Silanus überzeugen? Das könnt schwierig werden. Axillas Freude erhielt allein bei dem Gedanken einen derben Dämpfer. Aber vielleicht konnte sie es ja anders anstellen und Urgulania stattdessen fragen? Ja, das war gut, Silanus einfach gar nicht selber zu fragen sondern Urgulania vorzuschicken, das war sehr gut. Dann kam sie schon nicht auf dumme Ideen, wenn sie ihren Vetter sah. Ja, so würde sie das machen, bestimmt.
Als Archias anfing zu dichten, musste Axilla kichern. Das war ja schrecklich! Das war ja sogar schlimmer als nur schrecklich! „krrrmpf… nein, lieber nicht sowas krchkrch… du solltest vielleicht mal ein bisschen lesen… krmpf.. bevor du weiter reimst.“
Es tat Axilla ja furchtbar leid, dass sie sich nicht beherrschen konnte, aber seine Dichterei war wirklich zum Totlachen. Sie winkte einem Sklaven und schickte ihn los, Catull oder Ovid oder etwas Vergleichbares zu bringen. Wenig später war dieser auch mit ein paar von Catulls carmina zurück. Axilla kannte diese Gedichte und Lieder fast alle auswendig, also brauchte sie nicht lange, ihm ein schönes herauszusuchen und vorzulegen.
„(Catullus carm. 51, 1-12)
Ille mi par esse deo videtur
ille, si fas est, superare divos
qui sedens adversus identidem te
spectat et audit
dulce ridentem misero quod omnis
eripit sensus mihi. nam simul te,
Lesbia, aspexi, nihil est super mi
vocis in ore,
lingua sed torpet, tenuis sub artus
flamma demanat, sonitu suopte
tintinant aures, gemina teguntur
lumina nocte.“
Der scheint mir einem Gott gewachsen, der scheint mir, mit Verlaub, den Göttern noch überlegen, der dir gegenüber sitzt und immer wieder dich anschaut und hört,
wie du süß lachst – mir Armem hat das alle Sinne geraubt. Denn sobald ich dich, Lesbia, ansehe, bleibt mir keine Stimme mehr im Munde, sondern die Zunge ist erstarrt, eine feine Flamme fährt mir tief in die Glieder, vom eigenen Schalle klingen die Ohren, die Augen decken sich mit doppelter Nacht.
Sie musste nicht mal auf das Papier schauen, um es zu rezitieren. Sie liebte diese Art von Gedichten, stundenlang könnte sie solch süße Worte lesen. In dieser Beziehung war sie heillos romantisch.
„Sowas meinte ich. Vielleicht nicht ganz so dick aufgetragen, du bist immerhin kein Dichter. Die dürfen ja so übertreiben.“