Der Tragestuhl wackelt, als sie in größeren Verkehr kommen. Man könnte meinen, alle Bürger Alexandrias wollten jetzt unterwegs sein, als gäbe es irgendwo etwas umsonst. Mit einer Miene leichten Missfallens hält sich die Aelierin an den Lehnen des Tragestuhls fest und blickt über die Menge hinweg, verfolgt die unterschiedlichen Ströme mit ihrem Blick, ohne sich auf eine bestimmte Person zu fokussieren. Menschenleiber, wie Ratten, die von einem Schiff herunter strömen, gierig nach Nahrung, nach Luft, nach Vergnügung. Sie sind spät dran an diesem Tag, das wird der Aelierin bewusst, und sie nimmt sich vor, nie wieder so spät unterwegs zu sein, die vergnügungswilligen Bürger strömen nun durch die Straßen, auf der Suche nach etwas, das mehr Aufregung verspricht als ihr trübseliges Dasein mit dem täglichen Tagewerk.
Wenig davon werden sie finden, zumindest ist sie sich dessen sicher, was ist schon wirklich in dieser Welt der Eitelkeiten und im eigenen Geiste geschaffener Trugbilder, um sich selbst am allerbesten zu belügen? Sie presst die Lippen leicht aufeinander und gibt den kräftigen nubischen Sklaven den Wink, sie weiter fort zu tragen, von dieser Masse weg, deren Ausdünstungen ihr den Atem rauben, aber es ist unmöglich, zu viele sind es, und auch kräftigere Tritte in die Schienbeine der Menschen vor ihnen bringen sie nicht voran. Gefangen in der Menge ...
Ihr Atem geht schneller, sie fühlt sich von der Masse erdrückt, die so fröhlich ist, deren Freude sie nicht teilen kann, nie wirklich teilen konnte. Wenigstens sitzt sie etwas erhöht, ragt unter den Menschen heraus, ihr Blitck hetzt von Person zu Person, um schließlich an einer Ecke der agora hängen zu bleiben. Musik treibt über die Anwesenden herbei, Flöten sind es, die sich mit Cymbelklang mischen, eine singende Stimme vollendet die getragene, noch langsame Melodie, und dort, auf einem kleinen Podest, winden sich dunkelhäutige, geschmeidige Leiber, Tänzerinnen, deren Körper nur mit dem Nötigsten bedeckt sind, mit nicht mehr. Eine willkommene Ablenkung sind sie, und unwillkürlich beginnt sie zu bemessen, was sie sieht, mit den Augen eines Toten, der stets vermochte, die Körper anderer zu taxieren und einzuschätzen, ihre Perfektion zu katalogisieren. Geschmeidig und jung die Glieder der Frauen, ihr Haar geölt, wie auch die Haut, um Blicke anzuziehen und Insekten abzustoßen.
Auf dem Markt würden sie einen stolzen Preis erziehen, wie sie sich drehen und wenden, sich von den Klängen umschlingen lassen und sich mit schnellen Schritten befreien. Ein guter Tanz ist es, den sie betrachtet, und endlich wird der Atem wieder ruhiger, sie entspannt sich, konzentriert sich auf die wirbelnden Arme, die klingelnden Glöckchen im Haar. Dann schweift der Blick erneut über die Menschen hinweg, des Fixpunktes ledig, aber es geht ohnehin nicht voran, anstatt der ablenkenden Tänzerinnen betrachtet sie jene, die sich von ihnen ablenken lassen ...
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