Eine Geschichte aus dem Munde Licis? Diese liess sich Marei keineswegs entgehen und hörte aufmerksam zu, zudem seine Handbewegungen beobachtend. "Kennt Esquilina die Aenaeis auch? Sie kennt viele Geschichten über die Götter. Warum erzählst du die Geschichte nicht auch den tratschenden Soldaten? Damit die merken, was sie anstellen mit dem fabulieren? Das ist doch dumm, wenn von dem was man hört, nur wenig wahres dran ist. Stell dir vor, du erfährst etwas wichtiges und kriegst hinterher heraus, dass das gar nicht gestimmt hat. Stell dir vor, die Soldaten kriegen einen Befehl der gar nicht von dir heraus gegeben worden ist. Ich bin gespannt, was Papa Baldemar macht, wenn er erfährt, wer derjenige war, der Zucker und Salz verwechselt hat und dass der Neffe der Köchin eigentlich hätte den Stubenarrest bekommen sollen." Verwechselte sie soeben das Geschichten spinnen mit dem Lügen erfinden?
"Ich hoffe, meinem Brief passiert nichts.. und auch dem Boden.. äh Boten nicht." wünschte sie sich und legte den Griffel neben die Tafel. Dass Licinus ihre Worte mitlesen konnte störte sie nicht. "Ja, Cimon erklärt gut. Der Lehrer meiner Schule in Rom wird staunen. Sind keine Fehler drin? Stimmt die Anschrift?" Marei spürte seine Hände auf ihren Schultern und lauschte in sich hinein.. es war in Ordnung, sie hatte keine Angst. "Ja, ich vermisse sie schrecklich. Es ist nicht schön, wenn der Tag fast rum ist und die Bank leer ist. Wann darf sie zurück kommen?" flüsterte sie leise und ergriff den Griffel noch einmal, um ihre Absendeadresse unter ihren Namen zu schreiben.
Marei
Servus Tiberia Septima
Castra Legionis I Traianae Piae Fidelis
Mantua - Italia