• Das Gedränge an den Ausgängen des Marcellustheaters war grauenvoll gewesen, weswegen wir es vermieden hatten, uns ins Getümmel zu stürzen. Stattdessen hatten wir das Theater als einige der letzten Zuschauer verlassen und den Weg entlang der Fassade eingeschlagen. Entfernt standen die Sänften und warteten auf uns. 'Meine' Mädels hatte ich in Aquilius' Obhut zurückgelassen, sodass sich an meiner Seite nur Celerina befand.


    "Rom sollte mehr solcher Stücke zu Gesicht bekommen", stellte ich fest. "Ich möchte meinen, dass der Autor dieses Werks sich in Zukunft kaum noch vor Anfragen zu retten vermag. Glamurös. Und das Lächeln steht dir gut zu Gesicht, wenn ich das so sagen darf." Schmunzelnd blickte ich schräg nach unten zu Celerina, die geradezu strahlte. Die Fröhlichkeit ihres Seins gab mir in diesem Moment ein wenig von der Sicherheit zurück, die ich sonst recht selten vermisste. In ihrer Gegenwart allerdings schien ich regelmäßig entblößt dazustehen, was mir vollkommen unbegreiflich war. Sie war mir in gewisser Weise nicht anders als andere Frauen, doch schien sie mir gern direkt zu sein, sowohl was Handlung als auch Worte anbelangte. Mochte natürlich sein, dass ich mich irrte - schließlich kannte ich sie so gut wie gar nicht - doch war das mein Eindruck.


    Kurz darauf kamen wir bei den Sänften an. Ich warf einen Blick nach rechts und deutete auf das Chaos, das hunderte von sich gleichzeitig entfernenden Gefährten verursachten. "Vielleicht möchtest du statt einer langwierigen Eskortierung lieber zu Fuß nach Hause schlendern? Wir könnten durch die horti Menenniae gehen", schlug ich vor und deutete linksherum weiter am Marcellustheater entlang. Die Gärten der Menennia waren kaum bekannt in Rom, obwohl sie nicht klein war. Vielmehr waren sie von eher krautigem Pflanzenwuchs geprägt, nur vereinzelt fanden sich Bäume, die zu dieser Zeit jedoch in den herrlichsten Farben blühten.

  • Etwas was ich am Theater haßte, waren die Zusachauer, die alsbald das Stück zu Ende war, aufspritzten und sogleich zum Ausgang drängten. Mir war das alles zuwider! Nur dann, wenn man unmittelbar nach dem Ende der Vorstellung noch etwas sitzen blieb,(um zum Beispiel den Abspann und die Outtakes noch zu bewundern :D) konnte man das Stück auf eine ganz besondere Weise auf sich wirken lassen. Außerdem hatte sich dann auch das schlimmste Gedränge bereits wieder aufgelöst. Offenbar hielt es der Aurelier ebenso. Ein Umstand, dem ich sehr begrüßte. Auch die aurelischen Damen, die sich zu Beginn noch in seiner Obhut befunden hatten, waren mit einem Mal verschwunden. Sie waren bei meinem Onkel Aquilius bestens aufgehoben! So kam es, daß ich schließlich alleine an der Seite des Aurelius war. War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Schlagartig fielen mir wieder die Worte Antonias ein, die kürzlich bei unserer abendlichen Unterhaltung gefallen waren.
    "Oh ja, äußerst glamourös! Ähm, ja, das Lächeln...ja. Heißt es nicht, ein Lächeln versüßt den Tag?" Ich konnte mich vor Verlegenheit kaum noch retten. Dieses Kompliment kam einfach zu überraschend, als dass mir etwas besseres darauf eingefallen wäre. War Corvinus bei unserem ersten Treffen sehr zurückhaltend, wagte er sich nun etwas mehr in die Offensive.


    Das Verkehrsaufkommen nach den Vorstellung, war wie bereits erwartet imens. Ein einziges Gedränge war das in den Straßen von Rom. So war sein Vorschlag, den Nachhauseweg doch zu Fuß zu berschreiten, eine gute Alternative zum entnervenden Einreihen in den Stau. "Ein abentlicher Spaziergang wäre jetzt genau das Richtige," antwortete ich strahlend.
    "Da mir die horti Menenniae noch nicht bekannt sind, lasse ich mich gerne überraschen!" So konnte man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen - ein Spaziergang in angenehmer Begleitung und die Besichtigung eines mir noch unbekannten römischen Parks, auch wenn man bei der bald einbrechenden Dunkelheit wohl nicht mehr allzu viel von seiner Pracht bewundern konnte.

  • "So heißt es", pflichtete ich bei und nickte behäbig, die zarte Rötung der flavischen Wangen verstohlen betrachtend und dennoch so gebarend, als bemerkte ich es nicht. Ein wenig unschlüssig über das weitere Gesprächsthema, spazierte ich also an Celerinas Seite an den Sänften vorüber, ungeachtet der bequemen Transportmöglichkeit, die sie boten, und bevorzugte die gemäßigte Bewegung hin zu den Gärten, die ich soeben als lohnendes Ziel vorgeschlagen hatte. Noch rang ich mit mir - sollte ich ihr einen Arm darbieten? Höflich wäre es, doch ging mir das Bild einer Spinne durch den Kopf, die reglos wartete, bis man in ihre Reichweite kam, um dann blitzschnell zuzuschlagen und sich anschließend ihre Beute einzuverleiben. In der Unentschlossenheit kämpfte der gute Ton mit einer Vorsicht, die doch eigentlich unbegründet war - oder nicht? Schließlich gewann meine Erziehung, und ich bot der Flavierin höflichst meinen Arm zur Parade dar, während wir sklavenverfolgt rechts einschwenkten und in der Ferne bereits die ersten Grünzipfel der horti zu sehen waren.


    "Hast du vor, länger in Rom zu bleiben, Flavia? Oder planst du deinen Aufenthalt hier als kurze Erholung vom Leben in Lutetia?" fragte ich sie und hoffte, dass mir ihre Herkunft richtig in Erinnerung geblieben war. Hinter uns wurden, obgleich man im lauen Licht des Abends noch gut sah, Fackeln entzündet. Die Sklaven wahrten einen diskreten Abstand, würden jedoch zur Stelle sein, falls es nötig war. Indes ich mir den Kopf zerbrach über ein Gesprächsthema abseits der Flora und der Literatur...

  • Es bedurfte nur wenige Augenblicke, bis Corvinus mir seinen Arm anbot. Dankend hakte ich mich ein und eine innere Zufriedenheit machte sich in mir breit. War ich schon an meinem Ziel angekommen? Nun, ich war auf dem besten Weg dorthin, wenn auch noch nicht auf der Zielgeraden. Mein heutiges Etappenziel hatte ich allerdings erreicht! Ich war es gewohnt, früher oder später das zu bekommen, was ich wollte. Warum sollte es in diesem Fall anders sein?
    So schlenderten wir duch den lauen Abend, den horti entgegen. Den Sklaven, die uns folgten schenkte ich nur wenig meiner Aufmerksamkeit. Wichtig alleine war nur der Mann an meiner Seite. Nun fehlte nur noch der Anstoß zu einer netten kleinen Konversation. Der Aurelier hatte beschlossen, den Anfang zu machen. Er hatte in der Tat nicht vergessen, woher ich kam. Allenfalls ein Indiz dafür, daß ich ihm in Erinnerung geblieben war.
    "Ich habe meine Zelte in Lutetia für immer abgebrochen und gedenke nun für unbestimmte Zeit in Rom zu bleiben," antwortete ich lächelnd auf seine Frage.
    Eine betretene Stille brach über die vermeindlich begonnene Konversation herein. Sollte das kleine Flämmchen denn schon erloschen sein, oder rang er lediglich nur nach einem passenden Thema?


    Um das zu bekommen, was man wollte, musste man gelegentlich auch zu etwas unkonentionelleren Mitteln greifen. Das tat ich dann auch, indem ich ihn direkt ansprach.
    "Wie ist es mit dir, mein lieber Aurelius? Warst du auch schon einmal im sicheren Hafen der Ehe?" Natürlich wußte ich durch meine Informanten, daß dies noch nicht der Fall gewesen war. Doch einem flüggegewordenen Vogel half es oftmals, einfach aus dem Nest gestoßen zu werden.

  • Auf Unbestimmt also. Ich nickte – was sonst konnte ich dazu auch sagen? Unbehagen breitete sich in mir aus. Sonst war ich auch nicht gerade auf den Mund gefallen, warum nur ausgerechnet jetzt? Vielleicht mochte es an dem Umstand liegen, dass Celerina....sonderbar auf mich wirkte. Ohne, dass ich benennen konnte, woran es lag. Ihre forsche Art allein war es nicht, vielmehr umgab sie eine besondere Aura, etwas Düsteres – oder täuschte ich mich nur?


    Eine Weile gingen wir schweigend nebeneinander her, und ich nahm an, dass auch sie überlegte, worüber man sich wohl ausgelassen und gleichzeitig ungezwungen unterhalten konnte. Oder erwartete sie gar, dass ich sie unterhielt? Verstohlen musterte ich sie aus dem Augenwinkel, doch geheim blieb dieser Seitenblick nicht lange, denn mein Blick ging in ein erschrockenes Anstarren bei ihrer Frage über, auch wenn ich mich am Riemen riss und schnellstmöglich ein Ablenkungsmanöver startete: Ich hustete abrupt und räusperte mich anschließend dezent. Zugleich dachte ich über das nach, was Celerina soeben gesagt hatte. Verhört hatte ich mich zweifelsohne nicht. Einen Moment ließ ich noch verstreichen, ehe ich mich ihr wieder zuwandte und ein verunglücktes Lächeln zuwege brachte. „Nein“, sagte ich und überlegte, ob ich von meinen einschlägigen, bisher gesammelten Erfahrung berichten sollte. Ich entschied mich dafür, dies nur rudimentär zu erwähnen, für tiefgreifendere Erzählungen kannte ich Celerina nicht gut genug. “Ich war einmal verlobt, löste diese Verbindung jedoch.“ Ein mulmige machender Verdacht beschlich mich – warum fragte sie mich das? Allmählich klar sehend, blickte ich auf ihre zarte Hand hinunter, die auf meinem Arm lag, und schluckte verborgen den kühlen Kloß fort. Ob ich fragen sollte, warum sie fragte? Besser nicht. Am Ende vertiefte sie das Gespräch noch. Stattdessen entschied ich mich für die leicht gewagte, folgende Bemerkung, die von einem lockeren Schmunzeln begleitet wurde. “Suchst du etwa nach einem Ehemann?“ Viel zu spät fragte ich mich, was ich sagen sollte, wenn sie bejahte.

  • War meine Frage zu gewagt? Hatte ich mich zu weit nach vorne gebeugt? Was, wenn seine Antwort enttäuschend ausfallen würde? Ich fühlte mich in jenem Moment doch recht beengt in meiner Haut. Fragen über Fragen plagten mich jetzt. Ich war gegen den Aurelier wirklich nicht abgeneigt. Ganz im Gegenteil! Was ich bereits über ihn in Erfahrung bringen konnte, machte ihn um ein Vielfaches noch attraktiver für mich. Noch einmal wollte ich mich nicht ins Unglück stürzen lassen! Diesmal wüsste ich dies zu verhindern wissen. War es vielleicht das, was meine Feinfühligkeit auf der Strecke bleiben ließ?
    Nun gab es jedoch kein Zurück mehr! Angespannt harrte ich einer Erwiderung und wog die möglichen Varianten ab. Gewiß war es unwahrscheinlich, daß ein Mann wie er, bislang keine Verbindung eingegangen war. Sein zögerndes Lächeln verriet mir, daß es ihm ähnlich ergehen musste. Möglicherweise sah er in mir die Spinne, die ihr Netz geknüpft hatte, um darin ihr nächstes Opfer zu fangen, um es anschließend verspeisen zu können.
    Sein Nein erstaunte mich allerdings. Jedoch folgte darauf ein kleiner Einblick in sein bisheriges Leben.
    Verlobt also! Jedoch die Verbindung wurde wieder gelöst. Es war zu indiskret, nach dem Warum zu fragen. Er machte nicht den Eindruck auf mich, als wolle er ausführlich darüber sprechen. So entschied ich mich dafür, nicht noch tiefer in nicht ganz verheilten Wunden zu bohren.
    Indes ließ mich seine Frage erschüttern! Mir war, als hätte man mich bei etwas unflätigem erwischt. Ich ahnte förmlich, wie sich meine Wangen röten mussten.
    "Wie bitte? …Ich… ein Ehemann? Aber nein! Oh nein! Ich fragte mich nur, ob unser beider Schicksal einige Gemeinsamkeiten aufweisen." So gut es ging, versuchte ich mich aus meinem eigenen Netz wieder herauszuwinden. Dieses Opfer wollte nicht so einfach ausgesaugt werden. Ich musste mich einer anderen, etwas fein sinnigeren Strategie bedienen.

  • Was auch immer die Flavia dazu bewogen hatte, mir diese Frage zu stellen - mit der Gegenfrage schien sie nicht gerechnet zu haben, denn ihre Wangen überzogen sich mit einem Male mit einer frischfarbenen Röte und ließen sie wirken wie eine Apfelblüte im ersten Licht des Tages. Der Vergleich gefiel mir. "Verzeih mir meine Bemerkung. Sie war unangemessen", entschuldigte ich mich und legte die freie Hand kurz auf jene, die sie mir auf den Arm gelegt hatte. Versöhnlich lächelte ich sie an, schließlich hatte ich sie nicht in solche Verlegenheit bringen wollen.


    "Gemeinsamkeiten scheinen wir zumindest in diesem Punkt nicht zu besitzen. Aber das sollte dem Abend keinen Abbruch tun, findest du nicht auch?" fuhr ich fort und geleitete sie nun linker Hand durch das halbhohe Tor hinein in den im Abendlicht verwunschen anmutenden Park.
    "Ich habe mich ünrigens einmal schlau gemacht, was die ochidaceae anbelangt", sagte ich, während wir an halbhohen Lavendelsträuchern entlang flanierten. "Du hattest recht, die östlichen Völker scheinen eine besondere Passion entwickelt zu haben diesbezüglich. Ich lasse gegenwärtig nach einem Mittelsmann forschen, der mir einige der selteneren Exemplare besorgen kann." Womit wir wieder beim Thema waren. Als mir dies auffiel, stockte ich und musterte Celerina verwundert. Es war so außergewöhnlich, dass eine Frau sich für seltene Pflanzen interessierte, dass es mir beinahe wie ein Wink des Schicksals vorkam - oder aber wie Berechnung. Aber nein, sagte ich mir, das konnte es gewiss nicht sein. Ich räusperte mich. "Sag, Flavia, was macht eine Frau wie du den ganzen Tag in Rom? Ich kann mir dich nur schwerlich hinter einem Webstuhl vorstellen."

  • Das war die Rettung in letzter Minute! Auch wenn meine Ausrede womöglich eher an den Haaren herbei gezogen war. Jedenfalls lieferte sie die erwünschte Wirkung. Ich hatte mich sozusagen wieder selbst aus meinem eigenen Netz befreit. Der Schrecken saß mir noch fast in den Knochen, als mich seine Entschuldigung, der darauffolgende versöhnliche Blick und seine Hand auf der meinen, mich wieder dahin schmelzen ließen. Nein! Ich hatte nichts verpatzt. Nichts war verloren! Ich war weiterhin im Rennen und meine Chancen standen gut. So spannte ich erneut mein Netz, um damit einen guten Fang machen zu können.
    "Nein, ein solch wunderbarer Abend, verdient auch einen gebührenden Abschluß. Zumal es sich ja um eine unüberlegte Äußerung meinerseits handelte." Freudig lächelte ich wieder, denn vor uns tat sich nun jener Park auf, in den mich der Aurelier entführen wollte. Innerlich jauchzend, war mir, als laufe ich auf Wolken. Alsbald folgte ein Gesprächsthema, welches uns mit Sicherheit gelegen war und keinen von beiden kompromittieren konnte – die Welt der Pflanzen. "Oh wirklich! Das wäre ja wunderbar, könntest du ein solch höchst seltenes Exemplar dein Eigen nennen! Wie gerne würde ich selbst solch fremde und geheimnisvolle Länder und Völker besuchen! Wie du siehst, plagt mich stets das Fernweh!" Ich grinste über meine letzte scherzhafte Bemerkung. Erfreulicherweise war auch sein Interesse an mir nicht abgerissen. Auf seine Frage hin, mußte ich schmunzeln.
    "Nein, wenn du mich hinter einem Webstuhl vermutet hättest, müsste ich dich nun enttäuschen! Handarbeiten waren mir von je her ein Graus. Als Kind wurde ich zwar stets dazu angehalten, jedoch konnte ich mich mit derlei Beschäftigungen niemals richtig anfreunden. Nun, ich liebe es zu lesen und meinen Studien über die Heilkraft der Pflanzen nachzugehen. Oder ich fröne meinem Laster!“ Spitzbübisch schaute ich zu Corvinus. Ob er wohl erahnen konnte, welches Laster das meine war? Über mein wahres Laster würde ich ihn wohl auf ewig im unklaren lassen müssen. Jedoch das weitaus unverfänglichere konnte ich mit ruhigem Gewissen preisgeben. Nun wollte ich ihn auch nicht zu lange auf die Folter spannen. "Dem Einkaufen! Ich bin eine äußerst modebewußte Frau und ich verfolge jede neue Richtung, die derzeit en Vogue ist."

  • Mehr als ein Lächeln erwiderte ich diesmal nicht auf ihr Eingeständnis, denn das Thema war damit abgehakt, wie ich fand. Viel lieber ging ich auf das Terrain ein, in dem ich mich sicher bewegen konnte. So nickte ich nur, hob hernach aber eine Braue und musterte die lachende Flavierin neben mir interessiert. Über ihr Fernweh hatten wir uns schon einmal unterhalten, und ich hatte meinen Wunsch dargelegt, Ägypten einmal zu bereisen. Jedoch allerdings in die östlichen Länder zu reisen - allein der Flora wegen - das hätte ich nie erwogen. Zumal die Ostländer als gefährlich galten und diese begehrten Pflanzen aus Regionen stammten, die teilweise nicht mehr zum Römischen Reich gehörten... "Nun, ich sehe, was sich machen lässt", war meine schmunzelnde Antwort darauf. Wieder einmal fragte ich mich, wie eine Frau ein solch reges Interesse an seltenen Pflanzen zeigen konnte, und warum sie ausgerechnet mir über den Weg gelaufen war.


    "Ah, ja.... Ich habe meine Schwester und meine Cousinen stets bemitleidet, weil sie sich im strahlendsten Sonnenschein drinnen der Handarbeit widmen mussten, während meine Brüder und ich draußen mit Holzgladii gespielt haben", erinnerte ich mich und schüttelte amüsiert den Kopf. "Ich habe mich stets gefragt, ob ihr das macht, weil es euch gefällt, oder weil es einfach verlangt wird, dass eine Frau geschickt weben kann. Dein tunica recta hast du aber gewiss selbst gewebt?" fragte ich sie und spielte damit auf ihre vorangegangene Ehe an. Schließlich galt es als unglückselig, webte die zukünftige Braut das Hochzeitsgewandt nicht selbst. Bei der Erwähnung ihres Lasters hob ich fragend eine Braue, musste dann aber lachen, als sich dieses frevlerische Tun als Einkaufswahn herausstellte. Nun, als Flavierin verfügte sie gewiss über nur schwer zu erschöpfende Geldmengen, da war eine solche Passion beinahe die logische Schlussfolgerung. "Das sieht man durchaus, deine Gewandung ist stets ein geschmackvoller Anblick", erwiderte ich lächelnd und sah dann an mir hinab. "Was man von mir eher nicht behaupten kann. Ich weiß gar nicht mehr, wann ich zuletzt der Kleidung wegen die Märkte aufgesucht habe. Das muss Jahre her sein. Ich lasse lieber kaufen, als es selbst zu tun."

  • Meine Ziehmutter, die von jeher immer daran geglaubt hatte, daß nichts ohne besonderen Grund geschah, hätte unsere Bekanntschaft sicher als Vorsehung oder auch als den Willen der Götter bezeichnet. Wie auch immer die Sachlage war, wer seine Finger im Spiel gehabt haben mochte, ich dankte ihm oder ihnen dafür! Diese Bekanntschaft war wirklich mehr, als ich erwarten durfte, zumal wir uns in einigen Dingen sehr glichen oder uns auf wundersame Weise ergänzten. Was wollte man da mehr?
    Den Austausch unserer Kindheitserinnerungen weckte in mir zwar einige unschöne Momente, die ich lieber hätte vergessen wollen, als daß ich darüber sprach, doch konnte ich mich damit amüsieren. "Nun, von Wollen konnte zumindest bei mir keine Rede sein! Meine Mutter hat mich regelrecht dazu nötigen müssen. Dementsprechend waren dann auch die Resultate meiner Fertigkeiten. Ja, die tunica recta habe ich mit Ach und Krach selbst hergestellt." Dementsprechend war dann auch meine Ehe verlaufen. Doch dieses Drama, welches meine Ehe nun einmal gewesen war, konnte nicht alleine am miserablen Ergebnis einer selbstgewebten Tunika begründet gewesen sein! Die Zeit, da ich unter Selbstvorwürfen litt, war längst vorbei. In all den Jahren hatte ich eine gesunde Portion Selbstvertrauen entwickelt und seit dem Tod meines Gatten, sprühte ich förmlich vor Selbstbewußtsein! Dies betraf nicht nur mein Verhalten in der Öffentlichkeit. Nein, auch bei der Wahl meiner Kleidung legte ich stets Wert auf Originalität. Die Tunika von der Stang war mir dabei immer ein Graus gewesen. "Oh, dein Kompliment weiß ich zu schätzen!" Ich lächelte und musterte ihn insgeheim. Nun ja, seine Kleidung als topaktuell zu titulieren, wäre zu viel des Guten gewesen. Er war ohne Zweifel adrett gekleidet, jedoch fehlte vielleicht etwas der Pepp!
    "Nun, wenn du möchtest, so kann ich dir einige Adressen von empfehlenswerten Schneidern übermitteln lassen oder aber wenn du möchtest, werde ich dich gerne unter meine Fittiche nehmen, und dich von Kopf bis Fuß neu einkleiden lassen." Ein schelmisches Schmunzeln war meinem Gesicht zu entnehmen. Gab es doch nichts schöneres, als einen Mann beim Kauf seiner Kleidung hilfreich zur Seite stehen zu können.

  • Sim-Off:

    Bitte meine Abwesenheit zu entschuldigen.


    Leise lachend kommentierte ich die Worte der Flavierin. Vermutlich hatte sie sich gar ihre zarten Finger zerstochen am Stickwerk. Mir schwebte ein Bild vor Augen, in dem Flavia Celerinas Hochzeitsgewand nur allzu deutliche Flecken zeigte, daraus resultierend, dass sie sozusagen gezwungen worden war, es zu weben. Andererseits sollte es großes Unglück bringen und ein dunkles Licht über die Ehe stellen, wenn man ein entsprechendes Gewand erwarb und nicht selbst herstellte. Es hieß, dass die Braut und werdende Ehefrau Dinge in den Stoff webte, die der Ehe später nützlich sein sollten. Dinge wie Geduld, Sorgfalt und den Willen, treu und ergeben zu sein. Celerina seitlich musternd, überlegte ich, ob sie diese Eigenschaften wohl besaß.


    Ein strahlendes Lächeln ihrerseits später kam ein Vorschlag, der mich ein wenig überrumpelt dreinblicken ließ, ehe ich die Fassung wiedergewann und sie nur noch zweifelnd ansah. Einkaufen. Wie ich diese schreckliche Prozedur hasste. Noch schlimmer war es, wenn man sie an der Seite einer Frau ausüben musste. Statt wirklich nur das zu erstehen, was man vorher festgelegt hatte und auch nötig brauchte, lief man im Zickzack an vollkommen unnützen Ständen vorbei und gab unter dem Strich ein Vielfaches mehr an Geld für Tand und Weiberkram aus, als man es sich träumen ließ. Ich erinnerte mich noch ganz genau an einen solchen Jagdausflug mit Prisca, auf dem wir eigentlich eine Trauertoga für mich erstehen wollten. Über all dem Krimskrams, den Stoffen, Hinstellerchen und sonstigen unnützen Gegenständen hatten wir schließlich genau das vergessen, weswegen wir überhaupt die Märkte aufgesucht hatten. So war ich des Abends ermüdet und entnervt auf einer cline zusammengesunken, ohne dass der Tag etwas gebracht hatte - sah man von der durch und durch befriedigten Miene meiner Nichte einmal ab. Es war demnach nicht verwunderlich, dass ich schleunigst das Thema wechseln wollte, und daher lediglich entgegnete: "Vielen Dank, aber ich denke, die Adressen werden reichen. Als Magistrat steht einem nicht allzu viel Zeit zur Verfügung." Wobei letzteres eine ziemlich offene Auslegung meinerseits darstellte. "Sag, magst du eigentlich Tiere, Flavia?" wechselte ich das Thema, inspiriert von einer halbhohen Säule mit einem springenden Delfin, an der wir nun vorbeigingen.

  • Sim-Off:

    ;)


    Gemächlich schritten wir weiter voran und befanden uns bald inmitten saftigen Grüns. Der süße, betörende Duft der verschiedenen Blumen umschmeichelte meine Nase und trug dazu bei, daß ich mich rundherum wohlfühlte. Die Abenddämmerung war schon etwas vorangeschritten und das fröhliche zwitschern der Vögel verstummte langsam. Auch die runde Scheibe des Mondes stand bereits am Himmel, der in blau-violett getaucht war und rundete somit diesen herrlichen lauen Frühlingsabend ab. Die begleitenden Sklaven hatten ihre Fackeln entzündet, um uns den Weg zu beleuchten. An ihrer Anwesenheit störte ich mich wenig, allein deswegen waren sie doch letztlich da.
    Mit der Geschichte meiner tunica recta war es mir gelungen, den Aurelier zu erheitern. Er war so anders, als es mein verblichener Gemahl jemals gewesen war. Vielleicht sollte ich letzten Endes damit aufhören, in der Vergangenheit zu leben und meinen ganzen Fokus auf die Zukunft legen. Das vergangene war vorbei und ließ sich auch nicht mehr ändern. Das einzige, wofür die Vergangenheit noch dienlich war, war die Tatsache, daß man aus ihr lernen konnte und in dieser Beziehung war ich eine äußerst gelehrige Schülerin.
    Aber in einem entsprach er allen Vertretern seines Geschlechts. Wenn es ums Einkaufen ging, zog auch er sich dezent, aber entschieden zurück. Für einen Mann mußte einkaufen gehen wohl das größte anzunehmende Übel sein. Dies war ein Punkt, wo sich die Geschäftswelt sich fragen mußte, wie man das Einkaufen für Männer erträglicher machen konnte. Die moderne Männerbetreuung hatte sich, im Gegensatz zur Kinderbetreuung während des Einkaufs, lange noch nicht überall durchgesetzt. :D
    "Nun, ich werde Ylva damit betrauen, dir meine Empfehlungen zukommen zu lassen," antwortete ich ihm darauf und beendete auch damit dieses Thema.
    Wir schritten weiter voran und unsere Schritte hinterließen ein knirschendes Geräusch auf dem, mit feinen Kiessteinchen angelegten Weg.
    Die nächste Frage des Aureliers kam überraschend und hatte so gar nichts mehr mit dem vorherigen gemein. "Tiere?" fragte ich erstaunt. "Nun ich habe eine Schwäche für Katzen, besonders mag ich die ägyptischen." gestand ich und war auf seine Reaktion gespannt. Den meisten Männern waren Katzen zuwider. "Wie steht es mit dir?" hakte ich gleich nach.

  • "Vielen Dank", erwiderte ich, glücklich, dem Einkauf gerade noch einmal entronnen zu sein. Die Flavierin schien zuerst ein wenig erstaunt, ging dann jedoch bereitwillig auf den allzu offensichtlichen Themenwechsel ein. Insgeheim hoffte ich, dass sie meine Aversion dem Einkaufen gegenüber vermerken und nicht auf die Idee kommen würde, mich je über die Märkte und von einem Stand zum anderen zu ziehen. "Katzen? Hm", machte ich und dachte nach. Um die aurelische villa herum gab es so einige, doch wagten sie sich nur des Tags in unseren Garten, wenn die Hunde nicht in der Nähe waren, die nächtens unangeleint dafür sorgten, dass wir vor unliebsamem Besuch verschont blieben. Ich wiegte den Kopf ein wenig. "Nennt man die ägyptischen nicht felis silvestris?" glabte ich mich zu erinnern. Hier in Rom streifte ein Vielzahl bunt gemusterter Tiere herum, die Farbpalette reichte von schwarz über Braun- und Röttöne bis hin zu weißen Vertretern der felinen Art. Manche davon waren hässlich, ausgemergelt oder extrem fett, doch andere waren durchaus schön anzusehen und zeigten nicht gleich die Krallen, wenn man sie beruhrte. Alle jedoch hatten eine eigentschaft gemein, die ich sehr schätzte: Sie erlegten Ungeziefer und verhinderten so indirekt Krankheiten. "Um ehrlich zu sein, habe ich bisher nicht darüber nachgedacht, ob ich Katzen mag oder nicht. Ich schätze allerdings den Dienst, den sie für uns als Mäusefänger und Rattenerleger tun", erwiderte ich einen Moment später. "Besitzt du denn ein solches Tier? In Ägypten galten die Katzen damals als heilige Tiere, ganz so wie in unserer Kultur wohl niemand darauf kommen würde, die Gänse der Iuno zu schlachten." Eines wusste ich mit Sicherheit: Unsere Hunde waren mir suspekt. Das waren sie schon immer gewesen, ich mochte sie einfach nicht, allein der langen Zähne und der starken Kiefer wegen. Aber ob ich deswegen mehr ein Katzen- denn ein Hundemensch war? Ich erinnerte mich an den buntgefiederten Papagei, den ich Lucilla zu ihrer Hochzeit mir Senator Avarus geschenkt hatte. Schön anzusehen war der Vogel ja durchaus gewesen, doch hatte ich nicht die Zeit, mich genügend mit einem solchen Tier zu beschäftigen, darum schaffte ich mir erst gar keines an. Und von Pferden fing ich lieber erst gar nicht an zu sprechen. Ein Tier, das man nicht beschäftigen musste, wäre wohl das richtige gewesen für mich. Da fiel mir ein, die wenigen Zierfische im aurelischen Garten, die mochte ich. :D

  • "Nichts zu danken!" erwiderte ich erheitert. Auch wenn der Aurelier sich die größte Mühe gab, seine Erleichterung vor mir zu verbergen, gelang es ihm dennoch nicht ganz. Stattdessen glänzte er ein weiteres Mal mit seinem Wissen, als ich ihm von meiner Leidenschaft für Katzen erzählt hatte.
    "Richtig!" antwortete ich bewundernd und war ein weiteres Mal erstaunt, wie universell sich die Bildung des Aureliers doch gestaltete. "Man nennt sie tatsächlich felis silvestris." Überdies war seine Reaktion, von der der der meisten Männer, abweichend, was für ihn sprach, wie ich fand. Mein Gemahl hatte eine Aversion gegen jegliches Getier und hatte sich sogar über meine Neigung, den Feliden gegenüber, auch noch lustig gemacht. Ich mag auch Katzen, am liebsten gebraten, war stets seine dümmliche Anmerkung. Da mein Ehemann mir in vielerlei Dingen wenig Aufmerksamkeit entgegenbringen konnte, war es auch nur verständlich, daß ich ein solches Tier nicht mein Eigen nennen konnte.
    "Nein leider noch nicht. Doch möchte ich mir eines Tages ein solches Tier anschaffen. Natürlich keines, was zu Hauf auf den Straßen Roms herum streunt. Nein, mich verlangt es nach einer reinrassigen Feliden aus Aegyptus, einer echten Bastet," antwortete ich und schmunzelte verschmitzt dabei. Auch in diesen Dingen, war mir das Beste nur genug.
    Unvermittelt fiel mir dabei etwas ein, was mir Ylva vor noch nicht allzu langer Zeit berichtet hatte. Sie hatte etwas von einem Löwen erzählt, der sich angeblich in der Villa aufhalten sollte. Ich war dieser Geschichte nachgegangen und tatsächlich! Es stimmte! "Denk dir nur, einer meiner Verwandten hat seinem Sohn einen jungen Löwen aus Parthia mitgebracht. Ich habe ihn noch nicht mit eigenen Augen gesehen, doch ich hörte, dieses Tier würde in der flavischen Villa gehalten werden."

  • Obgleich ich sonstig nicht empfänglich für schmeichlerische Worte war, wusste ich doch, dass sie meist zweckdienlich waren und eine Gegenleistung erforderten, so fühlte ich dennoch vage Zufriedenheit in mir aufsteigen, als Celerina sich in beeindrucktem Tonfall äußerte. Meine Mundwinkel zuckten nach oben und ich bedachte sie mit einem kurzen Seitenblick.


    Verständig nickte ich indes, was das Katzengetier anbelangte. "Zudem würde nichts anderes dir stehen. Ein würdevolles Tier sollte es in jedem Falle sein", erwiderte ich, wohlweißlich damit ein verborgenes Kompliment streuend. Ich war guter Dinge, darüber hinaus mochte ich den Umstand, mit mit jemandem mit rudimentär gleichen Interessen zu unterhalten, und weiters war Flavia Celerina eine angenehme Gesprächspartnerin. Die Erwähnung eines Löwen allerdings machte mich ein wenig skeptisch, und in Unglauben zog ich die Brauen zusammen. Allerdings hatte der kleine Flavier, der wohl ein Spross des heimgekehrten Helden von Circesium war, bereits des Öfteren für Furore gesorgt. Ich erinnerte mich an seinen Auftritt an der rostra - die mir und meiner res gestae auch noch bevorstand - und eine Begebenheit bei Titus Tranquillus. Da passte ein Löwe durchaus ins Bild, und so zierte ob dieses Gedankengangs bald ein angedeutetes Schmunzeln mein Gesicht. Auch, wenn man meinen sollte, der Vater des Jungen sei ein wenig umsichter bei der Wahl seiner Geschenke. "Ein Löwe, tatsächlich! Es bleibt dann nur zu hoffen, dass er domestiziert wird, solange er klein ist. Denk dir nur, ein ausgewachsener Löwe, undomestiziert, der die Klienten des Hauses in Angst und Schrecken versetzt." Ich stellte mir das Bild gedanklich vor und konnte nicht umhin, dabei zu grinsen. Letztendlich war es mir auch nicht möglich, ein kurzes Lachen zurückzuhalten.


    Vor und hinter uns beleuchteten sklavische Fackelträger den Weg. Ich haderte mit mir selbst, ob ich dennoch vorschlagen sollte, sich auf einer Bank niederzulassen, entschied mich jedoch dagegen angesichts der Dunkelheit und des Umstandes, dass sich ihre Verwandten ganz gewiss sorgten, würden wir nicht in absehbarer Zeit im Hause Flavia anlangen. "Ein schöner Abend", sinnierte ich und sah hinauf in des Himmels Zelt. "Ich würde dich gern in den nächsten Tagen einmal einladen, um dir den Garten zu zeigen. Das Angebot der Entführung steht noch, wenn du also Zeit und Lust hast, wäre es mir eine Freude, eine kleine Führung zu arrangieren." Von hier aus sah man bereits das schmiedeeiserne Tor, welches das Ende des kleinen Parks begrenzte.

  • Das war in der Tat ein schönes Kompliment, welches mit einem Lächeln belohnt wurde. Denn schließlich hatte man ja auch, was den Besitz eines Haustieres anging, einen Ruf zu verlieren. Konnte man nicht von einem Haustier auf den dazugehörigen Herrn schließen? Wenn man danach gehen wollte, mußte mein Tier einer erlesenen Zucht entstammen.
    Ich genoß diesen kleinen Spaziergang in vollen Zügen, denn einen solch angenehmen Begleiter an der Seite zu haben, kam leider nur sehr selten vor. Bei dem Aurelier hatte ich das Gefühl, ihm so manches anvertrauen zu können, was ich bislang stets vor der Außenwelt zurückgehalten hatte. Dabei kannten wir uns doch noch gar nicht so lange. Doch ich hatte von solchen Menschen schon gehört, die doch eigentlich fremd waren, jedoch auf eine besondere Weise sehr vertraut waren. Seelenverwandte nannte man sie und ich war auf einen solchen gestoßen.
    So entsprach auch seine Reaktion auf die Geschichte mit dem Löwen der meinen. Auch ich hatte starke Bedenken, daß eine Villa der richtige Platz für einen Löwen war.
    "Nun, so wie ich hörte, soll sich einer von Aristides´ Sklaven um das Tier kümmern. Aber ein Gutes hat ja solch ein Tier. Man kann mit ungehorsamen Sklaven kurzen Prozess machen," sagte ich, wobei der letzte Teil meiner Bemerkung eher eine sarkastische Note hatte.


    Der Abend war schon fortgeschritten und angesichts der angeregten Unterhaltung hatte ich gar nicht bemerkt, wie spät es schon geworden war. Da die Sklaven uns den Weg mit ihren Fackeln leuchteten, war mir auch das Hereinbrechen der Dunkelheit gar nicht so bewuß gewesen.
    Wenn man genau hinsah, konnte man bereit das Tor des Parks erkennen. Innerlich empfand ich es sehr bedauerlich, daß sich dadurch auch unser kleiner Spaziergang seinem Ende zu neigte. Die Einladung, die der Aurelier sodann aussprach, erhellte mein Inneres wieder und voller Freude darüber wollte ich schon meinen Gefühlen freien Lauf lassen. Jedoch zwang ich mich dazu, mein Temperament zu zügeln, so wie es sich für eine Dame meines Standes geziemte.
    "Oh, es wäre mir eine Freude, deiner Einladung zu entsprechen. Du hast mich wirklich sehr neugierig gemacht."


    Vor uns hörte man schon ein quitschendes Geräusch, welches von den Scharnieren des eisernen Tores herrührte, als dieses von einem der Sklaven geöffnet wurde.

  • Wenn ich gewusst hätte, was meine hübsche Begleitung in jenem Moment dachte - ich hätte wohl reißaus genommen. So aber schritt ich weiterhin neben ihr einher und betrachtete sie dann und wann unauffällig - und arglos ob ihrer Gedanken - von der Seite. Als das Tor quietschte, blickte ich voraus, dann blieb ich stehen und sah Celerina an.


    "Bedauerlicherweise haben wir kaum etwas sehen können von der mannigfaltigen Flora", sagte ich und spielte damit auf die Dunkelheit an. Langweilig war unser Spaziergang aber dennoch nicht gewesen. Celerina strahlte mich förmlich an, einer kleinen Sonne gleich. Ihre Freude ließ mich schmunzeln. Abermals nahm ich mir vor, jemanden auf die Neigung des Kaisers bezüglich der Flavier anzusetzen. Ein wenig halbherzig fragte ich mich, ob ich es mit ihr als Ehefrau wohl lange aushalten würde. Sie schien mir keine von denen zu sein, die sich lange und ohne aufzubegehren selbst im stillen Kämmerlein zu beschäftigen wussten. Jedoch, wenn sie sich dereinst als wahre Sirene herausstellen würde, konnte ich mich in die Arbeit flüchten und ausharren, wie es eben jeder römische Mann tat, wenn sich sein Eheweib als Furie entpuppte. Und das war nur allzu oft der Fall, wie ich mir anhand des Eheweibs von Claudius Menecrates in Erinnerung rief.


    "Es wäre vielleicht ein wenig dreist, zuzugeben, dass ich gern hübsche Frauen neugierig mache, aber in deinem Fall stimmt diese Tatsache durchaus, Flavia. Es wird mir eine Freude sein, dir den Garten zu zeigen. Wenn alles gut verläuft, kannst du dich sogar auf eine kleine Überraschung freuen", sagte ich. Einer der fackeltragenden Sklaven trat dezent hinzu und wartete darauf, dass wir uns voneinander verabschiedeten. Er würde zusammen mit drei weiteren Sklaven die kleine Eskorte bilden, welche die Flavia sicher die wenigen letzten Meter in den heimischen Hort begleiten würde. "Nun denn, es war nicht zuletzt dank meiner Begleitung ein gelungener Abend", leitete ich höflich den Abschied ein. Aquilius würde mir gewiss den Hals herumdrehen, wenn Celerina noch später heimkehrte, Eskorte hin oder her. "Ich werde dir eine Nachricht senden. Und Brix hier wird dich mit seinen Männern nach Hause geleiten. Es ist ja nicht mehr weit."

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