Ein nächtlicher Spaziergang - oder das Geheimnis meines Erfolgs

  • Von der Villa Flavia war es etwa noch ein fünfzehnminütiger Weg, bis wir unser Ziel erreichen sollten. Ich hatte diesen Weg schon einige Male mit Ylva gemacht- immer dann, wenn es wieder notwendig wurde. Meine Sklavin wußte genau, welche Straße sie nehmen mußte und wann man wo abbiegen mußte.
    Einige Straßenzüge weiter, schien es so, als wären wir weit entfernt vom schönen strahlenden Rom. An die Villengegend hatte sich erst ein Viertel angeschlossen, indem einige Händler ihre Geschäfte hatten. Doch unversehens wurde auch dieses Viertel von einer etwas herunter gekommenen Wohngegend abgelöst. Die mehrstöckigen Häuser sahen nicht sehr einladend aus. In der ferne hörte man plötzlich das Bellen eines Hundes. Aus einem der Häuser drang das Gebrüll eines Streites. Du verdammte Schlampe, komm sofort her! Du kannst mich mal! Hau bloß ab!Dies war gewiss kein Platz für Patrizierinnen, wie wir es waren. Unschlüssig darüber, das Richtige getan zu haben, wandte ich mich zu Antonia. Was sollte sie nur von mir denken? Eine Dame, wie sie es war, hatte sich höchstwahrscheinlich noch nie in eine solche Gegend gewagt. "Keine Sorge! Mir ist bisher noch nie etwas passiert. Außerdem sind wir bald da!"

  • Zunächst zögerlich, dann jedoch mit steigender, unbändiger Neugier waren Antonias Füße ihrer Verwandten gefolgt.
    Mit zunehmendem Abstand zur Villa Flavia war allerdings auch ihre Skepsis gestiegen. Erst recht, als das vertraute Viertel verlassen wurde. Eng hatte die Claudia ihre Palla um sich gezogen, hüllte sowohl Haar, als auch einen Teil des Gesichts in den dunklen Stoff, als fürchtete sie, man könne sie erkennen, würde annehmen, sie sei auf dem Weg um dunkle Rituale zu vollführen - oder einen Geliebten aufzusuchen. Der lächerlichere Teil war wohl, dass sie nicht im Traum darauf gekommen wäre, sich einen Geliebten zu nehmen.
    Die unwirrschen Stimmen der unteren Schicht, die aus diversen Fenstern und Gassen drangen, ließen sie ein ums andere Mal zusammenzucken. Nein, ihr war absolut nicht wohl bei dieser Sache. Auch Celerinas Versuch, sie zu beruhigen half hierbei nichts.
    Sie nickte nur stumm, verkniff sich einen Kommentar, da sie fürchtete, er könne ungehaltener ausfallen, als sie es beabsichtigte. Sämtlichen Göttern, die sie in einer solchen Situation für zuständig befand, versprach sie jedoch ein Opfer, sollte sie heil wieder zu Hause ankommen.

  • Es war in der Tat eine düstere und unfreundliche Gegend, in die wir derweil vorgedrungen waren. Selbst mir war es etwas mulmig geworden. Falls jemand uns hätte angreifen wollen, wären wir hilflos ausgeliefert gewesen. Nur Ylvas Fackel hätte uns als Waffe dienen können.
    Doch es mußten nun wirklich nur noch wenige Schritte sein, bis wir unser Ziel erreicht hatten.
    Unversehens blieb Ylva stehen und machte mich auf eine Schmiererei an einer Hauswand aufmerksam. Eine verzerrte Darstellung einer beleibten Frau und ein Pfeil waren darauf zu erkennen. Ich nickte ihr verschwörerisch zu und wandte mich sogleich zu Antonia um. "Siehst du, wir sind gleich da!" Die Dunkelheit die die Claudia umgab, verhinderte es, daß ich den verdrießlichen Ausdruck in ihrem Gesicht sah. Jedoch hätte ich volles Verständnis für sie gehabt, hätte sie sich abschätzig über unsere nächtlichen Exkursion geäußert. Bald darauf setzten wir wieder unseren Spaziergang fort.
    Schließlich erreichten wir, ein von außen unscheinbares Gebäude. Die Eingangstür stand sperrangelweit offen. Eine Frau, die offenbar auch nicht erkannt werden wollte und sich deshalb auch ihr Gesicht mit der Palla verbarg, lief schnellen Schrittes an uns vorbei.
    "Hier sind wir, Herrin!" Ylva war wieder stehen geblieben und sah mich erwartungsvoll an. Ich wiederum wandte mich an Antonia. "Wollen wir?"

  • Sie hob den Kopf und erkannte die unförmige Kritzelei, die wohl eine übergewichtige Dame darstellen sollte. Perfekt, dachte sie, denn ebenso empfand sie sich. Die Aussicht darauf, dass sie ihr Ziel gleich erreicht hätten, spornte Antonia wieder an und so folgte sie der Flavia die letzten paar Schritte.
    Nachdenklich musterte sie die Frau, die wie ein Geist an ihnen vorbei ins Gebäude huschte. Einmal sah sie von oben nach unten und befand, dass das Haus wohl nicht in der nächsten halben Stunde einstürzen würde. Man konnte es also riskieren, hinein zu gehen.
    "Ach, wenn wir schonmal hier sind.", erwiderte Antonia und hatte ihr Schmunzeln wiedergefunden - was aufgrund der Palla, die sie halb übers Gesicht gezogen hatte freilich nicht zu sehen war. Doch auch ihre Augen begannen zu blitzen.

  • "Na dann! auf in den Kampf!". Bevor ich mich auf die offene Tür zu bewegte, zwinkerte ich Antonia noch einmal zu. Ylva bedeutete ich, hier zu bleiben und auf uns zu warten, während ich den Anfang machte und das Haus betrat. Ich folgte einem Gang, der ganz offensichtlich zum angestrebten Ziel unserer nächtlichen Unternehmung führte. Immer wieder sah ich mich nach Antonia um, damit ich mir sicher sein konnte, daß sie mir noch folgte.
    Schließlich traf ich auf eine Menschenschlange, die vor dem Eingang zu einem gößeren Raum standen und warteten. Ich stellte mich hinten an und begann zu warten, so wie die anderen Frauen, die anstanden, es auch taten. Hier war ich inkognito. Niemand wußte wer ich war uns so sollte es auch bleiben. Peut à peut, wandt sich die Schlange weiter nach vorne und Antonia und ich mit ihr. Bald schon hatte man einen Einblick in das Innere des Raumes. Einige Stühle standen dort, ein langer Tisch, hinter dem einige Frauen agierten und ein Banner über dem Ganzen, auf dem ein großes CP zu sehen war.
    "Na, bist du schon aufgeregt? Keine Sorge, es sieht schlimmer aus, als es tatsächlich ist!"
    Ich selbst hatte mit CP bereits Erfahrung und war von seiner Wirkung überzeugt. Was mir einmal geholfen hatte und immer wieder half, wäre auch für Antonia das Richtige!

  • Sich neugierig umsehend, wie ein kleines Kind, folgte Antonia anstandslos ihrer Verwandten, die sich immer tiefer ins Innere des Gebäudes bewegte. Fast war es ihr, als verschlucke jenes Haus alle, die hinein gingen und würde sie nie wieder hinaus lassen. Als sie jedoch noch weitere Menschen entdeckte, runzelte sie die Stirn. Was war das nur und warum hatte sie noch nie davon gehört?
    Auch den entrollten Schriftzug wollte sie nicht recht erkennen. CP?
    "Was bedeutet denn CP?", fragte sie möglichst leise, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
    Eine orientalische Gottheit? Gewiss, der Cursus Publicus war hier sicher nicht gemeint. Oder? Ob das das Geheimnis war? Man musste tagelang durch das halbe Imperium reiten, um nicht zuzunehmen? Jenen Gedanken tat sie umgehend als Unsinn ab, auch wenn es vielleicht helfen mochte.
    "Und.. ich gestehe, ein wenig aufgeregt bin ich. Das hier ist in der Tat alles sehr sonderbar und neu für mich."

  • An diesem Abend war wieder ein großer Andrang! Alle Welt lechtzte danach, wieder schlank und schön zu werden! Besonders jetzt, da der Sommer schon fast vor der Tür stand und es nicht mehr weit war, bis man Rom für eine Weile den Rücken kehrte und sich auf die Landgüter im Süden zurück zog, um dort etwas zu verweilen und Erholung vom stressigen Altag zu finden. In der Tat, der Winter hatte an so mancher weiblichen Kurve seine Spuren hinterlassen. Nur durch eiserne Disziplin und einen starken Willen schaffte man das, was sich viele wünschten: ein Leben lang schlank zu sein! Dies mußte durchaus nicht von Verzicht geprägt sein. Oh nein, ich hatte nicht damit aufgehört, auf die schönen Dinge des Lebens zu verzichten. Ganz im Gegenteil! Nun genoß ich sie noch mehr!


    Die Schlange vor uns wandt sich nur schleppend weiter. Offenbar waren heute wieder viele Neu- oder Wiedereinsteigerinnen anwesend, so wie auch meine Verwandte, die neugierig ihre Blicke schweifen ließ.
    Ich war der Schriftzug CP aufgefallen und wer hätte es gedacht, sie konnte immer noch nichts damit anfangen, wo sie sich eigentlich befand.
    "CP steht für custodes ponderis, Antonia! Sag nur, du haßt noch nie etwas davon gehört?" Das hätte mich jetzt wirklich verblüfft, da viele durch diese Methode abgenommen hatten. Erstaunlich fand ich nur, dass CP noch keine Werbung in der Acta machte. Das wäre doch die Chance, an noch mehr Kundschaft zu kommen. In einer Zeit wie der unseren, stand doch die Schönheit hoch im Kurs!

  • Mit ein wenig Genugtuung stellte Antonia fest, dass sie bei Weitem nicht die gewichtigste aller Anwesenden war. Mehr als einmal stellte sie sich gar die Frage, wie betreffende Dame es nur schaffte, sich auf den Beinen zu halten. Nichtsdestotrotz gab es natürlich auch solche, die ihren neidvollen Blick auf sich spüren durften. Was täte sie nicht alles, um so.. nunja, sie tat ja jetzt alles.
    „Custodes.. oh, custodes ponderis! Doch, ich habe schon davon gehört. Gerüchteweise. Viele meiner Freundinnen sagen bereits seit Monaten, sie wollen einmal zu einem solchen Treffen, doch nie wusste jemand, wo oder wann diese stattfinden.“
    Nun war sie nur noch aufgeregter. Sie würde die erste in ihrem Bekanntenkreis sein, die zu den CPs gegangen war. Ihre Freunde würden platzen vor Neid.
    „Das ist ja wundervoll.“

  • Da konnte ich ja nun wirklich beruhigt sein! Es hätte mich doch auch sehr verwundert, hätte sie CP nicht gekannt! Antonias Stimmungswandel war nicht zu übersehen. War sie bis vor wenigen Minuten noch scheu und lustlos, machte sie nun einen aufgekratzten und begeisterten Eindruck. "Ich finde, CP sollte viel mehr in die Öffentlichkeit gehen und Werbung machen!" Wobei CP wohl in aller Munde war, wenn man einmal den Andrang sah. Wobei die meisten Frauen nur eine kurze Wegstrecke vor sich hatten. Die richtig schwergewichtigen Fälle waren eigenartigerweise hier nur unzureichend vertreten.
    "Nun Antonia, ich weiß nicht, was du schon alles über CP weißt. In jedem Treffen, gleich ob es in Rom, in Massalia oder in Lutetia stattfindet, ist der Ablauf gleich. Siehst du da vorne die beiden Frauen hinter dem Tisch? Die eine ist die Wiegesklavin. Vor der brauchst du keine Angst zu haben! Und die andere..." "Entschuldigung, wenn ich mich einfach so einmische! Aber ich bin heute zum erten Mal hier..." Die dicke Dame, die direkt hinter uns anstand und die die ganze Zeit unserer Unterhaltung gelauscht hatte, unterbrach mich in meiner Erklärung. "Du scheinst dich hier auszukennen! Stimmt es, daß man bestraft wird, wenn man zugenommen hat?" Ich sah befremdlich zu ihr hinüber. "Bestrafen? Gute Frau! Glaubst du, hier wäre ein solcher Andrang, wenn hier jemand bestraft werden würde?" Wieder wandte ich mich zu Antonia. "Mhm, wo war ich nur stehen geblieben? Ach ja, also die eine ist die Wiegesklavin und die andere..." "Ja, aber ich habe aber doch gehört, daß man.. Aber wenn du es sagst. Aber wie ist das denn, darf ich dann überhaupt noch etwas essen?" Schon wieder hatte diese Person mich unterbrochen und langsam wurde ich ungeduldig. "Gute Frau, laß dich einfach überraschen! Die Frau neben der Wiegesklavin wird dir nachher alles erklären!" Das schreckliche an diesen Treffen war einfach, daß man die Gesellschaft von derartigen Individuen ertragen mußte. Ich fragte mich, warum CP keine Hausbesuche machte!.

  • Sim-Off:

    Sorry, hat "etwas" gedauert ;)


    Beipflichtend nickte Antonia.
    „In der Tat. Zwar hat fast jeder schon einmal von den CP gehört, aber kaum jemand kann einem sagen, wo die Treffen stattfinden, geschweigedenn wie genau das Ganze vor sich geht. Jede Frau in meinem Bekanntenkreis würde wohl einen Mord begehen, um nun hier zu sein.“
    Und sie war es nun. Innerlich freute sie sich wie ein kleines Kind, wenngleich sie dies natürlich nicht allzu deutlich zeigte. Doch das Funkeln in ihren Augen verriet die Claudia.
    Auf die beiden Frauen aufmerksam gemacht, reckte sie den Hals, um einen Blick auf sie zu erhaschen.
    „Wiegesklavin?“
    Das klang schon äußerst ungut. Ob man hier gewogen wurde? Unmöglich. Niemals. Da wurden sie jedoch auch schon von einer recht beleibten Dame unterbrochen. Das Schauermärchen, das diese nun auftischte, konnte Celerina glücklicherweise widerlegen, was Antonia zu einem leisen Seufzer der Erleichterung veranlasste. Als die Flavia erneut unterbrochen wurde, runzelte Antonia die Stirn. Bei allen Göttern… sicher eine Plebejerin. Bei dieser Erziehung am Ende gar eine Freigelassene. Sie rümpfte leicht die Nase und wandte sich schließlich wieder ab.
    „Und… wer ist nun die andere?“, fragte sie, als die dicke Frau endlich zufrieden gestellt schien.

  • Ich wandte mich wieder der Claudia zu, deren skeptischer Blick, bei der Erwähnung der Wiegesklavin unübersehbar geworden war. Aber natürlich hatte sie nichts zu befürchten. Letztendlich wurde hier niemand zu seinem Glück gezwungen und so wurde es auch mit dem Wiegen gehalten. Jeder, ob nun Patrizier, Plebejer, Peregrinus oder gar Freigelassener, war seines eigenes Glückes Schmied. Ähnlich wie Iustitias Waage, konnte auch diese hier nicht durch Geld und Macht beeinflußt werden.
    "Um die Wiegesklavin braucht du dir keine Sorgen zu machen. Sie ließt nur das Ergebnis auf der Waage ab und behandelt diese Angaben vertraulich. Früher, in Zeiten der Republik wurden die Wiegeergebnisse noch laut hinausgeschrieen." :D Kaum hatte ich meine Verwandte wieder etwas beschwichtigt, mischte sich auch schon wieder die fette 'Dame' hinter uns in unser Gespräch ein. "Ja, ja! Das warn schlimme Zeiten! Da bin ich aus Protest nicht hierher gegangen!" Verblüfft schaute ich Antonia an und wunderte mich nur noch. Mein erster Gedanke konnte man meiner Miene entnehmen, ohne daß ich auch nur etwas sagen mußte. So alt sieht die doch noch gar nicht aus! Solche derartigen Einwürfe ignorierte ich einfach und würdigte sie auch keiner Antwort. Eigentlich hoffte ich nur inständig auf ein Wunder. Endweder sollte diese unangenehme Person der Schlag treffen, damit sie uns nicht ständig dazwischen reden konnte oder die Schlange der Anstehenden sollte sich endlich etwas schneller nach vorne vorarbeiten, damit wir bald das Pult der magistra erreichten.


    Ich wußte Antonias Interesse zu schätzen und so war ich dazu bereit, jede ihrer Fragen zu beantworten. Auch wenn dies weitere Zwischenmeldungen der dicken Frau, hinter uns, mit sich zog.
    "Das, liebe Antonia, ist die magistra. Sie leitet das ganze treffen und kann auch Auskunft über die Fragen zur Abnahme beantworten. Sie wird dir in Rat und Tat zur Seite stegen, wenn du das möchtest. Außerdem ist sie diejenige, die die Gebühr für das Treffen einstreicht." Daß dieses Unterfangen nicht ganz billig war, war nicht jedem bewußt. Aber wie hatte schon meine (Zieh-)mutter immer gesagt, was nichts kostet, taugt auch nichts!

  • Innerlich atmete Antonia auf. Also doch kein Wiegezwang. Zumindest würde das heute für sie gelten, wollte sie sich das Gesamte Prozedere doch erst einmal in Ruhe ansehen. Umentscheiden konnte sie sich später schließlich immer noch. Den Hinweis, dass zu Republikzeiten die Ergebnisse lauthals verkündet wurden, quittierte sie mit einem Stirnrunzeln. Früher war eben doch nicht alles besser gewesen.
    Celerinas verblüfften Blick erwiderte sie schließlich nicht minder verwirrt, zog jedoch schließlich eine Grimasse und wandte sich an die etwas beleibtere Dame.
    „Gestatte mir, dass ich dir sage: Für dein Alter hast du dich hervorragend gehalten.“
    Mit süffisantem Lächeln wandte sie sich wieder nach vorne, das freudige Gesicht der Angesprochenen über das vermeintliche Kompliment nahm sie daher nur am Rande wahr. Sie war ohnehin zu sehr damit beschäftigt, sich das Lachen zu verkneifen.


    Die Flavia klärte sie letztlich noch über jene andere Frau auf, die neben der Wiegesklavin stand. Neugierig ihren Worten lauschend, nickte Antonia ab und an.
    „Faszinierend.“, murmelte sie halblaut. Nach der Höhe jener Gebühr zu Fragen wagte die Claudia an dieser Stelle nicht, spielte es doch ohnehin keine große Rolle. Zumindest nicht, wenn man das Vermögen seines Gatten verwaltete, so wie sie es tat.
    Und wieder ging es einige Schritt voran. Mit jedem einzelnen begann Antonias Herz schneller zu klopfen. Ein äußerst spannendes Unterfangen, all diese Geheimnistuerei, die vielen Menschen.. wie es wohl weitergehen würde?

  • Eines mußte man Antonia lassen. Sie war mit einer guten Portion Humor ausgestattet. Die lästige Person hinter uns hatte ordentlich verwirrt. Jedenfalls schwieg sie nun für eine Weile. Wahrscheinlich grübelte sie darüber nach, wie Antonia das wohl gemeint hatte, sie hätte sich für ihr Alter hervorragend gehalten.
    Überhaupt bemerkte ich an meiner Verwandten, daß nun endlich die Anspannung von ihr gefallen war. Fasziniert von der Umgebung erkundete sie jeden Winkel des Raumes mit ihren Augen.
    Derweil verkürzte sich die Schlange vor uns erheblich. Nur noch zwei Frauen waren vor uns. Man konnte bereits einen Blick auf die Wiegesklavin erhaschen, die fleißig ihrer Arbeit nachging. Die ganze Prozedur ging recht zügig voran. Eine Frau nach der anderen stellte sich auf die Waage. Die Wiegesklavin notierte sich zwischen jeder einzelnen kommentarlos das Gewicht und gab ihre Notiz an die magistra weiter, die nur wenige Schritte von ihr entfernt stand. Die magistra ihrerseits, warf einen kurzen Blick auf die Notiz und sprach bei Bedarf die Frauen einzeln an. Außerdem kassierte sie die anfallende Gebühr. Diejenigen, die bereits gezahlt hatten, nahmen auf den, im Raum bereit stehenden Stühlen, Platz.
    "So Antonia, gleich haben wir es geschafft! Bist du schon aufgeregt?" Ich zwinkerte der Claudia freundlich zu und wollte ihr einfach nur das Gefühl geben, hier gut aufgehoben zu sein.

  • Ein schiefes Grinsen war die erste Antwort, die Celerina erhielt. Da Antonia dies jedoch nicht für ausreichend befand, antwortete sie:
    „Aufgeregt beschreibt es nicht annähernd. Ich fühle mich fast wie ein kleines Kind, auf der Suche nach einem Abenteuer.“
    Natürlich hatte sie keine Ahnung, wie ein Kind auf der Suche nach einem Abenteuer sich fühlte, war sie selbst doch keines jener Kinder gewesen, die, kaum ließ man sie unbeaufsichtigt, in die erste Schlammpfütze sprangen, die sie sahen. Nichtsdestotrotz, für ihre Verhältnisse war sie im Moment äußerst euphorisch.
    „Wie lange dauern diese Treffen denn eigentlich?“, sprudelte schon die nächste Frage aus ihr heraus. Zugleich trat sie wieder einen Schritt nach vorne, wo nun lediglich eine Frau sie von Magistra und Wiegesklavin trennten.
    Indes hörte sie bereits die Stimme der rundlichen Dame hinter sich, die nun allerdings ein neues Opfer gefunden zu haben schien, dem sie ihre Anekdoten aufdrücken konnte.

  • Es blieb nicht aus, daß ich Antonias Antwort ein Schmunzeln entgegen setzte. Aufgeregt und voller Erwartung zu sein waren Eigenschaften, die bei diesem Vorhaben sehr von Vorteil sein konnten. Wenn man bereits mit negativen Gedanken oder missmutig gestimmt, zu den custodes punderis ging, oder gar von einem medicus geschickt wurde, waren die Erfolgsaussichten bereits empfindlich geschmälert.
    "Das ist gut! Sei ruhig aufgeregt und neugierig. Je aufgeschlossener du dich dieser Art des Abnehmens hingibst, desto größer sind deine Erfolgsaussichen! Du weißt doch: ich kann, ich will, ich werde!" Ach ja, ich hatte schon alles, was mir die magistra einst eingetrichtert hatte, verinnerlicht und selbstredend war ich davon überzeugt.
    Nur noch eine Frau war vor uns. Gleich würde sich die Wiegesklavin Antonia widmen. "Nun, ein Treffen dauert für gewöhnlich etwa eine Stunde. Doch wenn du noch Fragen hast, lässt sich die magistra meist noch mehr Zeit für dich!"
    Schon war es so weit. Die Frau, die eben noch auf der Waage gestanden hatte, verließ dieselbe und die Wiegesklavin schaute mir einem freundlichen Lächeln in Antonias Richtung. "Salve! Oh ein neues Gesicht! Herzlich Willkommen! Was kann ich für dich tun?"

  • 'Ich kann, ich will, ich werde', hallten Celerinas Worte noch in Antonias Geist wieder, als die Sklavin ihr ihre Aufmerksamkeit schenkte. Wie immer, wenn die Claudia auf etwas unvorbereitet war, trat eine kurze Stille ein, in der sie nicht recht wusste, wie sie reagieren oder was sie antworten sollte.
    "Nun.", setzte sie schließlich an. "Ich bin zum ersten Mal hier.. "
    Ihrer Meinung nach war damit alles gesagt, daher ließ sie den Satz unvollendet. Ein Blick nach hinten versicherte ihr, dass Celerina noch immer hinter ihr stand. Desweiteren blickte sie in ein Augenpaar, welches in einem recht rundlichen Gesicht seine Heimat gefunden hatte. Die dicke Dame war scheinbar noch immer interessiert an der vor ihr versammelten High Society. Antonia verkniff sich ein 'Wasn?', lächelte säuerlich und wandte sich wieder um.

  • Die Wiegesklavin grinste über beide Ohren und zwinkerte ihrem Gegenüber aufmunternd zu, so als wollte sie gleich waren wir nicht alles ein erstes mal hier sagen.
    Ich indess kannte ja nun bereits meine Verwandte ein wenig. Um ihre positive Stimmungslage nicht ganz zum kippen zu bringen, beschloß ich, einzugreifen und sprach die Wiegesklavin direk an. Deren Grinsen versiegte so schnell, wie ein Rinnsal in der Wüste.
    "Nun, wie du wohlweißlich schon vermutet hast, möchte sich meine Verwandte hier einmal umsehen und schnuppern. Soviel ich weiß, ist das doch durchaus die gängige Praxis, wenn man zum erstenmal hier ist, nicht wahr?! Desweiteren wünschen wir eine umfangreiche Beratung durch die magista im Anschluß an diese Veranstalltung. Nun, dann werden wir sehen, wie sich meine verehrte Verwandte entscheidet." Dem folgte ein herablassendes Lächeln meinerseits.
    Die lästige Fettel hinter uns, hatte natürlich nichts besseres zu tun, als ihre Ohren ganz weit aufzusperren, damit sie auch ja jedes Wort, welches gesprochen wurde, hören konnte. Lässig wandte ich mich zu ihr um, bedachte sie mit einem arroganten Lächeln. "Nun, haben wir auch jedes Wort verstanden?" Die Gute wurde puterrot und war, den Göttern sei Dank, völlig sprachlos.

  • So mit sich selbst beschäftigt, registrierte Antonia sowohl Wiegesklavin als auch dD (dicke Dame) nur am Rande. Die Sklavin stutzte nach Celerinas Ansprache sichtlich, nickte zögerlich und deutete dann auf einen freien Platz.
    "Wenn du dann Platz nehmen möchtest, Herrin?"
    Die Herrin mochte. Und so folgte ihr Blick dem Arm der jungen Frau, um sich anschließend - nicht ohne einen weiteren Blick mit der Flavia gewechselt zu haben - auf dem zugewiesenen Korbsessel niederzulassen.
    In den Sitzreihen war der Geräuschpegel vornehmlich durch Murmeln, Getuschel und den Austausch von allerlei Informationen geprägt. Manche Frauen schienen sich nur zu diesen Anlässen zu sehen, dementsprechend viel Gesprächsbedarf gab es wohl. Die Augen wieder zur Warteschlange wendend, erkannte Antonia, dass es wohl noch eine ganze Zeit dauern würde, bis das Treffen losging.

  • Sim-Off:

    Entschuldigung, daß du warten mußtest! ;)


    Man mußte nur wissen, wie man mit den Menschen, die einem umgaben, zu sprechen hatte. Die Wiegesklavin hatte offensichtlich verstanden und das war auch gut so! Sie hatte Antonia auf noch einige freie Plätze aufmerksam gemacht, die sich mitten im Getümmel der bereits gewogenen Teilnehmerinnen befanden. Dort herrschte ein Geschnatter, wie auf einem Gänsehof. Man hatte sich natürlich viel zu sagen, was denn so alles in der Woche passiert war. Die Einen klagten über ihr Leid, da sie es auch diesmal wieder nicht geschafft hatten, einen Erfolg zu erzielen. Andere wiederum stahlten über ihr ganzes Gesicht, denn sie hatten die Woche dazu genutzt, um wieder einen Schritt nach vorne zu machen, zum großen Ziel hin. Ja, so eine Woche konnte manchmal sehr lange sein!
    Antonia streifte mich mit ihrem Blick und ich erwiderte ihn lächelnd. "Wollen wir?" fragte ich sie und deutete dabei auf zwei Korbsessel, die schön mittig standen, damit man auch wirklich alles mitbekommen konnte, wenn das Treffen erst einmal begonnen hatte. Ich war mir gewiß, Antonia würde jetzt keinen Rückzieher mehr machen, dafür war sie zu sehr gefangen von der Vorstellungen, heute noch ein Teil des Ganzen werden zu können und dann selbst den Erfolg zu haben.

  • Sim-Off:

    Kein Problem :)



    Nach und nach fand jede Besucherin einen Platz - nur einige Nachzügler mussten sich an der hinteren Wand mit Stehplätzen begnügen. Sicherlich ohnehin gemeines Volk, daher flaute Antonias Interesse recht schnell ab.
    Noch immer erfüllten unzählige Stimmen den Raum, gaben einem den Eindruck, man befinde sich am Markttag auf den Mercati Traiani inmitten einer Menschenmenge.
    "Wie lange dauert ein solches Treffen denn für gewöhnlich?", wandte sich die Claudia an Celerina. Mehr, um etwas gesagt zu haben und weniger aus wirklichem Interesse. Inzwischen schien die Magistra noch etwas mit der Wiegesklavin besprechen zu müssen, was den Anfang erneut hinauszögerte. Ein wenig unruhig rutschte Antonia auf ihrem Stuhl nach unten.

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