Atrium | MTD et Flavius Furianus

  • Der Ianitor führte den Senator ins Atrium und bot ihm einen Platz in den Korbstühlen in der Ecke an, dann entschuldigte er sich, um den Hausherrn zu suchen und bei seiner Rückkehr ins Pförtnerhäuschen nicht festzustellen, dass sein Mitspieler ihn betrogen hatte, indem er einen Stein verrückt hatte, weshalb er die Partie verlieren würde.


    Unterdessen wurde aber auch Tiberius Durus informiert und warf sich rasch eine Tunica über (denn er hatte soeben ein kleines Techtelmechtel mit seiner Lieblingssklavin gehabt). Natürlich freute er sich, dass Furianus ihn besucht hatte, denn seit er von der Rückkehr des Flaviers gehört hatte, wollte er ihn wieder einmal sprechen.


    "Salve, Furianus! Wie schön, dass du mich besuchst! Ich mich schon seit deiner Rückkehr gefreut, dich wieder einmal allein zu treffen."


    Er nahm Platz und winkte einen Sklaven herbei. Für diesen Anlass durfte es ruhig etwas besonderes sein:


    "Bring uns zwei Becher Wein! Einen Falerner!"

  • Der Senator ergriff lächelnd die Hand seines Freundes zur Begrüßung und setzte sich anschließend, wie angeboten.


    "Salve, mein Freund.
    Ja, es gab Dinge, die mich von einem schnellen Besuch hier abhielten. Sie waren vielmehr politischer Art, als mein eigener Wille selbst."
    , entschuldigte er sich und hoffte, dass Durus verstand, warum er nicht direkt dessen Haus aufsuchte. Es gab überall Augen.


    "Auch wenn ich gerne mit dir trinken und über alte Zeiten sprechen würde - mein Grund dich aufzusuchen ist ein Ernster.", fing er dann abrupt an und wurde etwas leiser.
    "Das eine ist die Bitte mich gegen den Gotteslästerer vor Gericht zu vertreten, das Andere ist die Politik."

  • Es überraschte Durus ein wenig, dass Furianus so offen zugab, nicht aus persönlichem Antrieb gekommen zu sein. Er selbst hätte es vermutlich vorgeschoben, selbst wenn er wegen einer konkreten Sache kam. Aber offenbar hatte der Flavier es eilig - oder war er etwas beleidigt wegen der Auflösung der Verlobung?


    "Gegen Gotteslästerer trete ich stets gern auf, Furianus, das weißt du! Und für einen Freund noch viel lieber! Bevor wir also über Politik reden, sprich: Was legt man dir zur Last? Oder erhebst du selbst Anklage?"


    Obwohl er spätestens seit seiner Zeit als Praetor sehr gute Kontakte zur Basilica Ulpia pflegte, hatte er nicht im Kopf, welche Verfahren im Augenblick gegen oder für den Flavier liefen. Oder war es eine Sache gegen Avarus? Hatte er nicht etwas davon gehört?

  • Furianus lächelte milde. Er hatte damit gerechnet. Durus war nicht nur ein Freund, er war auch politisch ein Mitkämpfer - er würde sich das nicht entgehen lassen.


    "Der Germanicus meint zu glauben ich hätte ihn beleidigt. Er hat Anzeige gegen mich erstattet.", antwortete der Flavier lächelnd und machte eine wegwischende Handbewegung.
    "Aber das ist mir eigentlich egal. Ich würde gerne diese 5.000 und sogar noch weitere 10.000 Sesterzen für spätere Anzeigen zahlen, um ihm wahrlich meine Meinung sagen zu können."


    Dann wurde er wieder etwas still und atmete tief durch.


    "Ich werde sterben, Durus.", nach einer kleinen Pause fuhr er fort.
    "Doch ich habe nicht vor abzuleben, ohne nicht etwas für dich zu tun und dir ein wenig den Weg zu ebnen. Daher wollte ich dich zum Einen bitten mein Testamentsvollstrecker zu werden und zum Anderen Consul.
    Es wird Zeit, mein Freund, dass wieder ein Patrizier oben steht."


    Seine Hände begannen zu zittern, als er sprach und er hatte sichtlich Mühe dabei.


    "Ich dachte daran, dass du nicht alleine, sondern mit einem Plebejer an deiner Seite kandidierst. Das würde jene zum Verstummen bringen, die schon von Grund auf gegen uns eingestellt sind - schließlich hättest du einen Mitconsul. Ich dachte da an Vinicius Lucianus. Ich habe ihn noch nicht gesprochen, das müsstest du tun, aber ich denke er wäre dieser Möglichkeit nicht abgeneigt. Oder Aelius Quarto. Er ist ein fähiger Mann, mehrmaliger Consul und der Bruder des Kaisers. Er ist ein größerer Garant dafür, dass euer Gespann das Ziel als Erstes erreicht.
    Was denkst du darüber?"

  • Der Germanicus? Es konnte sich nur um eine Person handeln: Avarissimus! Wieder einmal beleidigte er die alten Geschlechter Roms, um sich zu profilieren! Er konnte froh sein, dass Romulus bereits zu den Göttern aufgestiegen war, denn sonst wäre er wohl schon längst verklagt worden! Und nun besaß er die Frechheit, einen Flavius mit Klagen zu überziehen!


    Doch ehe er darauf antworten konnte, platzte Furianus mit einer weitaus überraschenderen Information heraus: Er würde sterben! Sterben? Wie kam er nun darauf? Hatte er vor, sich selbst den Tod zu geben? Aber wenn ja, warum? Oder griff nun die Krankheit, die sein Haar grau gefärbt hatte, vollends nach ihm?


    "Sag so etwas nicht, Furianus! Du bist noch nicht allzu alt! Du wirst selbst an meiner Seite zum Consul werden! Wie kommst du darauf, zu sterben? Rom braucht dich noch! Die Götter können dich jetzt noch nicht zu den Ahnen rufen!"

  • "Wirst du dies übernehmen, Durus? Du wirst auch im Testament erwähnt, das versichere ich dir.", insistierte der Flavier mit wahrhaft ernstem Gesichtsausdruck.
    Er machte keine Spielchen mehr, schon lange nicht mit seiner Gesundheit. Es war ihm viel zu ernst, als dass er darüber witzeln konnte.


    "Und auch über das wollte ich mit dir sprechen, mein Freund. Die politische Lage zwingt uns einiges ab. Ich will mit dir sprechen, nein, ich will dich darum bitten bei der nächsten Wahl als Consul anzutreten - als Consul mit einem anderen als mir.", und eine Pause folgte, um das Gesagte wirken zu lassen. Ihn selbst schmerzte es zu sehr diesen Traum aufgeben zu müssen.
    "Die politischen Verhältnisse erforden Opfer, Durus. Rom ist in Gefahr, das spüre ich - und einer von uns muss schützend die Hand über das Haupt unserer Stadt legen. Der Kaiser ist zu schwach, der Praefectus Urbi zu stark und wir brauchen daher zwei starke Consuln auf der Seite des Kaisers. Du und ein Anderer.", oder er selbst und ein Anderer. Aber er gab sich selbst nicht so viel Zeit, die benötigt wurde, um eine sichere Nachfolge des Kaisers zu regeln.
    "Es muss ein höchst integrer und dem Kaiserhaus loyaler Mann sein. Ich dachte da an Vinicius Lucianus - oder Aelius Quarto."

  • Mit einer Geste wischte Durus die Bemerkung über seine Möglichkeiten einer Erbschaft weg. Er hatte es nicht nötig zu erben und abgesehen davon brauchte man ihn nicht bestechen, um die Sorge über das Testament seines Freundes zu übernehmen. Warum antwortete er nicht? Hatte er einfach seinen Lebenswillen aufgegeben?


    So war er noch immer ganz verwirrt und wusste nicht so recht, was er sagen sollte. Angesichts dieser Nachricht wollte er gar nicht darüber nachdenken, ob er nun das Consulat anstreben wollte.


    "Ich...natürlich werde ich dein Testament vollstrecken, wenn du es wünscht."


    brachte er schließlich hervor. Doch da der Flavier weiter über sein mögliches Consulat sprach, sah er sich gezwungen, doch Stellung dazu zu beziehen. Schließlich beschloss er, vorerst auszuweichen, bis Furianus sich etwas beruhigt hatte.


    "Aelius Quarto hat bereits zwei Consulate hinter sich, eines davon erst vor einem Jahr und auch Lucianus ist bereits Consular. Glaubst du wirklich, man würde sie erneut wählen, beziehungsweise der Kaiser würde dies gestatten? Nur die erfolgreichsten und beliebtesten Senatoren haben die Ehre, das Consulat zwei Mal zu bekleiden. Und jemand, der es dreimal bekleidet hätte, würde mir im Augenblick nicht einmal einfallen!"


    ...außer vielleicht der göttliche Kaiser Traianus...aber der war auch ein Kaiser! Dabei wurde Durus absurderweise ausgerechnet in dieser Situation bewusst, dass die letzten beiden Kaiser offenbar keinen Wert darauf legten, republikanische Ämter zu bekleiden!

  • "Ich danke dir hierfür.", sagte er erleichtert lächelnd und schloss damit diese Thematik ab. Er hatte Durus damit fürwahr überfallen, aber nicht duldete den Aufschub, nicht in dieser Zeit.


    "Du magst Recht haben, aber uns bleibt keine Wahl.", sagte er dann recht entrüstet.
    "Wenn du alleine oder wir gemeinsam kandidieren, so werden wir gegen den halben Senat ankämpfen müssen. Dieser Hund von Germanicus wird der Erste sein, er wird die ersten Hetzreden anführen und uns versuchen zu denunzieren. Seine Kumpanen werden folgen.
    Wir brauchen eine Kooperation mit einem Mann, der bereits Praetor gewesen und willig ist ein Consulat anzustreben. Aelius Quarto ist mehrmaliger Consul, das weiß ich auch, aber gerade der Umstand, dass sein Bruder der Kaiser ist, macht die Sache doch recht leicht. Er ist nicht dumm und würde, um der Macht willen, noch einmal kandidieren, da bin ich mir sicher. Sein Bruder ist einfach zu schwach als dass er sich jetzt aus der aktiven Politik zurückzöge. Nein, er wird es nicht tun und als Consul hätte er einen Patrizier an seiner Seite, der auch die alten Kreise auf seinen Bruder einzustimmen weiß. Ich muss ja nicht erwähnen, dass jedem Patrizier in ganz Rom an einem aelischen Kaiser mehr gelgen sein dürfte als an einem Schreihals direkt aus der Subura kommend wie Salinator zu sein scheint. Quarto würde damit die Herrschaft seiner Familie sichern können und auch mir liegt nichts ferner als das."
    , obwohl er zugeben musste, dass eine flavische Herrschaft an sich er niemals ablehnen würde. Aber das würden selbst seine kühnsten Träume nicht hervorbringen können.
    "Und zu Vinicius Lucianus ist zu sagen, dass er sich wieder einen Namen in Rom machen muss. Dies wäre mit einem Consulat ein leichter Schritt. Er wäre wieder in aller Munde und sein Bruder, Hungaricus, hält in Germanien die Grenzen wo sie sind. Die Vinicier sind daher an sich eine Familie, die durchaus berechtigt wäre einen Nachfolger mitzutragen. Dass Hungaricus selbst wohl nicht Salinator befürworten dürfte, zeigt die Tatsache, dass dieser vor geraumer Zeit sein Amt als Praefectus Urbi für den Schreihals räumen musste, bevor er nach Hispania entsandt wurde. Nun ist er mit Germanien zwar vertröstet, aber ich schätze Hungaricus als nötig nachtragend an, um Salinator nicht verzeihen zu können. Zu Lucianus kann ich direkt nicht viel sagen, ich kenne ihn nicht gut genug. Aber ich denke, dass auch diesem Mann viel daran liegen sollte Rom nicht einem Bürgerkrieg um die Kaisernachfolge zu überlassen."


    Dann verschränkte der Flavier die Hände vor der Brust und schien eine Weile nachzudenken, bevor er wieder aufblickte.


    "Da wäre noch Octavius Victor, aber ich nehme nicht an, dass er gewillt wäre ein Consulat anzustreben. Aber er ist auch einfach zu still.
    Aber Durus, du selbst willst doch kandidieren, oder etwa nicht?"
    , fiel es ihm dann plötzlich wie Schuppen von den Augen.
    Ein solcher Freundschaftsdienst war doch über jeglichen Maßen und ein genötigtes Cosulat war immer noch schlechter als gar keines. Wenn dem der Fall war, musste der Flavier wohl selbst die Kandidatentoga anlegen.

  • Sein Gast war durch nichts von seiner Idee abzubringen und begann sofort, weiter zu argumentieren. Natürlich ging er gedanklich rasch mit: Warum sollte Quarto Consul werden wollen? Schon bei seinem letzten Consulat hatte man gemunkelt, dass er für seinen Bruder den "Ersatzkaiser" spielen sollte. Ob er das noch einmal riskieren wollte? Und Lucianus? Einen Namen machen? Mit einer Kandidatur? Genaugenommen rechnete Durus diesem nicht einmal echte Chancen aus - er würde ihn nur herunterziehen!


    Dann machte Furianus eine Pause und auch Durus konnte endlich beginnen, sich Worte zurechtzulegen. Doch plötzlich schien es, als wäre Furianus etwas verunsichert...und dann stellte er ihn und er musste auf die Frage antworten, die ihn schon selbst in seinem Unterbewusstsein beschäftigte.


    Diesmal war es an ihm, eine kurze Pause zu machen. Er legte seine Stirn in Falten und seufzte tief, dann sagte er


    "Furianus, die Kandidatur zum Consulat ist eine Angelegenheit, die man niemals überstürzen darf. Natürlich will ich es eines Tages erreichen, doch kann ich eine solche Entscheidung nicht einfach in dieser Situation entscheiden. Einerseits müsste ich mich nach einem Collega umsehen - was du ja bereits getan hast - andererseits muss ich jedoch meine Fühler in alle Richtungen ausstrecken um zu erfahren, welche Chancen für mich bestünden. Eine Niederlage könnte uns eher zurückwerfen. Und ich müsste mir ein Programm zueigen machen. Ich kann dir versprechen, all das zu tun, doch ich kann dir nicht versprechen, dass am Ende die Entscheidung steht, die du dir wünscht."


    Noch einmal sog er tief Luft ein, dann stieß er sie rasch aus.


    "Aber sag, wie kommst du darauf, dass du sterben wirst?"

  • Das vorsichtige Taktieren war wohl eine Eigenschaft, die der Flavier an Durus schätzte, doch er selbst sah darin etwas Anderes.


    "Es gibt immer ein gewisses Risiko, Durus.", entgegnete er daher scharf und schüttelte leicht den Kopf.


    "Das heißt, du kannst mir jetzt noch nicht sagen, ob du gewillt bist du kandidieren? Mein Freund, ich muss es jetzt erfahren, denn irgend einer muss es tun. Ob du oder ich, einer von uns muss Consul werden, wenn der Kaiser weiterhin so schwach bleibt - irgend einer muss den Staatsapparat stabil halten.
    Ich habe schon mit Prudentius Balbus gesprochen und er sagt das Gleiche. Salinator ist ein immer zunehmender Faktor. Er ist machtgierig. Dem sollte ein ruhiger und stabiler Pol gegenüber stehen, jemand, der genug Rückgrat besitzt, um im Senat gegen ihn zu sprechen - wir beide kämen dafür infrage.
    Wenn du deine Zeit jetzt nicht gekommen siehst, so werde ich es tun, aber nur unter der Bedingung, dass du die nächste Amtszeit übernimmst, sollte ich scheitern oder auch nicht."


    Furianus hatte noch nie eine Wahl verloren und doch, damals war es sehr knapp um die Praetur ausgegangen. Er musste handeln und zwar jetzt und nicht taktierend warten.
    Die folgenden Worte seines Freundes warfen das Gespräch jedoch wieder auf das vermeintliche Thema zurück, welches er doch gar nicht mehr ansprechen wollte.


    "Man spürt es, Durus. Mehr will und kann ich dir nicht sagen."


    Und er hoffte damit schlussendlich gänzlich über die wichtigen Dinge sprechen zu können.

  • Durus hätte fast bitter aufgelacht: Furianus eröffnete ihm, dass er sterben würde, erwog allerdings andererseits, zum Consulat zu kandidieren. Das wiederum hielt er für äußerst unvernünftig...oder gefährlich! Vielleicht war er einfach verrückt geworden! Somit nahm sein Schock wieder ein wenig ab - obwohl es ebenso unerfreulich war, seinen Freund in den Wahnsinn zu verlieren, wie ihn aus der Welt scheiden zu sehen.


    "Furianus, beruhige dich!"


    Was sollte er nun sagen? Wenn er tatsächlich seine Kandidatur bekannt gab, wo gerade ein Prozess gegen ihn lief und diese üble Verleumdungsaktion gegen ihn im Gange war, würde er wohl niemals Chancen haben, gewählt zu werden. Und das wiederum würde ihn sicherlich nicht aufmuntern. So blickte er ihn eine Weile nachdenklich an - besonders das ergraute Haar des Flaviers erstaunte ihn wieder einmal. Dann traf er plötzlich eine Entscheidung:


    "Ich werde es tun. Ich werde meine Kandidatur zum Consulat vorbereiten. Wenn ich es genau betrachte, gibt es ohnehin einige Dinge, die ich gern ins Rollen bringen möchte."


    Nun war es heraus. Er war selbst überrascht, eine solche Entscheidung so unvermittelt getroffen zu haben, denn im Grunde beruhte sie auf etwas, was er nicht mehr für möglich gehalten hatte: Er hatte es aus freundschaftlicher Liebe getan. Immer hatte er gedacht, dass Furianus eben einer seiner politschen Freunde war, der ihm eben nützlich war, doch nun ließ er seine Deckung fallen, nur um seinen völligen Sturz zu verhindern. Er war eher ein Stoiker, der starke Emotionen verabscheute - sie nützten nichts und verleiteten zu genau solchen Entscheidungen, wie er sie gerade getroffen hatte. Doch nun war es geschehen!

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