Unterkunft Optio Tiberius Germanicus Probus

  • Nachdem ich das Contubernium verlassen hatte, ging ich zum Habitatio des Centurio. Denn ab heute befand sich meine Unterkunft dort. Ein eigener, kleiner Raum. Nur für mich alleine. Wer nicht jahrelang mit sieben Mann ein Zimmer in der Größe eines Contuberniums verbracht hatte, konnte sich nicht vorstellen, was das bedeutete.


    Noch etwas niedergedrückt vom Abschied von meinen Kameraden trat ich in die Baracke des Vitisträgers ein. Ohne weitere Umschweife ging ich zu meiner künftigen Bleibe. Ich machte die Tür auf und trat in den Raum. Er war klein und kam mir doch irgendwie groß vor. Eine Pritsche, daneben ein kleiner Beistelltisch, eine Truhe, ein Tisch und ein Stuhl bildeten das Mobiliar. Eine kleine Feuerstelle, auf der ich mein Essen zubereiten würde, rundete das Ganze ab.


    Ich schmiss meine Ausrüstung auf die Pritsche und machte dann das Fenster auf. Dann drehte ich mich um, während ich deutlich die Geräusche des Lagers von draußen hören konnte. Das würde also mein neues Zuhause sein. Ich freute mich darüber. Aber ich wusste jetzt schon, dass ich die gemeinsamen Abende mit meinen Kameraden vermissen würde. Nun war ich derjenige gewesen, der hatte Abschied nehmen müssen. Ich dachte an all die Kameraden, die ich in meiner Zeit bei der Legio hatte kommen und gehen sehen. Valerius, gleich am Anfang, zu den Prätorianern. Dabei fiel mir ein, dass ich ihm schon seit Ewigkeiten einen Brief schreiben wollte. Vielleicht schaffte ich es heute abend. Lupus, zu den Equites. Drusus, der nun Centurio war. Und all die anderen.


    Ich atmete tief durch und begann meine Ausrüstung ordentlich zu verstauen. Während dessen wurde mir meine Beförderung zum Optio immer bewusster. Als ich fertig mit dem Wegräumen war, nahm ich die Schriftrolle, die ich auf den Tisch gelegt hatte, in die Hand und las sie mir durch. In der Aufregung hatte ich das ganz vergessen. Tatsächlich, da stand es schwarz auf weiß. Optio! Drusus, alter Kamerad, ich danke dir, dachte ich. Denn mir war klar, dass ich meine Beförderung zu einem guten Teil seiner Fürsprache zu verdanken hatte. Ich lächelte und verstaute die Rolle vorsichtig in der Truhe.


    Danach machte ich mich auf den Weg zum Officium des Centurio.

  • Lupus hatte seine Wache beendet,...ebenso seinen Dienst. So dachte er sich seinen alten Kameraden und Freund Probus mal in seinem Cubicullum zu besuchen. In seiner Hand trug er eine Flasche Falerner sowie eine Karaffe und zwei Gläser ,...als kleines Antrittsgeschenk.


    Klopf Klopf!

  • Ich saß am Tisch und schrieb gerade einen Brief an Valerian. Es hatte sich in der Zwischenzeit einiges mehr getan, als nur die Beförderungen. Daher wurde das Schreiben länger und länger, obwohl ich versuchte, mich auf das Wesentliche zu beschränken.


    Da klopfte es an der Tür. Es war für mich immer noch komisch, dass die Leute vor dem Betreten meiner Unterkunft dies taten. Im Contubernium hatte immer ein reges Kommen und Gehen geherrscht. Hätte da jedesmal jemand an die Tür geklopft, wäre diese wohl in einem Jahr so dünn geworden, dass man sie hätte austauschen müssen. Ich legte den Federkiel beiseite und drehte mich zur Tür.


    "Herein.", sagte ich laut und war gespannt, wer das wohl wäre.

  • Mit leeren Augen starrte ich auf das Papyrus, welches vor mir auf dem Tisch lag. Meine Hände lagen auf meinen Oberschenkeln, während ich auf einen Stuhl etwas in mich zusammengesunken saß.


    Ich hatte eigentlich zu meiner Übung auf den Campus aufbrechen wollen, als ich den Brief erhalten hatte. Mit gerunzelter Stirn hatte ich ihn geöffnet und dann gelesen. Mehrmals. Denn ich hatte nicht fassen können, was in ihm stand. Es war eine Nachricht. Kurz und knapp gehalten wurde ich über den Tod meines Bruders Ticida informiert. Kein Wort darüber, was passiert war. Wie er gestorben war. Nur Dinge über sein Erbe.


    Ich konnte es immer noch nicht glauben. Ich wollte es nicht glauben. Mein Bruder tot? Unmerklich schüttelte ich leicht den Kopf, während ich die Lippen aufeinander presste. Der Kloß in meinem Hals schien mir die Luft zum Atmen zu rauben. Mein Herz zog sich zu einem schmerzenden Klumpen zusammen. Warum? Wieso er? Was war nur passiert?


    Das Letzte, was ich von ihm gehört hatte, war gewesen, dass er nach Mantua gehen wollte, um dort in die Legio einzutreten. Warum er dahin gehen musste, war mir damals schon nicht klar gewesen. Wieso nicht hier in die Legio gehen, so wie ich? Warum Mantua? Aber er hatte es sich in den Kopf gesetzt gehabt und war abgereist. Wie oft hatte ich ihm einen Brief schreiben wollen? Ihn fragen wollen, wie es ihm ginge, was er so machte. Doch jedes Mal hatte ich es verschoben. Immer war irgend etwas dazwischen gekommen. Und nun war es zu spät.


    So saß ich nun still, allein in meiner Trauer und versuchte mich an sein Gesicht zu erinnern. Doch es wollte mir nicht ganz gelingen. Immer wieder schien es sich vor meinem inneren Auge zu verwischen. Dachte an die Streiche, die wir zusammen jemanden gespielt hatten. Wie wir manchmal, wenn Vater nicht aufgepasst hatte, in den Wald gerannt waren, um auf den Bäumen zu klettern. Wie Ticida sich einmal dabei bei einem Sturz den Arm gebrochen hatte, was uns beiden natürlich einen riesigen Ärger zu hause eingebracht hatte. Gut konnte ich mich an die Tracht Prügel erinnern, die ich bekommen hatte, weil ich nicht auf meinen Bruder aufgepasst hatte.


    Und nun war er nicht mehr. Er würde nicht vor meiner Tür stehen, um mich zu besuchen. Seine Stimme und sein Lachen würden in diesem Leben nicht mehr erschallen. Erst nach meinem Tod würde ich ihn wieder sehen. Zusammen mit meinen Eltern. Bis dahin würde hoffentlich noch einige Zeit vergehen. Auch wenn ich mich in diesem Augenblick schrecklich allein und einsam fühlte. Es gelang mir nicht mehr, dass überquellende Wasser meines Herzens zurück zu halten, so dass es sich seinen Weg aus meinen Augen bahnte.

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