Der Stimmfänger

  • Obwohl das Atrium der Villa Vinicia wie alle anderen Domus ein Compluvium hatte, kam nichts der schlechten Luft auf den Straßen Roms in die noble Senatorenresidenz. Nur ein wenig nach Winter roch es, befand zumindest Lysias. Nur in Germania hatte der Schnee diesen Eindruck noch verstärkt.
    Ihm folgte der patrizische Traum- äh, Stimmfänger Flavius Piso, der nun Gelegenheit bekam, zumindest diesen Raum ganz genau inspizieren zu können, wenn ihm schon der Anblick des Vestibulums nur flüchtig vergönnt gewesen war (auch wenn Lysias sich bemüht hatte, gemessenen Schrittes voranzuschreiten).
    „Ich werde nun mit meinem Herrn Rücksprache halten, Flavius, ob er Zeit für Gäste aufbringt. Bis dahin mach es dir bitte auf diesem Triclinium* hier bequem.“ Er deutete auf Angesprochenes und ließ es sich nicht nehmen, ansprechend ein Kissen zurückzurücken. Wie für ihn üblich mit leichtem Schalk in den Augen.
    „Einen Moment!“ Mit diesen Worten drehte der Sklave sich um und ließ den begnadeten Lyraspieler zurück. (Wie gut nur, dass er nicht für ein Vorsingen bei Lucianus vorsprach!) Ja genau, Lucianus, zu dem ging Lysias nämlich.


    Sim-Off:

    * im Sinne von drei Klinen

  • Sim-Off:

    @ Phaeneas: lol :D Welch mystischer Titel :)


    Erwartete Piso ein angenehmer, ätherischer Duft, der göttlich das Atrium durchwaberte? Nein. Aber es roch... ganz normal. Vom Geruch der Katzenpisse draußen war nichts zu spüren, den Göttern sei Lob und Dank. Ihm wurde der Weg gezeigt zu einem Raum, in denen drei Klinen standen (in der Villa Flavia hätte man sich wohl scheckig gelacht über solchen Minimalismus. Mit einem Blick, der Würde ausstrahlte (oder aber auch nur das Selbstbewusstsein, mit dem ein Gockel den Hühnerhof regiert; natürlich, bevor er verschnitzelt und paniert wird) betrachtete er den Sklaven, wie jener die Kline komfortabler machte, und ließ sich darauf fallen, kaum dass der Sklave weg war.
    Sein Blick streifte, während er wartete, über die exquisite Einrichtung der Villa Vinicia. Ja, das war einmal ganz nett. Einer gens, die gleich zwei Consulare stellte, ganz angemessen.
    So, jetzt blieb nur noch, auf Lucianus zu warten, in der Hoffnung, dass er bald kam.

  • Sim-Off:

    @ Piso: :D Freu dich nicht zu früh, aus dem Wortspiel kann man noch Traumtänzer machen. :P;)


    Während jegliche Aufmerksamkeit mit großer Wahrscheinlichkeit auf Lucianus lag, erschien auch Phaeneas, dessen Leibsklave, noch an Ort und Stelle, war er doch meistens irgendwo in der Gegend um Lucianus herum zu finden, auch wenn der ihn gerade nicht akut brauchte. Es ging dem Bithynier ja schließlich auch nicht in erster Linie darum, jederzeit zu Diensten zu sein, Lucianus gab ihm das, was Phaeneas selbst fehlte: Sicherheit und Stabilität.
    In beinahe abenteuerlicher, aber durch und durch souveräner Weise balanzierte der bithynische Sklave zwei Krüge und ebensoviele Becher ins Atrium. Dafür, dass er nun wirklich seit Ewigkeiten wichtigster Unfreier in Lucianus‘ Familia war, war er sich nachwievor nicht zu schade dafür, selbst den Serviersklaven zu machen. Das Türöffnen lag ihm einfach nicht, dafür musste man wesentlich redsamer sein, aber ansonsten sah sich Phaeneas als ganz gewöhnlichen Diener, der eben zu einem da war – dienen!
    Bemüht unauffällig trat er zu den beiden Männern hinzu, stellte alles, was er hierhergetragen hatte, auf dem kleinen Tischchen ab, befüllte die Becher und reichte den ersten dem Gast, den zweiten dem Hausherrn.

  • Sim-Off:

    Wobei dies auch passen würde. :D


    Piso lümmelte ein wenig auf seiner Kline herum, als er es plötzlich trapsen hörte. Wenn das nicht mal der Consular wäre! Der Flavier stand hastig auf und machte seinerseits einen Schritt auf den Mann zu. Er stellte sich nicht vor, wieso auch, es wäre selbst Blinden klar, wer dieser Mann, der voller Autorität und äußerlicher Gelassenheit auf Piso zuschritt, war. Vinicius Lucianus. „Salve! Du musst Senator Vinicius Lucianus sein.“, grüßte Piso respektvoll (ja, vor einem Consular konnte er gut kuschen). „Mein Name ist Aulus Flavius Piso. Ich bin hier, da du mir von deinem Klienten Aurelius Ursus empfohlen worden bist. Ich kandidiere heuer für das Vigintivirat und wollte mich dir vorstellen.“ Dass er wollte, dass Lucianus ihn wählte, müsste er wohl nicht extra erwähnen.
    Ein schweigsamer Sklave betrat ebenfalls das Atrium, mit Trinkbarem in seinen Händen. Er sprach kein einziges Wort, was dennoch nicht heißen musste, dass seine Gedanken nicht von einem brillierenden Coleur wären. „Danke.“, meinte Piso abwesend erscheinend, als er seinen Becher bekam – wer bei jemandem um Stimmen warb, musste auch seine Sklaven halbewgs respektvoll behandeln, zumindest dachte sich der Flavier dies.

  • Ich deutete dem Mann, sich niederzulassen.....


    "Noch ein Kandidat also..... solcherlei Besuche häufen sich in letzter Zeit!" meinte ich scherzhaft, um dann wieder ernst weiter zu reden "....ich nehme an, du kommst, um mich um meine Unterstützung zu bitten...... woher kennst du Senator Aurelius?"

  • Piso lachte höflich, als er wieder Platz nahm, wie angewiesen. „Ja, ich denke, zu Zeiten wie diesen ist es schwer, einflussreicher Senator zu sein.“ Doch immerhin hatte Lucianus Zeit gehabt, um Piso zu empfangen, was wollte man mehr?
    „Da hast du ganz Recht.“, antwortete Piso auf die Feststellung des Viniciers. „Ich bin, als Einsteiger in die Politik, auf Hilfe und Unterstützung von angesehenen Senatoren wie dir angewiesen, und deshalb möchte ich dich auch darum bitten. Ich weiß natürlich auch, dass alles seinen Preis hat, und verspreche dir, wenn du mich unterstützt, wirst du dich der Dankbarkeit meiner Familie und meines Patrons, Purgitius Macer, gewiss sein.“, legte er ihm dar.
    Die letzte Frage beantwortete Piso gelassen. „Senator Aurelius Ursus? Ich kenne ihn von zwei Gelegenheiten her. Ich traf ihn in den Thermen und schließlich, vor Kurzem, hatten wir ein langes und gutes Gespräch miteinander in einer Taverne am Forum Romanum.“, informierte er den Vinicier. „Ein sehr interessanter Mann, der mir auch einige gute Ratschläge verraten konnte.“

  • "Ja, Senator Aurelius wird noch ein wichtiger Mann in Rom!" bestätigte ich seine Einschätzung.


    Desweiteren gab es nicht viel noch herumzureden.


    "Nun, ich werde mir deine Wahlrede anhören und sofern ich nichts höre, womit ich so überhaupt nicht zurecht komme, wird dir meine Unterstützung sicher sein!"

  • Sim-Off:

    Stimmt :D


    Als er Lucianus‘ „Bitte“ und „Danke“ kennengelernt hatte, war das für Phaeneas erst mal reichlich gewöhnungsbedürftig gewesen und es hatte lange gedauert, bis er damit klargekommen war. Wenn dagegen einer von zehntausend Bittstellern, die zu dem Consular kamen, derartige Vokabeln in den Mund nahm, war das etwas anderes, denn die wollten sich sowieso alle nur beliebt machen, damit sie die erbetene Hilfe bekamen. Mit Schleimerei kam Phaeneas wesentlich besser zurecht als mit ernst gemeinter Höflichkeit oder gar noch Freundlichkeit.
    So nickte er also nur – höflich – und bedachte den flavischen Sinn- äh, Unterstützungssucher weiterhin mit keinem Wort.
    Schließlich hatte ein Sklave ein Gespräch unter den Herrschaften nur angenehmer zu machen – beispielsweise durch Verpflegung - , aber nicht zu unterbrechen (zumindest nicht mehr oder minder sinnlos). Und die zwei unterhielten sich ja gerade über so was von wichtige Dinge - so wichtig, dass das Ganze nach wenigen Sandkörnern einer Sanduhr im Prinzip abgeschlossen war. Ja, sowas nannte sich Politik. Der Bithynier wettete sonst was, dass sämtliche Senatssitzungen genauso abliefen.
    Als er sich also längst wieder deutlich in den Hintergrund zurückgezogen hatte, da geschah etwas ganz außergewöhnliches: Phaeneas begeisterte sich ernsthaft für etwas, was die beiden da austauschten, indem er sich nämlich innerlich darüber amüsieren musste, wo der Flavier Aurelius Ursus getroffen hatte – in den Thermen (das war noch vollkommen legitim) und in einer Taverne. Na, hoffentlich wollte er später, wenn er erst mal was geworden war, seine politischen Unterredungen nicht auch in Tavernen abhalten!

  • Piso nickte nur als Zustimmung auf Lucianus‘ Einschätzung hin. Immerhin hatte ihm der Aurelier voller Selbstvertrauen gsagt, er würde einmal Consul werden, koste es, was es wolle. Und Piso schätzte nicht, dass der Aurelier es als Scherz gemeint hatte.
    Die bereitwillige Zusage des Mannes, ihn zu unterstützen, kam doch etwas überraschend. Er hätte nicht damit gerechnet. Groß schaute er den Senatoren an, bevor er lächelte. Der Mann hatte es drauf, dachte er sich. Er erkennt ein großes Genie sofort, und ist sofort bereit, es zu unterstützen. Wundervoll. Pisos nicht unerhebliches Ego schwoll an und pompös verkündete er: „Ich danke dir, Senator Vinicius. Diese Tat wird dir nicht vergessen werden.“ Er meinte es durchaus ernst, jetzt hatte er schon wieder bei einem Mann etwas gut.
    Er kam aber nicht umhin, den Sklaven zu beobachten, der ihn von gebührender Distanz hinweg beäugelte. Irgendetwas fand der Flavier am Anblick des Sklaven einfach gut, er wusste nicht, wie er es ausdrücken sollte. Beinahe hätte er Lucianus gefragt, wieviel er denn für den Sklaven wolle. Doch bei den Preisen, die heutzutage für Sklaven hie und da ausgegeben wurden, könnte er es sich eh nicht leisten. Später vielleicht einmal.
    Er hätte jetzt am Liebsten noch ein bisschen herumpalavert, wie sehr er Lucianus‘ Reaktion schätzte, wie überaus er sie für nobel erachtete, allerdings wusste er aus Erfahrung – so was kam nicht immer gut an. Also blickte er nur Lucianus an. Vielleicht würde jener doch noch mit einer Bedingung herausrücken. Oder ihn einfach rauswerfen, schließlich war die Zeit eines Senators knapp und Pisos Frage schon geklärt.

  • "keine Ursache..... ich vertraue meinen Klienten und Senator Aurelius hat dich sicher nicht ohne Grund zu mir geschickt!"


    Ich erhob mich


    "Wenn es sonst nichts mehr gibt....."


    Leider hatte ich Heute wirklich wenig Zeit und es gab noch so viel zu tun....

  • Glücklicherweise war das ausklingende Gespräch nicht mehr allzu überproportional politisch, weshalb auch Phaeneas‘ Gedanken wieder auf normale Bahnen zurückkehrten. Üblicherweise lauschte er solchen Unterhaltungen sowieso nur dann, wenn er sie mitzuschreiben hatte (oder er – seltenerweise – das Gegenüber seines Herrn persönlich kannte). Trotz seiner mangelnden Begeisterung und dementsprechend Aufmerksamkeit für solche Angelegenheiten hätte der Bithynier in dieser Sache ohne Weiteres für Lucianus antworten können. Wort für Wort hätte er es haargenau so darlegen können. Dafür kannte er seinen Herrn inzwischen längst schlicht zu gut. Und seine Großzügigkeit war nicht nur bei den Sklaven dieses Hauses oder seinen ehemaligen Untergebenen in der germanischen Provinzverwaltung bekannt. Wenn Lucianus abgesagt hätte, hätte Phaeneas sich Sorgen gemacht und einen Arzt gerufen.
    Wenn man als Sklave nicht gerade an Leib und Leben bedroht war, dann war alles, was man tun sollte, so einfach, so einfach. Wenn man nicht gerade ausgehorcht wurde, dann gab es nur die ewig gleichen Arbeitsabläufe oder man stand irgendwo herum, wie jetzt gerade eben. Seltsam, dass das Leben nur aus Überanstrengung und Unterforderung zu bestehen schien. Ersteres konnte man Phaeneas kein bisschen ansehen und ansonsten war sein Gesicht nur wie ein spiegelglatter Teich, der scheinbar durch nichts getrübt wurde. Die großen dunklen Augen verloren sich für einen Moment in der Ferne (die durch die Wände des Atriums begrenzt wurde), selbstvergessen, wirklichkeitsvergessen. Und doch nachwievor von großem Ernst geprägt, unauslöschlich, unabänderbar, aber die Ironie des vorhin Gedachten hatte die Schwermut aus seinem Gesicht gewischt.
    Auch wenn ein Teil von ihm längst zu Theorie, zu Gedanken, zu Abstraktem geworden war, war er trotzdem immer fest in der Realität verankert (aus Gründen der Sicherheit) und bemerkte dementsprechend das aufmerksame Auge des Flaviers, das auf ihm ruhte. Aber in solchen Dingen war er wesentlich zu phantasielos, um dazu eine konkrete Vermutung anstellen zu können. Zum anderen auch, weil es ihm nicht wichtig war.

  • Sim-Off:

    Herrje, fast übersehen!


    Dieser Ursus musste schon ein Kerlchen sein, dass ihm sein Patron so vertraute. Nun, schlecht war dies sicherlich nicht – er hatte jetzt immerhin eine Stimme, und das war auch gut so. Sofern er es nicht versaute.
    Er nickte also dankbar. „Nein, das war alles. Ich danke dir vielmals. Vale.“, verabschiedete er sich und blickte im Abgang noch einmal verstohlen zum Sklaven. Seine Gedanken waren sicherlich von prächtiger Couleur, auch wenn er nichts sagte. Fast hätte sich der Flavier umgedreht und hätte den Vinicier nassforsch gefragt, wieviel denn der Preis des Sklaven wäre. Doch nicht jetzt. Es könnte ihm seine Stimme kosten. Später, vielleicht. Oder auch nie.
    So verblieb es bei einem freundlichen, fast unbemerkbarem Nicken in die Richtung des Sklaven, bevor er gen Ausgang strebte, eifrig bemüht, nicht in einen tänzlenden Schritt zu verfallen, dessen Rhythmus der lustigen Musik entsprach, die in seinem Kopf nun anhub zu spielen.
    Eine Stimme gefangen, den Ehrentitel Stimmfänger ruhmreich und im Schweiße seines Angesichts verdint, bislang keine schlechte Bilanz für den Tag.

  • Überanstrengung und Unterforderung ... Ja, die wenigstens Freien wussten, was es bedeutete, Sklave zu sein. Vor allem ahnten die wenigsten, dass dieses Danebenstehen und Zusehen so viel Zeit eines unfreien Lebens ausmachte. Und erst recht konnten sie sich dementsprechend nicht ausmalen, was ein Sklave während dieser so langen Zeit anfing. Aus dem sehr verbreiteten Glauben, alle Diener würden mit Fledermausohren dem Gespräch der Herrschaften lauschen, sprach Arroganz – auch wenn es natürlich zu großen Teilen stimmte. Aber am wenigsten konnten sich die politisch aktiven Vorstellen, dass jeder gewöhnliche Außenstehende früher oder später einschlief, wenn zum tausendsten Mal diese ewig gleichen Dinge – von wegen Unterstützung beim politischen Einstieg und ähnliches – besprochen wurden. Da blieb einem nur abzuschalten und sich ein eigenes Thema zu suchen. Sklaven waren schließlich nur rein rechtlich das Gleiche wie Vasen und Tischchen.
    Auch als man den abgehenden Gast schon fast als nicht mehr anwesend betrachten hätte können, blieb er immer noch in Phaeneas‘ Augenwinkel. Also gewundert hätte es den Bithynier ja nicht, wenn der Stimmfänger noch einmal stehen geblieben wäre, um sich laut von ihm zu verabschieden – aber eine so vorsichtige Vorgehensweise passte schlicht nicht zu politisch-schleimerischem Kalkül.
    Und trotz allem blieb ein Klient erst einmal ein Klient, ein patrizischer noch dazu, und so blieb des Bithyniers Kopf unbewegt, starr geradeaus gerichtet, er reagierte nicht, nur Phaeneas‘ Augen folgten ihm ... So versteckte sich ein – feiger - Sklave hinter seiner Maske.

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