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Luxus und Exclusivität. Wer genügend besitzt, kann sich den Luxus leisten, fern anderer Menschen zu leben. Sich so weit zu entfernen, dass die Erinnerung an Menschenmassen irgendwann verblasst. So still ist es des Nachts, dass man förmlich meint, die kriechenden Skorpione auf dem Sand wahrnehmen zu können. Das leise Zirpen der Grillen erklingt als volltönende Kakophonie vor den Ohren derer, die davon verhöhnt werden. Alles und jeder in einer Welt, die exquisiter nicht sein könnte, nicht angefüllter mit besonderen Waren, noch besondereren Werken, Schriftstücken, die ebenso aus der großen Bilbiothek stammen könnten ob ihres Alters und ihrer Einzigartigkeit, gehortet und gesammelt von einem Menschen, der das Besondere gern für sich behält.
Eine Sammlung, angelegt über Jahre, Jahrzehnte, Sklave um Sklave, aus jeder Provinz des Reiches ein besonderes Schaustück, wohlgenährt, ein Männchen, ein Weibchen, doch stets allein gehalten, damit nicht durch ungewollte Paarung eine Verformung eines Körpers entstehen könnte. Raum um Raum in einem weitläufigen, teuer eingerichteten Gebäude in ebensolchem Gedanken entworfen. Ein Raum für Germania, einer für Gallia, ein hispanisches Zimmer ebenso wie ein britannisches - ausgedacht und geschmückt mit viel Liebe zum Detail.
Schnelle Schritte durchqueren diesen Hort der Besonderheiten. Sie sind zu laut, zu hastig, würden dem Hausherrn nicht gefallen, könnte er sie noch hören - andere Ohren vernehmen sie als Missklang in einer Symphonie der aufeinander abgestimmten Werte, Radien und Zyklen, die ebenso gleichförmig verlaufen wie an jedem anderen Tag. Sandalen klatschen auf den Marmor, Stimmen erheben sich, ein Schrei erklingt, dann erscheint atemlos eine nubische Sklavin, deren ebenholzfarbene Haut makellos erscheint, glänzend von jenem Öl, mit dem sie sich jeden Tag einzureiben hat, im kleinen hortus, der im römischen Stil gestaltet ist, stören die Leserin bei ihrer Kontemplation.
"Domina! Der dominus .. er ..er ...!" Tiefes Luftholen folgt, während die Schönheit nach ihrer Beherrschung sucht, allerdings zum größten Teil vergebens.
"Es geht ihm schlecht! Domina, Du musst kommen und schauen ...!" Ein leichtes Gewand raschelt leise, als sie sich erhebt, dann folgt sie, wenngleich würdevoller, langsamer, in das Innere des Gebäudes, die Schriftrolle zurücklassend, jene tröstliche Freundin inmitten der unsichtbaren Stäbe eines goldenen Käfigs. Der Korridor scheint ewig lang, und erstaunlicherweise ist es nicht jener Raum, den der Hausherr um diese Zeit stets aufzusuchen pflegt.
Es ist vielmehr das Bad, ein Becken mit kühlem, klarem Wasser, von Meisterhand gefliest, Meereswesenheiten umspielt von Wasserpflanzen in grünen und blauen Tönen. Inmitten des Wassers der aufgedunsene, fette Leib eines alten Mannes, aus dessen Nasenlöchern Haare wachsen, ebenso wie aus den Ohren - bleiche Haut, quallenartig wirkt er, schon in jungen Jahren war er keine Schönheit, und mit dem Alter hatte es sich nicht gebessert. Die Augen haben sich verdreht, die Zunge hängt halb aus dem Mund, wirkt widerlich feuchthlänzend auf den blassen Lippen, überhaupt ist er noch bleicher als sonst, wirkt jedenfalls so - unbekleidet, die zitternde junge Keltin mit dem brandroten Haar, die nackt am Beckenrand sitzt, scheint ihn gewaschen zu haben.
Alles nimmt sie mit einem Blick auf, sie ist es gewöhnt, verschreckte Augen zu sehen bei jenen, die sich nicht wehren können, und ohne Mitleid sieht sie auf ihn herab, den fetten, hässlichen Leib, dessen Körpergeruch ihr so zuwider ist, dass der Gedanke daran allein ihr Übelkeit den Rachen empor steigen lässt. Aber sie würgt nicht, die sorgsam gekleidete Gestalt, einer makellosen Statue gleich inmitten einer irgendwie schmutzigen Szenerie. Langsam neigt sie sich herab, berührt die Schlagader am Hals des reglos im Wasser liegenden Mannes mit zwei Fingern, verharrt einige Momente lang.
Ich bin frei, denkt sie und nur innerlich ist ihr Lächeln, sorgsam verborgen, wie sie es seit langem gewöhnt ist. Endlich frei.