Tablinium | MTD et Tiberius Celsus

  • Da er seinen Namen ohnehin würde ändern müssen, war für Celsus die Frage nach der passenderen Alternative eigentlich unwichtig. Andererseits war die längere Variante wirklich sehr lang. Wenn er sich mit dem Namen vorstellte, bestand ja die Gefahr, dass sein Gegenüber schon weggenickt war, bevor er beim Cognomen angekommen war...


    Vermutlich schlug sich seine mangelnde Begeisterung auch ein wenig in seinem Gesichtsausdruck nieder, aber da Durus für seine großzügige Geste auch ein gewisses Entgegenkommen verdiente, beschloss Celsus es darauf ankommen zu lassen. Vielleicht hatte er ja Glück, und dieser Rattenschwanz von Name blieb ihm erspart.


    "Nun, um ehrlich zu sein, wäre mir die kürzere Version lieber, aber ich werde mich da euren (an dieser Stelle ging sein Blick wieder kurz zu Laevina hinüber) Wünschen beugen. Wenn ihr möchtet, dass man meinen adoptierten Status auch im Namen erkennen kann, dann werde ich das selbstverständlich akzeptieren." Na, wenn das mal keine vorbildliche Antwort gewesen war! Mit ein bisschen Phantasie konnte sich Celsus schon fast als den vorbildlichen Sohn der Zukunft sehen. Aber irgendwie war da doch eine leise Stimme in seinem Kopf, die ihm sagte dass er immer der alte Celsus bleiben würde, ganz egal mit wievielen Namen er auch künftig durch Rom zog.


    Und um was ging es jetzt? Das Erstgeborenenrecht? Du liebe Güte, was sollte er denn damit? Da Durus und er sich rein menschlich noch nicht besonders nahe gekommen waren, besaß ein solcher Status keinen besonderen emotionalen Wert für den jungen Tiberier und mit der Unbekümmertheit eines Menschen, der Zeit seines Lebens ohne eigenes Dazutun im Überfluss gelebt hatte, waren ihm auch entsprechende materielle Erwägungen fremd. Nein, wenn es nach Celsus ging, dann konnten Laevina und Durus ganze Collegien mit ihren Söhnen füllen, auf diese Weise würde er sich selbst vielleicht ein bisschen aus dem allgemeinen Focus ziehen können und musste nicht ganz so viele Erwartungen erfüllen.


    "Ja, das ist doch selbstverständlich." sagte er schnell und unterstrich seine Antwort mit einem bekräftigenden Nicken.


    Zu der Frage, ob seine Familie ihn über den Kult aufgeklärt hatten, fiel Celsus nun so gar keine geistreiche Antwort ein, da er sich schlicht und einfach nicht mehr daran erinnern konnnte. Ja, vermutlich hatte es derartige Gespräche gegeben, schließlich hatte sich seine Mutter ja redlich Mühe mit ihm gegeben. Höchst wahrscheinlich hatte er auch bei diesem Thema auf Durchzug geschaltet, weil es ihn herzlich wenig interessiert hatte, oder aber sein Onkel Corbulo war während seiner Erklärungen wie so häufig weggepennt und Celsus hatte nicht weiter nachgefragt.
    Und so beantworte er auch diese Frage mit einem entschlossenen "Aber natürlich" in der tapferen Hoffnung, dass Durus in diesem Punkt nicht weiter nachhaken würde.


    Aber all diese unangenehmen Fragen waren nichts im Vergleich zu der Eröffnung, die Durus sich für den Schluss aufgehoben hatte. Er sollte bitte was? Das konnte doch wohl nur ein Scherz sein! Dagegen war ja sogar die Vorstellung nach Sicilia zurückzuschwimmen noch deutlich reizvoller... Celsus spürte, wie ihm schlagartig ein Großteil seiner gesunden Gesichtsfarbe verloren ging und starrte seinen künftigen Vater mit nur schlecht getarnter Fassungslosigkeit an.


    "Öhm,....ich denke....äh, dass das doch sicher noch ein wenig warten kann, oder? Ich...äh...sollte mich doch lieber erstmal um meine Karriere kümmern....und du hast ja auch.. äh...erst jetzt..geheiratet. Dann hat es doch auch bei mir keine Eile, oder?" die letzte Frage kam fast ein wenig flehend heraus. Celsus umgab sich wahrlich gern und oft mit Frauen, aber deshalb musste er doch nicht gleich eine von ihnen heiraten...
    Als Laevina dann kundtat, dass ihr auf Anhieb keine geeignete Kandidatin einfiel, hätte Celsus sie dafür glatt küssen können und es stieg wieder ein wenig Hoffnung in ihm auf. Mit etwas Glück würde sich seine künftige "Mutter" beim Umhören genauso viel Zeit lassen wie er selbst, schließlich konnte es ihr ja herzlich egal sein, ob er nun verheiratet war oder nicht.

  • "Dann die kürzere Version!"


    meinte Durus - immerhin machte es keinen Unterschied, denn eigentlicih war eine Adoption so akzeptiert, dass niemand großen Wert darauf legte, auf diesen Umstand hinzuweisen. Und vielleicht war es auch praktischer...


    Auch auf das Verzicht des Erstgeborenenrechts wurde selbstverständlich verzichtet - ein Vertrag war allerdings strenggenommen kaum notwendig: Durus konnte in seinem Testament ohnehin verfahren, wie er wollte. Doch immerhin war er nun darauf vorbereitet.


    Dann jedoch entglitten dem jungen Celsus die Züge, was Misstrauen in dem alten Tiberier weckte - was hatte das denn zu bedeuten? War Celsus einer jener überzeugten Junggesellen, die niemals heiraten wollten? War seine eigene Lage nicht Argument genug für die Wichtigkeit einer frühen Ehe? Er musste jetzt schon Kinder adoptieren um seine Nachfolge zu regeln!


    "Mein lieber Aulus: Die Ehe ist wunderbar, das kann ich dir versichern!"


    Er lächelte zu Laevina hinüber, obwohl es in diesem Augenblick wohl gelogen war - die kurze Auseinandersetzung hatte den Tiberier doch etwas aufgeregt.


    "Abgesehen davon ist es vorteilhaft, wenn du die Tochter eines einflussreichen Senators ehelichst, denn damit knüpfen wir wieder Bande, die für unsere Familie und besonders für deine Karriere von Nutzen sein können! Ich selbst muss zugeben, dass meine Ehe eigentlich viel zu spät kam, das ist dir doch klar?"


    Im Grunde waren die Gedankengänge des alten Tiberius ohnehin keine Frage gewesen - Celsus würde heiraten, sobald eine geeignete Gattin gefunden war - daran gab es keinen Zweifel.


    "Aber leiten wir vorerst die Adrogatio in die Wege. Traditionell findet sie vor den Comitia Curiata statt, doch diesen Luxus können wir uns wohl schwerlich leisten: Der Pontifex Maximus ist außerhalb Roms und ich kann ihn kaum vertreten, wenn ich beteiligt bin. Bleibt also nur diese moderne Methode vor dem Praetor."


    Nachdenklich legte der Tiberier die Stirn in Falten.

  • Celsus atmete erleichtert auf, als sich Durus ohne weiteres mit der kürzeren Namensversion zufrieden gab, denn das würde ihm die Umstellung auf einen neuen Namen doch deutlich versüßen.
    Und was war das jetzt? Die Ehe sollte wunderbar sein?


    "Naja, wenn du das sagst." erwiderte Celsus ein wenig zweifelnd auf diese mehr als optimistische Behauptung und konnte sich einen weiteren kleinen Seitenblick auf die frischgebackenen Eheleute nicht verkneifen. So wirklich euphorisch sahen die ja alle beide nicht aus, aber vielleicht hoben sie sich die ganz große Begeisterung ja für die stillen Stunden zu zweit auf.


    Seiner eigenen bescheidenen Meinung nach konnte eine Ehe gar nicht spät genug kommen, aber da Celsus das Gefühl hatte, mit einer derartigen Argumentation bei Durus nicht punkten zu können, hielt er lieber seinen Mund und nickte stattdessen wenig überzeugend. Durus hatte gut reden, schließlich hatte der als alter Sack noch eine junge und schöne Frau abbekommen, da musste er ja angetan sein. Aber wer wusste denn schon, was man ihm, Celsus, für ein Exemplar zuschanzen würde? Wenn er richtig Pech hatte, dann blieb er auf jemandem wie seiner verpickelten und nörglerischen Cousine Vitula hängen und das für etliche Jahrzehnte...
    Celsus verzog bei dieser unerfreulichen Vorstellung gequält das Gesicht und wünschte sich nicht zum ersten Mal ins ferne Sicilia zurück. So, wie es zur Zeit aussah, blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als das Ganze in Ruhe auszusitzen und darauf zu vertrauen, dass sich nicht allzu schnell eine geeignete Kandidatin im Städtchen finden würde.


    Immerhin versorgte ihn Durus jetzt mit einem geeigneten Stichwort, um dem unerquicklichen Thema Heirat für ein Weilchen zu entfliehen und Celsus ergriff den rettenden Strohhalm sofort.


    "Wie genau läuft denn so eine Adrogatio ab?" fragte er eifrig.

  • Die Worte waren dem alten Tiberier fast ein wenig zu flapsig, doch schließlich beschloss er, dass es wohl das Ungestüm der Jugend war - abgesehen davon hatte er selbst sich ja in Celsus' Alter auch wenig bemüht.


    Die nächste Frage fasste er zwiespältig auf: Einerseits freute er sich, dass sein zukünftiger Sohn so interessiert war, andererseits war er jedoch davon ausgegangen, dass er wusste, wie solch ein Rechtsakt vor sich ging. Dennoch erklärte er freimütig:


    "Traditionell fand sie vor den Comitia Curiata statt, einberufen durch den Pontifex Maximus. Der Adrogierende trat vor das Plenum und bat um die Adrogation, woraufhin der Pontifex eine rituelle Formel sprach und damit um Zustimmung des Volkes fragte. Wenn sie zustimmten, war der Rechtsakt vollzogen.


    Heute ist das ganze aber weitaus unspektakulärer: Wir gehen zum Praetor Urbanus und du stellst den Antrag. Dann fragt er uns beide nach dem Namen und schließlich verkündet er den Antrag öffentlich. Wir werden noch einmal um Zustimmung gebeten und der Rechtsakt ist vollzogen. Ziemlich einfach also."


    Einen Augenblick versuchte Durus sich zu erinnern, ob man Zeugen für diesen Akt mitzubringen hatte...aber er glaubte eigentlich nicht.

  • Das Thema hatte sich zu so technischen Dingen gewandt, dass ich mich nicht beteiligen konnte, wollte oder musste, was mir sehr recht war, weil ich mich gerade sehr unsicher fühlte und auf keinen Fall riskieren wollte, erneut in Tränen auszubrechen.
    Vielmehr hielt ich mich zurück und versuchte bei der nächsten Gelegenheit, der gespannten Stimmung, die ich zwischen Durus und mir empfand, zu entfliehen.


    Als mein Gatte damit anfing, Celsus die Adrogatio zu erklären, war der Entschluss endgültig gefallen. Ich musste hier weg!


    "Würdet ihr mich bitte entschuldigen? Ich habe noch eine Verabredung mit meiner Cousine einzuhalten." Das war gelogen. Allerdings hatte ich fest vor, Prisca entweder zu schreiben oder sie tatsächlich zu besuchen. Nur einen Termin hatte ich nicht. "Kann ich mich zurückziehen oder werde ich noch gebraucht?" Leicht zynisch war diese Frage, da ich mich tatsächlich völlig unnütz fühlte. Weder als Mutter noch als Ehefrau oder Gesprächspartner war ich wirklich benötigt - und was noch schlimmer war - geeignet.
    Was für ein furchtbarer Tag.

  • Durus bemerkte weder einen zynischen Unterton noch das Unglück, das seine Gattin empfand. Der Streit war für ihn abgehakt und Laevina zufrieden. Beinahe hatte er sogar vergessen, dass sie hier war!


    "Du darfst."


    meinte er daher und wandte sich sofort wieder Celsus zu, mit dem es ja wichtige Dinge zu klären gab!

  • Er mochte ja ein großer Staatsmann und Consul sein, aber als begnadeter Frauenversteher würde Durus wohl kaum in die Geschichte Roms eingehen...Auch Celsus hielt sich auf diesem Gebiet nicht für allzu begnadet, aber selbst ihm war Laevinas unverblümte Verabschiedung unangenehm.


    "Vale, Laevina, und viel Vergnügen mit deiner Cousine." verabschiedete er sich nach kurzem verlegenen Räuspern von der jungen Frau und wandte sich dann wieder Durus zu, der ganz offensichtlich keine Anstalten machte, ihr Gespräch wegen des Weggangs seiner Frau zu unterbrechen oder gar zu beenden.


    "Nun, das klingt ja wirklich relativ unkompliziert." sagte er fast ein wenig überrascht, denn er hatte sich einen solchen Gesetzesakt irgendwie feierlicher vorgestellt. "Welcher Termin schwebt dir denn so vor?"

  • "Möglichst bald - sagen wir...wenn ich mein Consulat niedergelegt habe. Ich werde außerdem mit Corvinus sprechen - oder doch lieber Aurelius Ursus? Ersterer ist natürlich bedeutender, letzteren kennst du dafür bereits. Eine dritte Möglichkeit wäre auch Flavius Gracchus - wobei dieser in letzter Zeit relativ selten öffentlich aufgetreten ist."


    meinte Durus, auf das Tirocinium Fori ansprechend, das die nächste Aufgabe sein würde. Dass alle drei das Angebot annehmen würden, war für den Tiberier sicher: Wer würde nicht gern den Sohn eines Consuls in der Kunst der Politik unterweisen?

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