Neffe- und Onkel?

  • Sabinus lag im Artrium bei einer Schale Trauben und einer Karaffe Wein und hing seinen Gedanken nach. Die letzten Monate hatte er vergeudet, dachte der junge Vinicier. Er hatte alles möglich gemacht, war in den Thermen, hatte nahezu ganz Rom und dessen erkundet, aber um eine ordentliche Arbeit hatte er sich nicht bemüht. Naja, dafür kannte er jetzt Rom genauso gut wie sein Heimatdorf.


    Irgendwie hoffte Sabinus jetzt, dass sein Onkel vorbeikam, der wusste sicher eine geeignete Stelle für ihn...

  • Diesen Gefallen machte besagter Onkel seinem Neffen aber nicht. Zumindest nicht sofort. Erst irgendwann viel später, als er eigentlich schon auf dem Weg zu den Thermen war, passierte er das Atrium, in welchem er seinen Neffen beim futtern beobachten konnte.


    Wird das Triclinium gerade geputzt?

  • Sabinus wollte das Atrium schon beinahe wieder verlassen, um ein wenig durch die Stadt zu schlendern, als plötzlich doch noch sein Onkel hereingeschneit kam. "Nein, ähm, das heißt, ich weiß es nicht", stammelte der junge Vinicier auf die überraschende Frage des Senators verlegen. "Ich war nur gerade im Atrium und habe mir von den Sklaven etwas kleines zum Essen bringen lassen." Er kratzte sich ein wenig verlegen, wie jemand, den bei etwas erwischt hatte am Hinterkopf. "Und, was hast du heute gemacht?", versuchte er das Thema zu wechseln.

  • Hungi runzelte die Stirn. Warum man sich im Atrium etwas zu essen bringen ließ, obwohl es im Triclinium oder Peristylium viel gemütlicher war, wollte ihm nicht ganz eingehen. Naja.


    Das übliche. Klienten, Senat und so weiter. Und jetzt stehen die Thermen am Programm. In welchem die Themen des Senates weiterdiskutiert wurden... unter viel angenehmeren Verhältnissen. Warum?

  • "Ach nur so", erwiderte Sabinus beiläufig. "Aber wenn du Zeit hast, würde ich gerne mit dir über meine weitere Karriere reden? Ich hätte ja nicht gedacht, dass das möglich ist, aber ich bin des Nichtstuns müßig geworden." Der Neffe lächelte leicht und blickte Hungaricus fragend an.

  • "Nun", begann Sabinus zögernd. "Ich will, wie du und Lucianus den Cursus Honorum beschreiten, hoffentlich auch so erfolgreich wie ihr beide." Er schmunzelte ein wenig. "Aber noch habe ich nicht den richtigen Ordo dafür, daher habe ich mir überlegt bis dahin am Kaiserhof als irgendein Primicerius zu arbeiten..." Nicht dass er besonders hochnäsig gewesen wäre, aber als einfacher Notarius wollte er sicher nicht arbeiten. Wieder blickte dem Onkel ein fragendes Gesicht entgegen.

  • Hungi wußte selbstverständlich von den Ambitionen seines Neffen bezüglich des Cursus Honorums. Viel mehr noch, er erwartete es sogar, daß sich Sabinus politisch engagierte. Allerdings, so fürchtete Hungi, fehlte es seinem Neffen an einer gewissen Zielstrebigkeit, was er sowohl in den letzten Monaten bemerkt hatte, als auch in der eben von Sabinus getätigten Aussage.


    Irgendein Primicerius? hakte Hungi nach. Sabinus, Junge, der Kaiserhof ist keine Auffangstation für gelangweilte Jünglinge. Man geht da nicht einfach hin, stellt sich vor und sagt "Hallo da bin ich. Machts was mit mir." und schwupps, man kriegt den gewünschten Posten. Er schüttelte den Kopf. Da braucht man schon Beziehungen. Und nicht zuletzt auch eine freie Stelle. beendete er seinen Vortrag.

  • Da musste Sabinus wohl die falschen Worte gewählt haben, denn was sein Onkel da erörterte war ihm durchaus bewusst, wobei die Grundannahme, nämlich dass er zu wenig zielstrebig sei durchaus stimmen mochte, teilweise zumindest. "Ich muss mich falsch ausgedrückt haben", stellte der Vinicier klar. "Mir ist schon klar, dass man am Kaiserhof nicht so einfach einen Posten bekommt, aber mit 'irgendein Primicerius' bezieht sich nur darauf, dass es ja am Hof viele Primicerii gibt und mir gleich ist, welchen Posten genau ich übernehmen soll, und ich jeden freien Posten zu nehmen gedenke, als Primicerius versteht sich."

  • Erneut runzelte Hungi die Stirn. Weißt du überhaupt, ob derzeit eine Stelle frei ist? Denn sonst ist dein Ansinnen ohnehin obsolet. Er würde ein paar Kontakte spielen lassen müssen, sinnierte er und überlegte zudem, daß er ja wen am Kaiserhof kannte. Prudentius Balbus, genau. Der ist... der ist... Procurator a libellis. fiel ihm der Posten wieder ein. Er hat lang unter mir gedient bei den Prätorianern. Er kann dir sicher weiterhelfen. Besuch ihn aber besser zuhause und nicht in seiner Kanzlei. Das ist besser, wirkt persönlicher.

  • "Nein, weiß ich noch nicht", antwortete Sabinus knapp. Dann war es an ihm die Stirn zu runzeln. Prudentius Balbus... Kannte er nicht, aber das war nichts Ungewöhnliches. "Ich werde ihn sobald wie möglich aufsuchen." Der Vinicier schmunzelte leicht, war nicht zu verachten, wenn der Onkel einmal Prafectus Praetorio gewesen war... "Ach ja", trug er sein letztes Anliegen vor. "Ich wollte mir einen Patron suchen... und dachte da an Aelius Quarto?"

  • Mach das. antwortete Hungi. Nimm Rufus mit, der weiß, wo Prudentius wohnt. Und war zudem noch ein guter Leibwächter, was in Rom nie zu verachten war. Ein Patron? Hast du noch gar keinen? Sowas... Immer wieder war Hungi erstaunt, wenn man sich Patrone suchen mußte, denn im Normalfall erbte man sozusagen den Patron des Vaters und Freigelassene blieben der Familie des ehemaligen Herrns verbunden. Aelius Quarto? Ja, warum nicht? Richte ihm schöne Grüße an ihn und an Adria aus, wenn du ihn siehst.

  • Sabinus nickte, als Hungaricus ihm vorschlug Rufus mitzunehmen. "Natürlich." Anschließend nahm der junge Vinicier erleichtert zur Kenntnis, dass sein hoch geschätzter Onkel gegen Aelius Quarto als Patron nichts einzuwenden hatte. "Ich werd's ihm ausrichten, Onkel", sagte er schnell. "Du, ich würde gern den einen oder anderen Cursus an der Schola Athensinsis beziehungsweise das eine oder andere Examen an der Academia Militaris ablegen, aber die sind alle nicht gerade billig..."

  • Nicht billig? wunderte sich Hungi. Er konnte sich nicht entsinnen, daß die Gebühren so dermaßen hoch gewesen wären. Na, die paar Kröten werd ich schon noch auftreiben können. grinste er etwas süffisant. Sagst halt Bescheid, wenns soweit ist.

  • "Naja, ein Examen an der Academia kostet soweit ich weiß fünfhundert Sesterzen, ein Cursus Continuus auch, das mag für dich nicht viel sein, aber für mich schon", führte Sabinus aus und schmunzelte leicht. "Nun ja, das Examen Primum würde ich ge[B]rne sehr bald ablegen..."

  • Also tausend Sesterzen. rechnete Hungi zusammen. Hm, schon eine schöne Stange Geld. Na gut, ich werde es in die Wege leiten. Aber ich werde ein paar Sklaven hinschicken. Mit einer solchen Summe Geld will ich keinen Überfall riskieren.

  • Tausend? Wieso denn gleich tausend? Eigentlich wollte er erstmal nur das Examen Primum ablegen... "Ähm, wofür denn tausend? Es geht doch vorerst nur um das Examen Primum...?", fragte Sabinus nach. Oder wollte sein Onkel, dass er noch zusätzlich einen Kurs beziehungsweise ein Examen ablegte?

  • Sicher hatte er davon gesprochen, jedoch nicht davon den Cursus Continuus auch in Bälde ablegen zu wollen. Aber wie dem auch sei, wie sein Onkel schon gesagt hatte, er musste den Cursus ja nicht gleich ablegen. Sabinus nickte Hungi also zugleich zufrieden und dankbar zu. "Ich danke dir vielmals, Onkel", sagte der junge Vinicier nur.

  • Kein Problem, Neffe. antwortete Hungi und nickte. Hast du sonst noch etwas auf dem Herzen? Andererseits warten einige Geschäfte auf mich in den Thermen. Und eine ausgezeichnete Massage für seine Schultern. Der Nerv, der während der lustratio eingeklemmt wurde, machte immer noch Speranzeln.

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