Die sehr beeindruckende Außenmauer der Regia..

  • "Hätten wir uns keine bessere Leiter leihen können, mann?", sprach der Dudus in die Dunkelheit hinein, der in diesem Moment auf einer Gebilde balancierte, das mit viel (viel³) Fantasie als Leiter bezeichnet werden könnte.


    "Nein, mann.", nuschelte Raoulus, der auf den Schultern des Dudus stand und versuchte einen Pinsel in kunstvollen Linien über die Mauer der Regia zu schwingen, "Es war deine verdammte Idee, diese Leiter mitzunehmen."


    "War es nicht.", protestierte der Dudus, auf der kalten Schulter erwischt wurde. Er hatte tatsächlich die Leiter ausgesucht. In dem Zustand, in dem er sich zu dem Zeitpunkt allerdings befand, hatte die Leiter wie das Tor zu einer anderen Welt gewirkt. Die (fast) nüchterne Realität sah etwas anders aus. Etwas mehr als eine körperlänge über dem Boden versuchte der Dudus zu verhindern, dass er und Raoulus sich die Hälse brachen, während derselbe ihre mordwichtige Mission ausführte.


    "Warst du wohl.", beharrte der in strenger Konzentration gefangene Raoulus, der einen weiteren Strich machte, und sich näher an die Wand drückte, um noch ein Stück weiter hochzukommen.


    "Bist du bald fertig, mann?", ächzte der Dudus, der sich schon nach seiner Pfeife und einem Weißen Skythen sehnte.


    "Fast, mann. Ein Strich noch... so, fertig.", antwortete sein Freund, und begann umständlich am Dudus herunter zu krabbeln, nicht ohne sicher zu gehen, dass dieser auch eine gehörige Portion der rosa Farbe abbekam, die sie extra für diesen Zweck angerührt hatten. Die lauten Flüche seines Freundes scherten ihn nicht, seine volle Aufmerksamkeit galt der Aufgabe, die sie soeben erfüllten hatten. Ein prüfender Blick auf die ausladende Mauer der Regia stellte ihn vollkommen zufrieden: Ziel erreicht.


    "Alter...", platzte der Dudus in die Zufriedenheit seines Freundes, "...was hast du da hingeschrieben?"


    "Na was wohl...", verschränkte Raoulus die Arme vor der Brust, "...das, was wir abgesprochen haben, mann."


    "Das steht da nicht...", beharrte der Dudus auf seinem Protest, und deutete vorwurfsvoll an die in der Dunkelheit schwarz schimmernden Buchstaben, "...das steht da ganz sicher nicht."


    "Hundertprozentig, mann!", äzte Raoulus zurück, "Schau doch hin: Römer geht nach Hause!"


    "Achso... ich hatte gedacht, du hättest dort hingeschrieben: Römer gebt mir Hahn.", stellte der Dudus trocken fest


    "Was? Wo?", fragte Raoulus, ein wenig gehetzt, blickte noch einmal genauer hin, und wurde so kreidebleich, wie man in der Dunkelheit nur kreidebleich werden konnte, "Scheisse. Oh... das ist falsch... das heißt nicht Hahn. Das heißt..."


    "Schwanz. Ich weiß.", resümierte der Dudus trockener als ein Macerdonischer Armeekeks, "Ich dachte mir, ich übersetze es mal wohlwollend... woran zum Teufel hast du gedacht, als du das geschrieben hast?"


    "Nur an unsere Mission.", versuchte Raoulus sich heraus zu reden, "Nur an unsere Mission!"


    "Selbstverständlich.", zog der Dudus die Lippen schmal, "An unsere Mission. Aber weißt du was? Jetzt erklärt sich mir zumindest der Teil unsere Graffitos, das da drüben..."


    Ihrer beiden Blicke wanderten nach Rechts, und Raoulus ließ die Schultern hängen, als der Dudus sich das Gemälde noch einmal genau ansah, jeden Pinselstrich einzeln prüfend: "Also, darf ich davon ausgehen, dass das hier, was du mir als Hieroglyphe verkaufen wolltest, in Wirklichkeit die Darstellung eines ziemlich entblößten römischen Soldaten ist?"


    "Ja.", antwortete Raoulus, die Lunte noch nicht riechend.


    "Und das hier...", der Dudus zog mit der Hand eine imaginäre Linie über das Bild, "...das hier ist ein ehrbarer alexandrinischer Bürger, richtig?"


    "Jawoll.", nickte Raoulus, immernoch nicht sehend, was da kommen sollte.


    "Und dies...", der Dudus machte eine prüfende Miene, während seine Hand in der Luft die Konturen des viel größeren Gemäldes an der Wand nachzeichnete, "...das ist der Phalos des ehrbaren römischen Bürgers, der den römischen Soldaten gerade auf sehr... du weißt schon... Griechen und so..."


    "Richtig.", meinte Raoulus, selbstzufrieden nickend und anscheinend schon wieder vollkommen in der Bilderwelt versunken.


    "Alter... wieso habe ich das Gefühl, dass dieser ehrbare alexandrinische Bürger du sein sollst? Und dieser... ENORME... Phalos der deine?", der Dudus wandte sich nun mit vorwurfsvollen Blick um.


    "Eh...", stammelte Raoulus, mittlerweile doch mitbekommend, dass etwas nicht wie geplant verlief, "...ich weiß nicht, wovon du sprichst."


    "Ihr Griechen seid alle gleich!", empörte sich der Dudus, und vergaß dabei die eigentlich gebotene Ruhe, die sie vor den römischen Schergen retten sollte, "Da ist man auf einer wichtigen Mission, mann, und woran denkst du? Die Römer zu.... naja... also zu... zu griechisieren halt!"


    "Was immerhin einen wichtigen Beitrag zur Durchdringung des Feindes leisten würde.", versuchte Raoulus sich in einer Ehrenrettung, die beim Dudus nur missmutige Flüche zur Folge hatte.


    "So...", wütete der sonst so ruhige Dudus, sich um seine Zeit an der Pfeife gebracht sehend, "...du schreibst da jetzt dick und fett hin, was wir abgesprochen hatten"


    "Und was hatten wir abgesprochen?", fragte Raoulus ahnungslos.


    "Eh...", stockte der Dudus, der just in diesem Moment die Leiter an eine freie Stelle der exorbitant hohen Mauer gestellt hatte, "...keine Ahnung, du meintest, du hättest einen tollen Spruch, um den Römern unseren Kampfeswillen zu demonstrieren, und sie einzuschüchtern! Nicht um sie einzutrichtern!"


    Raoulus zuckte nur mit den Schultern, und sah seinen Freund hilflos an: "Keine Ahnung, mann. Schreib du doch was hin..."


    "Na, dann rauf da!", kommandierte der Dudus Raoulus die Leiter hinauf, und kraxelte wenige Augenblicke später mit dem Eimer voll rosa Farbe hinterher, und begann wenig später mit weit ausgreifenden Gesten die Wand zu bestreichen, "Ich hab da ne Idee...."


    "Was schreibst du hin? Was schreibst du hin?", verlangte sein Freund zu wissen, der alle Füße und Schultern voll zu tun hatte, die Balance zu halten.


    Der Dudus ließ sich jedoch kaum in seiner Ruhe beeinträchtigen, und schrieb mit Passion weiter die Wand voll: "Ich hab mir von einem Juden einen Spruch sagen lassen, der wohl ein Klassiker in seinem Land ist... ich denke, das wirkt: ROMANES EUNT DOMUS."

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