Die ersten ereignisreichen Tage waren vorüber, doch von langweiligem Alltag noch keine Spur, zumindest sicher nicht beim Proconsul. Dennoch wollte er sich nicht von Anfang an überarbeiten (das würde - vermutlich - noch früh genug kommen), sondern plante die Abende und etliche ganze Tage so ein, daß er die - soweit möglich - in Altafulla verbringen konnte. So auch diesen Abend, an dem er einfach nur ein gemütliches Essen zu sich nehmen wollte. Also ließ er Ursus, den obersten Haus- und Hofsklaven (er sollte endlich einmal überlegen, Ursus eine Sklavin zuzuführen, also eine Sklavenehe zu erlauben, die Kinder, die aus einer solchen Verbindung stammen würden, wären schon rein von der Züchtung her unbezahlbar), eines der kleineren Triclinien herrichten für ein privates Abendessen. Und er ließ Ursus zu seinem Neffen schicken, daß er, also der Onkel, seine Gesellschaft bei eben jenem Essen wünsche. Er selbst war schon zugegen und knotzte auf einer Kline, genüßlich an einem herbstlichen Spritzer trinkend, danach griff er mit seiner Rechten nach einem hartgekochten Ei, welches mit einer grünen Sauce gefüllt war.
Triclinium privatae | Hungi et Sabinus
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Sabinus folgte dem Ruf seines Onkels natürlich gerne und erschien, nachdem man ihn benachrichtigt hatte in seine beste Tunika gewandet in dem Triclinium, wo Hungaricus bereits auf ihn wartete. Wie üblich saß, oder besser gesagt lag der Proconsul bereits bei einem Gläschen Wein. Das Saufen lag den Viniciern offenbar im Blut, war Sabinus doch auch ziemlich trinkfest!
"Salve!", begrüßte Sabinus den Bruder seines Vaters freundlich und legte sich auf die Kline, die der seines Verwandten direkt Gegenüber lag. "Schon gut eingearbeitet?" Er selbst hatte sich bisher ja nur auf dem Forum und in den verschiedensten Tavernen herumgetrieben...
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Schon gut eingearbeitet... pff... als ob der Bengel vor ihm da groß was davon wüsste... Das zumindest dachte sich der neue Proconsul, als sein Neffe vor ihm Platz nahm. Relativ, mein Neffe, relativ. beantwortete er dessen Frage und zeigte einem Sklaven mit einem Nicken, daß das Essen nun aufgetragen werden solle.
Und, Neffe, wie hast du den Tag verbracht?
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"Ach, ich hab mir die Stadt angeschaut, war am Hafen und so, nix aufregendes...", erzählte Sabinus und machte eine abwinkende Handbewegung. "Und du?" Neugierig blickte der junge Vinicier seinen Onkel an, während die Sklaven das Essen auftrugen...
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Sein Neffe hatte sich also dem Müßiggang hingegeben. An sich war das otium ja ein anzustrebendes Ziel, aber nicht durch schlichtes Nichtstun. Junge Leute kamen da nur auf dumme Gedanken, bei Frauen war das ja noch egal, die stellten nur selten etwas an und wurden sowieso bald verheiratet, junge Männer hingegen ließen sich bei Iuppiter was einfallen, um ihre Langeweile zu vertreiben. Nur ein paar Besprechungen mit den honores von Stadt und Provinz, nichts Aufregendes. bemerkte er mit einem leisen Hauch von Sarkasmus.
Einer der Sklaven stellte vor ihm etwas gebratenen Fisch, gefüllt mit Kräutern und übergossen mit irgendeiner Sauce mit Basis Garum. Schon in kleine, mundgerechte Happen zerteilt dippte Hungi den Fisch noch zusätzlich in eine andere, fast leuchtend gelbe, Sauce hinein. Sag... sprach er zwischen zwei solcher Happen, ... was wirst du mit deiner Zeit jetzt anfangen? Hast du dich schon bei der hiesigen Schola umgesehen oder warst du auch in Bibliotheken? Er glaubte es zwar nicht, aber die Frage war auch mehr als Denkanstoß gemeint.
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Auch Sabinus nahm sich ein Stück des gebratenen Fisches und tauchte es in die ungesund gelb leuchtende Sauce. Der Fisch schmeckte gut und auch die grelle Sauce war nicht zu verachten. Der junge Vinicier grif sich einen mit Wein gefüllten Becher und nahm einen kräftigen Schluck daraus.
Auf die Frage, was Sabinus mit seiner Zeit denn anfangen wolle, zuckte er nur mit den Schultern, nickte jedoch als sein Onkel auf die Schola zu sprechen kam. "In der Schola war ich schon", berichtete der Vinicier seinem Onkel. "Und hab mich dort für den Cursus Res Vulgares eingetragen..."
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Er hat sich in der Schola angemeldet, na wenigstens etwas. Hungi hatte das Gefühl, nein eigentlich konnte er es sich denken, daß sein Neffe ohne ein wachsames Auge auf ihn sich nur rumtreiben und seine Zeit sinnlos vertun würde. Das taten junge Männer halt, und er war damals auch nicht viel anders gewesen. Gut, daß er ihn mit hierher genommen und nicht in Rom gelassen hatte. Eine weise Entscheidung, wenn auch für ihn - eigentlich für sie beide - mit Arbeit verbunden.
Sehr gut. quittierte er also die Aussage seines Neffen. Wann wird der Cursus stattfinden?
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"Oh, er hat schon begonnen", meinte Sabinus und führte sich einen weiteren Happen des gebratenen Fisches zu Gemüte. "Und zwar am ANTE DIEM XV KAL OCT DCCCLVIII A.U.C. (17.9.2008/105 n.Chr.). Spätester Abgabetermin ist der ANTE DIEM VI KAL OCT DCCCLVIII A.U.C. (26.9.2008/105 n.Chr.)."
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Sein Neffe verbrachte seine Zeit in der Schola und nicht in Tavernen oder am Hafen oder in Thermen? Ob er das glauben konnte und sollte? Er war ein wenig skeptisch, zeigte dies aber nur in einem leichten Stirnrunzeln. Fast zur Ablenkung ließ er sich den nächsten Gang geben. Rebhuhn. Mit irgendeiner komischen süßen, roten Sauce.
Sehr gut, sehr gut. wiederholte er sich. Als er sich so seinen Neffen ansah, bemerkte er einige Wesenszüge seines Bruders an ihm. Charakterlicher Natur und weniger des Aussehens wegen. Marcellus hatte irgendwie genau so ein Auftreten gehabt. So leicht präpotent. Dir ist es also eh nicht fad hier? Ansonsten hätte ich vielleicht ein paar Aufgaben für dich.
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Hm, hatte Sabinus gesagt, dass er mehr Zeit in der Schola verbrachte als in den Tavernen, oder den Thermen? Er erinnerte sich zumindest nicht daran! Der Neffe tat es seinem Onkel gleich und nahm sich ebenfalls ein Stückchen Rebhuhn, auf die Sauce verichtete er diesmal...
Aufgaben? Interessiert horchte Sabinus auf. "Fad? Naja, es geht...", meinte der Vinicier beiläufig. "Was für Aufgaben denn?"
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Mit Genuß zog der das Fleisch des zarten Rebhuhnes von den Knochen herunter, und mit einem ebensolchen Genuß nahm er sich noch eine Keule, um sie zu vertilgen. Doch vorher geruhte er sich seinem Neffen zu antworten.
Unterschiedlich. Er hielt einem Sklaven den Becher hin, um es wieder auffüllen zu lassen und deutete ihm gleichzeitig, er solle den Weingehalt ein wenig erhöhen. Schreibarbeiten, Berichte erstellen, Überwachen von Arbeiten... was halt so anfallen würde.
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"Klingt interessant...", meinte Sabinus nachdneklich und trank einen Schluck Wein. "Ich hab ja eh nicht wirklich was besseres zu tun, also würde ich es schon machen..."
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Ausgezeichnet. antwortete Hungi und nagte die Keule ab um auch den Rest des köstlichen Fleisches nicht unnütz wegzuwerfen. Dann wirst du mich ab morgen begleiten. Wein! rief er halblaut zum Sklaven, der ihm den Becher nachfüllen sollte.
Außerdem werde ich dich zum Beisitzer in der Curia Provincialis machen. Ich werde demnächst eine Reise zu den Comites von Baetica und Lusitania machen, da wäre es gut, wenn du den Gang in der Curia überwachst.
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Beisitzer der Curia Provincialis! Das war ja was! Sabinus wäre sein Stück Rebhuhn beinahe im Hals stecken geblieben. Eilig griff er zu seinem Weinbecher und nahm einen großen Schluck daraus.
"Dein Vertrauen ehrt mich!", rief der junge Vinicier stolz. "Ich werde dich nicht enttäsuchen! Wohin soll ich dich denn Morgen begleiten?"
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Die letzten kleinen Fasern Fleisch, die sich beim Verzehr unweigerlich im Munde und vor allem zwischen den Zähnen verteilten, versuchte er, mit einem Schluck des gerade eingeschenkten Weines hinunterzuspülen. Dieses Vorhabens war jedoch nicht von völligem Erfolg gekrönt, was es aber nie war.
Morgen stehen nur normale Tätigkeiten am Programm. Berichte entgegennehmen, lesen, Anordnungen zur Verwaltung geben. Langweilig vielleicht, aber nichts desto trotz wichtig. Vor allem die Finanzgebarung der Provinz muß jetzt ausgearbeitet werden, da erwarte ich noch einige Nachrichten aus den Städten.
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