Zufällige Begegnungen

  • Obwohl es von der Villa der Tiberia nicht weit bis zum Forum Romanum war, ließ sich Septima mit der Sänfte dort hin tragen. Wer konnte ihr denn jetzt schon sagen, was sie nicht noch alles erledigen wollte. Besser sie hatte ihr eigenes Reich im Inneren der Sänfte, als dass sie ständig von irgendwem angerempelt wurde. Außerdem war die junge Frau noch am überlegen, ob sie nicht auf einem der zahlreichen Märkte vorbei schauen sollte. Ihr Onkel Durus hatte ihr Geld gegeben, damit sie sich neue Kleider nähen lassen konnte, und noch hatte Septima nicht alles von diesem Geld ausgegeben.


    Am Forum Romanum ließ Septima die Sänfte anhalten und entstieg ihr mit Baldemars Hilfe. „Ich will mal schauen ob es irgend welche neuen Bekanntmachungen gibt.“ teilte sie ihrem Leibwächter völlig nebensächlich mit und schritt auf die Aushänge zu.


    Sim-Off:

    Reserviert :)

  • Das Forum war seinerzeit der erste Ort gewesen, an den es Serrana nach ihrer Ankunft in Rom gezogen hatte, und obwohl sie mittlerweile schon sehr häufig hiergewesen war, genoss sie auch heute wieder die besondere Atmosphäre und das geschäftige Treiben, das es in derartiger Form nirgends sonst in der Stadt gab.


    Eine Weile war sie schon in Begleitung ihrer Leibsklavin Adula über den Platz spaziert, aber dann fiel ihr Blick auf die öffentlichen Aushänge. "Lass uns dort schnell mal noch schauen, vielleicht ist ja etwas wichtiges dabei. Und danach können wir auf den Mercatus gehen, um nach ein paar Bändern und Spangen für meine Haare zu schauen. Ich kann doch nicht ewig mit der selben langweiligen Frisur rumlaufen." Adula war bislang mit der ihr eigenen friedlichen Genügsamkeit neben ihrer kleinen Herrin hergetrabt, aber bei dieser Ankündigung stieß sie doch ein gequältes Stöhnen aus. Serrana warf ihr einen ärgerlichen Blick zu, während sich die beiden Frauen den Bekanntmachungen und den dort stehenden Menschen näherten.
    "Jetzt hör doch endlich mal auf dich so anzustellen. Andere Sklaven lernen schließlich kochen oder singen oder musizieren, da wirst du es doch wohl auch lernen können, mir ein bisschen besser die Haare zu machen.
    Schau dir nur die Dame da vorn an."
    fuhr Serrana dann mit einem sehnsüchtigen und auch ein wenig neidischen Blick auf eine junge dunkelhaarige Frau fort, die ihnen gerade den Rücken zudrehte. "Sowas nenne ich perfekt frisiert..."
    In diesem Moment drehte die junge Dame den Kopf leicht in ihre Richtung, und Serrana erkannte zu ihrer großen Freude Tiberia Septima, mit der sie sich zuletzt bei den Fontinalia recht gut unterhalten hatte.


    "Salve, Septima." begrüßte sie die Tiberia, nachdem sie die letzten Schritte bis zu dieser noch zurückgelegt hatte. "Ich hoffe, ich störe dich nicht..."

  • Neugierig ließ Septima ihren Blick über die Bekanntmachungen des Senats wandern. Aha, von den Wahlen wußte sie schon, denn immerhin war es ihr Onkel gewesen, der den Termin festgelegt hatte und so manches bekam sie schon im Hause der Tiberier mit. Von der Inquisito Senatus wußte sie auch bereits, denn bei er Diskussion um die Probleme in den Provinzen war sie selbst bei der Curia Iulia gewesen und hatte anschließend noch eine sehr interessante Unterhaltung mit dem Senator Flavius Furianus gehabt.


    Auf der Suche nach interessanteren Neuigkeiten vernahmSeptima plötzlich eine weiblichen Stimme, die ihre Frisur lobte und sie auch prompt ansprach. Aus dem erstaunten Gesichtsausdruck wurde ein freudiger als sich Septima umdrehte und die junge Iunia erkannte. „Salve Serrana.“ grüßte sie ihre Bekannte freudig zurück. „Nein, nein, du störst überhaupt nicht. Ich war nur auf der Suche nach interessanten Neuigkeiten, die ich nicht schon zu Hause erfahre, beziehungsweise, die mir Manius vorenthält, da er glaubt mich würden Gesetzesänderungen nicht interessieren.“ Septima lachte kurz auf. „Und du? Was treibt dich aufs Forum?“

  • "Nun, ehrlich gesagt, komme ich sehr oft hierher, auch wenn das eigentlich gar nicht nötig wäre." beantwortete Serrana Septimas Frage und sah sich mit leuchtenden Augen auf dem Forum um. "Ich liebe die Atmosphäre an diesem Ort und als es noch wärmer war, hab ich mich häufig auf irgendwelche Stufen gesetzt und gelesen oder mich einfach nur umgeschaut. Aber dafür ist es im Moment leider ein bisschen zu ungemütlich " Sie warf einen kurzen Blick auf die Bekanntmachungen, hatte aber keine große Lust diese zu lesen, da sie sich im Moment lieber auf die Unterhaltung mit Septima konzentrieren wollte. "Ist denn irgend etwas spannendes dabei?" fragte sie neugierig um dann noch nachzuhaken: "Und wer ist Manius? Dein Bruder?" Hoffentlich war die zweite Frage nicht zu indiskret, immerhin konnte es sich bei dem Unbekannten ja auch um den Verlobten der jungen Tiberia handeln.

  • Lächelnd lauschte Septima Serranas Beschreibung ihrer Sicht vom Forum Romanum. „Wieso meinst du das es nicht nötig wäre hier her zu kommen? Erfährst du etwa auch schon alles neue zu Hause?“ Septima war ein wenig verwirrt. Hatte nicht Serrana selbst bei der Cena in der Casa Iunia erzählt, dass sie mehr oder weniger alleine dort lebte? Wer unterrichtete dann die junge Frau über all die politischen Belange des Imperiums? Oder war sie gar politisch gar nicht interessiert?


    „Die Stimmung hier auf dem Forum ist in der Tat einzigartig.“ stimmte Septima lächelnd zu. „Allerdings würde ich viel lieber Mäuschen in der Curia Iulia sein um bei der ein oder anderen Senatssitzung zuhören zu können.“ fügte sie lachend hinzu. Ein Wunsch der für eine Frau niemals in Erfüllung gehen würde. „Allerdings komme ich ab und an zum zuhören draußen, vor der Curia hier her.“


    „Was es neues gibt? Nun, ich war noch nicht sehr weit gekommen.“ erklärte Septima. „Der Termin für die nächsten Wahlen im Senat ist bekannt gegeben worden und eine Inquisitio ist eingerichtet worden, die die Belastung der Proconule in den Provinzen Gallien und Hispania überprüfen sollen, da diese sich über zu viel Arbeit beschwert haben.“ fasste Septima sehr kurz und mit einfachen Worten zusammen, was sie bisher an Neuigkeiten aufgeschnappt, beziehungsweise gelesen hatte. „Weiter bin ich noch nicht gekommen.“ fügte sie dann schulterzuckend hinzu.


    „Ach, und Manius ist mein Onkel. Der Consul Tiberius.“ erklärte Septima anschließend noch. „Willst du selbst noch über die Bekanntmachungen schauen, oder wollen wir ein wenig über das Forum spazieren und schauen ob wir uns einer interessanten Unterhaltung anschließen, oder einen spannenden Vortrag anhören können?“

  • Serrana hatte gar nicht damit gerechnet, dass es Frauen gab die sich ernsthaft für Politik interessierten. Bei ihr war das ja ähnlich, auch wenn sie es manchmal vorzog, über lang vergangene Zeiten und deren Helden nachzudenken, da ihr die Phantasie in diesem Fall mehr Spielraum ließ.


    "Ja, das mit dem Mäuschen kenne ich." antwortete sie mit leuchtenden Augen. "Ich hab ja auch schon mit dem Gedanken geliebäugelt mich dort verkleidet einzuschleichen, aber ich fürchte, man würde mir recht schnell ansehen, dass ich kein Mann bin..." Septimas Frage, ob sie daheim schon alles erfahre, irritierte Serrana im ersten Moment, dann schüttelte sie den Kopf. "Oh nein, da erfahre ich im Grunde gar nichts. Mittlerweile wohne ich dort zwar nicht mehr allein, und mein Verwandter Iunius Silanus arbeitet sogar in der kaiserlichen Administration, aber den sehe ich leider viel zu selten, um ihn nach irgend etwas zu fragen. Ich glaube, er hat zur Zeit sehr viel zu tun".
    Als Septima ihr dann erklärte, um wen es sich bei "Manius" handelte, schaute Serrana die junge Tiberia überrascht an. Natürlich besaßen auch Consuln und Pontifices ein Praenomen, aber dass man sie einfach damit titulierte, schien der Iunia schon ziemlich gewagt. Andererseits gehörte Septima ja auch zur Familie des Consuls, und wenn sie ihn schon nicht so anredete, wer dann?


    "Ja, lass uns ein wenig zusammen über das Forum gehen." stimmte Serrana zu, nachdem sie interessiert Septimas Zusammenfassung des aktuellen Tagesgeschehens zugehört hatte. "Auf irgendetwas interessantes stoßen wir bestimmt, das ist hier ja fast immer so."

  • „Du hast was?!“ fragte Septima völlig perplex nach und fuhr leiser sprechend fort. „Du hat ernsthaft drüber nachgedacht, dein schönes langes Haar abzuschneiden und als Mann verkleidet in die Curia Iunia zu gehen? Das kann unmöglich sein!“ Noch während sie es aussprach, fiel Septima auf, wie abwegig diese Vorstellung war und gewiss würde Serrana sie gleich breit anlächeln und die Patrizierin war voll auf ihren Scherz herein gefallen. Lachend verdrehte sie die Augen und legte Serrana einen Arm um die schmalen Schultern. Die Iunia war tatsächlich noch ganz schön klein. „Du würdest mit deinem süßen Jungengesicht gar nicht als Mann, geschweige denn als Senator durch gehen.“ lachte Septima, ließ Serrana wieder los und ging langsam mit ihr die Stufen auf den großen Platz des Forum Romanus hinunter.


    „Ach wie, du wohnst gar nicht mehr alleine in der Casa? Was für ein Zufall. Gerade vor ein paar Wochen ist auch ein entfernter Verwandter der Tiberier in die Villa eingezogen. Tiberius Celsus, ein Cousin… mhm… ein entfernter Vetter halt.“ wich Septima mal wieder der Stammbaumfrage aus und inspizierte Serrana neugierig von der Seite.


    „Aber erzähl doch mal was es sonst bei DIR neues gibt.“ forderte die junge Iunia auf. „Immerhin haben wir uns seid den Fontis nicht mehr gesehen. Wie hast du die Saturnalien verbracht?“ Während sie so plauderten, schlenderten die beiden Frauen über das Forum Romanum, sicher begleitet von Adula und Baldemar. Der Custodes der Tiberia hatte Adula mit einem Kopfnicken und einem kurzen Brummlaut begrüßt. An seinem Gesicht war nicht zu erkennen, was er von der Dienerin der Iunia hielt.

  • Als Septima so heftig auf ihre Bemerkung reagierte, war es nun Serrana, die überrascht war. "Ähm, doch, eigentlich schon." antwortete sie dann mit einem verlegenen Lächeln. "Ich weiß natürlich, dass das albern ist, aber ich glaube, das wäre es mir wert gewesen." Nun war sie vor einigen Wochen aus gutem Grund auch noch deutlich weniger eitel gewesen, aber das musste sie Septima ja nicht unbedingt auf die Nase binden. Serrana lächelte, als die junge Tiberia ihr kurz den Arm um die Schultern legte, denn irgendwie freute sie sich über diese kameradschaftliche Geste. Bei der dazugehörigen Bemerkung fror dieses Lächeln jedoch sofort ein wenig fest und Serrana sah Septima erschrocken an.


    "Findest du, dass ich aussehe wie ein Junge?" fragte sie mit zunehmender Unsicherheit in der Stimme. Natürlich war Serrana klar, dass sie selbst nicht so eine strahlend schöne Erscheinung wie Septima war, aber wie ein Junge wollte sie nun auch nicht gerade aussehen. Fast automatisch warf sie zuerst einen Blick auf die Tiberia und deren gute Figur, die durch die perfekt geschneiderten Kleider noch betont wurde und sah dann an sich selbst herunter. Nein, mit beeindruckenden weiblichen Formen würde sie da auch nichts ausgleichen können, dafür war ihr Körperbau viel zu zierlich. Serrana seufzte schicksalsergeben und beschloss, sich mit diesem deprimierenden Thema lieber nicht weiter zu beschäftigen. Da kam das Thema mit den neu hinzugezogenen Verwandten schon ganz günstig.


    "Das hört sich aber nett an." griff sie den rettenden Strohhalm sofort auf. "Wie ist er denn so dieser Celsus?" Während die beiden jungen Mädchen ein paar Schritte weitergingen, überlegte Serrana, wie sie ihre neuen Familienmitglieder am besten beschreiben konnte.
    "Ja, stell dir vor, im Moment sind wir sogar zu viert. Silanus und Brutus sind vor kurzem aus Germanien heimgekommen, wobei Brutus erst als Erwachsener in die Gens aufgenommen worden ist. Und Silanus arbeitet im kaiserlichen Palast, ihm gehört die Casa Iunia. Und dann ist da noch Axilla, meine Cousine. Die lebt eigentlich in Alexandria, bleibt aber bis zum Sommer hier in Rom und ist furchtbar nett."


    Und Neuigkeiten gab es so einige in Serranas Leben, aber gerade die spannendsten durfte sie leider nicht erzählen und überlegte deshalb fieberhaft, auf welches andere Thema sie ausweichen konnte. "Oh, ich fürchte, da gibt es gar nicht so viel zu erzählen." plauderte sie dann los. "Ich hab in den letzten Tagen und Wochen sehr viel für meine Prüfung gelernt. Sogar an den Saturnalien, aber die Sklaven hatten natürlich frei und haben gefeiert. Und wie war es bei dir?" Eine so schillernde Persönlichkeit wie Septima führte ja sicherlich ein wesentlich spektakuläreres Leben als sie selbst.

  • Septima war sichtlich erstaunt, als Serrana ohne Umschweife zu gab, dass sie ihre Haare durchaus abgeschnitten hätte, um als Mann durchgehen zu können. Das Serrana dann aber, ob Septimas Äußerung, sie sähe nicht wie ein Junge aus, so traurig wirkte, ließ Septima stutzen. „Eben weil du NICHT wie ein Junge aussiehst, hätte sogar das Haare kürzen nichts genützt, weil die ehrwürdigen Senatoren einen solchen ‚Jungen’ gar nicht in die Curia gelassen hätten. Also keine Sorge, Serrana, du bist viel zu süß und weiblich, als dass du als Mann durchgehen könntest.“ Sie schaute die Iunia von der Seite her an. Würde dieses Kompliment Serrana wieder aufmuntern?


    Mhm… wie war Celsus? „Er ist ein beflissener, netter junger Mann, der wohl eine politische Karriere anstrebt.“ umschrieb Septima ihren Vetter kurz. „Er hat erst kürzlich seine Mutter verloren und ist deshalb hier her nach Rom gekommen. Warum fragst du? Hältst du etwa Ausschau nach einem geeigneten Mann?“ neckte sie Serrana und lächelte diese an. ‚Oh wäre ich doch auch noch in der Lage mir Gedanken über mögliche Kandidaten zu machen.’ seufzte Septima innerlich. Aber all das wehklagen würde ihr nicht über die Situation, bald verlobt und kurz darauf verheiratet zu sein, hinweg helfen. Und immer hin hätte es Septima schlimmer treffen können. Einen Dickbauch hätte sie noch weniger zum Mann haben wollen.


    Anschließend berichtete die junge Iunia über ihre Verwandschaft. „Brutus? Ist er adoptiert worden?“ hakte Septima nach. „Welchem Gens gehörte er denn zuvor an?“


    „Och, bei mir war auch nichts Besonderes… obwohl… doch, da war was.“ Zunächst wollte sie Serrana von der bevorstehenden Hochzeit mit Aurelius Ursus erzählen – irgend wann musste es ja mal heraus - entschied sich dann aber doch dagegen. „Ich war mit Celsus bei einem Wagenrennen.“ Berichtete Septima statt dessen. „Mein Onkel hat zu seiner Amtseinführung als Consul, ein solches Rennen ausgerichtet, da hab ich es mir nicht nehmen lassen und meinen Vetter einfach mit hingezerrt.“ scherzte sie fröhlich weiter. „Wir sind im Block der Veneta gelandet, obwohl ich die Fahrer der Goldenen viel interessanter fand. Und prompt habe ich die Aurata angefeuert, was mir viele böse Blicke unter den Venetaanhängern eingebracht hat. Aber ich glaube, da ich eine Frau war, haben sie sich zurück gehalten.“ Den letzten Satz sprach Septima leiser. Sie war sehr froh darüber, dass die Factiomitglieder sie nicht gleich in der Luft zerrissen hatten.


    „Oder meintest du, wie ich die Saturnalien verbracht habe?“ fragte sie jetzt etwas verunsichert nach. Hatte sie Serrana womöglich falsch verstanden?

  • Serrana stieß einen hörbaren Seufzer der Erleichterung aus und ihre Hand fuhr automatisch hoch zu dem eben erwähnten Haar, als Septima ihre Bemerkung über ihr Äusseres richtig stellte. Wenn man ungefähr soviel Selbstbewusstsein besaß wie eine Spitzmaus, dann konnte einen so etwas schon ganz schön aus der Bahn werfen. Ob sie nun wirklich süß aussah, konnte die Iunia nicht beurteilen, sie war schon damit mehr als zufrieden, auf die schöne Tiberia "weiblich" zu wirken.


    Das, was Septima über ihren Cousin zu berichten hatte, hörte sich in Serranas Ohren durchaus sympathisch an, aber ihre nächste Bemerkung stürzte sie in tiefe Verlegenheit. "Ausschau halten, ich? Oh nein, natürlich nicht....So alt bin ich ja noch nicht, da habe ich noch ein wenig Zeit, denke ich..." sagte sie sofort und spürte zu ihrem Ärger, wie sich ihre Wangen wieder einmal rötlich verfärbten. Es war für Serrana schon sehr verlockend, Septima zu erzählen, dass das für sie nicht mehr nötig sein würde. Aber da sie Sedulus versprochen hatte, bis auf weiteres mit niemandem über ihre Verbindung zu sprechen, wollte sie sich auch daran halten. "Und ausserdem wird dein Cousin doch sicher eine Patrizierin heiraten wollen. Eure Familien bleiben doch meistens unter sich und wollen sich nicht mit Plebejern verbinden, oder nicht?"Eigentlich kannte Serrana sich mit patrizischen Gepflogenheiten nicht besonders gut aus, aber in diesem Punkt war sie sich doch ziemlich sicher.


    Als Septima nun wegen Brutus nachhakte, stellte die Iunia zu ihrer überaus großen Verlegenheit fest, dass sie so gut wie nichts über diesen jungen Mann wusste, der nun zu ihrer eigenen Familie gehörte. Seit seiner Ankunft in der Casa Iunia waren sie einander kaum über den Weg gelaufen und hatten nur ein paar belanglose Worte miteinander gewechselt.


    "Ich fürchte, ich kann dir gar nicht soviel über Brutus erzählen." antwortete sie daher mit einer verlegenen Röte im Gesicht. "Adoptiert ist er aber meines Wissens nach nicht, Silanus hat ihn irgendwie anders in die Gens aufgenommen." Du liebe Güte, war das peinlich.....was sollte Septima denn nur von ihr denken?


    Dankbar griff Serrana das Thema "Wagenrennen" auf, dass von ihrer peinlichen Ahnungslosigkeit in manchen Familienangelegenheiten ablenkte. Bei Septimas unbekümmerter Schilderung von den Geschehnissen riss sie dann recht schnell ungläubig die Augen auf. Von den verschiedenen Factiones hatte sie zwar herzlich wenig Ahnung, aber das hörte sich doch schon ziemlich gefährlich an.


    "Das hast du getan? Das war aber ganz schön mutig von dir." hakte Serrana so beeindruckt nach, dass ihr sogar Septimas Frage nach den Saturnalien entfiel.

  • Septima mußte lachen, als sie Serranas Antwort hörte. „Sicher, du bist noch jung, aber nicht zu jung. Wer wäre denn in deiner Familie für dich verantwortlich?“ erkundigte sie sich bei der jungen Frau. Es mußte doch einen Vormund für Serrana geben, oder nicht? „Und was die Verbindungen nur unter Patriziern angeht, sicher, mein Onkel hätte das gerne so, aber inzwischen gibt es so viele angesehene Pleblejer, dass auch er nicht mehr umhin kommt, seine ihm anvertrauten Frauen mit solchen zu verheiraten. Sie doch meine Großtante Albina. Sie ist mit Senator Purgitius Macer verheiratet und das, wie mir scheint, durchaus glücklich.“ Septima lächelte breit. Sie wollte gegenüber Serrana nicht zu hochtrabend erscheinen und auch wenn es wohl kaum Liebe zwischen den eben beschriebenen Eheleuten gab, so war es wohl eine gute Ehe, auf die sie beide durchaus stolz sein konnten.


    Das Serrana noch nicht viel über ihren Verwandten Brutus zu berichten wußte, störte Septima herzlich wenig. Es war auch mehr eine Höflichkeitsfrage gewesen, denn echtes Interesse. Wenn mit dem neuen Familienmitglied der Iunia ein neuer Senator erschienen wäre, so wüßte Septima dies bereits. Also konnte es sich nur um eine eher unscheinbare Person handeln, die keiner großen Aufmerksamkeit bedurfte. Somit ließ sie das Thema ruhen.


    Da unterhielten sie sich lieber über das Wagenrennen. „Das war nicht mutig, Serrana. Im nach hinein muß ich eingestehen, dass es eher dumm war. Die Factiomitglieder können ganz schon fanatisch sein, dass habe ich erst hinterher gemerkt. Beim nächsten Wagenrennen solltest du mit kommen.“ schlug Septima aufgeregt vor und freute sich schon auf das nächste Rennen, wann auch immer das sein mochte.


    „Was machst du denn gerne?“ fragte Septima weiter. „Was ist deine Lieblingsbeschäftigung?“ wollte sie von Serrana wissen, um mehr über die junge Iunia zu erfahren.

  • Nein, zu jung war sie vermutlich wirklich nicht mehr oder zumindest alt genug, um sich nach einem bestimmten Mann zu sehnen und danach, mit diesem so viel Zeit wie möglich zu verbringen. Serranas Gesicht nahm einen weichen Ausdruck an, als sie an Sedulus dachte, dann riss sie sich jedoch wieder zusammen und konzentrierte sich auf Septimas Frage.


    "Wer für mich verantwortlich ist?" Die Iunia runzelte die Stirn, während sie kurz darüber nachdachte, dann nickte sie. "Nun, ich denke, dass das Silanus ist, schließlich ist er unser Familienoberhaupt. Aber ich ich unterstehe keiner Patria Potestas und habe deshalb auch keinen Vormund. " Zur Zeit war sie über diesen Umstand auch ausgesprochen glücklich. Kaum auszudenken, wenn man ihr plötzlich zum zweiten Mal in ihrem Leben einen ungeliebten Mann als künftigen Gatten vor die Nase setzen würde..."Hast du denn einen?" gab sie die Frage an die Tiberia zurück.


    "Oh, wenn du nichts dagegen hast, dann komme ich gern mit." Sie beim Wagenrennen, was für eine aufregende Vorstellung! Allein hätte sich Serrana dort niemals hingetraut, aber wenn Septima dabei war, konnte ja nicht allzuviel passieren, oder? Und Adula würde schließlich auch dabei sein, und mit ihrer riesigen Sklavin im Rücken fühlte sich Serrana ohnehin immer gleich viel stärker und sicherer.


    Mittlerweile hatten die beiden Mädchen die Mitte des Forums erreicht und bewegten sich langsam durch die Mengen von anderen Besuchern, die um sie herum standen, sich unterhielten oder auch wie sie selbst in unterschiedlichem Tempo über den Platz liefen. Serrana machte sich gerade darüber Gedanken, was sie am besten auf die Frage nach ihrer Lieblingsbeschäftigung antworten sollte, als die schrille Stimme einer relativ fülligen Dame in mittleren Jahren, die sich mit ihrer Begleiterin auf einer Höhe mit ihr und Septima befand, ihre Aufmerksamkeit auf sich lenkte.


    "Ein Nubier??? Hör mir bloß mit Nubiern auf! Kannst du dich noch an den erinnern, den Faustus mir letztens geschenkt hat, um mich wegen seiner jämmerlichen Drei-Minuten-Besuche einmal pro Halbjahr milde zu stimmen? Was nutzt mir eine Ausstattung wie bei einem von Hannibals Elefanten, wenn der Kerl so unbeweglich ist wie ein Holzpfosten? Wer bin ich denn, dass ich die ganze Arbeit machen will??? Also diesen Kerl konnte man wirklich nur mit einer Girlande umwickeln und ihn zum angeben in den Hortus stellen. Und Tettia Pulvilla, die blöde Pute, will ihn mir tatsächlich abkaufen, kaum zu glauben ,oder?" Ein Lachen, noch schriller als die Stimme selbst folgte.


    Serrana merkte erst jetzt, dass sie der Unterhaltung der beiden Damen mit offenem Mund und zunehmender Wangenröte gefolgt war und brauchte einen kleinen Moment, bis sie sich wieder auf Septimas Frage konzentrieren konnte. Hoffentlich hatte die Tiberia von dem Vortrag nichts mitbekommen, als Patrizierin musste die ja noch viel schockierter sein als sie selbst!


    "Ich...ähm..ähm...ich lese sehr gern." sagte sie schnell und verhaspelte sich ein wenig bei dem Bemühen, sich von ihrer Verlegenheit nichts anmerken zu lassen. "Vor allem historische Werke, aber...äh...auch andere Sachen manchmal..."

  • Septima hochrte auf. Serrana stand unter keiner Patria Potestas? Was das nicht etwas unverantwortlich von ihren Verwandten? Die Augenbrauchen der Tiberia zogen sich zweifelnd zusammen. „Ja, ich stehe unter der Patria Potestas von meinem Onkel, dem Consul. Es erstaunt mich, dass du sui iuris bist?“ Was für ein traumhafter Zustand? Wäre Septima keinerlei Gewalten untergeordnet, dann wäre es ihr möglich zu heiraten, wen auch immer ihr Herz begehrt! Hach...


    „Das find ich sehr schön.“ bestätigte Septima mit einem Lächeln Serranas Zustimmung zu einem zukünftigen gemeinsamen Besuch eines Wagenrennens.


    Neugierig wartete sie auf die Antwort der Iunia zu deren Vorlieben, als sie Zeuge einer Unterhaltung zweier Damen wurden, die sich über ganz andere Lieblingsbeschäftigungen unterhielten. Septima konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, denn die Vorstellung eines dunkelhäutigen Mannes mit einer Blumengirlande um den Hals, im Hortus einer wildfremden Dame und mit seinem besten Stück, ja, das reizte schon ihre Phantasie. Ein kurzer Seitenblick zu Serrana und sie registrierte, das diese glatt rot geworden war. Sanft schob sie die Iunia ein Stückchen weiter, nicht ohne den Kommentar der anderen Frau, die nicht im stolzen Besitzt dieses prächtigen Nubiers war, noch zu hören.


    „Pulvilla scheint es ja nötig zu haben. Du weißt doch, ihr Mann soll nicht gerade der größte im Bett sein, wenn du verstehst was ich meine. Die ist doch nur neidisch auf dich. Also... wenn der Nubier dir nicht gefällt, dann könntest du ihn mir mal für eine Woche überlassen, oder?“


    Das Gespräch zwischen den beiden Damen ging noch in unverminderte Lautstärke weiter, aber das wurde Septima nun doch zu peinlich. „Wie können die sich nur so lautstark über solch ein delikates Thema mitten auf dem Forum unterhalten!?“ konsternierte sie sich über die beiden Frauen.


    „So, du liest gerne? Was denn für Werke? Doch nicht etwa so etwas wie Liebesgedicht, oder?“ Septima zwinkerte Serrrana zu und hoffte, das diese das aufdringliche Gespräch der beiden Damen schnell wieder vergessen würde. Oder sollte sie lieber mit ihr darüber sprechen? Vielleicht half es der jungen Frau, wenn sie mehr über das Thema wußte? Aber was hätte Septima ihr groß zu erzählen. Im Grunde... nichts. Sie war selber noch völlig unbedarft auf dem Gebiet, auch wenn sie vieles gelesen, gesehen und beobachtet hatte. Das war gewiss etwas anderes, als wenn es einem selbst widerfuhr. Oh wie sehr wünschte sie sich endlich die Vereinigung mit einem Mann herbei... Mit einem ganz bestimmten Mann... Ein kleiner Seufzer folgte als Ausdruck ihrer Gedanken.

  • Über den Umstand, dass sie sui iurs war, hatte Serrana eigentlich noch nie so richtig nachgedacht. Laevina war das schließlich jahrelang vollkommen gleichgültig gewesen, sie hatte ihre Enkelin trotzdem nach Strich und Faden bevormundet. Erst jetzt, wo sie gerade angefangen hatte, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, wurde der Iunia auf angenehme Weise bewusst, welche Vorteile ein solcher Status mit sich brachte.


    "Nun, vermutlich liegt es daran, dass mein Vater schon seit einigen Jahren tot ist. Und vorher hab ich ja auch nicht bei ihm gelebt sondern bei den Eltern meiner Mutter. Und mein Großvater hat mir immer schon sehr viele Freiheiten gelassen, dem war es wichtiger mir etwas beizubrigen, als über mich zu bestimmen..."


    Das Thema Wagenrennen ging nun völlig unter, denn Serrana hätte vermutlich noch eine ganze Weile auf die beiden lautstark diskutierenden Damen gestarrt, wenn Septima sie nicht ein Stück weiter geschoben hätte. Auf der einen Seite war sie verwirrt und verlegen, aber auf der anderen Seite war da auch noch eine gehörigen Portion Neugier, die sie dazu brachte, mit einem Ohr auch weiterhin diesem delikaten Gespräch zuzuhören. Schließlich würde sie bald eine verheiratete Frau sein, da musste sie sich doch schließlich ein wenig auskennen, oder etwa nicht?


    "Oja, da hast du Recht." murmelte sie und ihr Blick huschte zwischen der Tiberia und den beiden Frauen hin und her. "Das kann ja jeder hören, dass das den beiden das nicht peinlich ist..."
    Nein, peinlich schien ihren Nachbarinnen gar nichts zu sein. Ganz im Gegenteil, die Lautstärke schien sogar noch ein bisschen zuzunehmen, was natürlich auch an der unangenehmen Tonhöhe liegen konnte.

    "Ach, wenn du magst, dann leih ich ihn dir mal für ein paar Tage. Wobei ich mich frage wofür? Dein Hortus ist doch viel zu klein für einen Deko-Sklaven...."
    Albernes Gegacker erschallte über dem Forum.
    "Aber weisst du, was der neueste Schrei sein soll? Parther! Sabidia Laeca hat sich einen besorgt und sie ist mehr als zufrieden mit ihm. Optisch macht er gar nicht soviel her, ziemlich klein und so...aber dafür muss er wohl sehr agil sein...wenn du verstehst, was ich ich meine...Und stell dir vor, eine von den Patrizierinnen soll sich auch einen halten..."


    Serrana riss sich mit einiger Mühe wieder von dem Gezeter los und konzentrierte sich auf ihr Gegenüber. "Wie? Oh, nein, mit Liebesgedichten kenne ich mich eigentlich gar nicht aus, obwohl die sicher schön sind...Ich lese gern über die Zeit der Republik, damals gab es viel interessantere Persönlichkeiten als heute, zumindest kommt es mir so vor, wenn ich all die alten Schriften lese...Liest du denn auch gern?"

  • Nun ging das Gespräch der beiden Damen über Parhter, zum Lästern über eine Patrizierin, die sich ebenfalls einen Parther 'halten' sollte. „Also langsam gehen die Damen zu weit.“ echauffierte sich Septima und zog ihr süße Nase kraus. „Das Thema Sklaven und ihre Manneskraft macht ja noch interessant gewesen sein, aber über eine Patrizierin zu lästern... Nein, das ist gar nicht fein.“ Wieder einmal wurde der Tiberia bewusst, wie wenig Unterschiede es noch zwischen dem Adel und dem gemeinen Volk gab. Sie selbst ging mit einer Iunia über den Platz vom Forum Romanum und belauschte zwei ältere Damen bei ihrem Gespräch. So besonders anständig war das auch nicht.


    „Also ich würd mir keinen nackten Sklaven in den Hortus stellen. Du etwa?“ lächlend schaute sie Serrana an, die durch das Gespräch der Frauen noch immer arg abgelenkt wirkte. „Was ist? Interessiert es dich am Ende noch, was diese Waschweiber da reden?“ Möglich war alles. Serrana war noch sehr jung und schien, ebenso wie Septima, auf dem Lande aufgewachsen zu sein. Die Unschuld in Person. Dabei mußte Septima grinsen. Vielleicht könnte sie Serrana noch etwas beibringen?


    „Ob ich gerne lese? Mhm... kommt darauf an. Mein Vater hat es nicht gern gesehen und der Hauslehrer hat mich auch mehr zum spinnen, sticken und weben angehalten. Eben Aufgaben einer Frau, obwohl das beim Adel kaum noch von Nöten ist, denn wir haben genug Geld um uns die Dinge zu kaufen, die wir brauchen.“ Das klang bestimmt hochtrabend und Septima bereute fast augenblicklich so leichtsinnig gesprochen zu haben. „Aber gut ist es alle mal, wenn eine Frau all diese Dinge kann.“ Auch das half nicht wirklich gegen den Hochmut, den die junge Patrizierin offen zur Schau getragen hatte. „Verzeih, Serrana, ich wollte nicht so hochmütig klingen. Das Leben ist nur viel angenehmer, wenn ich nicht ständig am Spinnrad oder am Webstuhl sitzen muß.“ Was zur Zeit häufig der Fall war, denn Septima fertigte bereits ihre tunika recta für die bevorstehende Hochzeit mit Aurelius Ursus an, von der noch niemand wußte, da sie es keinem erzählte.


    „Also... was das lesen angeht. Ich habe sehr gerne die Odeusse von Homer gelesen und erst neulich an meinen Onkel verschenkt. Als kleine Aufmerksamkeit zu seinem Erreichen des Consulats.“


    Aus der Ferne hörten sie noch die beiden gackernden Frauen. "Und war es nicht die gleiche Patrizierin, die sich diesen kretischen Stier aus der Therme unter den Nagel gerissen hat? Also wirklich, da gab es dort mal einen guten Masseur und schon schnapp sich so eine Reiche den, nur um ihren eigenen Spaß mit ihm zu haben. Na, die muß es ja nötig haben." Und schon gackerte die Frau zusammen mit ihrer Freundin weiter.

  • So peinlich der lautstarke Auftritt der beiden Frauen auch war, irgendwie übte er dennoch eine gewisse Faszination auf Serrana aus, die die schrillen Stimmen kaum ausblenden konnte, um sich auf die wesentlich angenehmere der Tiberia zu konzentrieren.


    "Wie? Oh, ihr Götter, natürlich nicht...." sagte sie hastig, als Septimas Frage endlich richtig bei ihr angekommen war, und stellte dann erfreut fest, dass sie mit dieser Bemerkung im Grunde auch schon die zweite beantwortet hatte, die ihr fast genauso peinlich war. Ein nackter Sklave im Garten, du liebe Güte....Doch so abstoßend die beiden Frauen mit ihrem ordinären Gerede auch wirken mochten, vollkommen kalt ließ die Iunia dieses Thema nicht, und das irritierte sie doch ein wenig. Hoffentlich merkte man ihr davon nicht allzuviel an.
    In Serranas Blick, mit dem sie die Tiberia nun musterte, schwangen sowohl Bewunderung als auch ein wenig Neid mit. Wie schaffte sie es nur, immer so entspannt und völlig souverän zu wirken?
    Septima kam jetzt wieder auf ein anderes Thema zu sprechen, und Serrana ergriff dankbar den rettenden Strohhalm, um das Gespräch wieder in unverfänglichere Gewässer zu lenken.


    "Dein Vater hat es nicht gern gesehen, wenn du gelesen hast?" fragte sie mit echter Überraschung. "Aber warum denn das nicht? Meine Großmutter hat mir auch all diese Handarbeiten beigebracht, aber dafür durfte ich auch viel Zeit im Officium meines Großvaters verbringen, der hat mich selbst lesen und schreiben gelehrt und mir viele andere Dinge erklärt, die ich noch nicht verstehen konnte. Das war wirklich sehr schön." Serranas Blick nahm bei dieser Erinnerung kurz einen weichen und liebevollen Ausdruck an, und Septimas Bemerkung über die Vorzüge von Wohlstand ging ein wenig an ihr vorbei.
    "Manchmal finde ich es sogar ganz schön am Webstuhl zu sitzen." erklärte sie dann nachdenklich. "Man kann dabei die Gedanken einfach fließen lassen, das tut wirklich gut, finde ich." Beim Titel "Odysse horchte sie auf. "Oja, das ist ein wunderschönes Buch. All diesen fernen Länder und die fremden Völker, soviel werden wir wohl nie zu sehen bekommen, auch wenn wir uralt werden. Dein Onkel hat sicher sehr über dein Geschenk gefreut, oder?" Wie es wohl war, mit einem echten Consul verwandt zu sein? Damit konnten die Iunier, zumindest in den letzten Jahrzehnten, wirklich nicht mithalten.


    Mittlerweile war Serrana so in dem Gespräch mit Septima angekommen, dass sie das Gegacker nur noch aus der Ferne wahrnahm und erst bei einem bestimmten Namen stutzte. Kretischer Stier? In den Thermen? Und eine Patrizierin, die ihn sich unter den Nagel gerissen hatte?
    Serrana konnte sich nicht mehr allzu gut an Flavia Celerina erinnern, da ihr selbst an jenem denkwürdigen gemeinsamen Tag in den Thermen alles andere als wohl gewesen war, aber irgendwie schienen die Puzzle-Teilchen perfekt zusammenzupassen. Aber dass die Flavia mit ihrem arroganten Auftreten tatsächlich mit einem einfachen Sklaven.....nein, unmöglich...
    Irgendwie wurde ihr die Nachbarschaft jetzt doch ein wenig unangenehm und Serrana überlegte krampfhaft, wie sie am besten einen Ortswechsel einleiten konnte.


    "Ähem, was hältst du davon, wenn wir nochmal ein bisschen weiterlaufen? Irgendwie ist der Wind doch ziemlich kühl, wenn man mitten auf dem Platz stehen bleibt..."


    Serrana sah Septima ein wenig flehend an, doch schon ein paar Sekunden später erschallte die Stimme von neuem.
    "Ja, genau das ist sie. Offenbar hat die Gute ganz besondere Bedürfnisse, die man nur mit exotischen Mitteln stillen kann. Aber nun gut, wenn ihr Mann es sich leisten kann, ihr solche Spielzeuge zu schenken.... Ich würde da auch nicht nein sagen, aber mein Faustus ist dafür natürlich viel zu knickerig. Nein, ich muss mich mit einem Nubier vom Wühltisch zufrieden geben. Die Welt ist doch wirklich ungerecht, findest du nicht....?"

  • Serranas Verlegenheit bei ihrer Frage nach dem nackten Sklaven im Hortus, war ein deutliches Zeichen ihrer Jugend. Septima hoffte sehr, dass Serrana noch viel Zeit zum erwachsen werden blieb, denn all zu bald sollte die Iunia nicht verheiratet werden, wenn sie unter keiner Gewaltherrschaft stand. Das alles ganz anders kommen würde, ahnte die liebe Septima noch nicht.


    Als Serrana mit Unverständnis auf Septimas Situation zu Hause reagierte, konnte diese ein frustriertes ausatmen nicht unterdrücken. „Mein Vater? Dem war es ziemlich egal was ich tat, solange ich ihm nicht unter die Augen kam.“ entfuhr es ihr heftig und im nächsten Moment bereute sie ihre Worte. Zum einen sollte sie nicht schlecht über einen Verstorbenen sprechen und zum anderen würde Serrana nun gewiss Nachfragen stellen. Wieso, warum und weshalb ihr Vater sie nicht sehen mochte, weshalb sie dies oder das nicht durfte, weil er es für nicht angebracht hielt und warum er so viel trank. All das hätte Septima vermeiden können, wenn sie nicht so abfällig über ihren Vater gesprochen hätte. „Na ja… versteh das jetzt nicht falsch, Serrana, aber mein Vater hat sich halt mehr um meinen Bruder gekümmert, als um mich. Und für ein Kind ist es schwer zu verstehen, weshalb der eine mehr und der andere weniger Aufmerksamkeit bekommt.“ Septima hoffte, damit die Situation retten zu können und den Fragen auszuweichen.


    „Und was das Lesen angeht. Ich habe mir ab und an die Schriftrollen aus der Bibliotheca einfach genommen, ohne das es jemand wusste.“ Sie zwinkerte Serrana kurz zu. „Oh ja, ich denke schon das es meinen Onkel gefreut hat. Und selbst wenn nicht, vielleicht finde ich demnächst etwas Zeit und kann es selbst noch mal lesen.“ Das sah sie zum Glück nicht so eng.


    Sie gingen langsam weiter und Serrana schien darüber sehr erfreut zu sein, denn sie beschwerte sich gerade darüber, dass es ihr ein wenig kühl sei. „Komm, lass uns dort drüben hin gehen, das ist es gewiss etwas angenehmer.“ schlug sie ihrer Freundin vor und sie marschierten an den beiden Klatschweibern vorbei.


    „Ach was.“ antworte die eine Frau gerade er anderen, die sich so über den Nubier vom Wühlstand aufgeregt hatte. „Nur noch ein paar Jahre, dann bist du eh vertrocknet wie eine dieser Feigen.“ Nun ging der Scherz nicht mehr auf Kosten der gehobenen Schicht, sondern gegen die eigene Begleiterin, welche sofort zurück keifte. „Wenn ICH überhaupt vertrockne, wie du so schön sagst, dann erst viel viel später wie du!“


    Septima hatte keine Lust mehr den Weibern zu zuhören und endlich waren sie außerhalb deren Tonradius. Sie seufzte erleichtert auf. „Erinner mich bitte an diese Begebenheit, wenn wir es in ein paar Jahren sein sollten, die dermaßen alle Umgangsformen außer acht lassen und so daher reden, ja?“ bat sie Serrana und schaute sie treuherzig an. „Was hälst du davon. Wir schauen uns noch ein paar Marktstände an und gucken ob wir nicht etwas hübsches finden, was mal so gar nichts mit nackten Sklaven im Hortus zu tun hat?“ Ein zartes Lachen folgte und Septima wartete gespannt, ob die Iunia noch Zeit für einen kleinen Bummel hatte.

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