Cubiculum Iunia Serrana

  • Serranas Frage verwirrte Axilla zunächst, und dementsprechend guckte sie auch. Wieso sollte jeder Angestellte im Palast dort jemanden einladen dürfen? Das wär ja heller Wahnsinn, wenn dem so wäre. Und es dauerte einen Moment, ehe Axilla verstand, warum Serrana fragte. Erst da hellte sich ihr Gesicht dergestalt auf, als wolle ihre ganze Mimik einmal laut 'Oh, da war ja was' sagen.
    “Nein, das sicher nicht. Das wäre ja Wahnsinn. Nein, ähm... also... mein Verlobter...“ Wie sich das Wort anhörte. Verlobter! Ihr Verlobter! Bei den Göttern, dass sie jemals so ein Wort sagen würde... “... ist Caius Aelius Archias. Ähm... du weißt schon...“ Wenn Serrana nicht unter rapidem Gedächtnisschwund litt, würde sie sich an den Kerl mit der Schüssel ganz sicher erinnern. Ein wenig wurde Axilla rot und sah scheinbar ganz interessiert auf den gewebten Stoff.
    “Und er möchte auf jeden Fall alle kennen lernen, wo wir doch bald eine Familie sind und so weiter. Damit alles seine Ordnung hat.“


    Vielleicht sollte sie einfach ablenken und auf das andere Thema zu sprechen kommen? Ja, das wäre doch eine Möglichkeit, das würde ganz sicher ablenken.
    “Aber ich wollte mit dir sowieso noch über was anderes reden. Also,... deine Hochzeit... oder besser gesagt, DIE HochzeitEN. Wer kam eigentlich auf die Idee, das ganze hier zu veranstalten?“
    Noch war Axillas Tonfall sehr neutral, höchstens etwas überneugierig. Aber noch ließ sich nichts daraus erkennen, weswegen sie diese Frage so stellte.

  • Aelius Archias? Der Name kam Serrana schon irgendwie bekannt vor, aber es dauerte ein Weilchen, bis sie sich wieder an das Gespräch erinnerte, dass sie mit Axilla an deren erstem Tag in Rom erinnerte. Da hatte sie doch irgend so etwas erwähnt... Den unangenehmen Vorfall mit der Nachtisch-Schüssel auf Septimas Hochzeitsempfang hatte sie zwar auch mitbekommen, aber da hatte sie sich hauptsächlich auf Vala konzentriert und den Namen des anderen Beteiligten gar nicht aufgeschnappt.


    "Ich glaube, ich erinnere mich an den Namen." Serrana runzelte nachdenklich die Stirn und stellte zu ihrem Ärger fest, dass viele Informationen aus jener Unterhaltung im iunischen Balneum mittlerweile schon wieder deutlich verblasst waren. War dieser Archias nicht mit dem Kaiser verwandt gewesen? Vielleicht war das ja der Grund, warum er sich so lange um eine Heirat mit ihrer gesellschaftlich doch ein wenig tieferstehenden Cousine herumgedrückt hatte...
    Und plötzlich wollte er, dass alles seine Ordnung hatte? Das war ja schon fast zum lachen, wenn es nicht so traurig wäre...Wieder einmal stieg Ärger in Serrana empor, aber da sie Axillas Neu-Verlobten bislang noch gar nicht kennengelernt und zudem auch Vala bereits ungerechtfertigt beschuldigt hatte, beschloss sie,dem noch unbekannten Archias wenigstens eine faire Chance zu geben.
    "Ja, das macht vermutlich Sinn. Seit wann seid ihr beiden eigentlich befreundet?" Serrana spürte zu ihrem nicht unerheblichen Ärger, wie ihr mal wieder die Röte ins Gesicht stieg. So etwas albernes. Seit sie sich mit Axilla über dieses Thema gestritten hatte, war selbst das doch eigentlich so unschuldige Wörtchen "Freundschaft" zweideutig geworden.
    Und da ihr aus diesem Grund ein Themenwechsel ganz gut zu pass kam, griff Serrana dankbar Axillas Frage auf, auch wenn sie schon ein paar Sekunden später erneut ratlos und verwirrt war.
    "Wer die Idee hatte? Nun, vorgeschlagen hat es Sedulus, aber Silanus war sofort einverstanden. Warum fragst mich denn so etwas?" Schließlich war es doch üblich, dass die Hochzeitszeremonie im Haus der Braut stattfand. Dass Axilla ausdrücklich nach Hochzeiten gefragt hatte, war Serrana gar nicht aufgefallen, da sie sich mittlerweile schon völlig an den Gedanken einer Doppelhochzeit gewöhnt hatte und sich auch darauf freute, gemeinsam mit ihrer besten Freundin heiraten zu können.

  • Natürlich erinnerte sie sich an den Namen. Axilla konnte sich nicht vorstellen, dass irgendjemand das hätte vergessen können. Das war so abwegig in ihrer Vorstellung, dass das jemand nicht hätte mitbekommen können, dass sie ganz automatisch annahm, dass Serrana das alles wieder siedend heiß eingefallen war.
    “Kennen gelernt und angefreundet haben wir uns, als ich gerade frisch in Ägypten angekommen bin. Ich bin zufällig bei ihm in die Post gestolpert, um vor der Sonne zu fliehen“, antwortete Axilla freimütig und ehrlich. Da war ja auch wirklich nichts dabei, fand sie. Sie hatten sich angefreundet, das war doch etwas wirklich durch und durch gutes. Sie konnte ja nicht Ahnen, dass Serrana mit dem Wort Freundschaft etwas anderes meinte als eben Freundschaft.


    Doch damit war es das auch eigentlich schon mit der netten Plauderei, denn Axilla musste sich schwer zusammenreißen, nicht gleich spitzfindige Bemerkungen über die Männer zu machen, denen offenbar diese Schnapsidee eingefallen war. Vor allem, da ihr Serrana noch so eine Steilvorlage mit ihrer Frage lieferte, da brauchte es schon die letzten Fünkchen ihres Anstandes, um nicht gleich loszulegen.
    “Also, ich frage, weil...“ Axilla rang einen Moment mit sich. Sie wollte Serrana ja nicht gleich mit einem Wortschwall plattwalzen. Aber sie stellte sich ja geradezu so hin, dass Axilla nur plattwalzen konnte! “Ich meine, wie habt ihr euch das überhaupt vorgestellt? Hast du dir die Gästeliste mal angeschaut? Sollen wir die Leute stapeln? Und wer zahlt das ganze denn? Was haben wir überhaupt mit der Hochzeit einer Germanica zu schaffen? Können die nicht bei sich feiern, wie es Tradition ist?“ So, jetzt war es doch raus. Das Gröbste konnte Axilla sich zwar verkneifen – vorerst – aber das wichtigste war raus.

  • Schon wieder Ägypten? Die Geschichte, wie Axilla ihren jetzigen Verlobten kennengelernt hatte, klang eigentlich nett und vollkommen harmlos, doch Serrana war den Erlebnisberichten ihrer Cousine gegenüber mittlerweile ein wenig misstrauischer gestimmt und entschloss sich daher, sicherheitshalber noch einmal nachzuhaken.


    "Aha, das klingt ja schön." Serrana überlegte fieberhaft, wie sie die nächste Frage stellen konnte, ohne dass sie allzu neugierig rüberkam "Und...ähm...dann wart ihr beide also in Ägypten schon..äh...genauso befreundet wie jetzt? Habt ihr denn damals nie daran gedacht zu heiraten?"Diesen Punkt begriff Serrana in ihrer nicht unerheblichen Naivität beim besten Willen nicht. Wenn man in jemanden verliebt war, dann wollte man ihn doch auch heiraten, oder etwa nicht?
    Allzu lange konnte sich sich allerdings keine Gedanken mehr um Axillas Bräutigam machen, denn die lenkte das Gespräch plötzlich in eine ganz andere Richtung. Was waren das denn nur für seltsame Fragen?


    "Ich weiß, dass es viele Gäste sein werden." antwortete sie ein wenig zerknirscht und mit neu aufkommender Nervosität. "Aber die Liste, die Silanus mir gegeben hat, war schon furchtbar lang und dann sind von Sedulus' Seite noch ein paar Namen dazugekommen." Über die Frage, wer das Fest denn nun bezahlen würde, hatte sich Serrana bislang noch gar keine Gedanken gemacht, schließlich war das ja nicht die Aufabe der Braut. Umso seltsamer, dass Axilla sich mit diesem Thema zu beschäftigen schien. "Ich nehme an, dass jede Familie einen Teil der Kosten übernehmen wird, schließlich sind es ja auch zwei Hochzeiten. Und warum sollte Calvena nicht hier heiraten, schließlich ist sie doch Sedulus' Nichte. Der zweite Teil der Feier wird dann ja auch in der Casa Germanica stattfinden. Ich weiß ja, dass die Idee mit der Doppelhochzeit ein wenig ungewöhnlich ist, aber sonst hätten wir innerhalb kürzester Zeit zweimal die fast die gleichen Gäste einladen müssen, das wäre doch Unsinn und sicher noch viel teurer." Warum musste sie sich eigentlich vor Axilla rechtfertigen? Schließlich war die Casa Iunia doch nicht ihr Haus und von ihrem Vermögen würde die Hochzeit ganz sicher nicht bezahlt.

  • Was meinte Serrana denn mit ihrer komischen Frage? Axilla schaute einen Augenblick lang verwirrt drein, ehe die zweite Frage es ein wenig einleuchtender machte und sie vor Scham rot wurde.
    “Ähm, nein, noch nicht so lange. Das ist erst kurz vor der Abreise nach Rom... passiert und, also... ist ja auch gar nicht so wichtig!“ Wie sollte Axilla das denn bitte erklären, dass sie in Archias nie so richtig verliebt gewesen war, sondern dass das war ganz anderes bei ihm war? Sie glaubte nicht, dass Serrana das verstehen konnte. Sie selbst verstand es ja nicht einmal so wirklich. “Und bis vor kurzem war er noch mit Decima Seiana verlobt. Jetzt hat er die Verlobung gelöst und... naja, er heiratet mich. Deshalb haben wir nicht früher darüber nachgedacht.“
    Das war sicher nicht die Antwort, die Serrana hatte hören wollen. Axilla machte sich schon auf eine moralische Entrüstungsrede gefasst, die sie dieses Mal aber nicht so einfach über sich ergehen lassen wollte. Dieses Mal nicht!


    Vor allem, wenn es so ein gute Thema gab, um davon abzulenken. Denn da hatte Axilla zur Abwechslung mal das Recht auf ihrer Seite.
    “Warum Calvena hier nicht heiraten sollte? Sie hat nicht einen Funken iunischen Blutes in sich, und die Feier findet bei der Familie der Braut statt, um dann zum Haus des Bräutigams zu gehen! So ist das Tradition schon... schon EWIG! Was also haben wir mit der Nichte von deinem Zukünftigen zu tun? Haben die Germanici nicht genug Geld, um eine vernünftige Hochzeit zu finanzieren, so dass sie sich bei den Iunii einschleichen müssen?“
    Axilla verstand wirklich nicht, wie irgendwer auf diese Schnapsidee nur hatte kommen können. Das war nicht nur 'ein wenig unorthodox', das war total gegen jede noch so kleine Tradition. Wenn man schon groß angelegt Hochzeit feierte und halb Rom dazu einlud, dann doch bitte ganz richtig. Sie feierte ja auch nicht bei den Prudentii, nur weil Archias Urgroßschwiegercousine zufällig mit einem von denen verheiratet war!
    “Und die sollen sich gar nicht einfallen lassen, hier Geld zu geben dafür. Am Ende heißt es noch, eins von Roms ältesten Geschlechtern könne nichtmal eigenständig eine Hochzeit ausrichten! Weißt du, was das für ein Gerede gäbe? Abgesehen von dem, was es ohnehin schon geben wird, weil du zwar jeden Caius und Marcus eingeladen hast, aber nichtmal deinen eigenen Cousin! Und Brutus? Der gehört ja nun auch zur Gens, und sooo weit ist er nun ja auch nicht weg stationiert. Nein?“
    In einer hilflosen Geste warf Axilla die Hände über den Kopf. Natürlich regte sie sich übermäßig auf, aber sie konnte Calvena nunmal nicht leiden und fand die Vorstellung schrecklich, dass die in der Casa Iunia ihrem Bräutigam übergeben werden würde.

  • Während Axilla ein paar neue, ihr bislang unbekannte Details über ihre Beziehung zu Aelius Archias preis gab, wurden Serranas Augen immer größer. Hatte sie das jetzt richtig verstanden? Er war verlobt gewesen und hatte trotzdem eine Affaire mit ihrer Cousine angefangen? Allein bei der Vorstellung, dass Sedulus so etwas tun könnte, wurde Serrana schon ganz schlecht und sie verdrängte diesen Gedanken ganz schnell wieder. Natürlich war es richtig, dass Archias Axilla heiratete, da diese nunmal sein Kind trug, aber seine Verlobte tat ihr trotzdem unendlich leid, auch wenn sie diese noch nie im Leben gesehen hatte.
    Serrana suchte noch nach den richtigen Worten, um sich zu diesen unerfreulichen Neuigkeiten zu äussern, als Axilla direkt wieder mit dem anderen Thema weitermachte, und der bislang unbekannte Aelius Archias ein ganzes Stück weit nach hinten durchgereicht wurde. Mit ihrem Hinweis darauf, dass die geplante Doppelhochzeit sich kaum mit den althergebrachten Traditionen vereinbaren ließ, hatte Axilla natürlich recht, aber ihre bissigen Formulierungen machten es Serrana fast unmöglich, ruhig und objektiv darüber nachzudenken.


    "Ich weiß, dass es so etwas in Rom vermutlich noch nicht gegeben hat, aber wenn du Sedulus kennen würdest, dann wüsstest du, dass er sich das sicher nicht ausgedacht hat, um sich über althergebrachte Traditionen hinwegzusetzen." entgegnete sie und bemühte sich, sich ihre aufkeimende Verärgerung nicht anmerken zu lassen. "Er ist eben eher praktisch veranlagt und hat darüber vermutlich nicht nachgedacht. Aber was auch immer du darüber denken magst, du hast kein Recht, ihm oder einem anderen Mitglied seiner Gens irgendwelche niederen Beweggründe zu unterstellen, das ist einfach nicht fair. Die Gens Germanica mag vielleicht nicht so eine alte Dynastie sein wie die unsere, aber ihre Mitglieder haben sich aus eigener Kraft ihren jetzigen Status erarbeitet, und das solltest du gefälligst respektieren. Wenn dir der Gedanke wirklich derart zuwider ist, dann werde ich mit Sedulus sprechen, damit er das Ganze abbläst. Vermutlich wird er ohnehin keine Lust mehr haben, in diesem Haus zu heiraten, wenn er erfährt, was man in unserer Familie offenbar von ihm hält."
    Serrana funkelte Axilla wütend an und verkniff sich nur mit Mühe einen gehässigen Kommentar darüber, dass diese in anderen Bereichen in letzter Zeit auch nicht allzuviel Traditionsbewusstsein an den Tag gelegt hatte. Doch auch diese für sie selbst nicht sonderlich schmeichelhafte Versuchung rückte wieder ausser Sichtweite, denn Axillas letzter Vorwurf war vollkommen gerechtfertigt und stürzte Serrana in unendliche Verlegenheit.


    "Oh, ihr Götter, ich hab sie vergessen...." sagte sie entsetzt und spürte, wie ihr vor Scham das Blut aus dem Gesicht wich. "Ich war so aufgeregt, weil ich all die Senatoren auf der Gästeliste anschreiben musste, dass ich meine eigenen Verwandten vergessen habe. Das tut mir so leid, hoffentlich ist noch nicht zu spät..." Was sollten Brutus und Merula denn nur von ihr denken? Serranas Ärger verrauchte zusehends und machte stiller Verzweiflung Platz. Wie sollte sie denn jemals eine ernstzunehmende Senatorengattin werden, wenn sie noch nicht mal in der Lage war, ihre eigene Familie zu ihrer Hochzeit einzuladen? Ein kurzer Blick traf Axilla, dann schaute sie schnell wieder zu ihrem Webrahmen. Am halbfertigen Stoff ihrer Tunica recta konnte sie sich im Moment gut festhalten, wenigstens daran gab es wirklich nichts zu beanstanden.

  • Hatte Serrana gerade gesagt, sie hätte kein Recht etwas gegen die Germanicer zu sagen? Axilla blinzelte zweimal und war kurz sprachlos. Erst dann brach es aus ihr mit einer Wucht heraus, die sie selbst nicht von sich erwartet hätte.
    “Sag mal, hast du sie noch alle? Du hast ja erzählt, dass du von einer Germanica aufgezogen worden bist, aber hast du denn gar kein iunisches Blut mehr in dir, dass du ihre Gens so hoch hältst, während du die eigene so mit Mißachtung strafst? Vielleicht solltest du ihm deine Hand auch gleich noch zur Hochzeit mitgeben, damit du den für dich scheinbar so bedeutungslosen Namen auch endlich los wirst.“
    Axilla war sauer, und daher auch aufgestanden. Da störte sie auch nicht, dass Serrana gerade wirklich getroffen war von der Erkenntnis, dass sie die eigenen Verwandten vergessen hatte, einzuladen. Für Axilla untermauerte das eher nur noch, dass Serrana auf die Iunier absolut nichts hielt. Da hatte die Germanica, die sie großgezogen hatte, wohl wirklich ganze Arbeit geleistet!
    “Weißt du denn überhaupt, wer die Iunier sind. Fühlst du denn nicht wenigstens ein bisschen, ein klitzekleines bisschen dieses Erbe in dir?“ Axilla verstand es einfach nicht, warum Serrana so absolut gar kein Gespür dafür hatte. Dass sie auch nicht interessierte, wie geredet werden würde. Gut, sie selbst hatte sich auch nicht mit Ruhm bekleckert in dieser Beziehung, aber Axilla wusste das wenigstens. Serrana hingegen schien sich nicht der geringsten Schuld bewusst.
    “Schon in den Thermen hast du den Mund nicht aufgekriegt, als diese blöden Schnepfen da deine Ahnen wohlgemerkt verunglimpft haben. Aber da kam gar nichts! Weißt du nur nichts von den Idealen, für die deine Väter und Vorväter gestorben sind, oder ist dir das nur schlichtweg egal?“
    Ihr Blick fiel wieder auf den Stoff für die Tunica recta, der so fein und ordentlich gefertigt worden war. “Ich meine... willst du überhaupt dein Haar mit einer Speerspitze, die Feindesblut vergossen hat, frisieren zu deiner Hochzeit? Oder ist dir die Tradition auch egal?“ Inzwischen klang Axilla nicht mehr wütend, nur noch ratlos. Sie verstand es wirklich nicht. Was hatten die Iunii Serrana denn getan, dass sie so überhaupt gar nicht an sie dachte? Manchmal hatte Axilla wirklich das Gefühl, als wolle Serrana gar keine Iunia sein, sondern lieber eine Germanica. Natürlich spielte hier auch ihre Aversion gegen Calvena eine nicht unerhebliche Rolle, aber das Gefühl war davon unabhängig. Für Axilla gab es nichts wichtigeres als den Namen ihrer Gens, ihr Erbe und Andenken. Und Serrana dachte nur noch an Sedulus.


    Axilla fiel eine alberne Geschichte wieder ein. Eines Tages entschloss sich der Wahnsinn, seine Freunde zu einer Feier einzuladen. Als sie alle beisammen waren, schlug die Lust vor, Verstecken zu spielen.


    "Verstecken? Was ist das?" fragte die Unwissenheit.
    "Verstecken ist ein Spiel: einer zählt bis 100, der Rest versteckt sich und wird dann gesucht," erklärte die Schlauheit.
    Alle willigten ein bis auf die Furcht und die Faulheit.
    Der Wahnsinn war wahnsinnig begeistert und erklärte sich bereit zu zählen.
    Das Durcheinander begann, denn jeder lief durch den Garten auf der Suchenach einem guten Versteck.
    Die Sicherheit lief ins Nachbarhaus auf den Dachboden, man weiß ja nie.
    Die Sorglosigkeit wählte das Erdbeerbeet.
    Die Traurigkeit weinte einfach so drauf los.
    Die Verzweiflung auch, denn sie wusste nicht, ob es besser war sich hinteroder vor der Mauer zu verstecken.
    "...98,99,100!" zählte der Wahnsinn.
    "Ich komme euch jetzt suchen!"
    Die erste, die gefunden wurde, war die Neugier, denn sie wollte wissen, wer als erster geschnappt wird und lehnte sich zu weit heraus aus ihrem Versteck.
    Auch die Freude wurde schnell gefunden, denn man konnte ihr Kichern nicht überhören.
    Mit der Zeit fand der Wahnsinn all seine Freunde und selbst die Sicherheit war wieder da.
    Doch dann fragte die Skepsis: "Wo ist denn die Liebe?"
    Alle zuckten mit der Schulter, denn keiner hatte sie gesehen.
    Also gingen sie suchen. Sie schauten unter Steinen, hinterm Regenbogen und auf den Bäumen.
    Der Wahnsinn suchte in einem dornigen Gebüsch mit Hilfe eines Stöckchens. Und plötzlich gab es einen Schrei! Es war die Liebe. Der Wahnsinn hatte ihr aus Versehen das Auge rausgepiekst. Er bat um Vergebung, flehte um Verzeihung und bot der Liebe an, sie für immer zu begleiten und ihre Sehkraft zu werden.
    Die Liebe akzeptierte diese Entschuldigung natürlich. Seitdem ist die Liebe blind und wird vom Wahnsinn begleitet.


    So ungefähr fühlte sie sich grade im Moment, wenn sie mit Serrana redete. Die wollte gar nicht sehen oder begreifen, warum Axilla sich da drüber aufregte, dass die Germanicer sich einfach in die Casa Iunia eingeladen hatten. Die sah das nur als Angriff auf ihren Sedulus, auf den sie ncihts kommen ließ.
    Dass Axilla ja bei so einigen Dingen, die sie selbst liebte, ebenfalls blind und von Wahnsinn geschlagen war, das übersah sie hierbei natürlich geflissentlich.

  • Jetzt wich auch noch die restliche Farbe aus Serranas Gesicht, diesmal allerdings aus Wut.


    "Wie kannst du es wagen! Wie kannst du es wagen, mir so etwas zu unterstellen?" zischte sie. "Ich mag im Gegensatz zu dir vielleicht bei einer anderen Familie aufgewachsen sein, aber noch nie in meinem ganzen Leben habe ich meine Gens missachtet. Du hast doch überhaupt keine Ahnung davon, wieviele Jahre ich darauf gewartet habe, endlich ein richtiger Teil dieser Familie zu sein und das, obwohl man mir immer wieder erzählt hat, dass die nichts taugt. Das bin ich nämlich, weißt du? Auch wenn es dir vielleicht nicht passt, ich bin genauso eine Iunia, wie du es bist." So sehr Serrana es sich auch vorgenommen hatte, ruhig zu bleiben, jetzt war es damit vorbei, denn Axilla hatte mit ihrer Attacke einen ausgeprochen wunden Punkt getroffen. "Und lass gefälligst meine Großmutter aus dem Spiel, sie hat mit dieser Sache überhaupt nichts zu tun." Das stimmte in diesem Fall ja sogar, wobei Laevina an diesem inter-iunischen Streit zweifellos ihre helle Freude gehabt hätte. Dass Axilla sie dazu zwang, jetzt auch noch ausgerechnet ihre in Gedanken oft verfluchte Großmutter zu verteidigen, machte Serrana nur noch wütender. "Ich weiß wirklich nicht, was ich noch sagen soll, damit du verstehst, dass NIEMAND, am allerwenigsten ich mit dieser Hochzeit das Andenken der Gens Iunia schmälern will. Ich hab versucht, dir zu erklären, warum die Zeremonie hier stattfinden soll, aber du hörst mir ja gar nicht zu. Und ja, ich weiß ganz genau, wer die Iunier sind, stell dir vor. Und nur, weil ich nicht wildfremde Frauen wegen irgendwelcher gedankenloser Bemerkungen in der Therme ankeife, heisst das noch lange nicht, dass mir das Andenken unserer Familie nichts bedeutet. Vielleicht habe ich eine andere Art das zu zeigen, und wenn dir die nicht passt, dann hast du eben Pech gehabt." Serrana verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte Axilla an. "Du suchst dir doch ohnehin immer nur die Sachen raus, die dir in den Kram passen. Es gibt nämlich verschiedene Arten, wie man zum Andenken seiner Vorfahren beitragen oder es beschmutzen kann, vielleicht solltest du darüber mal nachdenken."

  • “Wie ich es wagen kann? Mit welchem Recht?“ Axilla war nicht laut oder heftig, sie war geradezu gefährlich leise, als sie sich direkt vor Serrana aufstellte und sie wütend anblitzte. “Mit dem der Älteren und Stärkeren, für den Anfang.“ Und diese beiden Rechte hatten durchaus ihre Daseinsberechtigung in der Welt, in der sie lebten, und auch seine Traditionen. Unter Frauen war es vielleicht nicht ganz so streng wie unter Männern, aber dennoch galt auch hier: Die Ältere hatte das Recht vor der Jüngeren. Und das Recht des Stärkeren war universell.


    Serrana war so selbstherrlich und selbstgefällig, dass Axilla dabei ganz übel wurde. Sie trat einen Schritt zurück und schüttelte nur den Kopf. In ihren Augen standen Tränen, die sie aber wütend wegblinzelte. Sie würde jetzt garantiert nicht anfangen, zu heulen, erst recht nicht vor ihr!
    “Denkst du, ich weiß nichts von meinen Fehlern? Denkst du, ich bin da stolz darauf? Denkst du, ich mach mir deshalb keine Vorwürfe, oder dass ich denke, dass es besser wäre, ich würde es endgültig beenden? Dass ich es sogar schonmal versucht habe, mir dann nur der Mut dazu fehlte?“
    Eine Träne hatte sich doch verselbständigt, doch Axilla wischte sie wütend weg. Sie würde hier nicht weinen! Nicht vor so jemandem wie ihr!
    “Ich weiß sehr gut um meine Fehler. Aber eins weiß ich, ich würde meine eigenen Verwandten nicht auf der Gästeliste vergessen und dafür hundert andere, für die im Haus nichtmal genügend Platz ist, einladen, nur weil jemand, der absolut NICHTS mit den Iuniern zu tun hat, zufällig zur selben Zeit heiraten will.
    Und ich HAB dir zugehört, sehr gut sogar. Vergib mir also, wenn ich dir mehr Verstand zugetraut habe als diesen beiden Idioten, die scheinbar in ihrem Leben noch nie eine Feier mit auch nur halb so viel Gästen ausgerichtet haben!“


    Axilla schüttelte nochmal den Kopf und ging dann los in Richtung Tür. Auf halber Strecke drehte sie sich nochmal um, sie konnte es einfach nicht lassen. Das hier sollte nicht aussehen wie ein Rückzug, denn es war keiner. Es war ein Vormarsch in eine andere Richtung. Sie fühlte sich irgendwie gerade an ihr Gespräch mit Vala erinnert, an seinen Ausspruch über die Ehre. Sie hatte es so vehement abgestritten damals, und kam sich im Moment deswegen gerade unglaublich dämlich vor. Denn im Moment fühlte sie das, was er gesagt hatte. Ehre war dreckig, kalt, und stank. Und sie tat verdammt weh.
    “Also entschuldige, wenn ich nichts davon weiß, wie es ist, so fehlerfrei zu sein wie du, in einer perfekten Welt mit perfekten Freunden und einem perfekten Verlobten, die alle einander so unendlich lieb haben, dass sie auf Traditionen nicht achten müssen oder darauf, wie es aussieht, wenn hundert Senatoren durch ein Haus stapfen, das noch nichtmal ein vernünftiges Mosaik im Tablinum vorzuweisen hat oder irgendwas, was so eine große Feier nicht gar so peinlich erscheinen lässt und dem ganzen einen Grund gibt.
    Ich wollt dich sicher nicht stören, indem ich mit was anderem als Wattebäuschchen werfe. Muss toll sein, so fehlerfrei zu sein, dass man so auf alle anderen runterschauen kann.“

    Sicher, es war sarkastisch, aber das meiste davon empfand Axilla tatsächlich so. Was wusste Serrana denn schon von wirklichem Schmerz? Gar nichts. Axilla schüttelte nochmal den Kopf und ging dann weiter.

  • Serranas Augen verengten sich leicht, als Axila sich so nah vor ihr aufbaute, aber sie zuckte nicht zurück, denn dafür war sie zur Zeit viel zu wütend. Natürlich besaß ihre Cousine als die Ältere gewisse Rechte und in vielen Dingen auch den Vortritt, aber deshalb musste sie noch lange nicht so beleidigend werden!
    Sie kam gar nicht dazu, diesen Punkt irgendwie zur Sprache zu bringen, denn Axilla sprach einfach weiter und gab tatsächlich zu, Fehler begangen zu haben! Serrana blinzelte überrascht, denn bei ihrem Gespräch im Garten vor einiger Zeit war ihre Cousine davon noch weit entfernt gewesen, oder zumindest hatte es auf sie diesen Eindruck gemacht. Wirkliche Genugtuung wollte sich bei Serrana jedoch nicht einstellen, zumal eine weitere Bemerkung im Wortschwall ihrer Cousine bei ihr sofort ein ungutes Gefühl auslöste. „Was meinst du damit, dass es besser wäre es sofort zu beenden? Und dass du es schon versucht hast?“ fragte sie mit immer stärker werdender Besorgnis. Noch hoffte sie, mit ihrer Vermutung falsch zu liegen, aber bei Axilla konnte man offenbar nie wirklich wissen, wie diese dachte und auf bestimmte Dinge reagierte. In dieser Hinsicht waren die beiden Mädchen ganz offensichtlich grundverschieden.
    Viel Zeit darüber nachzudenken blieb Serrana ohnehin nicht, denn schon wechselte Axilla wieder das Thema, und erneut prasselten die Vorwürfe auf sie selbst nieder. Wieder kam die Sprache darauf, dass sie vergessen hatte Merula und Brutus einzuladen, und Serrana schämte sich über diesen durchaus gerechtfertigten Vorwurf so unendlich, dass Axillas Bemerkung über die beiden vermeintlichen Idioten, und vor allem wer damit gemeint war, völlig an ihr vorbeirauschte; ein Umstand, der für den weiteren Verlauf dieses Gesprächs nicht ganz unerheblich war.
    Erst als ihre Cousine schon auf halbem Weg zur Tür war und Serrana die Wörter „perfekt“ und „fehlerfrei“ aufschnappte, sah sie ruckartig wieder hoch und sah Axilla fassungslos hinterher.
    „Axilla, warte bitte!“ Ohne es überhaupt zu merken, war sie jetzt auch aufgestanden und ging um den Webstuhl herum einige Schritte auf ihre Cousine zu. „Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich mich für perfekt halte, oder?“ fragte sie immer noch ungläubig und schüttelte den Kopf. „Ich bin alles andere als perfekt, und das weiß ich auch nur zu genau! Mein ganzes Leben lang hab ich vor irgendetwas Angst gehabt, weil ich mich immer schon zu dumm oder unfähig gefühlt habe.“ Bei der Erinnerung an die demütigenden Auswirkungen, die Serranas chronische Minderwertigkeitsgefühle über all die Jahre mit sich gebracht hatten, stiegen ihr nun mit aller Macht die Tränen in die Augen, aber sie machte sich nicht die Mühe diese zurückzuhalten. „Und wenn du es genau wissen willst: ich habe entsetzliche Angst vor dieser Hochzeit, und allein schon bei der Vorstellung, mit wie vielen wichtigen Menschen ich an diesem Tag werde reden müssen, wird mir schon ganz schlecht. Alles, was mich dabei aufrecht hält und mich davon abhält schreiend davon zu rennen , ist, dass ich danach endlich mit Sedulus zusammen sein kann, und dass ich ihn nicht vor ganz Rom blamieren will.“ Serrana spürte genau, dass sie sich Axilla mit diesen Worten ein ganzes stückweit auslieferte, aber das war ihr in diesem Moment egal. Eigentlich konnte es ihr ja herzlich egal sein, was für ein Bild ihre Cousine von ihr hatte, aber komischerweise war es das aller Streitereien zum Trotz ganz und gar nicht. „Und ja, Sedulus ist in meinen Augen perfekt! Nicht, weil er keine Fehler hat, die hat er wie jeder andere Mensch ganz sicher. Aber er liebt mich so wie ich bin, mit allen Schwächen, die ich habe, und ich weiß, dass ich so etwas ganz sicher nicht noch einmal finden werde!“ Serrana schniefte und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht, bevor sie mit hängenden Schultern einfach mitten im Cubiculum stehen blieb. „Und ich fürchte, mit der Größe der Casa hast du recht.“ fuhr sie leise fort. „Ich war wohl so damit beschäftig, bei den Einladungen alles richtig zu machen, dass ich darüber nicht richtig nachgedacht habe. Du siehst also: von Perfektion kann überhaupt keine Rede sein, denn offenbar bin ich nicht mal dazu in der Lage, meine eigene Hochzeit halbwegs vernünftig zu planen.“ Plötzlich fühlte sie sich wie eine aufgepumpte Blase, aus der nach und nach alle Luft entwich und eine leere und nutzlose Hülle zurückließ. Mit ein paar unsicheren Schritten ging Serrana zu dem Stuhl hinüber, aus dem Axilla aufgestanden war, ließ sich darauf nieder und vergrub den Kopf in beiden Händen. Sollte ihre Cousine ihr ruhig weitere Vorwürfe machen, viel elender als jetzt konnte sie sich danach auch nicht mehr fühlen.

  • “Na, wie soll ich das schon gemeint haben?“ raunzte Axilla noch im Gehen auf Serranas Frage hin. Es gab ja schließlich nur eine Methode, sowas endgültig und ehrenvoll zu beenden. Und dass sie dazu nicht den Mut gehabt hatte, bekräftigte Axillas Schuld eigentlich noch eher. Es war ein weiterer Fehler in ihrem Leben, den sie eigentlich nicht hätte tun sollen, wo ihr aber entweder der Mut oder die Vernunft gefehlt hatten, es anders zu machen. Etwas, dass sie nur zu gerne vergaß, wenn sie sich nicht daran erinnern musste.
    Als Serrana sie nochmal ansprach, blieb Axilla stehen. Hörte zu. Stumm, regungslos. In ihr stritten sich die unterschiedlichsten Gefühle. Zuallererst war da Wut. Große, verschlingende, brennende Wut. Wo war Serrana nicht perfekt? Was waren das für Fehler, die sie anführte? Das waren Kindereien, das war nichts, was einem anderen weh tat, nichts, was die Ehre angriff. Das war etwas, das Serrana mit sich selbst ausmachen konnte und auch musste. Das zu vergleichen war unangebracht.
    Doch dann war da Mitleid, das auch sagte, dass Schmerz nicht quantifizierbar war. Dass jeder Schmerz für den betreffenden schlimm war, jedes Leid ein Leid, das man beachten sollte und musste, und es vermessen war, darüber zu urteilen, welches Leid denn nun das schlimmere war. Und wenn man das schon tat, dann wenigstens dennoch Misericordia soviel Respekt entgegengebracht werden sollte, sich barmherzig zu zeigen. Gnade hatte nichts mit Schwäche zu tun.
    Und zuletzt war da Erkenntnis. Egal, was Axilla auch sagte oder tat, sie konnte hier nichts gewinnen. Es war egal, was sie anbrachte, sie würde diese Hochzeit nicht verhindern. Es würde geschehen, war schon geschehen. Die Einladungen waren draußen, und sie konnte es nicht aufhalten. Und wenn sie es versuchte, würde dabei nur herauskommen, dass Serrana gar nicht mehr mit ihr reden würde und gänzlich zu einer Germanica würde. Einen Augenblick fragte sich Axilla, ob sie das nicht von Anfang an schon gewesen war.


    Sie hörte, wie Serrana sich hinsetzte, hörte das weinen. Sie drehte sich nicht um. Einen Moment blieb sie noch stehen, haderte kurz mit sich. Sicher, sie könnte jetzt hinübergehen und Serrana Mut zusprechen. Ihr sagen, dass das alles schon schaffbar sei und ja gar nicht so schlimm. Aber Axilla glaubte nicht daran. Für sie war es schlimm. Und sie konnte niemand anderen trösten, wenn sie nichtmal glaubte, was sie sagte. Lügen und sich verstellen konnte sie, aber nicht in diesem Maße.
    Sie atmete noch einmal, und dann ging sie. Still, wortlos, ohne sich umzudrehen. Sie wusste, dass die letzte Verbundenheit zwischen ihnen beiden nun wohl durchtrennt war. Aber Axilla konnte auch nicht aus ihrer Haut.

  • Sollte das bedeuten, dass Axilla versucht hatte sich das Leben zu nehmen? Aber warum denn nur? Was konnte denn schon so schlimm in ihrem Leben verlaufen sein, dass ihr das als der einzige ehrenhafte Ausweg erschienen war? Serrana war sich nicht sicher, ob sie trotz Axillas erwiesenermaßen aufbrausender Art noch einmal nachhaken sollte, doch der weitere Verlauf der Unterhaltung nahm ihr die Entscheidung ab und ließ sie wie ein Häufchen Elend auf ihrem Stuhl zusammensacken. Das Erkenntnis, auf ganzer Linie versagt zu haben wurde nahezu übermächtig, und Serrana stellte sich in Gedanken schon auf weitere Vorwürfe von Seiten ihrer Cousine ein, aber da kam nichts mehr. Gar nichts mehr, denn durch ihr eigenes Weinen hindurch hörte sie, wie sich die Tür ihres Cubiculums öffnete und wieder schloss. Ein deutlicheres Zeichen ihrer Missbilligung und Verachtung hätte Axilla kaum hinterlassen können, und die Demütigung, die Serrana nun zusätzlich empfand, äusserte sich in einem regelrechten Schmerz, der ihren ganzen Körper zu erfassen schien. Etliche Minuten saß sie einfach nur da in einer Mischung aus Selbstvorwürfen und Bitterkeit und fragte sich, ob ihr siebenmonatiger Aufenthalt in der Casa Iunia irgendwelche positiven Spuren hinterlassen würde. Wohl eher nicht, wenn das einzige, was ihr die einzigen anwesenden Familienmitglieder entgegenbrachten, freundliche Gleichgültigkeit und stumme Verachtung waren. Vielleicht waren die Fußspuren, die ihre glorreichen Ahnen hinterlassen hatten, von Anfang an viel zu groß für sie gewesen, und sie hatte es in ihrer kindlichen Naivität nur nicht wahrhaben wollen.
    Diese Erkenntnis war ausgesprochen schmerzhaft, aber irgendwann war Serranas Kopf wieder klar genug, um halbwegs sinnvolle Entscheidungen treffen zu können. Vielleicht hatte sie im Vorfeld ihrer nahenden Hochzeit eine Menge Fehler begangen, aber von nun an würde sie jeglichen Missgriff peinlich genau vermeiden. Das würde die früheren Versäumnisse zwar nicht wieder gut machen, aber ihr immerhin die Möglichkeit einräumen, dieses Haus mit erhobenem Kopf zu verlassen. Zu der Gens, der ihr Verlobter, ihre Großmutter und auch ihre beste Freundin angehörten, fühlte sich Serrana bislang noch nicht wirklich zugehörig, aber vielleicht würde die Zeit das ja ändern. Und bis dahin würde sie zumindest in Gedanken eine Marcilia sein, zu Ehren des einzigen Menschen, der sich ihre Loyalität nicht nur durch Blutsverwandtschaft, sondern auch durch seine Taten und seine bedingungslose Zuneigung zu ihr verdient hatte.
    Schon deutlich ruhiger als noch vor wenigen Minuten erhob sich Serrana von ihrem Stuhl und kehrte zu ihrem Webrahmen und ihrer Arbeit zurück. Nein, an dieser Leistung gab es tatsächlich nichts auszusetzen.

  • Das kleine Cubiculum wirkte heute mehr wie ein überfülltes Warenlager als wie das Schlafzimmer eines jungen Mädchens.
    Überall stapelten sich Kisten und Pakete, und alle verfügbaren freien Flächen wie Stühle, Bett und auch der kleine Schreibtisch waren mit einer Vielzahl von Utensilien, die man für die perfekte Vorbereitung der Braut brauchte, überseht. Dazu gehörten nicht nur die Tunica recta, die dazugehörigen Wollgürtel und die safranfarbenen Schleier, sondern auch für jede Braut ein Myrthenkranz.


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    ________
    Quadrata


    Gemeinsam mit all diesen Dingen hatte sich auch Laevinas getreue Leibsklavin Quadrata in der Casa Iunia eingefunden und legte gerade
    die wollenen Bänder für die Hochzeitsfrisur der beiden Mädchen und ein Lanzeneisen mit gebogener Spitze zurecht, mit dem die Haare nach alter Tradition frisiert werden würden. In einem weiteren bereits geöffneten Kästchen konnte Serrana die Schminke für den nächsten Morgen und ein Fläschchen mit der besonderen Lotion aus Lupinensamen, Bohnen, rotem Nitrum und Iriswurzeln sehen, mit denen Calvena und sie morgen früh beim ersten Hahnenschrei am ganzen Körper massiert werden würden.
    Quadrata selbst machte nicht allzuviel Aufhebens um die Ankunft der beiden jungen Frauen und nickte ihnen nur kurz zu, bevor sie auf die saumlosen Tuniken wies, die bereits säuberlich ausgebreitet auf dem Bett lagen.
    "Wenn die Herrinnen soweit sind, dann sollten sie jetzt die Tunica recta anziehen. Aber bedenkt, dass ihr sie nicht wieder ausziehen dürft, sobald der Gürtel einmal verknotet ist. Den darf erst der jeweilige Ehemann morgen öffnen." Ihr abwartender Blick ging zwischen Calvena und Serrana hin und her, schließlich gab es noch einiges vorzubereiten.

  • Kichernd betraten sie das Zimmer. So ähnlich sah es bei Calvena auch aus. Alles war bereits verpackt und nur die nötigsten Dinge waren Griffbereit zu Recht gelegt worden: Schminke, Schmuck, die Schleier, Kränze und viele andere Dinge. Mittendrin auch das kleine geheimnisvolle Kästchen, welches für Serrana bestimmt war. Darin ein paar hübsche zierliche Schmuckstücke, ein kleines Geschenk von Calvena für ihre Freundin zur Hochzeit. Aber bisher ahnte Serrana nichts von der kleinen Überraschung, diese würde erst morgen das Geschenk erhalten. Im Augenblick hatten sie eh andere Dinge im Kopf. Denn ihr Gespräch wurde mehr oder weniger von Quadrata unterbrochen. Es war wirklich nett von Laevina gewesen, ihnen die Leibsklavin auszuleihen, aber die Alte würde vermutlich jedes Wort dass die beiden jungen Frauen austauschten, ihrer Herrin weiter geben. Quadrata war Laevina loyal ergeben, was wohl auch kein Wunder war Angesichts der Tatsache, wie lange die Sklavin schon im Besitz der Germanica war. Kurz tauschte sie mit Serrana einen Blick und nickte dann.
    „Wir sind soweit“, meinte sie nur immer noch kichernd. Meine Güte war sie gerade albern. Automatisch griff sie nach ihrem Kleid. Nie hätte sie gedacht, dass sie gegenüber Laevina, der entfernten Großtante so etwas wie ZUneigung empfand. Schließlich hatte diese ihr mehr oder wneiger einen ziemlich großen Gefallen getan und ihr die tunica recta gewebt. Eine selten erlebte großzügige und großherzige Tat.

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    Quadrata schien von der überdrehten Stimmung der beiden Mädchen nichts zu bemerken, oder ließ sich zumindest nichts davon anmerken, sondern streckte nur stumm die Hand aus, um die Kleider, die Calvena und Serrana gerade trugen, in Empfang zu nehmen.
    Natürlich würde sie ihrer Herrin spätestens am nächsten Tag einen ausführlichen Bericht abliefern müssen, aber darüber hinaus würde niemand etwas von dem erfahren, was in diesem kleinen Zimmer geschah. Genau wie es niemals auch nur eine Menschenseele erfahren würde, dass vor ziemlich genau 40 Jahren eine in Tränen der Wut und Verzweiflung aufgelöste Laevina ihr Zimmer kurz und klein geschlagen hatte, weil sie dem ihr aufgezwungenen künftigen Ehemann schon am Vorabend der Hochzeit nicht das kleinste bisschen Respekt oder gar Zuneigung entgegen bringen konnte. Doch nur wenige Stunden später hatte eine vollkommen beherrschte Braut perfekt geschminkt und frisiert im Atrium der Familie gestanden und eine bravouröse und fehlerlose Vorstellung für die Gäste abgeliefert.
    Nein, das musste wirklich niemand wissen, genauso wenig wie die Tatsache, dass Laevinas schon damals recht verschreckter Gatte Vindex sich immer wieder im Verlauf der nur wenige Jahre währenden Ehe heimlich Trost und Zuspruch bei ihr, Quadrata, geholt hatte. Wen sollte das heute auch noch interessieren, so viele Jahre nach seinem Tod. Eigentlich war er ein wirklich netter Mann gewesen, nur leider seiner selbstbewussten und ambitionierten Frau in keinster Weise gewachsen...


    Serrana, die nicht die geringste Ahnung hatte, welche Gedanken der alten Sklavin gerade durch den Kopf gingen, zog sich nun ihr Gewand über den Kopf und schlüpfte vorsichtig in ihre Hochzeitstunika. Als ihr mittendrin bewusst wurde, dass es Sedulus sein würde, der ihr diese wieder auszog, wurde ihr ganz seltsam zumute und die winzigen Härchen auf ihren Armen stellten sich in einer Mischung aus Aufregung, Vorfreude und auch einer gehörigen Portion Unsicherheit und Angst auf.

  • Ein Sklave brachte Septima zu dem Cubiculum von Serrana, in welchem sich die beiden Bräute zur Vorbereitung auf ihre Hochzeit aufhielten. Bei einem Besuch in der Casa Germanica hatte sie ihrer Freundin versprochen, für sie die Brautmutter als Ersatz zu sein und somit oblag ihr die Verpflichtung, den wollenen Gürtel für die tunika recta zu binden.


    Der Sklave klopfte kurz an und öffnete Septima dann die Tür, damit sie eintreten konnte. Mit einem fröhlichen „Salvete“ betrat diese den Raum. „Oh, wie ich sehe komme ich gerade rechtzeitig.“ Sie wartete kurz ab, bis Serrana ihre tunika recta übergestreift hatte und nahm anschließend beide Freundinnen kurz in den Arm und gab ihnen Begrüßungsküsschen. „Gut schaut ihr aus. Beide rosige Wangen und ihr strahlt gerade zu. Wirklich schön anzusehen, wie glücklich ihr seid.“


    Die alte Sklavin ignorierte Septima gekonnt.

  • Die Tür zu Serranas Cubiculum stand bereits offen, und so rauschte Laevina einfach hinein, ohne sich mit längerem Klopfen aufzuhalten. Ein Wunder, dass sie überhaupt noch einen Platz zum stehen fand, denn in dem kleinen Raum befanden sich bereits die beiden Bräute, Calvena und Serrana, und eine junge Frau, an die sich Laevina noch ganz dunkel von den Fontinalia erinnern konnte. An Quadratas Anblick hingegen war die alte Germanica seit Jahrzehnten schon derart gewöhnt, dass sie die Anwesenheit ihrer alten Sklavin gar nicht mehr bewusst wahr nahm.
    Nicht zu übersehen waren allerdings die Überraschung der beiden Mädchen, gefolgt von einem leichten Erschrecken im Gesicht ihrer Enkelin, was Laevina direkt wieder ärgerlich machte.


    "Was ist denn? Du wolltest doch schließlich, dass ich bei diesem Mummenschanz morgen deine Brautmutter spiele, oder etwa nicht? Also schau mich nicht an wie ein waidwundes Reh, das kannst du dir für deinen künftigen Gemahl aufsparen, der fällt vermutlich sogar darauf herein." Mit zwei schnellen Schritten war Laevina bei ihrer Enkelin angekommen, griff nach dem doppelten Wollgürtel, schlang diesen um Serranas Taille und verknotete ihn mit schnellen und geschickten Bewegungen. "So, das dürfte reichen, schließlich will ich Sedulus ja nicht überfordern..." Sie warf noch einen kritischen Blick auf ihr Werk und wandte sich dann kurz an Calvena. "Um dich kümmert sich ja jemand anders, wenn ich das richtig verstanden habe. Dann kann ich ja jetzt wieder gehen." Laevina drehte sich wieder Richtung Tür, dann fiel ihr ein, dass sie die junge Frau noch gar nicht richtig begrüßt hatte, wobei der Umstand, dass diese Halbmonde an den Schuhen trug, sie herzlich wenig beeindruckte.


    "Salve, meine Gute. Wir werden sicher morgen noch Zeit haben, uns ausführlicher zu unterhalten, jetzt bin ich leider ein wenig in Eile. Valete und eine angenehme Nacht." Laevina unterstrich ihre kombinierte Begrüßung und Verabschiedung mit einem knappen Nicken, dann marschierte sie genauso zügig, wie sie ins Zimmer hineingekommen war, auch wieder hinaus. Morgen würde sie sich ohnehin noch lange genug in dieser Casa aufhalten müssen.

  • Kurz fragte sie sich, ob Valerian genauso nervös war wie sie selbst und was er wohl gerade tat um sich abzulenken. Vielleicht seine Jungs durch die Castra scheuchen.
    Morgen schon würde sie mit ihm verheiratet sein. Ein aufgeregtes Kribbeln machte sich in ihrer Magengegend breit. So ging es wohl Serrana auch, anders konnte sie sich nicht vorstellen, waru sie gerade so aufgedreht waren. Bei Calvena lag es wohl auch daran, dass sie etwas wenig schlaf abbekommen hatte in den letzten Tagen. Ständig war sie Nachts aufgewacht, weil sie geglaubt hatte, etwas vergessen zu haben und die letzte Nacht hatte sie sich einfach in irgendwelchen Schwärmereien über Valerian verloren und über die Hochzeit. Zur Ruhe gekommen war sie nicht und diese Nacht würde sich das wohl nicht ändern. Kurz warf sie Serrana einen nachdenklichen Blick zu, doch ehe sie etwas sagen konnte, stürmte Septima herein. Begeistert wurde sie begrüßt.
    „Schön das du da bist“, mit diesen Worten umarmte sie die Freundin herzlich, dabei strahlte sie mit Serrana um die Wette. Irgendwie konnte sie nicht aufhören zu Lächeln. Sie wollte es auch gar nicht. „Rechtzeitig ist gut“, meinte sie lächelnd. „Wir ziehen uns gerade um.“ Das war eigentlich nicht zu übersehen. Sie selbst hatte ja ihre tunica recta gerade in den Händen und wollte sich umziehen. Vor ihren Freundinnen genierte sie sich nicht, schließlich waren sie bereits mehr als einmal gemeinsam in den Thermen gewesen, da ließ sich dann wenig verbergen. Calvena war eigentlich ziemlich zufrieden mit ihrer Figur, nur fragte sie sich ganz kurz, ob sie Valerian auch gefallen würde. Eigentlich war es zu spät jetzt darüber nachzudenken, schließlich würde sie ihn morgen heiraten. Er liebte sie und das wusste sie und eigentlich war alles andere unwichtig. Ab Morgen würde sie ihr Leben mit ihm teilen. Erneut öffnete sich die Tür und Laevina stand plötzlich in der Tür. Verwundert starrte sie die Alte an. Hatte diese nicht gesagt, sie würde nicht vor der Hochzeit einen Fuß in die Casa Iunia setzen? Besonders glücklich sah diese auch nicht aus, stattdessen wirkte sie ziemlich griesgrämig. „Salve, Laevina“, grüßte sie verblüfft und sah Serrana fragend an. Die Frage nach dem was die alte Germanica wollte, verkniff sie sich. Stattdessen beschloss sie sich erst einmal umzuziehen und abzuwarten. Sollte Laevina allzu garstig sein, würde sie Serrana zur Hilfe eilen. Lange ließ es auch nicht darauf warten, dass Laevina eine volle Breitseite gegen Serrana abfeuerte. Doch ehe sie einen spitzen Kommentar abgeben konnte, rauschte Laevina auch schon wieder davon. Zwischendurch band sie noch der Iunia den Wollgürtel um die Hüfte. Völlig verdutzt sah sie der davon eilenden Laevina nach. „Das. Septima, war Germanica Laevina. Ist sie nicht liebenswürdig mit ihrer schroffen Art?“ fragte sie mit einem etwas überspitzten Unterton, ehe sie wieder kicherte. „Anscheinend kann sie über ihren eigenen Schatten springen, auch wenn es doch ein sehr kurzer Auftritt war!“, meinte sie und warf Serrana einen aufmunternden Blick zu. Es hätte auch schlimmer kommen können.

  • Sie war kaum in ihr Hochzeitsgewand geschlüpft, da klopfte es an der Zimmertür und Tiberia Septima kam herein. Serrana ließ sich die Umarmung ihrer Freundin gern gefallen, doch kam sie nicht einmal mehr dazu auf deren Begrüßung zu antworten, denn nur wenige Augenblicke später rauschte ihre Großmutter ins Cubiculum, deren Anblick bei Serrana ganz wie in alten Zeiten sofort eine Art Erstarrung auslöste. Widerspruchslos ließ sie sich von Laevina gürten und brachte gerade noch ein kleines "danke" heraus, dann war diese auch schon wieder aus dem Zimmer verschwunden. Serrana warf einen ungläubigen Blick erst zur Tür und dann an sich herunter. Nein, geträumt hatte sie diesen Auftritt nicht, denn jetzt war ihre Tunica recta wirklich komplett.


    "Ja, salve, Septima." holte sie die Begrüßung ihrer Pronuba schnell nach, als sie sich von dem Schreck wieder erholt hatte. "Tut mir leid, dass du meine Großmutter auf diese Weise kennenlernen musstest, sie ist manchmal ein wenig barsch in ihrer Art, um es freundlich auszudrücken."

  • Kaum hatte sie ihre Freundinnen begrüßt und bewundert, betrat hinter Septima eine ältere, sehr burschikose Frau den Raum, steuerte sofort auf Serrana zu und
    band ihr den wollenen Gürtel um die Taille, als ob sie dies schön öfters getan hatte. Über den Auftritt sehr verwundert, hatte sogar die selbstbewußte Septima einen Schritt rückwärts gemacht, als Laevina in das Zimmer gestürmt worden war, als sie die Augusta höchst persönlich und sie alle nur schäbige Untergebene, die ihr gefälligst Platz zu machen hatten. Ein kurzes „Salve“ diente zur Begrüßung der Alten, welche sie jedoch gar nicht wahr zu nehmen schien.


    Mit wenigen Worten wand sich die alte Dame an jede von Ihnen und schaffte es, jede auf ihre Art zu verärgern. Septima ließ sich jedoch nichts über die unhöfliche Art der Germanica anmerken und entgegnete lediglich höflich, „Das würde mich sehr freuen.“ auf die Vermutung hin, dass sie morgen mehr Zeit hätten sich ausführlicher zu unterhalten. Eine Unterhaltung mit dieser Frau, wäre bestimmt eine Herausforderung, welcher sich Septima morgen gerne stellen wollte. So lächelte sie Laevina sogar noch hinterher, als diese bereits wieder davon eilte.


    Nur zur Sicherheit wartete Septima noch einen Moment länger, ehe sie zum sprechen ansetzte. „So, das ist also deine Großmutter.“ wiederholte sie leise und schaute noch immer auf die offene Tür, durch welche Laevina entschwunden war. „Wahrlich, eine beeindruckende Person.“ merkte sie amüsiert an. „Sowas... eine Braut schon fertig angezogen und die andere noch nicht?“ Kurzer Hand schloss Septima selbst die Tür zum Cubiculum und forderte Calvena mit einer Handbewegung auf, ihr den Gürtel zu ihrer tunica recta zu reichen. „Dann will ich es dem lieben Valerian mal richtig schwer machen, nicht wahr?“ neckte sie ihre Freundin und zog sich einen Hocken heran, auf den sie sich setzte, damit sie besser den nodus Herculis binden konnte.


    Septima hatte sich schon seit Tagen mit besagtem Knoten beschäftigt, so dass sie nun die bereits häufig geübten Handgriffe sicher und präzise ausführte. An sich stellte dieser Knoten keine besonders große Herausforderung für den Ehemann dar - außer er war noch nervöser wie die Braut – allerdings sprach Septima im Geiste ein kleines Gebet zu Iuno und bat sie um ihren Seegen für die morgige Verbindung von Calvena und Valerian, auf dass ihre Ehe möglichst für immer mit Liebe und vielen gesunden Kindern gesegnet sei.


    Als der Knoten fertig war, blickte Septima aufatmend zu Calvena hoch. „Fertig! Das sollte für Valerian ein Klacks sein, diesen Knoten aufzubekommen.“ grinste sie wieder ihre Freundin an und schaute abwechselnd zwischen den Bräuten hin und her. Der Knoten sah bei beiden gleich aus, was Septima sehr beruhigte. „Gibt es hier auch etwas zu trinken?“ erkundigte sie sich nun bestens gelaunt und freute sich auf ein wenig Geselligkeit mit ihren Freundinnen, ehe sie alle zu Bett gehen würden.

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