Das Meer lag windstill und ruhig an diesem heißen Sommertag an der dem Favonius zugewandten Küste Corsicas, und Gorgus hatte beste Laune.
Seine kleine Nussschale, früher Fischerboot, mittlerweile in Holz gehauener Unheilsbote, lag vertäut an der Backbordseite eines mittleren Handelsschiffes, und die Luft war erfüllt vom süßesten Geruchs der Welt.
Es roch nach Blut... viel Blut, wenn man es genau betrachtete.
Sein Blick schweifte über das Deck des Handelskahns, und ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, denn das heutige Tagewerk war wirklich schon zu einfach geschafft.
Seine kleine Mannschaft von fünf Leuten hatte Seenot vorgetäuscht, das Handelsschiff war, ehrbar wie gewisse Seeleute nunmal sind, natürlich sofort zur Hilfe geeilt, und der Rest war Geschichte.
Er ging zum Bug des Schiffs, wohl bedacht nicht auf dem vor Blut rutschigen Boden auszurutschen, oder über die überall herumliegenden Leichen zu stolpern, und genoss den Ausblick über die friedliche See. Seine Männer waren damit beschäftigt die Ladung aufzutun, und Solus, der neue in ihrer kleinen Bande, übte gerade an dem letzten Überlebenden Anatomie am Objekt.
Gorgus wandte sich um, und bekam gerade noch mit wie Solus dem armen Kerl die Kehle öffnete, und damit seine Spielereien der letzten Momente zu einem tödlichen Ende trieb.
"Und?"
"UND WAS?", blaffte der Neue zurück. Gorgus verzog keine Miene ob dieser Antwort, sah den Jungen, der noch keine achtzehn Winter erlebt hatte, und über und über mit Blut verschmiert war, einfach nur ruhig an. Er kannte das, was der Blutschock mit jungen Männern anstellen konnte, was nicht bedeutete dass er dies mit sich machen ließ.
Pacus, einer seiner älteren Weggefährten, stand in der Frachtluke des Schiffs und sah mit kritischer Miene zwischen ihrem Anführer und dem Neuen hin und her, zuckte schließlich mit den Schultern und begann damit Kisten und Amphoren nach oben zu hieven...
"Was haben wir?", meinte Gorgus schließlich mit tonloser Stimme. Der Erfolg der Mission würde sich in den nächsten Sekunden ergeben.
"Nicht viel... aber etwas... eingelegte Oliven, und gepökeltes Fleisch, aber ein wenig Seide, und Oel."
Seide und Oel waren gut. Die Nahrungsmittel würde ihnen in den nächsten Tagen das Leben vereinfachen. Kein großer Fang, aber etwas.. die Seide kam wahrscheinlich aus dem Osten, und war für irgendeinen fetten Sack in Gallia oder Hispania bestimmt. Der seine Ware nun nie erhalten würde.
"Gut. Klarmachen, dann fahren wir weiter..."
"Weiterfahren?", fuhr der Junge wieder dazwischen, "Wie zum Teufel weiterfahren? Falls ihr es nicht bemerkt habt: es ist windstill."
Gorgus verzog wieder keine Miene, er sah zu wie seine Männer Teile der Ladung auf das kleine Fischerboot luden. Dann stellten sie drei Amphoren mit Oel auf das Deck, die Pacus mit den eigenen Händen zerschlug. Der corsische Hüne konnte das ohne Probleme, die Hände waren sowieso mehr Pranken als Greifwerkzeuge. Das Oel verteilte sich langsam, vermischte sich mit dem Blut und gab einen eigenartigen Geruch von sich... mindere Qualität, stellte Gorgus verdrießlich fest, während er eine Fackel entzündete.
"Nun, los...", befahl er schließlich, und nach und nach sprangen und kletterten seine Männer von dem Schiff auf die kleine Nussschale, die besorgniserregend tief im Wasser lag, die Ladung aber dennoch sicher samt Mannschaft in ihr Versteck schaffen würde. Als der Junge über die hölzerne Reling klettern wollte, legte Gorgus ihm die Hand auf die Schultern, und schüttelte wortlos den Kopf, bevor er ihm mit routinierter Kraft die Faust in die Magengrube rammte.
Man konnte hören wie Solus die Luft aus den Lungen wich, er zurückfiel und sich auf dem dreckigen Boden krümmte. Gorgus beachtete den Jungen nicht weiter, warf die Fackel in den Laderaum und beobachtete zufrieden wie sich sofort auf dem mit Oel getränkten Holz Flammen ausbreiteten, und der Laderaum beinahe sofort erfüllt mit Feuer war.
Zwei Handgriff, ein lockerer Sprung und er war unten bei den seinen, die ihn wortlos, aber mit grimmiger Anerkennung anblickte.
Er musste nicht einmal das Kommando zum Rudern geben, so gewohnt war das Prozedere...
Sie waren kaum ein Stadium entfernt, als der Handelskahn schon bis an die Ree in Flammen stand.
Gorgus würdigte ihn keines Blickes mehr, doch sein Blick verzeichnete ein Lächeln, dass seine Männer betreten nach unten Blicken ließ, während sie sich nach und nach weiter entfernten...