Es war ihr bestimmt nicht leicht gefallen, zu nehmen, was ihr nicht gehörte. Und doch hatte sie es getan! Bei einer passenden Gelegenheit war sie in die Privaträume ihrer Herrin geschlichen und hatte sich an deren Hab und Gut zu schaffen gemacht. Zwanzig Denare hatte sie für den Anfang gebraucht. Doch damit war noch lange nichts erreicht. Sie brauchte noch mehr, viel mehr. Selbst vor dem Schmuck machte sie nicht halt. Alles, was man unterwegs zu Geld machen konnte, steckte sie ein. Keine Minute wollte sie darüber nachdenken, was mit ihr geschehen würde, hätte man sie bei ihrem Tun entdeckt. Getrieben war sie von der Hoffnung, wieder in ihre Heimat zu gelangen und dort ihre große Liebe wieder zu finden. Hier zu bleiben und auf bessere Zeiten zu warten, die wahrscheinlich eh nie kommen würden, waren für Fiona gleichbedeutend, mit dem Warten auf den Tod, der sie irgendwann in einigen Jahren holen kommen würde, das war gewiß!
Sie hatte den Entschluß gefaßt, ihr Leben nicht zu vergeuden. Die blonde Frau, die sie auf dem Markt getroffen hatte, hatte es ganz richtig erkannt. Es war Fiona ernst gewesen mit ihrem Wunsch nach Freiheit und somit die Reise nach Hause anzutreten. Nun war es endlich so weit. Fiona war mit den richtigen Leuten in Kontakt gekommen, die Mittel und Wege kannten, sie aus der Stadt zu schaffen. Die Flucht war gut durchdacht und teuer erkauft.
Ganz früh, noch vor Sonnenaufgang, hatte Fiona die Villa verlassen, um zum Markt zu gehen. Um kein Aufsehen zu erregen, hatte sie nichts außer dem Geld und den Wertsachen mitgenommen, die sie für ihre Flucht benötigte.
Am Markt war sie nie angekommen. Der Mann, der sie mit seinem Fuhrwerk unbemerkt aus der Stadt bringen sollte, hatte sie schon erwartet. Versteckt in einem leeren Weinfaß, wurde sie unbemerkt aus der Stadt geschmuggelt. Alles verlief ohne Zwischenfälle. Die beengten Verhältnisse in dem Fass waren zwar nicht gerade angenehm. Doch Fiona nahm das gerne auf sich, wartete doch am Ende ihr großes Ziel auf sie.
Das Ziel der ersten Etappe ihrer Flucht, war der Hafen von Ostia. Durch eine weitere hohe Summe an Münzen, wurde das Faß, in dem sich Fiona befand, auf ein Handelsschiff geladen, welches am gleichen Tag noch gen Westen in See stechen sollte. Der Kapitän des Schiffes hatte auch eine ordentliche Summe erhalten, damit er die Sklavin während der Fahrt nach Britannia einfach übersah.
Die Fahrt dauerte mehrere Wochen. Fiona hatte irgendwann aufgehört, die Tage zu zählen. Tagsüber hielt sie sich im Verborgenen. Nur bei Nacht kam sie auf das Deck des Schiffes.
Eines Morgens hörte sie das Rufen eines der Matrosen. "Land in Sicht!"
Britannia lag vor ihnen. Nur noch wenige Stunden dauerte es noch, bis sie wieder heimischen Boden betrat. Von da ab, mußte sie sich auf eigene Faust durchschlagen.
Gerührt blickte sie auf die Kreidefelsen vor ihr, an denen das Schiff langsam vorbei fuhr. So viele Jahre war sie nun fort gewesen. Ihrer Heimat entrissen und auf eine ungewisse Zukunft blickend. Unwillkürlich mußte sie an all diejenigen denken, die sie in den Jahren der Gefangenschaft kennengelernt hatte. An vorderster Stelle stand natürlich Minna, ihre Freundin, die sie zurückgelassen hatte. Sie würde verstehen, da war sie sich sicher.
Der kühle Wind strich durch ihr offenes rotes Haar. Nun begann ihr neues Leben!