[Vicus Navaliorum] Officina Vestiti Petronia

  • Boduus Divoduricus


    Petronia Octavena? Privatus hatte schon erzählt, dass eine neue Petronia eingezogen war und das musste sie sein. Zwar konnte man an ihren zarten Zügen keinerlei Ähnlichkeiten mit dem wettergegerbten Gesicht von Crispus finden, aber das war ja nur gut für sie...


    "Oh, ich hatte schon gehofft, Dich einmal persönlich kennen zu lernen. "


    Prinzipiell war es natürlich möglich, innerhalb von zwei Tagen eine Tunica zu nähen - es hing nur davon ab, was sie wollte...


    "An was hattest du denn gedacht? Etwas eher körperbetontes? Oder ein klassischer Schnitt? Und welche Farbe? Besondere Applikationen?"


    Es gab sicherlich Millionen von Möglichkeiten und auch wenn Boduus nur sehr selten wirklich Maßanfertigungen nähte, konnte er sicherlich das eine oder andere zaubern.





    VILICUS - MARCUS PETRONIUS CRISPUS

  • "Ich hätte am liebsten etwas eher Elegantes, durchaus schlichtes", erwiderte Octavena ohne Umschweife. Sie hatte sich schließlich dann doch ein wenig Gedanken gemacht angesichts der Tatsache, dass sie es eben doch eher eilig hatte. Außerdem war sie auch ein Gewohnheitsmensch und damit variierte ihre Auswahl bei ihrer Kleidung und Schmuck sowieso kaum.
    "Und von den Farben her hätte ich an ein dunkles Rosa und einen eher satten Rotton gedacht."

  • Boduus Divoduricus


    Elegant und schlicht - so differenzierte Kleidungswünsche hatte Boduus schon lange nicht mehr gehört, denn normalerweise produzierte er für Crispus Legionärstunicae, beziehungsweise er überwachte die Weberinnen und Näherinnen, die das Zeug herstellten.


    "Etwas schlichtes, elegantes also..."


    wiederholte er deshalb und überlegte. Vermutlich dachte die Petronierin dabei nicht an die Schlichtheit, die die Körperformen römischer Matronen unter einer Stoffmasse verschwinden ließ...aber auch nicht zu körperbetont, sonst würde es zu sehr nach Lupa aussehen.


    "Wegen der Farben: rosanen Stoff habe ich zur Zeit nicht da, rot dürfte ich irgendwo haben."


    Immerhin legten standesbewusste Offiziere Wert auf kräftige Farben.


    "Wolle oder Leinen?"


    fragte er dann gleich weiter.





    VILICUS - MARCUS PETRONIUS CRISPUS

  • Das mit dem Rosa wurde also wohl nichts, aber Octavena berührte das eher wenig. Das Rot war ihr sowieso wichtiger gewesen.
    "Leinen", gab sie auf Boduus' Frage zurück und schob dann noch hinterher: "Bevor wir hier mit dem großen Raten anfangen: Bei welchen Farben dürfte ich denn eher Glück als bei dem Rosa haben?"
    Schließlich wollte sie doch bei aller Liebe zu ihrer Lieblingsfarbe Rot ein klein wenig Abwechslung beibehalten.

  • Boduus Divoduricus


    Der Schneider strich sich über den sorgfältig gestutzten Bart und legte die Stirn in Falten.


    "Also, also, was haben wir denn da..."


    Plötzlich hob er den Zeigefinger und eilte in den hinteren Bereich des Lagerhauses, wo die Stoffballen lagerten. Mit wenigen Handgriffen hatte er die Schutzdecke entfernt und begann in einem Ballen zu wühlen.


    "Also wir haben natürlich weiß, dann leuchtendes Rot, krapprot natürlich, gelb, dann indigoblau, walnussbraun und ein kleines Stückchen schwarz. Aber das passt wahrscheinlich eher nicht so."


    Die Auswahl war - wie Boduus fand - für einen Schneider, der eigentlich fast nur Armeebedarf produzierte, ziemlich ansehnlich. Aber das war auch klar, denn nebenher verdiente sich das tapfere Schneiderlein ein wenig Zubrot mit Maßanfertigungen.


    "Leider habe ich nicht so leuchtende Stoffe wie in Rom oder so... außer das Rot eben."


    Er zerrte ein wenig an einem der Stoffbahnen und zog sie endlich hervor. Die Farbe war tatsächlich ein sattes Rot, wenn auch beiweitem nicht so, wie es die vornehmen Damen in Rom zu ihrer Hochzeit oder wichtigen Anlässen trugen. Aber dies hier war eben die Provinz und ein Offizier konnte froh sein, wenn er überhaupt eine hübsche Alternative zu dem rostigen Krapprot bekommen konnte.


    "Du kannst es dir natürlich auch selbst einmal ansehen..."


    fügte er dann noch an und zog die Schutzdecke noch ein Stück zurück.





    VILICUS - MARCUS PETRONIUS CRISPUS

  • Neugierig folgte Octavena dem Schneider und ließ dann interessiert den Blick über die Stoffe gleiten. Die Auswahl war vielleicht nicht die besteste, aber damit hatte sie eigentlich auch nicht gerechnet. Zumindest gab es überhaupt eine Auswahl und außerdem war sie auch nicht überanspruchsvoll. Schließlich war ja das Rot wirklich ganz satt und schön, gut genug, als dass sie damit zufrieden war.
    Nachdenklich fuhr Octavena einmal flüchtig mit den Fingern über die Stoffe, aber im Grunde hatte das weniger damit zu tun, dass sie die Qualität prüfte, als dass sie sich versuchte, für eine Farbe zu entscheiden. Das Schwarz und das Gelb schloss sie sofort aus. Beides Farben, von denen sie fand, dass sie nicht zu ihr passten. Genauso fielen die beiden Rottöne für die zweite Tunica weg, hatte sie sich doch vorgenommen, ein wenig Abwechslung einzuhalten.
    Blieben also nur noch braun und blau. Einen Moment überlegte sie noch, dann trat sie schließlich wieder einen Schritt zurück und nickte.
    "In Ordnung. Das Rot hier" Sie deutete auf den leuchterenden Stoff. "Gefällt mir gut und für die zweite Tunica hätte ich dann einfach gern den blauen Stoff."

  • Boduus Divoduricus


    Mit Kennerblick verfolgte der Schneider den Auswahlprozess, der genau so verlief, wie er es erwartet hatte - aber bei der kleinen Auswahl war es ja nicht schwer, so etwas im Voraus zu erraten. In konservativeren Kreisen - und die Petronier zählten da nach Boduus' Meinung eindeutig dazu - fielen Farben wie gelb (Prostituierte) und schwarz und braun (Trauer) ja sowieso aus...


    "In Ordnung. Wie stellst du dir das ganze denn vor? Mit einer Taille oder ohne? Unten eher weit oder nicht? Kürzer als knöchellang?"


    Theoretisch gab es bei einer Tunica ja wenige Optionen, aber wenn man sie maßschneiderte, ließ sich doch die eine oder andere Individualität einbauen...


    Während Octavena ihre Wünsche äußerte, suchte der Schneider wieder im vorderen Bereich des Lagerhauses nach einer Schnur und einer Tabula, um die Maße zu nehmen.





    VILICUS - MARCUS PETRONIUS CRISPUS

  • "Mit Taille und unten eher weit. Und auch nicht kürzer als knöchellang", gab Octavena zurück und wartete geduldig bis Boduus mit Schnur und Tabula zurück kam.

  • Boduus Divoduricus


    Der Schneider nickte und kam wieder nach hinten in den Laden. Dann begann er mit dem Ausmessen. Er begann mit dem Hals, dann sagte er


    "Einmal Arme ausstrecken, bitte."


    und machte mit der Brust weiter. Es folgte die Unterbrust, Bauch, Taille und dann die Arme. Dazwischen nahm er die Länge der Schnur jeweils dadurch ab, dass er sie um seine Hand wickelte und dann die Anzahl der Handbreiten notierte.


    "Bist du schon lange in Mogontiacum?"


    begann er dann loszuplaudern.





    VILICUS - MARCUS PETRONIUS CRISPUS

  • Gelassen ließ Octavena das Maßnehmen über sich ergehen, befolgte auch brav die Aufforderungen des Schneiders, schließlich machte der ja seine Arbeit.
    "Was heißt lange... Eine Weile schon. Ich bin kurz vor dem Frühling aus Tarraco hier angekommen", erwiderte sie froh darüber, dass er diese kleine Plauderei begonnen hatte. Bei einem eisernen Schweigen wäre sie sich dann doch etwas merkwürdig vorgekommen.

  • Boduus Divoduricus


    Während er weiterarbeitete, nickte er und begann dann ein bisschen von sich zu erzählen.


    "Ich komme auch nicht von hier, sondern aus Divodurum. Bei mir ist das aber schon eine ganze Weile her... zwölf Jahre dürften's schon sein, denke ich. Ich hab' damals schon viel für die Armee produziert und dachte, ich ziehe lieber zu einem Legionslager als aus der Etappe zu liefern. Naja, jetzt mach' ich das für Petronius und auf seine Rechnung."


    Er unterbrach seine Arbeit und seufzte ein wenig - das Los des Angestellten hatte auch seine Schattenseiten. Etwa, dass er Dinge wie diese hier nicht so oft machen konnte...





    VILICUS - MARCUS PETRONIUS CRISPUS

  • "Zwölf Jahre? Das ist wirklich 'eine ganze Weile'." Octavena war wirklich beeindruckt. So jung wie sie war erschien ihr diese Spanne wie eine Ewigkeit. "Hattest du Familie hier oder warst du völlig allein?"
    So wie es ihr ergangen war, dass sie zu ihrem Onkel, auch wenn sie den ja vorher nicht gekannt hatte, gekommen war, das ging in Octavenas Auge ja noch. Aber völlig ohne irgendwen? Das hätte nicht einmal sie gemacht, die sie ja eigentlich nicht gerade zimperlich war.

  • Boduus Divoduricus


    Was Octavena - wie alle anderen Petronier - nicht wissen konnte, war, dass Boduus kein Interesse an Frauen hatte. Und da er außerdem etwas weiter weg von seiner Familie lebte, gab es auch niemanden, der ihn dazu zwingen konnte, eine Scheinehe einzugehen. Eigentlich war er sogar unter anderem deshalb gegangen, weil er keine Lust mehr auf den Druck gehabt hatte...


    "Ach, was heißt allein - ich habe schnell ein paar Freunde gefunden."


    Dass diese Freunde seine Vorliebe teilten, die unter Freien sowohl bei Römern, als auch bei Germanen verpönt war, fügte er nicht an...





    VILICUS - MARCUS PETRONIUS CRISPUS

  • Sie lächelte kurz. Freunde waren in so einer Situation bestimmt Gold wert, dennoch glaubte Octavena auch, dass Blut nun einmal dicker als Wasser war und es immer ein Unterschied blieb, ob man sich nun nur mit jemandem anfreundete oder tatsächlich mit demjenigen verwandt war. Familie brachte wie sie fand einfach eine ganz besondere Form der Loyalität mit sich, die nicht oder zumindest nur sehr schwer von der bloßen Freundschaft zu erreichen war.
    "Na ja, einfach ist so etwas glaube ich nie. Ich war jedenfalls heilfroh, hier zumindest irgendwen aus meiner Familie zu haben, auch wenn ich vorher meinen Onkel nicht kannte."

  • Boduus Divoduricus


    "Jaja, Familie ist schon etwas wichtiges..."


    stimmte er zu und wickelte eine wenig mehr von seiner Schnur ab. Dann bückte er sich und nahm die letzte Größe ab - die Länge von Octavenas Knöchel bis zum Halsansatz.


    "Willst du übrigens oben einen Ausschnitt?"


    Auch hier gab es natürlich wieder Messers Schneide zwischen Präsentation von Schönheit und dem Aussehen einer Lupa...





    VILICUS - MARCUS PETRONIUS CRISPUS

  • Einen Moment überlegte Octavena und spielte tatsächlich mit dem Gedanken, tatsächlich einen Ausschnitt oben an der Tunica in Auftrag zu geben, aber dann kam ihr wieder Sicca Magonidas und ihr absolut unmöglicher Ausschnitt in den Sinn und sie verwarf den Gedanken schnell wieder. So wie Sicca wollte sie auf gar keinen Fall durch die Gegend laufen.
    "Nein, kein Ausschnitt."

  • Boduus Divoduricus


    "Dann also hoch geschlossen, in Ordnung."


    stellte Boduus fest und wickelte seine Schnur auf. Dann fragte er noch sicherheitshalber:


    "Noch irgendetwas dazu? Eine Palla oder so?"


    Soweit er wusste, war Octavena ja unverheiratet, sodass sie wohl kaum eine Stola tragen würde.





    VILICUS - MARCUS PETRONIUS CRISPUS

  • Octavena nickte froh darüber, dass der Schneider danach fragte. Wahrscheinlich hätte sie das sonst wieder vergessen, war sie doch vor allem auf die Tunicae fixiert gewesen.
    "Ja. Zu beiden Tunicae auch noch je eine passende Palla."

  • Boduus Divoduricus


    "Kein Problem."


    bestätigte der Schneider und legte die Schnur auf das Board, das an der Wand hing. Dann sah er zu dem noch immer offenen Stoffballen im Halbdunkel des hinteren Hallenteiles.


    "Hm, vielleicht in den gleichen Farben wie die Tunicae? Dann kannst du sie je zu beiden Tunicae anziehen - die beiden Farben sehen zusammen ja auch ganz ordentlich aus, nicht wahr?"


    Zumindest empfand es Boduus so...





    VILICUS - MARCUS PETRONIUS CRISPUS

  • "Na ja...", erwiderte Octavena etwas skeptisch. Sie fand eher weniger, dass die Farben so wunderbar zusammen passten, aber da hatte sie als Frau vermutlich einfach einen anderen Blick auf solche Dinge, weshalb sie nur kurz ein etwas zweifelndes Gesicht machte, es aber dann dabei beließ. Sie musste ja später nicht Boduus' Vorschlag befolgen. Und würde es wahrscheinlich auch nicht tun.
    "Hmm... Die gleichen Farben passen wahrscheinlich wirklich am besten."

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