Besprechung mit dem Praefectus Praetorio

  • Es war für Crassus ein langer Weg hier her gewesen. Und er hatte sich dafür viel Zeit gelassen. Sehr viel sogar. Heute war nichts von seinem sonstigem Tempo übrig, das er sonst so gerne anschlug um möglichst wenig Zeit zu verlieren. Heute machte er sich keinen Stress. Er wollte diesen "letzten" Weg in der nötigen Ruhe und in der gebührenden Würde beschreiten. Dieser Tag würde sein Leben nachhaltig verändern, ganz egal wie er letztlich ausging. Er würde der Anfang des Endes eines langen Kapitels in seinem Leben dastellen.
    Crassus ließ sich von dem Prätorianer wortlos die Türe öffnen. Der Kaiser würde ihn sowieso erwarten, denn bisher hatte Crassus regelmäßig dem neuen Kaiser über das Geschehen im Reich Bericht erstattet. Und auch heute hatte er wieder einen Stapel Akten unter dem Arm, die aber nur eine Nebenrolle spielen sollten.


    Mein Kaiser, ich grüße dich. Crassus trat vor den Imperator und spulte die üblichen Floskeln ab: Ich hoffe du hattest eine geruhsame Nacht und deine Krankheit plagt dich nicht mehr allzu sehr.

  • Zu den Dingen, die Valerianus neben seiner Krankheit am meisten ermüdeten waren die ewigen höflichen Fragen nach seinem Gesundheitszustand und die ewigen latenten Wünsche nach einer Besserung, die er ewig negativ beantworten musste.


    "Praefectus, solange ich dich noch empfangen kann, hat die Krankheit nicht gesiegt und solange ich dich nicht in deinem Büro aufsuche sondern du mich in meine, habe ich auch nicht gesiegt. Lassen wir den ewigen Kampf also beiseite und kommen zum Tagesgeschäft. Irgendwelche Besonderheiten?"

  • Crassus nickte mit dem Kopf. Die Reaktion des Kaisers war nur zu verständlich. Aber ebenso verständlich war es wohl auch, dass sich seine Untertanen um ihn sorgten:


    Nein, im Reich gibt es nichts besonderes, keine neue Entwicklung, die deine Aufmerksamkeit bedarf. Ich habe hier aber trotzdem die Unterlagen dabei, die dann deine Schreiber ablegen können. Crassus trat einen Schritt vor und legte die Dokumente auf eine Ecke des Tisches. Er ging nicht davon aus, dass der Kaiser sie je anblicken würde, aber trotzdem musste ja alles seine bürokratische Ordnung haben:


    Allerdings gibt es zwei Sachen, die die Prätorianer betreffen und deine Aufmerksamkeit bedürfen. Zum einen wäre da der Abgang des Princeps Praetorii Prudentius. Er bat mich neulich um seine Entlassung aus dem Dienst bei den Prätorianern. Er möchte dir ab der Hochzeit mit deiner Nichte an neuen Fronten fernab von gladii und pila dienen. Ich denke er hat sich eine erneute Verleihung der hasta pura, sowie die Auszahlung der im codex militaris erwähnte Höchstsumme in Höhe von 120aureii, redlich verdient. Dazu bedarf es aber selbstverständlich deiner Zustimmung.

  • Wie der Praefectus es vermutet hatte, bedachte Valerianus die abgelegten Akten kaum eines Blickes. Sie lagen gut dort an der Ecke, wo ein Schreiber sie gleich wieder mitnehmen konnte. Valerianus sah keine Notwendigkeit, sich selber noch einmal mit Dingen zu befassen, die schon einer seiner wichtigsten Praefecten geregelt hatte.


    "Die Entlassung und Auszeichnung ist genehmigt. Welchem Dienst will er sich nun zuwenden?"


    Ein bisschen Interesse konnte nicht völlig schaden und wenn er schon informiert wurde, dann konnte er sich wenigstens in diesem Augenblick um den Fall bemühen.

  • Crassus nickte zu den Worten des Kaisers. Ob dieser wohl auch verstanden hatte, dass Crassus damit andeuten wollte, dass das Konto der Prätorianer dazu noch etwas Geld brauchen könnte, wusste Crassus freilich nicht. Aber der Gang zu der nötigen Stelle wäre ansonsten auch kein langer.


    Als ich mit ihm sprach wusste er es noch nicht konkret. Er hat zwar gemeint, dass er einen entsprechenden Platz in der Verwaltung, also wohl hier am Palast, anstrebt, aber ich wüsste nicht, dass da schon etwas fix ist. Doch wahrscheinlich wissen wir da schon mit oder kurz nach seiner Hochzeit mehr, mein Kaiser.

  • Mit dieser vagen Antwort war Valerianus' Interesse auch schon hinreichend befriedigt, denn das Gespräch noch weiter zu führen und zu erfragen, wen der Mann denn wann heiratete, hätte ihn zu viel Kraft gekostet, die er für wichtigere Dinge brauchte.


    "Dann soll es so sein. Weiteres?"

  • Ja, da gibt es wie angekündigt noch eine weitere Sache die Prätorianer betreffend.


    Crassus senkte für einige Augenblicke seinen Blick. Es schossen ihm einige Gedanken durch den Kopf. Darunter natürlich auch der Gedanke zu behaupten, dass er sich geirrt hat und somit doch noch als Praefectus Praetorio den Raum verlassen würde. Aber Crassus hatte zu lange über diese Frage nachgedacht als dass er jetzt noch so kurzfristig von seiner Entscheidung abspringen würde. Nein, dafür für einen solchen Rückschritt gab es auch keinen Grund.


    Mein Kaiser, ich bitte dich darum mich von meinen Pflichten und Privilegien als Praefectus Praetorio zu entbinden. Ich habe lange über diesen Schritt nachgedacht und weiß nun, dass es es an der Zeit ist ihn zu tun. Es war mir eine Ehre dir und dem göttlichen Iulianus in dieser Position dienen zu dürfen.

  • Für Valerianus war diese Nachricht ein schwerer Schlag. Sie bedeutete, einen Mann zu verlieren, dem sein Vater vertraut hatte und dem er daher auch vertraute. Und sie bedeutete, einen anderen Mann finden zu müssen, der an seine Stelle treten konnte.


    "Was würdest du tun, wenn ich deiner Bitte nicht entspreche?"

  • Ich würde auch weiterhin als dein erster Leibwächter dienen, Imperator, wenn du es denn wünscht. antwortete Crassus ohne Zögern und auch ehrlich. Allerdings beließ er es nicht dabei sondern fuhr in seiner Antwort noch fort:


    Doch bitte ich dich trotzdem darum meinem Wunsch nachzukommen. Ich habe mir diesen Schritt lange und auch gut überlegt und bin jedes Mal zu dem Schluß gekommen, dass es für das Reich und für mich das beste wäre. Mein Kaiser, ich habe länger als jeder vor mir den Dienst als Präfekt der Prätorianer versehen. Ich habe mein bisheriges Leben nur für deinen göttlichen Vater und für dich gelebt und ich habe auch vor noch in Zukunft zu deinem Wohle dem Reich zu dienen. Aber bitte nicht mehr durch die Präfektur bei den Prätorianern, die mich so sehr an Rom bindet. Ich merke, wie mein Körper eine Pause und eine gewisse Entfernung zu Rom fordert. Die Stadt ist so... anstrengend und ich denke, dass mir etwas Abstand zu ihr ganz gut tun würde.

  • Die Wünsche seines Praefectus konnte Valerianus nur zu gut verstehen.


    "Ich weiß was du meinst. Mir bekommt Rom auch nicht, das wissen alle hier. Im Illyricum war es nicht besser, aber am Meer. Suchst du Erholung in Misenum? Dann gehen wir gemeinsam. Meine Frau will auch dorthin kommen. Wer soll dein Amt übernehmen?"

  • Misenum? Hm, wäre eine Idee, aber ob das eine langristige Lösung ist müsste man dann sehen. führte Crassus für einen Moment die Gedanken des Kaisers fort, ehe er sich die Beantwortung seiner kaiserlichen Frage widmete:


    Mein Klient und der Tribunus Cohortis Praetoriae Artorius Avitus. Er versieht derzeit noch seinen Dienst in der fünften Kohorte der Garde und scheint mir für noch größeres geschaffen zu sein. Die nötige Qualifikationen, wie Examen Quartum, absolviert er gerade und alles andere als ein bravoröses Bestehen wäre eine Enttäuschung. Über Kampferfahrung verfügt er auch. Ich bin der Meinung, dass er der beste Kandidat für diesen Posten ist und habe uneingeschränktes Vertrauen in ihn.

  • Ein Beamter würde diesen Namen wohl notieren müssen, da sich Valerianus keine Notizen machte. Eine Empfehlung zu bekommen war gut, aber weiter prüfen würde er sie trotzdem müssen.


    "Kämpfte er in Parthia?"

  • Ja, genau. Crassus nickte und kramte derweil in seinem Gedächtnis nach den Einzelheiten, die er zwar auswendig gelernt, aber deshalb trotzdem nicht wirklich präsent waren:


    Anfangs noch als Primus Pilus in der Prima. Durch seine besonders ausgezeichnete Taten in den Schlachten, so soll er zum Beispiel heldenhaft das Feldzeichen verteidigt haben, erhielt er dann erst die bronzene und im Anschluß, noch während des Feldzugs, die silbere Torques. Und um seinen herausragenden Taten gerecht zu werden wurde er darüberhinaus noch zum Praefectus Castrorum befördert. Man kann also mit Recht behaupten, dass er sein kämpferisches Können auf dem Feldzug unter Beweis gestellt hat.

  • Mit diesen Empfehlungen hatte Valerianus genug gehört, um seine Entscheidung zu fällen. Schmerzlich dachte er an den Conventus zurück, in dem wesentlich länger mit weniger Ergebnis gesprochen wurde.


    "Dann soll deinem Wunsch und deiner Empfehlung entsprochen werden. Sprich mit der Kanzlei die Formalitäten und einen Termin für die Übergabe des Postens ab. Das schließt die entsprechenden Ehrungen für dich ein."

  • Wie du wünscht, mein Kaiser. Ich danke dir. Crassus deutete eine Verbegung an: Ich werde mich noch heute mit deiner Kanzlei in Verbindung setzen und sie gemeinsam mit meinem Nachfolger die Kommandoübergabe Planen lassen. Hast du sonst noch irgendwelche Anmerkungen oder Wünsche, die ich dir erfüllen darf? Ich wäre mit meinen Anliegen nämlich soweit fertig.

  • Nach einer kurzen Pause schüttelte Valerianus den Kopf.


    "Nein, keine Anmerkungen. Nur mein Dank für die Dienste, die du mir und meinem Vater erwiesen hast. Geh' und danke den Göttern dafür, dass sie dir dies ermöglicht haben. Und geh' Rom nicht ganz verloren. Wir brauchen Ritter wie dich."

  • Das werde ich; ich werde dir auch in Zukunft stets zu Diensten sein, wenn du mich benötigst. Es war und es wird mir immer eine Ehre sein dir und deinem Geschlecht Dienen zu dürfen, mein Imperator.


    Crassus grüßte den Kaiser noch und verließ dann sein Officium. Wie erwartet noch offiziell als Praefectus Praetorio, aber dafür mit einer absehbaren Restarbeitszeit. Als Crassus die Türe hinter sich geschlossen hatte seufzte er erst einmal glücklich. Den verwunderten Blick der wachhabenden Prätorianer vor der Türe würdigte Crassus mit keinem Blick und ging nach einigen Momenten los zum Procurator ab Epistulis.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!