Noch schien die Stadt wie ausgestorben. In den sonst so gefüllten Einkaufsstraßen herrschte noch gähnende Leere. Nur einige wenige Sklaven die man losgeschickt hatte, um Besorgungen zumachen, sah man gelegentlich vorbei huschen. Die ersten Händler, die ihre Waren auf den Märkten feilbieten wollten, waren noch dabei ihre Stände zu bestücken. Der Morgen war frisch. Ein leichter Wind wehte, vom Meer kommend und der Himmel war leicht bewölkt. Nichts sprach dagegen, dass dies ein schöner Frühlingstag werden würde. In der Nacht hatte es zwar geregnet. Aber die Regenwolken waren schon weiter gezogen. Nur noch Schäfchenwolken waren übrig geblieben. Die Straße war noch nass und die Feuchtigkeit in der Luft übertünchte etwas den Gestank, der von der Stadt ausging.
Noch schlief Rom. Ganz Rom? Nein!
Zwei Reiter, ein Mann, dicht gefolgt von einer jungen Frau, hatten die Gunst der Stunde genutzt und ritten durch die verwaisten Straßen der Stadt. Sie wollten die Porta Raudusculana erreichten. Jenes Stadttor, welches man durchqueren musste, wenn man nach Ostia reisen wollte. Dadurch dass sie ein gutes Durchkommen hatten, war ihr erstes Etappenziel bald erreicht.
Nun hatten sie auch die Enge der Stadt hinter sich gelassen und für die Reiterin zumindest, war es, wie eine Befreiung....
So früh hatte ich die Stadt noch nicht gesehen. Rom war mir nur als laute überfüllte und stinkende Stadt bekannt. Hatte ich anfänglich noch Bedenken, wegen dieses Ausfluges gehabt, so fielen diese langsam von mir ab und so etwas wie Freude spürte ich plötzlich in mir. Ein Gefühl, was mir beinahe schon fremd geworden war. In letzter Zeit hatte es wenig Anlass zur Freude in meinem Leben gegeben.
Es kam mir so vor, als wolle Carmelina, das Pferd, auf dem ich Ritt, das ihrige dazu beitragen, um mir diesen Tag so angenehm wie möglich zu machen. Ihr sanftes Wesen war mir nicht entgangen und so hatte ich sofort Freundschaft mit dem Tier geschlossen.
Ich ritt stets dicht hinter Aquilius her. Ohne ihn hätte ich mich sicher verirrt. Bald schon erreichten wir ein Tor. Dieser Moment, so unbedeutend er vielleicht für Aquilius gewesen sein mochte, für mich war es etwas Besonderes. Mir schien es eine Ewigkeit her zu sein, seit ich diese Stadt betreten hatte. Damals geschah es aus Zwang. Nach einer sehr langen Reise hatte man mich in Ketten in diese Stadt geschleift. Nun verließ ich sie zum ersten Mal. Diesmal waren die Ketten unsichtbar, doch sie waren noch da. Jeden Tag konnte ich sie spüren.
Das Gefühl der scheinbaren Freiheit zu erfahren, wirkte überwältigend auf mich. Vor uns lag eine gepflasterte Straße, gesäumt von Bäumen, die den Fluss zu begleiten schien. Erstmals hatte ich ein Auge für die Landschaft. Sie war so ganz anders, wie ich es von meiner Heimat gewöhnt war. Nicht so rau, eher etwas sanfter. Ich war guter Dinge und am liebsten hätte ich meine Freude hinausgeschrieen und wäre ich mit Carmelina davon galoppiert. Doch nichts von allem ließ ich zu. Schweigsam, doch innerlich voller Freude, ritt ich meinem Herrn hinterher.