Eines Tages bei der Küche. "Ja.. und dann geht er nach Rom zurück. Der Mann kehrt zurück, um einem verstorbenen Verwandten die letzte Ehre zu erweisen. Als das Gerücht aufkommt, Celer sei von seiner Frau Clodia vergiftet worden, forscht Decius nach. Man sagt, sein Leben steht auf dem Spiel. Und weisst du waaaaas?" kicherte Marei, hielt ihre lächelnden Lippen mit einer Hand bedeckt und senkte die Stimme zu einem Flüstern ab. "Genau an diesem Tag bereiteten sich die Römer auf die Saturnalien vor. Bei diesem ausgelassenen Fest, an dem Herren und Sklaven die Rollen tauschen, wird er sicherlich eines tun, nämlich nach Herzenslust schnüffeln gehen. Decius geht sicher als Sklave auf Spurensuche. Ohohoh, ich bin gespannt auf die neuesten Geschichten über den Mann." Sie saß ordentlich auf der Sitzbank, zog den Schulternschal höher und pickte mit den Fingernägeln das über gebliebene Fleisch vom gebratenen Schenkel eines Huhn. "Das seltsame aber ist, dass die Familie sich nicht sicher ist, ob er eines natürlichen Todes gestorben ist oder mit einem Giftcocktail getötet wurde. Decius muss Beweise für die Schuld der Ehefrau Clodia finden."
culina | Erstunken, erlogen oder wahr?
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Oh Ahura, oh Mazda! Sei deines treuen Dieners Phraates Seele gnädig! Siehst du ihn nicht, oh großer Herr des Feuers, wie er darbt? Siehst du ihn nicht, wie er sich langweilt? Erkennst du nicht, wie nahe dein Untertan auf Erden dabei ist, einzunicken, und nur höflich nickt, während die Geschichte durchs eine Ohr hineingeht, und durch das andere wieder hinausplumpst, oh mächtiger Bezwinger des Bösen? Oh Ahura Mazda, der Führung, Segen und Wahrheit schenkt, war Phraates dir nicht treu, dass du ihn zu der undankbaren Aufgabe des Babysittings verdammen musst? Pass auf die Kleine auf, hatte ihm die Köchin ncoh zugerufen, und ward nie mehr gesehen.
Vielleicht hätte Phraates dem Herrn des Lichtes wirklich mehr opfern sollen, dachte sich der junge Parther, als er in der Küche vor Marei saß, ein freundliches Grinsen vorspielend, dann und wann den Kopf nickend, ganz interessiert scheinend an der Geschichte. Deren Faden er längst schon verloren hatte. Wer soll Decius oder Celer oder Clodius (oder war es eine –a?) sein? Keine Ahnung. Die Kleine plapperte und plapperte und quatschte, Phraates nickte und lächelte und murrte gelegentlich „mhm“, um seinen Wohlgefallen vorzutäuschen.
Es schien aber nun tatsächlich so, als ob sie mit ihrer Geschichte aus ihrem Schundbüchlein fertig wäre. Er dachte sich wirklich, da waren aber die Geschichten des Sklaven Gaius besser.
Er räusperte sich. „Das ist wohl jetzt wirklich interessant. Ich hoffe, die nächste Buch kommt bald. Dann werden es wir erfahren.“ Er lehnte sich zurück und dachte kurz nach. „Marei, willst du, dass ich dir eines Geschichte erzähle, aus meine Land?“, fragte er das Sklavenmädchen. -
Phraates hörte zu! "Ein Buch.. über den Mann?" Marei schüttelte den Kopf und pustete die Stirnhaare versuchsweise weg. Die glatten Haarsträhnen landeten wieder genauso wie sie vor dem Pusten gelegen hatten. "Bestimmt gibt es kein Buch darüber.. eben weil.. weil.." Sie suchte nach dem passenden Wort und zuckte mit den Schultern. "...weil niemand weiss, ob es den Decius und diese kriminelle Geschichte wirklich gibt. Niemand weiss ob sie erstunken oder erlogen ist." setzte Marei in vertraulichem Stimmenklang fort und betrachtete den abgenagten Hühnerknochen. "Aujaaa, gerne.. bitte bitte.. erzähle mir deine Geschichte.. bittee!" fing Marei an und liess den Hühnerknochen auf den Boden fallen, um ihn mit den Füßen unter die Bank zu scharren.
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Phraates lächelte. „Kein Buch? Auch in Buchen steht viel, was erlogen ist.“, war er sich sicher. Er selber würde keinen müden As auf den Wahrheitsgehalt der Geschichte legen. Aber das sagte er Marei natürlich nicht.
Viel eher ging er dazu über, aus seinem Gedächtnis eine Geschichte heraus zu kramen.
Er fand nach einigem an Nachdenken eine richtige, und begann sie auf erstaunlich fließendem latein zu erzählen.
„Vor langer Zeit gab es ein wunderbare, schöne Tal in Baktrien. Das ist in Ostparthien. Fruchtbar, groß, und weit. Kein Mensch weit und breit. Nur Tiere lebte in die Tal, und alle lebten glücklich miteiander. Keiner fügte dem anderen ein Leid zu. Niemand tötete, alle lebten friedlich beinander. Denn das Tal war groß und grün, und alle hatten genug zu essen.
Doch eines Tages kam ein Wolf. Es war nur ein Wolf, der ins Tal kam, doch kaum, dass er gekommen war, begann er, Chaos und Terror im Tal zu verbreiten. Zuerst waren es nur Geruchte. Dann hörte man immer mehr, und immer mehr, Geschichten vom Wolf, der durch das Tal zog und Tiere tötete. Alle fürchteten sich ganz gewaltig! Niemand war sich sicher, ob er nicht am nächsten Morgen nicht vom Wolf gefressen werden wird! Es war schlimm! Jedes Tier im Tal hatte Angst. Und so beschlossen sie, eines Tages, sich zu versammeln. An einer Stelle des Tal, die der Wolf noch nicht kannte. Alle versammelten sich – von den Hasen zu den Pferden, von den Rehen zu den Eichhörnchen, von den Schafen bis zu den Mause, von den Ziegen bis zu den Enten! Alle waren sie da und besprachen sich.
Alle redeten durcheinander! Niemand wusste, was zu tun war, oder wie man den Wolf halten kann! Es war ein ziemliches Durcheinander. Und so fragten die Tiere den alten Eber, der auch hier war, was man tun sollte. Der alte Eber war der weiseste und älteste von den Tieren! Und er begann zu sprechen...“
Phraates unterbrach sich und blickte auf das Mädchen. „Du hörst mich schon zu, oder?“, fragte er. -
Eine Weile musste sie noch auf die Geschichte warten. Mit den Fingern spielte sie mit den aufgedrehten Fransen des Schulterschals. Ihre grünen Augen hingen asbald an den Lippen des Parthers je mehr Details aus der Geschichte, die er ihr nun erzählte bekannt wurden. Marei lag die Frage auf der Zunge, wo sein Heimatland lag, aber dies war nur eine Frage von vielen, die ihr auf der Zunge lagen. Durchaus ganz gebannt hörte sie aufmerksam zu und fragte sich, ob es auch Wildpferde in diesem Tal leben würden. Und Gänseküken auch?
Sie fühlte mit den verschiedenen Tieren mit, als der Wolf in der Geschichte auftauchte. "Ja, ich höre dir zu." Tränen rannen ihre Wangen hinab, ihre Augen glänzten. "Der Wolf ist ein böses Tier! Er sollte ganz schnell verschwinden! Die armen Tiere, die von ihm gefressen wurden.. da haben die Tierbabys keine Mama mehr!" schluchzte Marei und zog die Beine an, um das tränennasse Kinn auf die Knie zu setzen. "Was hat er gesagt der alte Eber, Phraates? Bitte.. erzähle weiter.."
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Phraates blickte das Mädchen ratlos an. Wieso begann sie zu schluchzn? Bisher war doch noch nichts Schlimmes gesehen. Dabei würde die Geschichte noch einen Gang höher schalten. Er hatte nicht damit gerechnet, dass das Mädchen so empfindsam war. So lächelte er einfach nur. „Ja, ein ganz böses Wolf.“, machte er und beugte sich lächelnd über Marei. „Alles ist gut. Alles ist gut.“, meinte er, ihm fiel nichts Besseres ein, er wollte ja nicht dem Ausgang der Geschichte vorweg greifen.
„Also, bereit? Der Eber seufzte ganz, ganz tief! Und dann sagte er: Wir können nichts gegen den Wolf tun. Wir müssen mit ihm leben! Und das können wir nur tun, wenn wir jeden Tag ein Tier den Wolf geben! Dann können wenigstens alle anderen in Frieden leben, weil sie wissen, dass heute der Wolf satt sein wird, und niemandem mehr etwas antun wird. Wir werden ohne Angst leben müssen. Alle Tiere staunten, und waren sehr sauer auf den Eber! Aber man konnte nichts machen, es war halt so. Der Eber hatte recht! Kein einziges Tier konnte den Wolf besiegen! Und der Eber deutete auf das kleinste, schwächste Kaninchen! Du, sagte der Eber, du sollst morgen dem Eber gegeben werden! Morgen schauen wir dann weiter, aber morgen bist du dran! Alle Kaninchen protestierten, aber das kleine Kaninchen meinte, es würde das schon tun!“
Er beugte sich, verschwörerisch zwinkernd, zur Kleinen hinunter. „Denn unser kleines Kaninchen war ein ganz schlaues. Und es hatte einen Plan! Es wusste, wie es den Wolf austricksen könnte! Und so ging es am nächsten Tag zum Wolf hin und sagte ihm, es wäre jetzt sein tägliches Opfer von den Tieren! Jeden Tag würden sie ihm von nun an etwas zum Essen geben, sodass sie in Frieden leben könnten! Der Wolf freute sich gewaltig. Er würde nie wieder seinem Essen nachjagen müssen! Und gerade wollte er zum Schlag ausholen, um unser kleines Häschen zu töten! Da sagte das Kaninchen etwas! Es sagte: Die Tiere haben auch etwas anderes beschlossen. Der Wolf senkte seine Pfote. Was denn, fragte er. Die Tiere haben auch beschlossen, auch dem zweiten Wolf täglich ein Tier zu geben. Welchem zweiten Wolf, wollte der Wolf wissen. Dem zweiten Wolf hier im Tal! Der Wolf, der viel größer und stärker ist als du! Der, von dem alle reden – denn er ist so viel größer, dass sich keiner mehr interessiert für dich!
Der Wolf war sehr sauer. Lüge, sagte er. Das Kaninchen blickte ihn an. Glaubst du mir, wenn ich ihn dir zeige?, fragte es. Der Wolf nickte. Und folgte dem Kaninchen.
Alles klar bis jetzt?“, fragte er und sah das Mädchen sanft an. -
Laut Phraates würde alles wieder gut werden. Na hoffentlich wurde auch alles gut. Marei schniefte und wischte die Tränenbahnen mit dem Schultertuch beiseite. Gespannt hörte sie zu und staunte über die Klugheit des Ebers. "Auf die Idee jeden Tag ein Tier zu opfern wäre ich gar nicht gekommen." mutmaßte Marei und schüttelte den Kopf. "... der Eber hat aber nicht gut genug nachgedacht. Denn wenn kein Tier mehr zu fressen ist, ist er es der als letztes vom Wolf gefressen wird." Große grüne Kulleraugen blickten Phraates an. "Jeden Tag dasselbe Kaninchen essen? Wie denn? Noch ein Wolf im Tal?? Wie kommt er dann dahin?" sprudelte sie mit Fragen über. "Ja, alles klar. Du erzählst es mir gleich.. nicht wahr? Erzähle weiter.. bitte Phraates." bettelte Marei.
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„Nein, nein!“, machte Phraates, der für sein schlechtes Latein sich ziemlich blöd vorkam. „Nicht das Kaninchen jeden Tag essen. Nur, es war Essen für diese Tag. Für nächste Tag gibt es dann eine andere Kaninchen.“, erklärte er. Er nickte aber nur bedächtig, als Marei meinte, der Eber würde nicht gerade logisch denken. Dies dachte er auch. Aber der Schmäh an der Geschichte war ja, dass das Kninchen, nicht der Eber, den Wolf austricksen würde.
Er fuhr also fort.
„Der Wolf also! Er folgte die Kaninchen. Der Wolf war ziemlich böse. Er dachte, das kann es nicht geben, dass er einen Rivalen hatte, vor dem alle mehr Furcht hatten als er selber! Und das Kaninchen führte die... den Wolf an einen alten Brunnen. Ihn haben einmal Menschen gebaut, aus den Volk der Hephtaliten, bevor der große Shah-an-shah von Parthien sie hatte vertrieben.“, vertraute er Klein-Marei an. „Dorthin führte der Kaninchen den Wolf! Und es sagte, in diese Brunnen lebt der andere Wolf. Der stärkere und viel bösere Wolf. Der Wolf, neugierig, schaut in den Brunnen hinein. Und sieht nichts. Beuge dich weiter vor, ruft der Hase. Das tut der Wolf auch, und er sieht – sein eigenes Spiegelbild. Und der blöde Wolf denkt, das ist der andere Wolf, der ihm macht Konkurrenz! Und er bellt. Und es gibt ein Echo. Der Wolf rutscht weiter nach vorne und bellt hinein. He du, Feigling, ruft er. Und das Echo kommt zurück. Feigling, Feigling, Feigling!, ruft es. Der Wolf wird ganz wütend, er denkt, der andere hat ihn Feigling genannt. Und er ruft weiter in den Brunnen hinein, Beschimpfungen über Beschimpfungen, und er schimpft sich ganz in Rage wegen seine Echo! Der Kaninchen ruft ihm zu: Du musst ihn besiegen! DU musst hinein in den Brunnen! Der Wolf knurrt! Und er stürzt sich hinein, in den Brunnen! Und...“ Phraates lächelte. „Der dumme böse Wolf konnte nicht schwimmen. Also ertrank er im Brunnen.“ Er breitete die Hände aus.
„Und alle Tiere kamen und schauten sich an den toten bösen Wolf! Und alle sagten: ein Hoch dem klugen Kaninchen, dem Retter unseres Tales, unserem Helden! Von nun an wurde das Kaninchen, das den Wolf besiegt hatte, als Held gefeiert. Und nie wieder traute sich ein Wolf in das Tal hinein.“ Mit diesen Worten schloss er seine Geschichte. -
"AAAAcccchhhsssooo...." gab Marei ihr Verstehen kund und nickte. "Ob der Wolf dann auch wirklich JEDEN Tag Kaninchen ißt? irgendwann müssen ihm doch Kaninchenohren aus dem Halse heraus hängen.. genauso wie wenn es jeden Tag Butterbrot mit Belag gibt." kommentierte Marei schnell und hörte der Geschichte gebannt zu.
Mit einem jubelnden Juchzer freute sie sich über das gute Ende der Geschichte und sprang von der Sitzbank auf. "Juchhei der Wolf ist toot.. der Wolf ist tooot...juchhei der Wolf ist toot.. der Wolf ist tooot... tralalallaaa.." sang sie tanzend und strahlte Phraates geradezu erleichtert über den guten Ausgang an." Das war ein schöner Streich vom Kaninchen!"
Sie stand mit einem Male still und hob die schmalen Schultern an. "Aber dann, warte mal... dann dürfen wir ja gar keine Kaninchen mehr essen!! Die sind doch Helden! Genau wie Soldaten die für unser Land sind! Am besten kein Fleisch mehr essen..."
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„Och, ich glaube, den Wolf gefallt das.“, meinte Phraates belustigt. „Und, man kann variieren. Am eine Tag Kaninchen, am andere Schaf, dann Schwein, dann Rind... hmmmm...“, meinte er. Man konnte ihm ansehen, dass der Gedanke alleine ihn hungrig machte. Kaninchenbraten. Das war doch eine Spezialität.
Er konnte sich auch ein Grinsen nicht verkneifen, als die Kleine sehr froh war über den Ausgang der Geschichte. Der Wolf war tot, und alle Tiere konnten wieder in Frieden leben. Allesamt Pflanzenfresser, wie man am Rande schon bemerkt haben sollte. „Ja, das war es.“, meinte er, glücklich, dass eine parthische Geschichte ein Kind auch noch so weit entfernt von Rom glücklich machte.
Ihr nächster Kommentar irritierte ihn aber. „Wie? Kein Kaninchenfleisch...?“ Für einen Moment flammte das Entsetzen in seinen Augen auf, bevor er sich einkriegte. „Nein, nein! Wir können essen Kaninchen! Nur...“ Er musste scharf nachdenken, wie er das kontern konnte, „...das Kaninchen es hat geschafft, dem Wolf zu überlis... listen. Wenn es das nicht schafft, dann es muss sterben. Und das ist die Aussage in die Geschichte. Mitdenken, und du kommst durch. Stumm das hinnehmen, was das Schicksal hat für dich - und dir... dich fressen andere. Arbeite gegen schlechte Sachen an. Du kannst nur gewinnen.“, schloss er. -
"Aber mir gefällt das nicht.. jeden Tag was anderes.. dann kann man sich gar nicht entscheiden welches von allem man am liebsten essen mag..." erwiderte Marei den Kopf schüttelnd und hielt den Kopf erst wieder still, als Phraates weitersprach. Ihr fiel es schwer sich zu konzentrieren auf das was er sagte. "Mhm... gut das Kaninchen hat es geschafft und der Wolf nicht. Trotzdem.. ich würde gerne sehen und erleben wie Kaninchen groß und stark werden. Mein Schicksal hinnehmen? Das ist nicht schwer.. ich bin klein. Das dauert noch bis ich genau so groß werde wie du..." Sie schlenkerte mit den Beinen.. denn zuhören und stillsitzen war anstrengend. Marei setzte sich ohne nachzudenken rein spielerisch auf Phraates Schoß... jetzt hatte sie Lust aufs Spielen. "Kannst du reiten? Oder das Reiterspiel 'Hoppe hoppe Reiter?'" Sie hielt sich an seiner Kleidung fest, um nicht runterzufallen.
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Er grinste. „Mädchen, das ist Wolf. Er ist böse. Und sein Leben nicht muss noch mehr bequem gemacht werden.“, erklärte er. Phraates musste lächeln, als sie sagte, sie würde es gerne erleben, wie Kaninchen aufwuchsen. Für ihn war das nichts besonderes. Zu den Besitzungen seiner Familie in Parthien gehörten auch die Bauernhöfe von den einen oder anderen Bauern. Jene besaßen Tiere. Auch Kaninchen, wenn er sich richtig erinnern konnte. Sie wuchsen halt einfach auf, das war nicht so spannend. „Du versäumst nichts.“, versprach er Marei. „Es ist langweilig.“
Was sie danach sagte, ließ ihn seufzen. „Dein Schicksal ist das, was du machst daraus. Die Römer sagen, es gibt Parzen, die machen Schicksalsfäden. Schwachsinn. Wir in Parthien glauben daran, dass wir sind die Schmiede von unsere Schicksal. Ahura Mazda, der große Gott, beschützt uns, aber nicht diktiert unser Schicksal.“, erklärte er, wie er die Welt sah.
Ihre Fragerei war wirklich ganz schlimm, dachte er sich, lächelte aber weiterhin höflich, als sie auf seinem Schoß Platz nahm. „Ich kann reiten, schon seit ich bin 3 Jahre alt.“, meinte er selbstbewusst. Man brauchte einiges an Übung, um in einer dicken Rüstung, ohne die Zügel zu halten (da man in der einen Hand als Kataphrakt eine Lanze und in der anderen ein Schild trug), zu reiten. Er konnte dies. Was jetzt aber kam, warf ihm fast vom Hocker.
„Bist du nicht ein wenig zu alt dafür?“, fragte er und blinzelte sie an. Dann seufzte er. „Also gut, wir spielen.“ Er begann seine Fersen abwechselnd energisch auf und ab zu bewegen. „Hoppe, hoppe, Reiter, wenn er fällt, dann schreit er...“, begann er, und summte den Rest der Melodie, weil er das Lied nur bis hierhin kannte. -
"Achso..." Trotzdem musste sie noch einmal über den Wolf nachdenken.. vielleicht später. "Hmm.. ich verpasse wirklich nichts?" fragte sie auch wegen der Kaninchen nach und zog die Nase kraus. "Schade!" Der Parther sagte schon wieder etwas schwieriges. "Wie sieht ein Schicksalsfaden aus? Wo finde ich meinen Faden??"
Marei lachte und kicherte, während sie auf seinem Schoß hopste. "Wie schön.. du kannst so viel udn ich so wenig.. wo lerne ich reiten? Das ist doch sonnenklar.. bei dir auf dem Schoooo0ßßßß..." reimte sie kichernd und sang das Kinderlied für Phraates weiter. "Hoppe hoppe Reiter, fällt er in den Graben, dann fressen ihn die Raben. Fällt er in die Hecken, dann fressen ihn die Schnecken. Fällt er in das grüne Gras, dann macht er sich die Hosen nass. Fällt er in das Wasser, dann macht er sich noch nasser. fällt er in den Sumpf, dann macht der Reiter..." Bei 'Plumps' liess Marei seine Kleidung los, fiel sie spielerisch nach hinten und hoffte darauf rechtzeitig aufgefangen zu werden, bevor sie zu Boden fiel. "..pluummpssss..." kreischte sie.
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„Naja...“, merkte Phraates an. „Sie werden mehr groß. Und irgendwann sie sind fertig.“ Er nickte, als ob er sich selber bestätigen wollte. „Den Schicksalsfaden? Den findest nicht du!“, lachte er. „Es gibt ihm nicht. Egal, was die Römer sagen. Es ist... Märchen, ein Märchen.“, indoktrinierte er sie. Mit ein bisschen Feingefühl würde er vielleicht eine gute Zoroastrianerin aus ihr machen.
Er lächelte leicht geschmeichelt. „Naja. Ich bin auch älter als du.“, sagte er und musste lachen. „Klar, bei mir. Aber, wenn ich hätte Pferd, könnte ich es dich lehren.“, fügte er hinzu. „Und zwar wirklich...“
Er merkte sich den Text zum Lied, als sie ihn sang. Er war zwar stumpfsinnig, aber vielleicht würde er ihn ja einmal brauchen können.
Was nun kam, damit hatte er nicht gerechnet. Oder gibt es nicht im Lied darum? Wie dem auch sei, blitzschnell packte er das Mädchen, bevor sie herunterfallen konnte. Dabei rutschte er aber links von Stuhl weg, und hatte, schneller, als er es sich versehen konnte, seinen eigenen Hintern vom Stuhl heruntergerissen. Hart fiel er auf den Boden, gut, dass das Mädchen wieder auf seinem Schoß war.
Es schmerzte höllisch, als sein hintern Bekanntschaft mit dem Küchenboden machte, und Phraates, der gar nicht recht glauben konnte, dass er wie ein Besoffener vom Stuhl gefallen war, knirschte einen leisen parthischen Fluch hervor. -
"Ist der Schicksalsfaden etwa ein Märchen wie das über den bösen Wolf und den schlauen Hasen?!?? Dann brauche ich ihn gar nicht zu suchen..." Sie sah ihn lachend an und meinte. "Oh Mann, das ist doch klar, dass du älter als ich bist. Du bist sogar größer." Sie fand sich unversehrt in Phraates Händen beziehungsweise Armen und auf dessen Schoß wieder... "Tooooollll... noch mal.. bitte... mache noch maaal... diesen PLUMPS..." rief sie bettelnd aus und bemühte sich auf die eigenen Füße zu kommen, um sich wieder auf seinen Schoß zu setzen. "Wie sprichst du in deiner Sprache das Kinderlied?" schoß es als Frage aus ihrem Mund heraus.
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Sim-Off: Verzeih mir
„Klar ist es ein Märchen!“, meinte Phraates unwirsch. Sein schmerzender Hintern machte es nicht gerade einfach, einen netten Ton anzuschlagen. Mühsam rappelte er sich auf und ächzte wie ein alter Mann.
„Ich soll noch einmal...? Uff, du denkst, meine Knochen das halten aus?“, fragte er zweifelnd, sich nicht mehr hinsetzen wollend, da sein Hintern einfach zu sehr schmerzte. Ach, so etwas konnte auch nur ihm passieren. Marei schien indes quietschfidel. „Nix mehr plumps.“, entschied er, beugte sich nach vorne und stützte seine Hände auf seinen Knien auf.
Und jetzt? Jetzt wollte sie sogar wissen, wie das Lied in seiner Sprache lautete. Er lächelte. „Das haben wir nicht. Wir aber haben anderes Lieder.“, vertraute er ihr an. -
Sie konnte nicht anders. "Echt wahr??" zweifelte sie nochmals an der Geschichte über den Schicksalsfaden und zog spielerisch die Augenbrauen zusammen. Das Wort allein klang ziemlich ernst, am besten keine Scherze drüber machen. Marei wollte ein gutes Schicksal haben, wobei sich dieses aber auch ändern konnte. "Du bist schon groß.. deine Knochen halten ganz bestimmt alles aus! Doocch.. nochmal plumps machen, bitteee, Phraates." meinte Marei bettelnd und versuchte seine Arme von seinen Knien wegzuschieben, um wieder auf seinem bequemen Schoß sitzen zu können. Sie hielt jedoch inne, als er etwas sagte, was sie ablenkte und zumindenst ansatzweise interessierte. "Was für Lieder denn dann?" fragte Marei mit einem neugierigem Lächeln. "Wie singst du in deiner Sprache? Mit Stimme? Mit Stimme und Instrument? Mit allem und dazu noch Tanzen?" Die Kleine konnte gut löchern...
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„Echt.“, bestätigte Phraates. „Es gibt nix Schicksal – es gibt nur das, was aus dem Leben wir machen.“ Das war eine urpersische Lebenseinstellung, und Phraates war froh, nicht dem lächerlichen römischen Aberglauben anheim gefallen zu sein.
Phraates seufzte, als die Kleine sich aufs Betteln verlegte. „Nun gut.“ Er verzog das Gesicht leicht, als er sich hinsetzte, und nahm seine Hände von den Knien weg, und Marei Platz zu machen. „Dann setz dich, und wir machen noch einmal.“
Ihre Frage rang ihm ein Schmunzeln ab. „Wir haben einige Lieder. Das Nummernlied zum Beispiel.“ Am besten in einer quäkenden, unangenehmen Stimme gesungen. „Sehr beliebt.“, versicherte er Marei.
„Oh, wir singen mit Stimme? Und mit Instrument auch, alles! Aber tanzen?“ Er schüttelte den Kopf. „Man tanzt nur, wenn es darum geht, ein Gott zu ehren. Sonst ist das nur für Idioten und Narren!“, behauptete er, ganz im Sinne der parthischen Vorstellungen. -
"Das was wir aus dem Leben machen..." wiederholte Marei für sich und fand, dass dies die passende Erklärung zum Schicksal war. Damit war das neue Wort abgehakt. Begeistert, dass er nachgab, kletterte sie wieder auf seinen Schoß und hielt sich wieer an seiner Kleidung fest. Phraates hatte aber noch was zu sagen, bevor sie das Kinderlied singen konnte. Höchst aufmerksam hörte sie seiner Darbietung zu und lächelte. "Ein nettes Lied.." kommentierte die Kleine, versuchte die ersten fünf Zahlen nachzuahmen. "Ach du je mine.. sag bloß! Warum tanzt ihr nicht für eure Götter? Die finden es bestimmt toll einen Tanz zu bekommen anstatt ein Nummernlied." Das 'Plumps' war vorerst vergessen, so neugierig und versessen war sie auf seine Antwort. "Wie sehen deine Zahlen aus? Ich kann nicht schreiben und lesen..."
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Er machte also tatsächlich eine Gesangsdarbietung für Marei, nolens volens. „Danke.“, meinte er nur daraufhin, dass sie meinte, es wäre schön. Er musste aber bei ihrem nächsten Satz lachen. „Nein, wir tanzen NUR für unseren Gott, Ahura Mazda.“, betonte er. „Und das nur an spezielle Tage.“ Parther hassten das Tanzen an sich.
„Unsere Zahlen? Nun, die sehen so aus.“ Phraates beugte sich hinunter, zum Boden hin, und zeichnete sie in den Mehlstaub, der dort lag, wo sie sich gut abzeichneten.
"So sehen unsere Nummern aus. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun." Er deutete auf die jeweiligen Nummern.
"Und jetzt, liebe Marei, muss ich aber gehen. Tut mir sehr Leid, aber wenn ich nicht gehe zu Wasche waschen, dann kriege ich Stunk von Waschweib. Also dann, vale.", meinte er und ging ab.
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