ich wunderte mich, wie viele Reisende hier Halt machten, um sich zu stärken. Dieses Gasthaus musste wirklich beliebt sein, wenn es bereits um diese Zeit so überfüllt war. Hoffentlich lag dies nicht nur an seiner günstigen Lage, sondern auch an dem Essen, was angeboten wurde.
    Vorerst hatte ich aber wenig Sinn für die Umgebung, in der wir uns nun befanden. Nicht einmal den Tisch und die Stühle, die wir ergattert hatten, betrachtete ich mir genau. Nachdem sich Aquilius gesetzt hatte, nahm auch ich zoögerlich Platz. Man musste mir meine Unsicherheit ansehen, die ich empfand. Normalerweise war ich es, die für das Frühstück zu sorgen hatte. Jetzt saß ich hier uns sollte mich dazu äußern, was ich essen wollte. Für gewöhnlich bestand mein Frühstück aus jener ungeliebten Pampe, die man allmorgendlich an die Sklaven in der Villa austeilte. Heute war aber alles anders! Mit dieser Tatsache musste ich mich erst noch vertraut machen.
    Der Kellner, der von Aquilius an unseren Tisch gewunken worden war, begann seine Speisekarte hinunter zu rattern. Alles hörte sich sehr verführerisch an. Aber alles zu nehmen, wäre sehr dreist gewesen, dachte ich. Wann hatte ich zum letzten Mal frische Milch getrunken? Oder Obst und Eier gegessen? Geschweige denn frisches Brot gehabt! Für Aquilius musste dies alles normal gewesen sein. Das Frühstück der Herrschaften fiel desöfteren noch viel üppiger aus. Das Angebot hier, war also nur eine kleine Auswahl dessen, was üblich gewesen war. Nach einer Weile entschied ich mich dann.


    Ich hätte bitte gerne etwas Milch und Brot, antwortete ich schüchtern dem Kellner und lächelte dann etwas verlegen Aquilius zu. Auch wenn es ihm wenig erschien, für mich war es fast wie ein Festessen. Davon konnte man im Sklaventrakt nur träumen.

  • Die angebotenen Essensvarianten waren alle miteinander sicherlich nicht das, was ein durchschnittlicher Patrizier zuhause erwarten konnte, vor allem bekam man dort zumeist irgendwelche ausgefallenen Dinge serviert, die zumindest mich nach einer gewissen Zeit nicht mehr locken konnten. Was sollte man schon mit einer Handvoll eingelegter Nachtigallenzungen oder gestopften Tauben, die so winzig waren, dass man auch nach halbstündigem Kauen und Knochenzuzeln einfach nicht satt war? Essen durfte gerne einen gewissen Genuss offenbaren, aber doch bitte keine halbe Ewigkeit dauern deswegen. Wer so viel Zeit hatte, dass er den halben Tag zu Tisch liegen konnte, war in meinen Augen schon ein bisschen wirr im Kopf.
    Dass Bridhe nur Milch und Brot bestellte, ließ mich die Stirn runzeln. Hatte sie denn gar keinen Hunger? Vor allem musste sie für zwei essen, man sah ihr die Schwangerschaft bereits an - und da war eine gesunde Ernährung besonders wichtig.
    "Ach was, das reicht doch hinten und vorne nicht. Bring uns einfach alles, was man hier als Mahlzeit anbietet, von jedem etwas. Wir probieren uns durch Deine Karte," ergänzte ich in einem recht bestimmenden Tonfall Bridhes Wunsch. Vielleicht war sie auch einfach zu bescheiden, um mehr zu bestellen, ich wusste es nicht - aber ich würde auch nicht zulassen, dass sie aus reiner Bescheidenheit vor vollen Töpfen verhungerte.


    Der Schankkellner blickte mich überrascht an - solch ein Wunsch kam hier wohl nicht alle Tage vor - aber er nickte nur. Schätzungsweise war es mein sauber getrimmtes Haar und die Qualität unserer Kleidung, die ihn davon überzeugten, dass ich bezahlen konnte. So sagte er:
    "Aber sicher - und zu trinken, was wollt ihr haben?"
    "Milch und Wasser." Wieder ein überraschter Blick, dass ein Gast Wasser ohne Wein trank, kam wohl auch nicht unbedingt oft vor, aber er besaß den gesunden Geschäftsinstinkt aller Römer und widersprach mir nicht, sondern nickte eifrig und entschwand, um unsere Bestellung der sicher ebenso überraschten Küche zu überbringen. Damit wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder Bridhe zu, die jetzt, da sie nicht mehr am Straßenrand hing und würgte, wirklich reizend aussah. Die Schwangerschaft schien ihr gut zu bekommen, und sie wirkte für mich ausgesprochen lebendig, sehr reizvoll mit den leicht runder gewordenen Wangen. Eine wirklich schöne Frau, dachte ich sinnierend und lächelte unwillkürlich. Wenn sie eine Freigelassene war, würde es so manchen Mann geben, der Interesse zeigen würde, da war ich mir sicher. Meine Leibsklavin wäre sie dann nicht mehr, und wahrscheinlich würde ich sie auch nicht in der villa behalten können - sie würde ein eigenes Leben führen wollen.


    "Du musst doch genug essen, Bridhe. Gerade jetzt ist das wichtig," sagte ich und lehnte mich zurück, die Beine unter dem Tisch ausstreckend. "Hast Du in den letzten Tagen genug Essen bekommen?" Es war ein so profanes thema, aber mir war jetzt erst aufgefallen, dass wir uns über die Begleitumstände der Schwangerschaft nie wirklich unterhalten hatten. Die Stimmung der letzten Zeit zwischen uns war aber auch zu miserabel gewesen, als dass ich das gewollt hätte. Heute, an diesem freien Tag, schien es jedoch leichter zu sein. Irgendwie ... lockerer. Wahrscheinlich auch, weil ich mich innerlich befreit fühlte, seit ich Rom hinter mir hatte lassen können.

  • Und wie ich Hunger hatte! Ich konnte es kaum noch abwarten, bis endlich etwas Essbares auf dem Tisch stand. Warum ich so bescheiden war, wusste ich selbst nicht. Es war einfach so in mir drin. So hatten mich meine Eltern erzogen und was noch erschwerend hinzu kam, bei ihm hatte ich das Gefühl, mir etwas zu nehmen, was mir nicht zustand. Genau dieses Gefühl löste auch jedesmal diese Unsicherheit bei mir aus. Also waren etwas Brot und Milch mehr als ausreichend. Was mir dabei niemals in den Sinn kam, war, dass ich es war, die schon mehr als genug gegeben hatte und immer noch geben musste. Wenn man einmal erleben musste, dass man nichts wert war, glaubte man irgendwann selbst daran und mit meinem Selbstwertgefühl war es nicht besonders gut bestellt. Daraus resultierten auch meine Ängste, die mich in jeder freien Minute heimsuchten. Besonders die Angst vor der Zukunft wollte mich manchmal geradezu auffressen. Aber war genau das nicht völlig Paradox? Die ganze Zeit hatte ich von der Freiheit geträumt und nun da sie unmittelbar bevorstand, bereitete mir der Gedanke, bald tun und lassen zu können, was ich wollte, eine solche Angst. Hätte meine Zukunft nur mich betroffen, hätte ich dem wesentlich entspannter entgegen sehen können. Doch bald hatte ich auch noch ein Kind zu versorgen, das Essen und Kleidung brauchte und ein Dach über dem Kopf. Ich hatte keine Ahnung, wie ich das alles, auf mich selbst gestellt, bewerkstelligen sollte. Ganz zu schweigen von der Gewissheit, nie mehr nach Hause gehen zu können.
    Überrascht sah ich auf, als Aquilius dann die ganze Karte bestellte und meinte, es wäre viel zu wenig, was ich mir ausgesucht hatte. Dass er auch auf den Wein verzichtete, war sehr ungewöhnlich. Ich glaubte, noch nie einen Römer getroffen zu haben, der freiwillig auf Wein verzichten wollte. Warum nur das alles? Ich war es einfach nicht gewohnt, dass sich jemand um mich sorgen machte. Eigentlich war dies ja ein schönes Gefühl, zu wissen, dass jemand an einen dachte und dass man eben diesem Menschen nicht gleichgültig war. Doch sich deswegen zu freuen und glücklich zu sein, gelang mir auch nicht. Solche Aufmerksamkeiten beschworen in mir nur eine Verlegenheit herauf, die sich dann meist durch rotwerden oder ein unterdrücktes Lächeln zeigten. Was hätte ich darum gegeben, endlich einmal all das auszusprechen, was sich in all der Zeit in mir angesammelt hatte. Was unbedingt heraus wollte aber nicht durfte. All das schnürte mir an manchen Tagen die Kehle zu und dieser Tag, so kam es mir vor, wollte sich nur auch wieder an unzählige andere anknüpfen.
    Wie nicht anders erwartet, erwiderte ich sein Lächeln verlegen. Eine Gefangene, die in sich selbst gefangen war. Einfach nur hoffungslos!
    Ich nickte erst nur bei seinen Worten, ich müsse genug essen. Während er sich in eine legere undentspannte Lage brachte, saß ich immer noch kerzengerade da. Die Anspannung in mir war unerträglich. So musste es auch nach außen wirken.


    Ich bekomme das übliche, antwortete ich auf die Frage nach dem Essen. Was aber das bedeutete, wusste er sicher nicht. Er hatte sich wahrscheinlich nie die Frage gestellt, wie das Essensangebot im Sklaventrakt aussah. Dass die Qualität des Essens gegenüber dem der Herrschaft zu wünschen übrig ließ und dass Gemüse und Obst Seltenheitswert besaßen, hatte ich nicht erwähnt. Ich presste meine Lippen aufeinander und sah kurz in eine andere Richtung, so als wolle ich eine Empfindung verheimlichen.


    Es gibt jeden Tag das gleiche. Ein nicht genau zu definierender Brei, in dem sich gelegentlich etwas verkochtes Gemüse verirrt hat. Fisch oder Fleisch gibt es so gut wie nie. Und Obst gibt es dort auch nicht.


    Ich sah ihn mit einem ernsten Ausdruck an.


    Manchmal gelingt es mir, Reste des Frühstücks oder der cena zu ergattern, gestand ich. Dies war kein Thema, über das ich gerne sprach. Wahrscheinlich auch deswegen, weil ich glaubte, dadurch undankbar zu wirken.

  • Ich fühlte mich zwar entspannt, aber Bridhe saß nach wie vor auf ihrem Stuhl wie eine Henne auf einer sehr dünnen Stange, fast, als drohe sie dauernd herunter zu stürzen. Wirklich lachen gesehen hatte ich sie lange nicht mehr, aber ich musste auch gestehen, dass ich viel ihrer schlechten Laune der letzten Wochen ihrer Schwangerschaft zugeschrieben hatte. Jeder wusste doch, wie launisch Frauen dann für gewöhnlich wurden. Zumindest hatte ich immer wieder erschreckende Geschichten gehört und war auch durch Orestillas Zustand bestätigt worden. Und Bridhe ... wann immer ich sie gesehen hatte, und das war selten genug in der letzten Zeit gewesen, hatte ich eine saure Miene erblickt und nicht nachgefragt, wie es ihr ging.
    Zu viel anderes hatte mich in Atem gehalten, und ich bemerkte mit einem Mal, wie ich mich ihr gegenüber verhalten hatte - wie ein absoluter Rüpel. Als sei es gar nicht mein Kind, das sie trug, doch konnte ich wirklich sicher sein? War es nicht vielleicht doch das von Severus? Aber diesen Zweifel schob ich beiseite. Man würde es sehen, wenn es auf der Welt war, davor wollte ich mir keine Gedanken darum machen, ich konnte es ja doch nicht ändern. Das Kind wuchs in ihr, und ob es nun meines war oder seines, ich mochte die Mutter dieses Kindes immernoch. Geliebt hatte ich sie nie, und das würde ich wohl auch nicht, aber ich mochte sie. Schon an jenem Tag, als sie vom Sklavenhändler wie Ware verschachert worden war, hatte ich eine Verbindung zu ihr gespürt.


    "Das übliche ...?" Ich sprach die Worte gedehnt aus, und dann kam auch ihre Erklärung. Man gab den Sklaven allen Ernstes Brei? Und ließ sie dann hart arbeiten? Selbst Legionäre waren besser verpflegt, auch wenn ich puls nach wie vor recht zweifelhaft fand, er war dann doch recht nahrhaft. Langsam runzelte ich die Stirn, je mehr sie sagte, und eine steile Falte entstand zwischen meinen Augenbrauen auf der Stirn. Wie konnte man denn bitte am Essen sparen? Während sich meine hehre Verwandtschaft mit irgendwelchen erlesen Spezereien die Bäuche voll stopften, gab man den Sklaven ein Essen, das man nicht einmal Pferden gereicht hätte ... man musste mir den rapiden Verfall meiner guten Laune geradezu ansehen können, denn das sonnige Lächeln war verschwunden und machte zornigem Blitzen in den Augen Platz.
    "Ich werde mich darum kümmern, dass Du in Zukunft angemessen versorgt wirst," sagte ich gepresst, alle anderen Worte, die mir nur allzu deutlich auf der Zunge lagen, verschluckend. Das würde ein längeres Gespräch mit Gracchus geben müssen, von dem ich genau wusste, dass er nicht verstehen würde, warum mich das so ärgerte, was man in unserem Haus mit den Sklaven machte.


    Der Wirt jedenfalls bewies ein erstaunliches Maß an Einfühlungsvermögen und schickte seinen Schankkellner mit unserem Frühstück just in dem Augenblick an den Tisch, in welchem ich am liebsten auf selbigen geschlagen hätte. Eine Schale voller grüner Oliven, eine Schale mit eingelegten schwarzen Oliven, ein Teller mit frischem Schafskäse, eine Schale mit in Stücken geschnittener Honigmelone, zwei gekochte Eier, einen Krug Milch und einen Krug Wasser, dazu kaltes Hühnchenfleisch und einen großen Laib Brot wurden vor uns aufgebaut und angesichts der rauhen Menge hatte ich das Gefühl, der Wirt hielt uns für die Vorhut einer vorbeiziehenden legio.
    "Ich hoffe, es schmeckt Dir," sagte ich und ließ ihr die freie Wahl unter den Sachen, während mein Blick auf ihr lag, versuchte einzuschätzen, was in ihrem Kopf vor sich ging, auch wenn es mir denkbar schwer fiel. "Du bist nicht glücklich, oder, Bridhe?"

  • Dass er von meinen Ausführungen, was die übliche Verpflegung der Sklaven betraf, nicht begeistert war, konnte ich an den Veränderungen in seinem Gesicht erkennen. Sein Lächeln hatte sich zu einem zornig anmutenden Ausdruck verformt. Es tat mir schon wieder leid, so offen darüber gesprochen zu haben. Vermutlich hatte ich ihm damit die ganze Stimmung versalzen und als nächstes würde er von all seine Vorhaben abblassen. Ja, ich sah mich bereits wieder auf dem Pferd sitzen und gen Rom reiten. Wieder kamen mir Stratons Worte vom Vorabend in den Sinn, als er mir mitteilte, Aquilus hätte das Bedürfnis nach Entspannung. Warum er dann ausgerechnet mich als seine Begleitung ausgesucht hatte, war mir immer noch schleierhaft. Ich versuchte einige Worte der Entschuldigung zu finden, die ich ihm sagen konnte, denn im Grunde war es ja auch unwichtig, was man mir und den anderen vorsetzte. Das war schon immer so und so würde es auch immer bleiben! Mehr als ein Es tut mir leid. Ich wollte nicht, dass du…brachte ich nicht heraus, denn zum einen schien ihn dieses Thema doch sehr in Rage zu versetzen. Ich erwartete eigentlich noch einen verbalen Ausbruch seines Zornes, der nun ohne Zweifel in seinem Gesicht stand, doch bevor er sich vollends entladen konnte, wurde uns das Frühstück serviert.
    Ich konnte kaum meinen Augen trauen! Der Kellner stellte immer mehr Teller und Schüsselchen auf den Tisch, die gefüllt waren mit den verschiedensten Leckereinen. Besonders das Brot duftete so verführerisch. Bestimmt war es noch warm! Die in Scheiben geschnittene Frucht sah ich mir etwas genauer an. Ich wusste nicht, wie man sie nannte. Gesehen hatte ich sie schon, wenn ich sie, auf einem Teller liegend, serviert hatte. Gekostet hatte ich noch nie von ihr. Auch die Oliven lachten mich an. Ursprünglich hatte ich mir nichts aus Oliven gemacht. Nachdem ich aber eine seltsame Begegnung mit einem Mitglied der flavischen Familie hatte, waren Oliven etwas ganz besonderes für mich geworden. Ich hätte sie tonnenweise verschlingen können. Das musste einfach an der Schwangerschaft liegen. Anders konnte ich es mir nicht erklären.
    Mir lief schon bei diesem herrlichen Anblick das Wasser im Mund zusammen. Ich konnte es kaum erwarten, endlich zugreifen zu dürfen. Aquilius ließ mir den Vortritt und so nahm ich mir das Brot und riss mir ein Stück davon ab. Ja, es war wirklich noch warm und jetzt war der Duft noch intensiver. Als nächstes füllte ich meinen Becher mit Milch. Dann griff ich noch beim Schafskäse und bei den Oliven zu. Den Käse klemmte ich zwischen das Brot und wollte gerade genüsslich hinein beißen, als er mir diese Frage stellte. Automatisch legte ich das Brot wieder ab und musste erst einmal schlucken. So etwas hatte mich noch nie jemand gefragt, ob ich nicht glücklich sei. Weder hier noch zu Hause. War ich zu Hause glücklicher als hier gewesen? Gut, ich hatte meine Familie um mich herum, meine Geschwister, um die ich mich kümmern musste, die Arbeit im Haus und die Arbeit auf dem kleinen Acker, den wir bewirtschaftet hatten, um uns mit dem nötigsten selbst versorgen zu können. An mir war auch oft die Aufgabe hängen geblieben, die getrockneten Torfballen nach Hause zu schleppen, damit wir es an kalten Tagen warm hatten oder damit wir zum Kochen Feuer machen konnten. Auch wenn es ein hartes und schweres Leben war, vermisste ich es jeden Tag, denn zu Hause hatte ich etwas, was ich hier vergeblich suchen würde – die Liebe und Anerkennung meiner Familie. Ich konnte mir nicht vorstellen, jemals hier so etwas zu finden. Mein Leben lag in Scherben.


    Ich bin froh, heute hier sein zu dürfen, antwortete ich. Dies entsprach auch der Wahrheit. Aber eine Weile zögerte ich, bis ich weiter sprach. Es war die Furcht, ihn wieder verärgern zu können. Mit einem Mal fand ich aber die Kraft, ganz ungezwungen, darüber zu sprechen. Darüber war ich selbst sehr erstaunt.


    Alles ist anders gekommen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Natürlich freue ich mich auf das Kind und ich werde ihm auch all meine Liebe schenken. Aber was bleibt, ist der bittere Nachgeschmack, die Gewissheit, nie wieder nach Hause zu können. Und was mich ganz besonders quält, ist die Frage, wie es weiter gehen soll. Nein, richtig glücklich bin ich nicht.

  • Sie legte mit dem typischen Appetit der Schwangeren los, das Essen zu dezimieren - für einen Moment lang reihten sich die Oliven und Schafskäsestücke vor meinem inneren Auge wie Soldaten auf und Feldherrin Bridhe wählte zur Strafe für die uneinheitliche Form der 'Männer' jeden zehnten zur rituellen Opferung in Form von Verspeisen aus - ich hingegen ließ es ein Stück langsamer angehen. Ein Stück Brot nahm ich ebenso, dazu Oliven und Käse, und ein Stück nach dem anderen wanderte in meinen Mund, mischte das Aroma mit dem anderen, und im Schlucken wurde Platz gemacht für mehr. Dass sie nachdachte, dass ihr viel durch den Kopf ging dabei, war für mich nicht zu übersehen. Umso mehr war ich auf die Antworten gespannt, denn auch wenn ich einiges an ihr zu kennen glaubte, im großen und ganzen war mir Bridhe, wie die meisten Frauen, doch noch immer ein großes Rätsel.
    "Es ist schön, dass Dich dieser Ausflug ein wenig erfreut. Die letzten Tage waren unangenehm, und ich denke auch, dass wir früher hätten heraus fahren sollen, weil in all den Aufgaben, die ich zu erfüllen habe, wenig Zeit blieb, mich auch um Dich zu kümmern - Du trägst mein Kind, und ich hätte mir mehr Zeit nehmen sollen. Letztendlich habe ich zu wenig auf Dich geachtet, und das tut mir leid."


    Das entsprach den Tatsachen - nicht zuletzt deswegen hatte mich diese Ernährungssache der Sklaven so sehr geärgert. Wieviel war mir denn noch entgangen in meinem persönlichen Umfeld? Wieviel würde mir noch entgehen, während sich mein Geist auf die Probleme anderer richtete und ich bestrebt war, es anderen recht zu machen, damit ich als Amtsträger anerkannt wurde? Manchmal schien mir diese Zeit ungleich mehr verschwendet...
    "Wie es weiter gehen soll? Nun ... ich hatte mir gedacht, dass ich Dir einen Betrieb kaufe, oder ein Haus, in dem Du leben wirst und Dir eine Existenz aufbauen kannst - Du hast nie einen Hehl daraus gemacht, dass es Dir in der villa nicht gefällt, und so gerne ich Dich auch in meiner Nähe behalten würde, so sehr widerstrebt es mir doch, Dich zu zwingen, dieses Leben weiter zu führen, wenn es Dir so zuwider ist. Als Freigelassene darfst Du ein Geschäft führen, und ich hatte gehofft, Du würdest genug gelernt haben, wenn ich Dich freilasse, dass es Dir möglich sein wird, dies alleine und ohne Hilfe zu tun - jetzt ist es alles ein bisschen früher geschehen, als ich es mir gedacht habe, und wir müssen uns gemeinsam überlegen, wie es mit Dir weitergehen soll, Bridhe. Wenn Du meinen Namen trägst, dann wirst Du in dieser Stadt jemand sein, mehr als viele Plebejer sogar. Unser Kind trägt das Erbe römischer Kaiser in sich."

  • Jetzt, nachdem ich so viel Mut bewiesen hatte, über das, was mich bewegte, zu sprechen, nahm ich die Gelegenheit wahr, das Brot samt dem Schafskäse in den Mund zu stecken. Es schmeckte noch besser, als ich es erwartet hatte! Nach dem ersten Bissen, ließ ich gleich noch einige Oliven hinterher verschwinden, die den Geschmack des Schafskäses noch zusätzlich unterstrichen. Warum mir gerade jetzt das Rezept für Miesmuscheln einfiel, so wie sie sie meine Mutter immer zubereiten hatte, konnte ich mir auch nicht erklären. Was hätte ich dafür gegeben, noch einmal davon kosten zu können! Dabei wäre es ja gar nicht so schwierig gewesen. Meine Mutter war zwar schon einige Jahre tot, doch ihr Rezept für Miesmuscheln hatte sie nicht mit auf den Scheiterhaufen genommen. Oft schon, auch zu Lebzeiten meiner Mutter, hatte ich mich darin geübt, es nachzukochen und das Ergebnis wurde von Mal zu Mal immer besser. Die Miesmuscheln würden sich sicher hervorragend mit den Oliven, dem Käse und dem Brot ergänzen. Ich trank einen Schluck Milch, um das Brot besser hinunter spülen zu können. Als nächstes musste ich unbedingt von dieser Frucht probieren, von der ich keine Ahnung hatte, wie sie schmeckte. Während ich mir eine Scheibe angelte und die dann auf meinem Teller parkte, hörte ich Aquilius zu. Seine Entschuldigung, weil er mir seiner Meinung nach zu wenig Beachtung geschenkt hatte, überraschte mich. Sie stand so gar nicht im Kontext mit dem, wie ich die letzten Wochen und Tage empfunden hatte. Ja, er hatte mir in letzter Zeit wirklich wenig bis gar keine Beachtung geschenkt. Ich glaubte aber, das sei noch immer darin begründet, weil er sich über mich geärgert hatte, als ich ihm Severus´ Schmuckstück ausgehändigt hatte. Seitdem hatte er es peinlichst vermieden, mit mir alleine in einem Raum zu sein. Was mich auch noch verwunderte, war, wie sehr er betonte, dass es sein Kind war, das ich ich in mir trug.
    Angesichts des vielen Wunderns und überrascht seins, schob ich mit das Stück Melone in den Mund. Als ich ein Stück davon abbeißen wollte, musste ich feststellen, dass ihre Schale sehr hart war. Das war mir so peinlich! Verwundert sah ich mir die Scheibe und meine darauf befindlichen Zahnabdrücke an. Ich wollte nicht auch noch fragen, wie man so etwas aß. Dann wäre ich vor Scham sicher im Boden versunken. Lieber legte ich die Melonenscheibe erst noch einmal auf den Teller, denn nun folgte der interessante Teil von Aquilius Antwort.
    Offenbar hatte er mein weiteres Leben schon durch und durch verplant: ein Haus, ein Betrieb, eine neue Existenz, sein Name, sein Kind! Dass nun mein Kind das Erbe von irgendwelchen römischen Kaisern in sich trug, war mir zumindest im Augenblick herzlich egal. Warum ich einen neuen Namen bekommen sollte, verstand ich auch nicht so ganz. Wenigstens aber sagte er, wir müssten und gemeinsam überlegen, wie es mit mir weitergehen sollte. Lag darin ein kleines Stück Hoffnung begründet, doch noch etwas selbst entscheiden zu dürfen? Ich hatte zwar noch keine klaren Vorstellungen, wie mein Leben in Freiheit aussehen könnte, doch ich war mir darüber im klaren, was es hieß, ein Kind zu haben. Ich wusste, worauf es dabei ankam und insgeheim hatte ich mir sogar schon Gedanken über einen Namen gemacht, den das Kind erhalten sollte. Natürlich war es nicht einer von diesen grässlichen römischen Namen, die im Prinzip alle gleich klangen. Caius zum Beispiel! Wenn ich Caius, komm zum Essen rein rufen würde, hätte ich sicherlich die halbe Nachbarschaft bei mir sitzen. Bei dieser Vorstellung musste ich unvermittelt grinsen. :D


    Das ist wirklich sehr großzügig von dir.


    Das fiel mir spontan darauf ein. Damit es auf ihn nicht höhnisch wirkte, versuchte ich mein Grinsen zu unterdrücken, was gar nicht so einfach war.

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