Linus von Patrae
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"Stell dich nicht so an. Hast du nicht erzählt, du wärst schon einmal hier gewesen?", höhnte der alte Grieche, als Vala ihm folgend das Apoditerium verließ und sich zaudernd die Füße wusch.
"Sehr richtig.", erwiderte der junge Germane patzig, und warf seinem Lehrer einen genervten Blick zu, "Was eine Erinnerung ist, die ich gerne vergessen würde." Zu plastisch waren noch die lachenden Gesichter des Claudius und des Quintiliers gewesen, die ihn bei seinem ersten Thermengang belächelt hatten, während er das Gefühl hatte bei lebendigem Leibe gekocht zu werden.
"Red keinen Unsinn, Junge, Erinnerungen sind das wichtigste, das ein Mensch besitzt. Ohne sie wären wir nicht, was wir sind, sie lassen uns aus dem lernen, was uns geschieht, und prägen uns für künftige Erlebnisse. Das solltest du zu schätzen wissen, auch wenn deine barbarische Herkunft hier in Rom wenig gilt: sie hat dich zu dem gemacht, was du bist, und sie wird das Fundament für das sein, was du einmal erreichen wirst.", fiel Linus wieder in seine gewohnte Art zu predigen, was seiner Meinung nach sinnvoll war, während Vala sich Schritt für Schritt in das Tepidarium begab, um sich den Straßenschmutz von den Gliedern zu waschen. Das Wasser war für seine Verhältnisse, der er bisher einen weiten Bogen um das warme Wasser im Balneum der Casa Prudentia gemacht hatte, immernoch heiß, aber er zwang sich, sich daran zu gewöhnen. Und irgendwann war es schon fast erträglich, auch wenn er das Gefühl hatte, dass jede Bewegung einen neuen Schauer von Hitze durch seinen Körper jagen würde.
"Ist das der einzige Grund, warum du mich hergelotst hast, alter Mann, willst du mich mit heißem Wasser foltern?", versuchte Vala sich selbst von der Hitze abzulenken, und sich auf das Gespräch mit dem alten Mann zu konzentrieren. Dass dieser wieder einmal über die germanische Herkunft Valas philosophierte, störte ihn zwar, aber er hatte wohl kaum eine andere Möglichkeit, als sich die Gedanken des Griechen anzuhören, wenn er irgendwas lernen wollte, was später von Wert für ihn sein konnte.
"Ein interessanter Gedanke, bedenkt man, dass Wasser sich in letzter Zeit in meine bevorzugte Art, dich zu bestrafen zu entwickeln scheint. Was ist eigentlich aus dem jungen Mädchen geworden? Ich hoffe für dich, dass du nichts getan hast, was uns in ein paar Monaten echte Probleme bereiten würde. Auch wenn diese Stadt der Molloch der Verlogenheit ist, muss man nach außen immernoch die Tugenden des Divus Augustus zelebrieren. Ein Bastard mit einer römischen Bürgerin wäre... unvorteilhaft, wenn du verstehst, was ich meine.", Linus sprach diese Worte mit einer Stimme, die ausdrucksloser nicht sein konnte, und Vala wusste, dass die Masquerade perfekt war, hinter der der Stoiker seine Gedanken versteckte. Wahrscheinlich war er immernoch angefressen über die Art und Weise, wegen einer hübschen Frau abserviert worden zu sein, und Vala kam der Gedanke, einmal klarstellen zu müssen welche Prioritäten seine Triebe pflegten.
"Du wirst doch nicht etwa eifersüchtig, alter Mann? Wenn es stimmt, was man euch Griechen nachsagt, muss ich dich leider enttäuschen. Männer haben mir definitiv unten zu viel, und oben zu wenig. Wobei...", er warf einen kritischen Blick auf den Griechen, der sich im Becken nebenan reinigte, "..vergiss das mit dem oben zu wenig. Ich glaube, mit deinen Brüsten könntest du es mit jeder Matrona aufnehmen."
Ein Schwall Wasser, der in seine Richtung flog zeugte davon, dass der Grieche mal wieder die Fassung verloren hatte. Wenn auch nur für einen Moment: "Werd nicht frech, Junge.", polterte Linus mit zunehmend zusammengebissenen Zähnen, "Du weißt nicht, was du da redest.. die Liebe zwischen Männern ist nicht nur das Entladen animalischer Triebe, sie ist die Vervollkommnung des menschlichen Zusammenseins. Eine Frau gebiert dir einen Sohn, aber wahre Liebe, die Erlangung des höheren Seins, das kann dir nur das Zusammensein mit den deinen schenken."
Vala stockte einen Moment, und fragte sich ernsthaft, wo dieser Thermenbesuch noch hinführen würde: "Wenn das dein Ernst ist, wirst du den Rest dieses Thermenbesuchs alleine absolvieren dürfen. Ist dir das klar, alter Mann? Wenn du deine abstruse Männerliebe nicht für dich behälst, behalte ich mein Gold für mich, habe ich mich verständlich ausgedrückt?"
Linus schien tatsächlich einen Moment lang nachzudenken, bevor er mit trotzig erhobenem Haupt aus dem Becken stieg und in den nächsten Raum trat, wohin Vala ihm mit gebührend Abstand folgte: "Kaltblütiger Barbar, der du bist. Ich werde damit leben müssen, dir nicht alle Vorzüge der hohen Kultur meiner Ahnen beibringen zu können. Aber sei es drum: wenn es meine Kinder ernährt, soll es so sein."
Sie betraten das Caldarium, und die gestiegene Temperatur ließ Vala innerlich erschauern: zu plastisch war noch die Erinnerung an die erste Konfrontation mit dem heißen Wasser. Und tatsächlich: während der Grieche sich locker in ein Becken gleiten ließ, brauchte Vala gefühlte Stunden, um bis zu den Schultern ins Wasser zu sinken.
"Also, Linus, warum sind wir hier?", fragte Vala noch einmal, als er sich insoweit aklimatisiert hatte, dass er nicht Gefahr lief, bei jeder Bewegung aus dem Becken zu springen und sich direkt ins Frigidarium zu werfen.
Lucius Accius Damio
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"Wenn ich diese Frage beantworten dürfte..", erklang eine Stimme aus einem anderen Becken, und Valas Kopf ruckte zur Seite, als sich einer der anderen Anwesenden in ihr Gespräch einklinkte, "..ich bin Lucius Accius Damio, und mein guter Freund Linus dort hat mir von einem vielversprechenden jungen Mann erzählt, den näher anzusehen sich lohnen würde."
Valas Blick schwenkte zu Linus zurück, der wissend schmunzelte, und warf diesem einen vorwurfsvollen Blick zu. Wenn es etwas gab, das Vala hasste, dann waren es Überraschungen. In seiner Heimat bedeuteten Überraschungen nicht selten den Tod, und so tat Vala sein möglichstes, um immer alle Eventualitäten ins Auge fassen zu können. Hier hatte er anscheinend versagt.
"Aha. Und wer ist Lucius Accius Damio, wenn ich fragen darf?", sprach Vala, alle falsche Höflichkeit und Reservation vergessend, so sehr grämte es ihm, in einer Situation zu stecken, die er nicht unter Kontrolle hatte. Was allerdings auch Sinn machte: Linus hatte ihn an einen Ort gelockt, an dem Vala sich ohnehin unwohl fühlte, weil er mit etwas konfrontiert wurde, das er nicht beherrschen konnte, und seine Schwäche offenbarte.
"Lucius Accius Damio..", begann der Fremde, "..verdient sein Geld mit Pamphleten, Schriftstücken, Gesetzestexten und der Beratung offensichtlich orientierungsloser Politiker. Und jener, die einmal orientierungsvolle Politiker werden wollen. Und du sollst auf dem Weg sein, einer zu werden." Der Fremde lächelte ihn an, die Arme auf den Rand des Beckens gestützt und Vala mit wissenden Augen musternd. Der jedoch wandte sich wieder zu dem Griechen, der immernoch selbstgefällig lächelnd da hockte, und warf diesem einen kritischen Blick zu: "Hat dich dein stoischer Sachverstand verlassen, oder warum stellst du mich einem Mann vor, der dich ersetzen könnte?"
Doch als Antwort erntete er nur ein süffisantes Lächeln: "Kann er nicht. Du wirst sehen, dass Damio und ich uns auf vollkommen verschiedenen Pfaden bewegen. Ich denke, er wird mit deiner impulsiven und emotionslastigen Art dort besser arbeiten können, wo ich es nicht kann. Es gibt Dinge, die ich dich nicht lehren kann. Und es gibt Dinge, die er dich nicht lehren kann."
Vala verstand langsam, dass er anscheinend nicht der einzige war, der Pläne mit sich selbst hatte, etwas, was ihn zutiefst beunruhigte.
"Aha..", konterte er daher ein wenig hilflos, "..und was soll mich das ganze kosten? Habt ihr schon einmal daran gedacht, dass ich als Scriba nicht der bestverdienendste Mann Roms bin?"
"Dein Geld interessiert mich nicht..", entgegnete der Accier, "..noch nicht. Lass es mich so beschreiben: ich investiere meine Zeit in deine Zukunft. Und irgendwann wird es sich auszahlen, glaube mir... wenn du mir Gelegenheit gibst, dir Dinge zu zeigen, die du nicht siehst, und mir einfach ein wenig zuhörst."
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