Gewitterwolken aus dem hohen Norden...



  • Nach so vielen ruhigen Tagen im sonst so idyllischen Italien hätte sich jeder einen Reim darauf machen können, dass dies nur die Ruhe vor dem Sturm sein konnte. Und der Sturm, aus dem hohen Norden ankommend, sollte sich im Himmel über dem Castellum der Legio I schon aus weiter ferne ankündigen. Dunkle, schwere Gewitterwolken zogen schwerfällig über das Castellum und kündigten sich mit krachendem Grollen und hellen Blitzen an. Ein starker Sturm kam aus dem Norden und auch die Legio I würde alle Hände voll zu tun haben, sich innerhalb kürzester Zeit auf ein starkes Gewitter einzustellen.


    Nur wenige Minuten später begannen auch Regentropfen von hoch oben in den Wolken hinabzuträufeln... laute Blitze und Donner kündigten den Beginn des Unwetters an.



    [SIM-OFF]Bildquelle: http://controllingthemes.wordpress.com/2007/08/10/wieder-da/[/SIM-OFF]

  • Bevor die Sterblichen die Gewitterwolken überhaupt erblicken konnten, stand Iuno, die Göttermutter, die höchste aller Göttinnen und Götter (neben ihrem Göttergatten), seufzend auf der Veranda, die Hände in die Hüften gestemmt.


    "Iuppi? Iuppiter! Geliebter Ehemann!" flötete sie, dennoch mit einem deutlichen Unterton, der weder übermäßige Trödelei und schon gar nicht Widerworte zuließ.

  • Iuppiter, der höchste aller Götter, der Göttervater und Göttergatte, konnte es sich freilich dennoch erlauben, nicht allzu eilig der Anrufung seiner Ehefrau zu folgen, zumal sie nichts davon gesagt hatte, wann und wo er erscheinen solle.


    "Hier drüben!" antwortete er dennoch, bevor er den Platz vor dem warmen Ofen verließ.

  • "Das war ja mal wieder klar. Wenn eine junge hübsche Sterbliche herumwandelt, da ist der Alte ja mal ganz fix. Aber wehe, die Ehefrau ruft, da hat er Zeit. Männer." zeterte sie leise, als ihr Alter... äh geliebter Ehemann sich endlich bequemte, sich zu Wort zu melden.


    "Schnuffelschnäutzchen? Kommst du mal bitte auf die Verandaaaaaa?" Nicht von ungefähr dehnte sie die letzte Silbe mit einer honigsüßen Stimme.

  • Vom leisen Zetern bekam Iuppiter dank göttlicher Gnade nichts mit, sonst wäre er möglicherweise schneller gewesen in der Annahme, seine Gattin hätte auf der Veranda eine hübsche Sterbliche entdeckt. So jedoch musste er mit seiner Gattin Vorlieb nehmen, was ihm keinesfalls weniger gefiel, auch wenn seine Gattin ihm das schon seit Generationen nicht mehr glaubte.


    "Ja mein Schatz, was gibt es denn?" fragte er daher und legte seinen Arm um ihre Hüfte, während er sich neben sie gesellte.

  • Als ihr Göttergatte samt Waschbärbauch sich endlich zu ihr gesellte und sich nicht einmal zu schade dafür war, sie zu umarmen, hätte man den Eindruck gewinnen können, dass hier ein glückliches Ehepaar in ihren besten Jahren ein trautes Heim geschaffen haben und nur eine reiche (und vor allem lärmende) Kinderschar hätte noch zu diesem idyllischen Bild gefehlt.


    "Sieh mal, mein Bärlibärchen, fällt dir etwas auf?" Sich an ihren Ehemann anschmiegend zeigte sie auf den Garten vor sich, darauf wartend, was ihr Angetrauter da erblickte.

  • Mehr noch von seinen Aufenthalten unter den Sterblichen als den Gesprächen mit seiner Gattin hatte Iuppiter gelernt, dass eine Frau immer auf eine ungefragte und meist kostspiele Neuanschaffung hinweisen wollte, wenn der Gatte zuckersüß gefragt wurde, ob ihm etwas auffiele. Dass Iuno dabei auf den Garten deutete, irritierte ihn allerdings.


    "Du hast den Eichhörnchen beigebracht, die Walnüsse nicht mehr in deinem Lieblingsblumenbeet zu vergraben?" fragte er zweifelnd.

  • Ooooh, Männer! Und besonders ihrer! Das war ja wieder mal so typisch! Selbst wenn sie mit der Nasenspitze auf etwas gestoßen werden, raffen sie es nicht. Da war ein Arm ihres Mannes um ihrer Hüfte? Richtig, da war! Iuno stieß nämliches weg.


    "Eichhörnchen... Pah! Hab ich dir nicht vor ein paar Tagen gesagt, dass du das Laub kehren solltest? Und die Thujen gehören auch wieder mal gestutzt, vom Rasen ganz zu schweigen. Muss ich dir eigentlich alles dreimal anschaffen? Für alles hast du Zeit, aber um den Garten, den DU haben wolltest, kümmerst du dich nicht?" Mittlerweile hatte Iuno ihre Hände wieder in ihre Hüften gestemmt.

  • An einer solchen Anfuhr konnte der göttlichste aller Götterväter trotz aller Liebe zu seiner Göttergattin wenig Freude gewinnen, versuchte sich jedoch zunächst noch in höflicher Gleichmütigkeit, bevor es ein göttliches Donnerwetter auslösen würde.


    "Mein Schatz, das sieht doch hübsch aus mit dem bunten Laub. Ich mag den Anblick. Wenn es mein Garten ist, dann lass mich das Laub doch zusammen kehren, wann ich möchte." Außerdem musste es auch ihr Garten sein, denn ihm wollte trotz krampfhaften Umherschauens nicht einfallen, welche von den zahlreichen und vielfältigen Bäumen den nun die erwähnten Thujen waren.

  • Trotz all der Zeit, in der sie miteinander verheiratet waren, hatte ihr Göttergatte Iuppiter eines wirklich nicht gelernt, nämlich, dass sie immer Recht hatte und er nicht.


    "Ach papperlapapp. Das ist nicht hübsch, das sieht schrecklich aus. Mach das weg! Und zwar noch heute! Ceres kommt nachher auf einen Kuchen vorbei und da will ich, dass der Garten gut aussieht." Streng war der Blick, mit dem sie ihren Mann bedachte. "Außerdem könntest du ruhig etwas mehr Bewegung machen. Das hier nämlich..." Sie klopfte etwas unsanft auf seinen Waschbärbauch, "... macht dich auch nicht gerade hübscher."

  • Hätte Iuppiter nicht gewusst, dass göttliche Wesen nicht der Zeit und dem Altern unterliegen, wäre er in diesem Augenblick felsenfest davon überzeugt gewesen, dass seine Gattin in den Wechseljahren steckt und mit Rücksicht zu behandeln sei. So hatte er jedoch wenig Verständnis dafür, dass sie sich gerade wie eine sterbliche Matrona der übelsten Sorte aufführte.


    "Was soll denn das heißen?" Beleidigt streichelte er mit einer Hand die Stelle, auf die sie eben geklopft hatte. "Wer hat denn hier gerade von Kuchen essen gesprochen? Überhaupt, muss ich denn alles erraten was du planst? Von Ceres hast du kein Wort erwähnt! Du hättest ja auch mal mitdenken können, wenn du schon Gäste einlädst und mal rechtzeitig ein bisschen planen." Langsam redete er sich in Rage. "Letzten Monat habe ich dir das schon gesagt. Wenn etwas mit dem Laub ist, sagen wir Corus Bescheid, der legt es dann alles auf einen Haufen zusammen, dann haben wir weniger Arbeit. Das wäre mal vorausschauend gewesen. Aber nein, da war dir das nicht wichtig genug, um aufmerksam zuzuhören, wenn ich etwas sage. Und jetzt müssen plötzlich wieder alle springen."

  • Es war gut, dass ihr göttlicher Ehemann die Assoziation mit einer Sterblichen in den Wechseljahren nicht aussprach, denn das hätte nur Öl ins Feuer bedeutet.


    "Mein lieber Mann... wenn du MIR zugehört hättest und zur Abwechslung mal das machen würdest, was ICH dir sage, dann würden wir diese Unterhaltung gar nicht führen. Außerdem... Corus... Du kannst nicht alle Arbeiten auf Corus schieben. Es ist immerhin dein Garten."


    Wenn Iuno nicht gerade so wütend auf ihren Ehemann gewesen, sie hätte ihn in diesem Moment putzig gefunden. Kuchen für ihn. Wie niedlich. Als ob sie nicht schon genug zu tun hätte. "Den Kuchen bekommt Ceres. Die arbeitet nämlich und ist produktiv." Der Ton in ihrer Stimme besagte etwas, was sie nicht aussprach, nämlich ein 'im Gegensatz zu dir'. Damit war die Unterhaltung für Iuno beendet und sie begab sich ins Innere des göttlichen Ehehaushalts.

  • Wenn es etwas gab, auf das Iuppiter in diesem Augenblick noch weniger Lust hatte, als den Gasrten aufzuräumen, dann waren es gute Ratschläge seiner Göttergattin.


    "Ja, ich weiß, das wäre dir das liebste, überhaupt keine Unterhaltungen führen zu müssen. Wenn ich mal etwas sage, dann hörst du nicht zu und es ist dir lästig und wenn ich etwas machen soll, dann bekommst du erst den Mund nicht auf und fängst dann an zu meckern, wenn es zu spät ist."


    Den Abgang Iunos betrachtete er schweigend, denn ihr nachzulaufen oder nachzubrüllen war es ihm nicht wert. Das anschließende Donnern, in dem sich sein Frust entlud, wurde sie dennoch hören können, ebenso wie ganz Mantua und sein Umkreis von mindestens 30 Meilen.


    Aber weil Iuppiter trotz allem ein treusorgender Göttervater und Ehemann war, ließ er danach so schnell wie möglich Corus kommen, der in gewohnter Manier und buchstäblicher Windeseile das Laub zu einem Haufen zusammentrug. Für die Sterblichen machte sich diese Arbeit freilich nur in Form eines unerwartet eisigen Nordwindes bemerkbar, der kurz nach dem Donner einsetzte und einen kräftigen Kälteeinbruch brachte.

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