bibliotheca | Musik braucht keine Sprache

  • Es hatte eine Weile gebraucht, bis Penelope einen Raum gefunden hatte, wo sie in Ruhe ein wenig arbeiten konnte. Panthea hatte sie nicht gänzlich ohne Sorge in die Hände der aurelischen Sklaven gegeben. Ihre Tochter mochte den Nubier sehr gern, und anscheinend war er wohl weitestgehend vertrauenswürdig, so dass sie sich keine Sorgen zu machen brauchte. Allerdings dann einen wirklich stillen Raum mit einigermaßen ansprechender Akkustik zu finden gestaltete sich schon schwieriger. Immerhin war sie Gast und wollte nicht einfach irgendwo eindringen, wo sie keinen Zutritt hatte. Die kalte Luft des Gartens wäre zwar ein interessantes Experiment gewesen. Penelope konnte noch nie mit unterschiedlichen Temperaturen den Klang von Instrumenten testen, zumindest nicht mit kalten Temperaturen. In Alexandria schwankte zwar auch die Temperatur, allerdings nur zwischen warm und sehr warm. Hier war es so kalt, dass manchmal der Atem kleine Wölkchen bildete, ein Phänomen, dass die Griechin fast schon erschreckt hatte. Aber sie wollte nicht so ungerecht sein, und wenn für ihre Tochter der Garten verboten war, würde sie ihn auch nicht betreten.


    So hatte sie die anderen Räume des Oikos, des öffentlichen Teil des Hauses aufgesucht. Auch wenn diese Villa sich doch von einem typischen, griechischen Haus sehr unterschied. Kein abgetrenntes Gynaikon, kein wirkliches Andron, alles etwas verwischter und verbundener. Weniger nach Verteidigbarkeit denn vielmehr nach Ästhetik erbaut, kam es ihr vor. So war es nicht einfach, die Räume auszumachen, die als Allgemeingut galten, um unter jenen einen auszuwählen, wo sie niemanden störte und dessen Klang angenehm war.
    Schließlich aber war sie in der Bibliothek gelandet. Penelope schritt zwischen den Regalen mit Büchern und Schriften hindurch. Kurz glitten ihre Augen über ihre Menge, die Sorgfalt, mit der sie gehegt wurden. Wenigstens waren diese Bewohner hier keine Barbaren, die den Wert von Büchern zu schätzen wussten. Vielleicht konnte sie ja ihren Gastgeber noch nach seltenen Exemplaren, die es in Alexandria nicht gab,f ragen, um die große Bibliotheke im Museion zu vervollständigen. Vielleicht Schriften und Zeugnisse der Stämme des Nordens, die nicht bis in den Hafen am Nil kamen. Nikolaos würde gewiss entzückt sein.
    Aber später, zunächst einmal wollte sie etwas Ruhe und Muse. Sie suchte eine Sitzecke auf, die bei einem kleinen Tisch aus blankpoliertem, dunklen Holz stand. Dort legte sie einige Wachstafeln ab, ehe sie den Trageriemen von Harmonia löste und die Kithara vorsichtig abstellte. Sie befreite das teure Instrument von seinem samtenen Schutz und besah sich noch einmal den Raum. Sie zupfte eine einzelne Saite an, ließ den Klang im Raum schweben, lauschte auf die vielen kleinen Echos von den Wänden, das Murmeln, mit dem er verklang, das dumpfe Schlucken der Schriftrollen. Angenehm, ruhig. Man würde sie nicht im ganzen Haus spielen hören, und dennoch wurden die Klänge kaum verfälscht, erzeugten ein sanftes Vibrato in der Luft, ehe sie verklangen. Ja, hier konnte sie Arbeiten.


    Auch, wenn man das Instrument allein schon seiner Größe wegen im Stehen spielte, ja bei Vorträgen und Symposien alles andere als unziemlich galt, setzte sich Penelope auf einen weichen Polstersessel und stützte Harmonia an ihrem Bein ab. Sie schloss einen Moment die Augen, suchte diese Melodie, die sie vergangene Nacht im Schlaf verfolgt hatte, versuchte sich an die Klangfolgen zu erinnern. Ganz langsam legten sich ihre schlanken Finger auf die Saiten, suchten den Anfang. Sie fühlte die Spannung in den Fingerspitzen, wo sie die Saiten berührte. Jeden einzelnen Finger hatte sie sich schon blutig gespielt, aber im Moment fühlte sie die elektrisierende Wirkung so deutlich, als wäre ihre Haut neu wie bei einem Neugeborenen.
    Und dann spielte sie, ganz langsam, ließ die Töne fließen. Suchte die Melodie, die sie so lange hörte und nie zu fassen bekam. Nur ab und an setzte sie das Instrument ab, notierte ein paar Fragmente schnell auf dem Wachs, und spielte weiter, gedankenversunken.


    Sim-Off:

    Reserviert^^

  • Langsam ging Siv durch die Gänge der Villa. Sie wusste nicht so recht, wohin. Alles schien ihr irgendwie so… anstrengend zu sein. Und sie meinte nicht den körperlichen Aspekt, der in ihrem Zustand gegeben war. Corvinus war seit einigen Tagen wieder da. Und wie ein unsichtbarer Schleier legte sich seine bloße Anwesenheit in diesem Haus auf sie, um sie, und schien sie niederzudrücken. Wenigstens war es nun, da sie die Kammer neben seinen Gemächern hatte räumen müssen und damit auch die letzten ihrer Aufgaben als Leibsklavin abgegeben hatte, nicht mehr schwer, ihm aus dem Weg zu gehen. Dennoch reichte das Wissen, dass er hier war, dass das bisschen Ruhe, zu dem ihr Inneres hatte finden können in der Zeit seiner Abwesenheit, verflog als wäre nichts gewesen. Sie flüchtete in die entlegensten Ecken des Hauses, brachte Abstand zwischen sich und die Orte, von denen sie wusste, dass er sich dort regelmäßig aufhielt. Die meiste Zeit verbrachte sie im Stall, aber Brix schien ihr Verhalten inzwischen lächerlich zu finden, und sie wollte Zusammenstöße jeglicher Art vermeiden – genauso wie sie vermeiden wollte, dass er irgendwann die Schnauze voll von ihr hatte und ihr den Rücken kehrte. Brix, der wie ein Bär schien, der ihr wie ein großer Bruder geworden war – ihn auch noch zu verlieren, würde sie nicht aushalten, glaubte sie. Also bemühte sie sich, nicht allzu deutlich zu zeigen, wie rastlos und unsicher sie sich fühlte, und wie unglaublich verloren. Sie hatte immer noch keine Entscheidung getroffen. Sie wollte diese Entscheidung nicht treffen. Aber sie war sich bei weitem nicht sicher, ob die Entscheidung nicht schon längst gefallen war, und sie das Offensichtliche einfach nur nicht wahrhaben wollte. Was sollte sie denn noch länger hier? Es gab hier keine Aufgabe für sie, nichts, was sie tun konnte. Sie sollte bei der Vorbereitung von Orests Hochzeit helfen – aber spätestens wenn das vorbei war, was gab es dann noch? Niemand hatte bisher mit ihr darüber gesprochen, was nach der Geburt sein würde, wie es weiter gehen würde, und sie war mehr und mehr zu dem Schluss gekommen, dass das nur eines bedeuten konnte: dass es nichts gab. Dass sie nur hier bleiben konnte, weil Corvinus es ihr angeboten hatte, und das, da machte sie sich nichts vor, was aus einer Mischung aus Verpflichtung geschehen und Wut, weil sie wieder mal diskutiert, nein, gestritten hatten, weil sie ihn festgenagelt hatte und er wohl nicht mehr gewusst hatte, was er sonst sagen sollte, um sie zum Schweigen zu bringen. Und selbst wenn es etwas gab… wenn sie weiter im Garten arbeiten konnte, beispielsweise. Dann blieb immer noch die Frage: wollte sie das überhaupt? Sie wollte bei ihm sein… wollte die Augenblicke genießen, die sie gemeinsam hatten, so wenige es auch sein mochten. Siv dachte nicht in Kategorien, wie wertvoll, wie angesehen die eine oder andere Arbeit war. Sie war zufrieden gewesen mit dem, was sie im letzten Jahr hatte tun können, ob das nun eine Arbeit war, die unter dem Niveau einer Freigelassenen lag oder nicht, darüber dachte sie nicht nach, das war ihr egal. Es war Arbeit, es war etwas zu tun, und es war etwas, was ihr und ihm die Gelegenheit gab, einigermaßen viel Zeit miteinander zu verbringen, ohne dass es auffiel. Und genau das schien Corvinus nicht mehr zu wollen, war er es doch gewesen, der ihr das genommen hatte. Der sie fortgeschickt hatte. Wenn sie nun aber Zeit mit ihm verbringen, bei ihm sein wollte, so weit es die Umstände zuließen, er das aber umgekehrt nicht mehr wollte – und alles sah danach aus –, was um alles in der Welt tat sie dann noch hier? Was hielt sie hier, warum sollte sie noch bleiben, wenn das Kind erst auf der Welt war und seine ersten Lebenswochen überstanden hatte?


    Langsam ging Siv durch die Gänge – nein, schlich mehr wie ein Schatten herum. Sie wollte nicht auffallen. Sie wollte sich einfach nur irgendwie beschäftigen. Lange sitzen konnte sie nicht mehr, lange stehen erst recht nicht, lange herumlaufen eigentlich auch nicht, aber sich bewegen war etwas, was ablenkte. Sich mit Idolum zu beschäftigen wäre noch besser gewesen, aber sie war den ganzen Vormittag schon im Stall gewesen. Und so musste es zwischendurch immer wieder das Umherwandern sein, das zur Ablenkung herhalten musste. Von sich, von ihren Gedanken, und von dem Ziehen in ihrem Bauch, dass sie seit einigen Wochen immer wieder hatte. Sie kannte das inzwischen, kannte es von früher, von Bekannten, von Schwägerinnen. Vorwehen waren normal. Trotzdem war sie beim ersten Mal kurz erschrocken, hatte Hel angefleht, dass es noch nicht so weit war, weil es zu früh gewesen wäre, und weil… weil Corvinus zu diesem Zeitpunkt fort gewesen war, auch wenn sich Siv niemals wirklich eingestanden hätte, dass das mit eine Rolle spielte. Wie auch immer, es war wieder verschwunden, war wieder gekommen, war wieder verschwunden, mal heftiger, mal weniger heftig, und Siv schenkte dem keine große Beachtung mehr. Sie würde einen Dreck tun und zu den Weibern gehören, die einen Fehlalarm auslösten und alle um sich herum in Panik versetzten. Lieber brachte sie ihr Kind alleine auf die Welt, als dass ihr das passierte. Sie verzog das Gesicht, als sich etwas in ihrem Bauch erneut verkrampfte, ignorierte es dann wie gewohnt – und dann, plötzlich, erstarrte Siv. Sie hörte etwas. Musik erklang, ungewohnt, fremdartig… Erklang hinter der Tür, die wenige Schritte vor ihr lag. Siv wusste nicht, wie ihr geschah. Die Musik packte sie, und sie stand da und hörte, endlose Augenblicke lang, bis sie sich wieder in Bewegung setzte und ihre Schritte unwillkürlich näher zu der Musik lenkte, die erklang, klar und rein. Wärme durchfloss sie, und die Melodie, die sie hörte, rührte etwas an ihr, ließ sie blinzeln. Funkelnde Töne schienen sie zu umschmeicheln, perlten um sie herum wie Sternenstaub. Siv hatte noch nicht erlebt, welche Wirkung Musik haben konnte. Sie kannte die Lieder und Gesänge von ihrer alten Heimat, und auch diese konnten einen packen, gerade wenn eine gewisse Gruppendynamik gegeben war, aber bisher hatte Siv sich noch sie… im tiefsten Inneren berührt gefühlt, wenn sie allein war und einfach nur Musik hörte. Die Melodie rührte sie, grub sich tief und tiefer in sie hinein und erleuchtete Winkel ihrer Selbst, die sie vergrub oder gar nicht zu kennen schien. Ohne es wirklich zu merken, war sie in die Bibliothek eingetreten, dort hinein, von wo die Musik her erklang. Und auch, als die Musikerin in ihr Blickfeld rückte und Siv sehen konnte, wer da spielte, riss der Zauber nicht ab, der sie gefangen zu halten schien. Sie blieb einfach stehen und hörte weiter zu.


    Gib mir Musik…


    Um mir ein Feuer anzuzünden,
    um die dunklen Tiefen meiner Seele zu ergründen,
    meine Lust und meine Schmerzen, Narben, die ich mir selbst verschwieg.


    Gib mir Musik…


    Die Träume, die längst aufgegeben,
    verschüttet in mir verdorrn, beginnen wieder aufzuleben,
    und ich weiß, dass ich jede verlorne Chance noch einmal krieg.


    Gib mir Musik…


    ~Reinhard Mey~

  • Gefangen vom Fluss der Melodie bemerkte Penelope nichts um sie herum. Wenn sie bei ihrer Musik war, dann war sie in einer anderen Welt, losgelöst von Raum und Zeit, wo sie sich gerade befand. Dann gab es kein Publikum, das vielleicht sich während ihres Spieles unterhielt, keine Sonne, die vielleicht blendete, keine Kälte, die sie vielleicht am Spielen hindern könnte. Es gab kein ablenkendes Vogelgezwitscher oder Klackern von Holzgriffeln auf den Rändern von Wachstafeln. Es gab einfach nur die Töne, die perfekte Ordnung, die weder Zeit noch Raum brauchte. Die jedes Wesen verstand, unabhängig von Sprache oder auch Rasse. Orpheus soll mit seiner Musik selbst die Steine tief im innersten ihrer Existenz berührt haben, Hades, den Tod selbst hatte er nur mit diesen Klängen erweicht. Sie berührte einfach jedes Herz, ob es wollte, oder nicht, sprach das aus, was nicht gesagt werden konnte, was aber auch nicht verschwiegen werden konnte.
    Und an diesem vollkommenen Ort war Penelope, während sie spielte, frei von allem, was das Leben ihr auch sonst entgegenstellen wollte. Sie vergaß die Streitereien, die sie mit ihrem Mann gehabt hatte, vergaß, dass sie nun viele hundert Meilen von zuhause entfernt war. Wenn sie ihre Musik spielte, war sie zuhause. Sie vergaß ihre Vergangenheit, den blinden Großvater, der sie geprügelt hatte, die Zeit in Rhakotis, die ständige Angst. Sie vergaß die ganzen Zweifel, die sie hierher geführt hatten und sie immer begleiteten. Sie vergaß ihre Bedenken wegen der Römer, vor denen sie einen Kurs zu halten hatte, deren Wesen sie aber nicht verstehen konnte. All das war einfach aufgelöst in perfekten Klängen, es gab nur die Gegenwart, und die war wundervoll.
    So bemerkte Penelope auch nicht die Gestalt, die hereinkam und ihr zuhörte. Sie spielte einfach, die meiste Zeit mit geschlossenen Augen. Nur ab und an zwang sie sich heraus aus ihrem Tagtraum, um sich ein paar Notizen auf der Wachstafel zu machen, aber selbst da sah sie die blonde Frau nicht, die nicht minder verträumt wie sie selbst dastand und lauschte. Erst, als das Lied vorbei war und die Melodie leise zwischen den Regalen verklang, atmete sie einmal tief durch und besah sich zum ersten Mal richtig bewusst, was sie mitgeschrieben hatte. Kritisch schaute sie auf die Zeichen, die uneingeweihte wohl nur für verschiedene Haken und Symbole hielten, aber schwerlich als Noten identifizieren würden. Sie versuchte, sie in die richtige Reihenfolge zu bringen, die beinahe in Trance einfach nur dahingeschmierten, schiefen Zeilen zu ordnen und ihnen den richtigen Sinn abzugewinnen. Diese Arbeit war schwieriger als das Spielen zuvor, da es nun die freien Melodien in starre Regeln zwang, weil Penelope darüber nachdenken musste, was sie tat, was passte, was sein musste und was nicht sein konnte. Harmonie zu empfinden war einfach, Harmonie zu kreieren unvergleichbar schwieriger.
    Und nun, während sie die Tafeln betrachtete, bemerkte sie auch aus den Augenwinkeln die Blonde, die da stand und zu ihr herüber sah. Langsam und bedächtig wandte Penelope ihr den Kopf zu, hob fragend die Augenbrauen und sah ihr entgegen. Dass das Mädchen schwanger war, war kaum zu übersehen. Sie trug ihren Bauch unübersehbar vor sich her. Penelopes strenger Blick wurde eine Winzigkeit weicher, und sie stoppte ihre exakte Musterung. Sie hatte keine Ahnung, wer diese Person hier war, aber sie würde sich sicher gleich erklären.
    “Du solltest nicht so lange stehen in deinem Zustand. Setz dich lieber“, meinte sie in der ihr so verhassten Sprache der Römer leichthin. Sie wusste noch von ihrer Schwangerschaft mit Panthea, wie sich jedes bisschen Stehen am Abend rächte, wenn das Wasser in die Knöchel dann zog bei warmen Wetter. Gut, hier war es kalt, aber der Vergleich fehlte Penelope natürlich, denn in Ägypten war jeder Abend ausgesprochen warm.

  • Tränen stiegen auf in Siv, sammelten sich zu einem Kloß in ihrer Kehle, als die Klänge den Knoten in ihrer Brust platzen ließen, der sich seit Tagen, Wochen, dort festgefressen hatte und immer größer geworden war, den sie zugelassen, gefördert hatte, weil sie nicht wollte, dass ihre Gefühle sie überschwemmten, weil sie verzweifelt dagegen ankämpfte, sich allzu deutlich anmerken zu lassen, wie es ihr ging – aber sie konnte nichts dagegen tun, was die Musik bewirkte, dass sie ihn aufweichte und den Wall niederriss, den Siv gebaut hatte, so dass alles wie in einer Sturmflut über ihr hereinbrach, was sie zu verdrängen suchte. Ihr Stolz, ihr Schmerz, ihre Verzweiflung. Sie liebte Corvinus. Sie liebte ihn so sehr. Und es war unfair, so unglaublich unfair, was geschah. Es war so unfair, dass er ihr die wenigen gemeinsamen Augenblicke missgönnte, die sie bisher wenigstens gehabt hatten. Es war so unfair, dass es gerade ihre Freiheit sein sollte, die sie sich gewünscht hatte, so sehnlich, die ihr ihre Liebe nehmen würde. Vielleicht lief es darauf hinaus. Vielleicht konnte man nicht beides haben, oder besser: vielleicht gab es Menschen, die nicht beides haben konnten. Für die die Götter beides nicht vorgesehen hatte, so dass es entweder das eine oder das andere sein musste, Freiheit oder Liebe… Vielleicht hatte Corvinus gespürt, dass sie zu diesen Menschen gehörte, und hatte ihr deswegen die Freiheit geschenkt, weil er geahnt, gespürt hatte, dass dies ein unumstößliches Zeichen sein würde, ebenso unumstößlich wie das Zeichen, das er gesetzt hatte, als er sie zu seiner Leibsklavin gemacht, vor so langer Zeit nun, wie es ihr vorkam. Vor so langer Zeit, dass es ihr fast wie aus einem anderen Leben schien.


    Als die Musik dann verklang, als die letzten Töne verklangen, verwehten, verschluckt wurden von den Büchern um sie herum, war Siv zunächst verwirrt. Einen winzigen Augenblick lang hatte sie Schwierigkeiten, in die Realität zurückzufinden, aber dann wurde ihr bewusst, wie feucht ihre Augen waren, und mit einer fast trotzigen Geste fuhr sie sich kurz mit dem Handballen darüber, bevor sie zum ersten Mal bewusst die Frau ansah, die nun auch sie entdeckt hatte, sie musterte und schließlich ansprach, auf Latein, aber mit einem merkwürdig weichen Akzent, der Siv irgendwie… bekannt vorkam. Es dauerte ein wenig, bis ihr einfiel, dass Merit eine ähnliche Aussprache gehabt, und der Gedanke an die andere Sklavin versetzte ihr einen weiteren Stich. Cadhla, Merit… davor ihre Brüder, ihr Vater, ihre Heimat. Irgendwie schien sie jeder zu verlassen, schien sie jeden zu verlieren, der ihr etwas bedeutete. Was war jetzt mit Brix – mit Corvinus? Siv nickte langsam auf die Worte der Frau hin und setzte sich langsam in einen der Korbstühle. "Du… das war schön. Wunderschön", meinte sie leise. "Ehm. Ich bin Siv", stellte sie sich dann erst vor, als ihr jetzt erst auffiel, dass sie das noch nicht getan hatte – und dass sie auch gar keine Ahnung hatte, wer die Frau war. Wie eine Sklavin wirkte sie nicht, aber Siv konnte sich auch nicht so wirklich einen Reim darauf machen, wer sie sonst sein könnte – hätte sie sich in den letzten Wochen nicht so sehr zurückgezogen, sie hätte sicher etwas von Ursus’ Gästen mitbekommen, die derzeit in der Villa waren. So aber hatte Siv keine Ahnung, war doch jeder Kommentar, den sie gehört haben mochte, einfach an ihr vorbeigeflogen, ohne dass sie es wirklich wahrgenommen hätte.

  • Das Mädchen schien ein wenig verwirrt zu sein. Sie setzte sich etwas zögerlich, was bedeutete, noch zögerlicher, als der Bauch es ohnehin gebot. Penelope erinnerte sich an die Verrenkungen, die man teils anstellen musste, um sich vernünftig und gemütlich hinzusetzen, weil das Gleichgewicht einen ständig nach vorne zu ziehen beabsichtigte. Und auch jetzt saß das Mädchen fast da, als wäre es ihr ein wenig unbehaglich zumute.
    Nun, vielleicht war das auch Einbildung. Penelope sah nur den Glanz in ihren Augen und die leichte, klare Rötung auf den Wangen, die unzweifelbar verrieten, dass sie geweint hatte. Nun, es hatten schon einige bei ihrem Spiel geweint, aber Penelope hielt dieses Stück selbst noch nicht für perfekt genug, um so ergreifend zu sein. Dafür fehlte die Kunst, die einzelnen Stücke miteinander zu verbinden, ihnen Harmonie zu geben, sie den Regeln der Mathematik anzupassen, so dass perfekte Rhythmik entstehen und ihre Wirkung im Herzen des Menschen, das das Verständnis für Mathematik ja beinhaltete, zu entfalten. Aber noch war es nicht so perfekt, noch war es nur mit Leichtigkeit dahingespielte Melodie. Daher schob Penelope diese Reaktion eher dem Zustand der jungen Frau zu. Während des letzten Teils der Schwangerschaft lagen nur zu häufig die Gefühle blank da, nicht einzudämmen durch den Verstand, und suchten sich die widersinnigsten Gründe, an die Oberfläche zu treten und sich so offenkundig und unpassend zu zeigen. Sie selbst hatte diese hochemotionale Zeit vor allem rückblickend doch sehr verabscheut. Aber nunja, das war wohl der Lauf der Natur.
    “Das war nur der Anfang. Die Frage, wenn du so willst, noch nicht die Antwort.“ Penelope weigerte sich, dafür jetzt schon ein Lob anzunehmen. Dafür war es noch nicht perfekt genug. Abgesehen davon, dass sie gelernt hatte, dass ein Künstler jegliches Lob bescheiden und kritisch annehmen sollte, denn letztendlich war man nur sterblich.
    Der Name der Frau sagte Penelope nichts. Sie erinnerte sich nur daran, dass so kurze Namen in Rom meistens auf Sklaven hinwiesen. Andererseits trug das Mädchen keine Bulla und auch sonst kein sichtbares Zeichen. Nunja, wirklich wichtig war es eigentlich nicht. “Mein Name ist Penelope Bantotakis.“
    Ohne sich von der Frau großartig stören zu lassen, besah sich Penelope weiterhin ihre Tafeln. Wenn sie nur alles verstehen könnte, was sie im Rausch des Moments so leicht aufgeschrieben hatte! Sie konnte die Melodie hören, während ihr Blick über die Noten flog, allein, es ergab wenig Sinn. Wie unzusammenhängende Fragmente, denen die gemeinsame Basis noch fehlte. Sie seufzte einmal leise und ließ den Blick wieder zu der Frau wandern.
    Sie wusste nicht genau, was es war, vielleicht, weil sie schwanger war, aber Penelope wollte sie nicht mit ihrer üblichen Missachtung gegen alles und jedes strafen. Der Frau schien es gerade nicht gut zu gehen. Penelope war zwar weit davon entfernt, sich als Schulter zum ausheulen anzubieten – das lag nicht in ihrer Natur – aber ganz ignorieren konnte sie sie auch schlecht.
    “Wie lange ist es noch?“ fragte sie also und nickte in Richtung des Bauches, während sie die Wachstafel aus der Hand legte.

  • Die Frage… noch nicht die Antwort. Siv begriff nicht ganz, was die Frau damit meinte, nicht Bezug auf die Melodie – wie konnte denn eine Melodie eine Frage sein? Und nur für den Fall, dass sie eine Frage sein konnte: wie konnte sie zur Antwort werden? Siv war recht pragmatisch, und selbst wenn sie es nicht wäre, sie hatte sich mit so etwas noch nie beschäftigt. Aber der Satz gefiel ihr irgendwie. Und ganz davon abgesehen lebte Siv schlicht ihre Gefühle, und die Musik hatte sie berührt, hatte sie aufgewühlt, hatte ihre Gefühle, das gesamte Chaos, das gerade in ihr herrschte, angefacht und zum Lodern gebracht. Sie ignorierte es, als ein weiteres Ziehen sich in ihrem Bauch lang zog, un nickte stattdessen wie zum Gruß, als die Fremde sich ihr vorstellte, mit einem klingenden Namen, der so lang und fremdartig war, dass sie wohl Mühe gehabt hätte, sich ihn zu merken, hätte sie nicht zumindest den ersten bereits gekannt aus Homers Odyssee. Schweigend sah sie dabei zu, wie Penelope ihre Tafeln betrachtete. Siv wollte nicht stören, und sie war auch nicht unbedingt auf ein Gespräch aus. Die Musik hatte sie einfach nur… so sehr berührt, dass sie hier bleiben wollte. Nur für den Fall, dass Penelope noch einmal spielte. Und bereits nach wenigen Augenblicken stellte sie fest, dass sie die Gesellschaft dieser Frau angenehm fand. Penelope schien sich nicht großartig daran zu stören, dass Siv hier war und einfach da saß und ihr zusah. Ruhig schien sie durchzugehen, was sie aufgezeichnet hatte, und Siv konnte nicht einmal ansatzweise ahnen, was in ihr vorging – aber sie ließ sie in Ruhe. Einer der Gründe, warum Siv sich so zurückzog in den letzten Tagen, war der, dass alle Welt etwas von ihr zu wollen schien. Sie wollten wissen, wie es ihr ging, sie wollten wissen, ob sie sich nicht freute über die Freiheit, sie wollten wissen, was sie vorhatte zu tun, sie… fragten einfach und fragten und hörten nicht auf damit. Entweder sie waren aufgeregt darüber, dass sie frei war oder weil die Geburt nun so dicht bevorstand, oder reagierten seltsam auf die Bemerkung, dass sie, Siv, immer noch nicht wusste, was sie tun wollte, oder sie waren besorgt, weil sie zwischendurch bemerkten, wie schlecht es ihr ging… Idolums Gesellschaft war Siv nicht nur deswegen so lieb, weil sie Pferde und speziell den Hengst einfach liebte, sondern auch, weil Idolum nichts sagte, nichts fragte, nichts erwartete. Und es war so… angenehm, dies endlich mal wieder auch in menschlicher Gesellschaft erfahren zu dürfen. Corvinus… in den guten Momenten, die sie hatten, war es mit ihm genauso. Wenn es gut war, zwischen ihnen, dann verbrachten sie einfach nur Zeit miteinander. Waren beisammen, ohne… Erwartungen. Siv sehnte sich danach, nach dieser so einfachen, schlichten Art des Glücks.


    Penelope war nicht Corvinus. Aber sie war ein Mensch, und Siv stellte in diesem Augenblick fest, dass es ihr gut tat, zur Abwechslung mal wieder menschliche Gesellschaft zu haben. Menschliche Gesellschaft, die nichts erwartete von ihr, die einfach nur war – und der sie deshalb nicht gleich wieder entflüchten wollte. Siv atmete tief durch und begann, sich zu entspannen, als Penelope sie dann doch ansprach. Die Frage war simpel genug, aber für Siv so zwiespältig wie es nur ging. Sie wühlte etwas auf, dem sich die Germanin eigentlich lieber nicht stellen wollte, ihre ganze Situation – andererseits freute sie sich auf die Geburt, oder besser, auf den Moment danach. Wenn sie die Schwangerschaft endlich hinter sich hatte und ihr Kind in den Armen halten konnte. Siv lächelte leicht, und eine Spur von Wehmut tanzte in ihren Augenwinkeln, weil sie sich nicht gänzlich auf die Freude auf ihr Kind konzentrieren konnte. Weil es nicht los zu lösen war von ihren Problemen. "Bald. Ich… denke, die nächsten Tage." Sie legte den Kopf leicht schief, und fast mochte es wirken, als lausche sie einen Moment in sich hinein, als ein weiterer Schmerz ihren Unterleib durchfuhr. Dann machte sie eine Kopfbewegung hin zu den Tafeln. "Wenn… das die Frage ist. Was ist die Antwort?"

  • Ein wenig überrascht schaute sie aus, als Penelope sie ansprach. Aber was hatte sie denn erwartet? Dass sie die ganze Zeit weiterarbeiten würde, während jemand zusah? Nun, im Grunde hätte Penelope damit kein Problem gehabt, zuhause arbeitete sie auch immer weiter, egal, wer gerade das Zimmer betrat. Höchstens, dass sie kurz Antwort gab, oder denjenigen verscheuchte, der sie gerade unterbrach. Aber das hier war nicht ihr zuhause. Hier war sie nicht die Herrin über das Oikos und konnte jemanden hinauswerfen, wenn er sie störte. Hier hatte sie nicht die Herrschaft, wenngleich nur innerhalb der Mauern, war nicht die ordnende Kraft und letztendlich das Gesetz. Hier war sie nur Gast, und als solcher geziemte es sich nicht, mehr zu sein. Egal, wem gegenüber. Penelope war sich ja in Bezug auf Siv noch immer nicht sicher, was die junge Frau denn letztendlich nun war. Nicht, dass es eine besondere Relevanz besessen hätte.
    Offenbar saß Siv auch unbequem, zumindest interpretierte Penelope das Zusammenzucken des Frauenkörpers so. Natürlich, durch die ständige Belastung durch den Bauch fühlte sich das weibliche Kreuz so manches Mal an, als wolle der Körper in der Hälfte außeinanderbrechen. Und diese Korbsessel waren nun nicht der Inbegriff an Bequemlichkeit, erst recht nicht für Schwangere. Ohne auch nur annähernd ein Einverständnis zu erfragen, nahm Penelope von ihrem Sessel ein Polsterkissen, knetete es einmal ordentlich durch und ging dann zu Siv, um es ihr mit einem zielsicheren Griff zwischen ihrem Rücken und der Lehne zu stopfen. Mit ganz leichtem Druck gegen Sivs Schulter bedeutete sie ihr, sich weiter zurückzulehnen. Penelope wusste noch zu gut, wie so ein Kissen im Rücken die Last einen Moment zu lindern vermochte. Undbeirrt von ihrer Handlung gab sie dann Antwort auf die wirklich intelligente Frage der Blondine.
    “Die Antwort ist kosmische Klarheit und Schönheit.“ Sie setzte sich wieder und zum ersten Mal lächelte sie. Penelope philosophierte gerne über Musik. “Das hier sind ungeordnete Gedanken, Motive, Gefühle. Aber, damit daraus ein ganzes wird, eine Einheit, Perfektion, muss es noch der Ordnung unterworfen werden. Damit es wirklich das Herz so berührt, dass Zeit und Raum in Vergessenheit geraten, dass das Lied um seiner Selbst willen die Zeit überdauert und jeden, der es hört, unabhängig von seiner Stimmung, seiner Herkunft, ja selbst seines Glaubens zu einem tiefen Gefühl der Harmonie bringt, ihn zu einem edleren, gütigerem Menschen erzieht, indem er einfach nur lauscht... DANN ist es etwas, was eine Antwort ist.“
    Penelope lächelte noch kurz und blickte dann in das einen Spur verständnislos wirkende Gesicht von Siv. Vermutlich waren ihre Worte doch einen Hauch zu lyrisch und zu theoretisch. Aber heute hatte Penelope einen guten Tag, vielleicht verstand die Frau ja doch etwas, wenn man es ihr nur als praktisches Beispiel vorführte und es nicht rein vergeistigt nur vortrug. Immerhin war über Musik zu reden in etwa so, als versuche man, zu Architektur zu tanzen. Wer nichts davon verstand, konnte nicht mitreden, und das meiste war letzten Endes, trotz aller Mathematik, das Gefühl, das man bei Musik hatte.
    “Horch her. Das hier, das sind nur Fragmente.“ Penelope suchte sich ein paar der Notenstränge heraus, stand auf und nahm Harmonia zur Hand. Nachzuspielen, was sie aufgeschrieben hatte, war nicht so schwer. Überhaupt war die Melodie nicht allzu schwer, zwar traurig, aber doch hatte sie eine leichte Note. “Aber um es zu Verbinden, um es eine bleibende Einheit zu machen, um die verschiedenen Elemente zusammenzufügen, braucht es einer größeren Ordnung, einer Harmonie. Damit die Enden der Sequenzen nicht so hart aufeinander schlagen, damit sie verschmelzen, als wären sie siet jeher füreinander bestimmt gewesen.“
    Die ganze Zeit klimperte Penelope während dem Reden ganz leise, kaum wahrnehmbar, weiter auf den Saiten herum, suchte diese kleine Verbindung, diese kleine Gemeinsamkeit, das Thema, wenn man so wollte, um ihre beiden Argumente zusammenzuführen. Es dauerte einige Momente, in denen sie die Augen schloss und auf diese winzigen Nuancen hörte, probierte, verwarf, erneut probierte, veränderte, variierte. Schließlich drückte sie mit dem Daumen ein paar der Symbole auf dem Wachs aus, schrieb neue, probierte noch einmal. Es war nur eine kurze Passage, und immer wieder musste sie absetzen und neu notieren, neu löschen und neu verbinden. Aber schließlich waren beide Teile verbunden, flossen in einer kurzen Symphonie ineinander, als hätte es nie zwei Teile gegeben, als wäre es schon immer bestimmt gewesen, dass es eine Melodie war. Die Töne waren andere als noch zu beginn, aber die Melodie, die Folge von ihnen, ihr Klang und ihre Stimmung, die war noch erhalten. “Verstehst du? Und wenn das alles ineinander greift, alles in sich schließt, als wäre es füreinander bestimmt, DANN ist es Perfektion. Wenn es keinen Ton, keinen Klang mehr gibt, denn man Weglassen kann, ohne die Melodie zu zerstören. Dann ist es eine Antwort.“

  • Siv sah überrascht hoch, als Penelope plötzlich aufstand und ihr kurzerhand ein Kissen zwischen Rücken und Lehne steckte, bevor sie sie leicht zurückdrückte. Siv gehorchte der leichten Geste, wusste sie doch inzwischen selbst, was half und was nicht – aber der Schmerz, der durch ihren Unterleib gezuckt war, war von anderer Art als die ständige Belastung durch das zusätzliche Gewicht. Dennoch half die Entlastung ein wenig, und wie schon in der letzten Zeit verklang der Druck. "Danke." Siv legte eine Hand an ihren Bauch, der in den letzten Tagen beständig tiefer gesunken war, und um ihre Mundwinkel zuckte es kurz in einem angedeuteten Lächeln, bevor sie wieder zu Penelope sah, die nun zu einer Antwort ansetzte. Und Siv starrte sie an. Kosmische Klarheit und Schönheit? Siv wusste nicht so recht, was sie damit anfangen sollte. Und was Penelope weiter erzählte, half ihr nicht unbedingt dabei, es besser nachzuvollziehen. Ganz leicht zogen sich ihre Augenbrauen zusammen, während sie sich bemühte zu verstehen, was Penelope sagte. Es war doch Musik – wie konnte es da ungeordnete Gedanken sein? Aber Gefühle, ja, Gefühle, oder zumindest hatte die Melodie Gefühle in ihr ausgelöst. Oder eher verstärkt. Siv hob ihr linke Hand an den Mund und nahm in einer fast kindlich anmutenden, überlegenden Geste kurz ihren Daumennagel zwischen die Zähne. Wie konnte Musik einen Menschen edler und gütiger werden lassen?


    Bevor Siv ihre Verwirrung allerdings in Worte fassen konnte, setzte Penelope bereits ein weiteres Mal an, und diesmal brachte sie zu Sivs Erleichterung ein praktisches Beispiel. Unwillkürlich lächelte sie wieder, als Penelope einen kleinen Teil der Melodie von zuvor erneut spielte. In ihren Ohren klang es so wie eben – einfach schön. Sie hörte nichts davon, dass es nur Fragmente wären. "Aber… das ist doch…" Siv verstummte wieder, als Penelope weitersprach und noch mehr erzählte, über Einheit und Ordnung und Harmonie, und sie beschloss abzuwarten. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass das etwas war, wovon sie schlicht überhaupt keine Ahnung hatte, und dass es besser war, Penelope einfach erst mal machen zu lassen, denn offensichtlich schien sie einen Plan zu haben. Etwas anderes wäre es gewesen, wenn Siv irgendwelche Form von Grundkenntnissen gehabt hätte – dann hätte sie wohl nahezu sicher ihren Senf dazu gegeben. Aber so gab es einfach nichts, was sie hätte hinzufügen können. Sie wusste nicht einmal genug, um gezielt nachfragen zu können. Also wartete Siv, auch wenn es ihr zunehmend schwerer fiel, da Penelope einfach nur dasaß und herumprobierte und hin und wieder etwas auf den Tafeln ausbesserte. Je länger sie allerdings arbeitete, desto mehr begann Siv zu hören, wie die Melodie sich veränderte. Oder nein, nicht veränderte, nur… veränderte. Sie konnte den Unterschied nicht in Worte fassen, sie hörte nur, irgendetwas war anders, ohne dabei jedoch die Melodie von zuvor zu zerstören. Und obwohl Siv von der Melodie zuvor schon zutiefst berührt gewesen war, ob sie Stein und Bein geschworen hätte, dass es nichts daran auszubessern gab, saß sie jetzt mit offenem Mund da, starrte Penelope und ihr Instrument an und fragte sich, wie das hatte passieren können. Was die andere Frau getan hatte. Es war gleich, und es war doch nicht gleich, und Siv versuchte den Unterschied zu fassen, konnte es aber nicht, und das machte sie ganz kirre, und: es schien so offensichtlich zu sein. Nun, da sie es gehört hatte, wie es als… nun ja, als Antwort klang, da war offensichtlich, was zuvor gefehlt hatte. Oder zu viel gewesen war? Erst wenn man keinen Ton mehr weglassen konnte…? Jetzt war Siv doch wieder verwirrt. "Das ist…" Sie hob die Hand, wie um nach etwas zu greifen, aber Musik war eben nicht greifbar. "Ich kann das hören. Den Unterschied", meinte sie etwas zögerlich. "Und du… hast einfach nur… geordnet? Ich meine, nicht einfach nur, aber… das ist der Sinn? Die Ordnung?"

  • An der Aussprache merkte Penelope mehr als an allem anderen, dass diese Frau keine Rhomäerin war. Und Griechin war sie auch nicht. Wahrscheinlich entstammte sie diesem Barbarenvolk des Nordens, die waren ja angeblich alle blond und bleich. Irgendwie passte diese Beschreibung. Ein klein wenig Skepsis mischte sich bei diesem Gedanken schon in Penelopes Blick. Nicht, dass sie grundsätzlich alle Barbaren für dumm hielt... nur eben nicht so gebildet wie die Griechen. Und sie wusste nicht, ob diese Frau so ohne Bildung auch wirklich verstehen konnte, was sie ihr zu erklären versuchte. Denn Musik war per se nicht sehr einfach zu erklären. Hören und empfinden konnte sie jeder, darin lag ihr Zauber, aber sie zu verstehen und zu begreifen war den wenigsten gegeben.


    “Nun, Ordnung ist Schönheit. Das Wilde und Ungebändigte hat zweifellos auch Schönheit in sich. Pan in seiner Schöpfung hat allen Dingen eine gewisse Schönheit gegeben“ – und Penelope meinte mit Pan nicht nur den Gott, sondern die gesamte Natur – “aber wahre Perfektion entsteht erst durch Ordnung. So, um es einfach zusammenzufassen, ja, ich ordne das, was wild und ungezügelt meinen Gedanken entsprungen ist, um es zu einer Ordnung zu bringen. Ruhe, wenn du so willst.“
    Penelope setzte sich wieder hin und nahm die nächste Tafel zur Hand. In Gedanken hörte sie die niedergeschriebene Melodie. Hübsch, aber sie passte nicht zu dem eben gemachten. Sie suchte nach weiteren Fragmenten, an denen sie anknüpfen konnte. Immerhin sollte sich das ganze zusammenhängend anhören und nicht wie ein Sammelsurium an Motiven. Kurz versank sie in ihrer Tätigkeit, ehe sie wieder ihres Gegenübers gewahr wurde.
    “Hm, würde es dich stören, wenn ich etwas weiter arbeite?“ fragte sie ganz ungeniert. Sie hatte, um der Wahrheit die Ehre zu geben, nicht wirklich eine Ahnung, wie sie dieser Frau die ganze Komplexität dieses Vorgangs begreiflich machen sollte, da vieles nur sehr schwer in Worte zu fassen war. Wie erklärte man schon harmonische Akkorde und Gleichklänge, wenn der andere offenbar zwar ein feines Gehör, aber darüber hinaus nur wenig Ahnung besaß? So etwas zu erlernen dauerte Jahre, und selbst dann war nicht gesagt, dass derjenige wirklich verstand, wie es ging. Einige Musiker konnten ganz herrlich die Melodien anderer nachspielen, aber eine eigene Melodie, und sei es nur eine Variation, sich zu erdenken, das konnten sie nicht.

  • Ordnung. Ordnung… Siv erinnerte sich plötzlich an ihr Gespräch mit Straton, dem flavischen Sklaven, vor so langer Zeit. Auch sie hatten über Ordnung gesprochen, und auch er hatte von Unordentlichem, von Wildem, Ungezügeltem so gesprochen, als ob es… nun ja, etwas Schlechtes wäre. Und Siv… sie hatte sich verändert. Sie sah viele Dinge anders seit damals. Bei Hel, wie lange war dieses Gespräch nun her? Sie war erst ganz kurz in Rom gewesen, damals… Aber was gleich geblieben war, war ihre Auffassung, dass man Natur nicht bändigen konnte, dass Natur… etwas ganz eigenes hatte. Dass Natur, wilde, ursprüngliche Natur, genau so war, wie sie sein sollte. Es verhielt sich mit der Natur fast umgekehrt wie Penelope es von Musik beschrieben hatte – Siv fand, man konnte vieles wegnehmen, austauschen… Weil sich ohnehin alles im Wandel befand. Bäume verloren ihre Blätter und bekamen neue, Pflanzen und Tiere starben und wurden geboren, Blüten verwelkten und blühten erneut… Aber der Wald, die Natur als Ganzes blieb, wie sie war. Allerdings, wenn sie Penelopes Worte zugrunde legte, dann hieß das vielleicht nur, dass Natur einfach keine Perfektion brauchte. Und was sie mit ihrer Melodie gemacht hatte, indem sie… nun ja… einfach nur geordnet hatte, das fand Siv faszinierend. Allerdings begriff sie immer noch nicht komplett, und sie wusste nicht so recht, was sie sagen sollte – was aber für Penelope kein Problem darzustellen schien. Sie begann weiter zu arbeiten, und Siv saß da und beobachtete sie, fasziniert und gleichzeitig erleichtert, erleichtert einfach nur hier sitzen zu können und sich zu entspannen. Die ruhige Aura, die Penelope verströmte, ihr konzentriertes Arbeiten, die Atmosphäre, die das verbreitete, fand Siv angenehm.


    Als Penelope dann, ohne wirklich mit dem Arbeiten angefangen zu haben, plötzlich hochsah und sie ansprach, schüttelte Siv fast erschrocken den Kopf. "Nein, gar nicht. Stört es dich denn, wenn ich hier bleibe?" Sie hoffte, Penelope würde es nicht stören, hoffte, sie könnte hier bleiben – und tatsächlich schien sie nichts dagegen zu haben, und so blieb Siv einfach sitzen und ließ ihre Gedanken treiben, während sie einfach nur zuhörte, hörte, wie das Musikstück unter Penelopes fachkundiger Bearbeitung reifte. Bis, plötzlich, ein weiterer Schmerz durch ihren Leib zuckte, stärker als der letzte. Ihre Finger krallten sich um die Lehne, und Siv spannte sich unwillkürlich an, während sie zugleich für einen Moment die Luft anhielt.

  • Warum sollte es Penelope stören, wenn sie da saß? Es war ja nicht so, als würde sie sie mit Fragen löchern oder irgendeine Erklärung für ihr Tun verlangen. Sie saß einfach nur da und hörte zu, wie konnte das stören? Penelope schüttelte also den Kopf und widmete sich dann ihrer Arbeit. Sie ordnete die fragmente, suchte nach Mustern, Verbindungen. Sie odnete neu, verwarf, probierte. Selbst die beiden bereits zusammengefügten teile riss sie noch einmal auseinander, überarbeitete sie komplett, gab ihnen andere Fragmente zum Nachbarn. Es dauerte, lange sogar. Siv saß einfach nur da und hörte stumm zu, während Penelope immer wieder ihre Notizen stumm überarbeitete, erneut spielte, und die Änderungen wieder notierte. Langsam nahm das Werk Gestalt an, fügte sich zusammen, verband sich zu kosmischer Klarheit, als wäre jede andere, vorher probierte Möglichkeit nonexistent gewesen, da das Stück an sich gar nicht anders hätte sein können – als Siv sich auf einmal krümmte und mit einem Schnauben die Luft ausstieß.
    Penelopes Kopf ruckte von ihren Tafeln hoch und sie beobachtete die Germanin einen Augenblick stumm und eindringlich. Sie sah die Haltung, die Knöchel, die sich weiß an ihrer Hand abzeichneten, weil sie sich so in die Lehne verkrallte. Sie sah den Schweiß auf der Stirn und die zweite Hand, die sich schützend auf den Bauch legte. Es dauerte nur einen Augenblick, bis Penelope begriff und die Tafeln und ihre Kithara beiseite legte.
    Hektik nützte in diesem Fall nichts, man konnte ohnehin nichts beschleunigen oder verlangsamen. Alles geschah so, wie es Artemis gefiel. Also war Penelope auch ruhig, als sie aufstand und zu Siv hinüberging, ungefragt ihre Hand auf Sivs Bauch legte. Er war hart vor Anspannung, und Penelope fühlte, wie tief das Kind schon lag. “Warum hast du nicht gesagt, dass dein Kind kommt?“ fragte sie ganz ruhig, als die Wehe nachließ und fühlte der Frau die Stirn. Kein Fieber, das war schonmal gut. “Soll ich dich ins Gynaikon... ich meine, deine Räume, bringen? Und die Frauen rufen lassen?“ Bestimmt hatte diese Frau schon ihre Geburtshelfer. Sie musste Penelope nur sagen, wer das war, und sie würde sie schon herzubringen wissen. Penelope konnte sich nicht vorstellen, dass eine Frau ohne Unterstützung diese Erfahrung durchmachen sollte. Sie bezweifelte, dass das überhaupt ginge.

  • Diesmal zog sich ihr Leib für einen Moment so heftig zusammen, dass Siv keine Augen mehr für Penelope hatte und das, was sie tat. Erst als sich eine Hand auf ihren Bauch legte, realisierte sie, dass die andere aufgestanden und zu ihr gekommen war, und einen Moment später sah sie hoch, während der Schmerz langsam nachließ. Was Penelope dann allerdings sagte, ließ Siv für einen Moment die Stirn runzeln. Warum sie nichts gesagt hatte? "Ich hab das öfter, in letzter Zeit. Es kommt und geht." Wobei es in den ganzen letzten Tagen nie so gewesen war wie heute, musste sie eingestehen, wenn auch nur sich selbst gegenüber. Gerade die letzten Male war ihr durchaus aufgefallen, dass die Schmerzen… häufiger zu kamen. Regelmäßiger. Und von Mal zu Mal ein wenig intensiver zu werden schienen. "Ich will nicht sagen, es kommt, und alle fangen an herum zu rennen, und dann kommt es doch nicht", fügte sie fast trotzig hinzu.


    "In… Oh", machte Siv. "Mein Zimmer. Ja. Ehm. Meinst du das muss jetzt schon sein?" Sie war eigentlich nicht sonderlich scharf darauf, jetzt Stunden um Stunden im Bett zu verbringen. Sie hatte eigentlich eher darauf spekuliert, sich quasi erst kurz vor der Geburt hinzulegen, das Kind auf die Welt zu bringen und das würde es dann sein. So sehr sie in den letzten Monaten auch gemerkt hatte, dass Schwangere tatsächlich ihren Zustand nicht einfach nur als Ausrede benutzten, dass sich tatsächlich etwas tat, dass vieles stimmte von dem, was sie bei anderen Schwangeren miterlebt hatte und es eben nicht nur irgendwie Gerede oder Übertreibung war, wie sie immer gedacht hatte, hatte Siv im Grunde doch keine Vorstellung von einer Geburt. Schon gar nicht von einer Erstgeburt. Sicher hatte sie schon mehreren Geburten beigewohnt, hatte mitgeholfen. Aber so wie Siv nun mal war, war sie irgendwie tief in sich der Überzeugung, dass sie… nun ja… einfach mehr aushielt als viele andere. Es musste doch einen Vorteil haben, mit lauter Brüdern aufzuwachsen. Würde sie heute eine Geburt miterleben, sie würde anders darüber denken, die Schmerzen sicher anders einschätzen – aber ihre Erinnerungen an Geburten stammten aus einer Zeit, als sie noch um einiges jünger war. Und vor allem wesentlich mehr Selbstüberschätzung ihr eigen nennen durfte. Und dann sagte Penelope noch etwas, was Siv stutzen ließ. "Eh. Welche Frauen?"

  • Es kommt und geht... ja, das kannte Penelope schon. Aber so, wie Siv aussah, war das nicht so eine Wehe, so, wie sie sich in den Stuhl eben verkrallt hatte, würde das in den nächsten Stunden häufiger kommen und gehen. Lächelnd schüttelte Penelope den Kopf, vor allem, als die Blonde damit anfing, sie hatte nur nicht die Pferde scheu machen wollen.
    “Oh, glaub mir, die anderen können ruhig ein wenig Bewegung vertragen. Besser, als wenn du hier die Bibliotheke einsaust, weil deine Fruchtblase platzt.“ Penelope sah das ganze ganz pragmatisch. Noch schätzte sie Sivs Zustand so ein, dass man sie noch bewegen konnte. Da war noch kein Wasser, dass ihr an den Beinen hinunterlief und den gewiss teuren Fußboden ruinierte. Ganz zu schweigen von den Korbsesseln.
    Als Siv dann ncoh fragte, ob das denn jetzt schon sein musste, musste Penelope doch kurz richtig lachen. “Wenn du dein Kind nicht hier zur Welt bringen magst, ja. Es hat sich schon ganz schön weit gesenkt, und so, wie du grade ausgesehen hast, würde ich wetten, es kommt in den nächsten Stunden. Und glaub mir, du läufst jetzt leichter in dein Zimmer, als wenn die Wehen alle paar Minuten kommen.“
    Penelope stapelte kurz fein säuberlich ihre Wachstafeln. Sie hatte so viel Mühe gehabt, das Stück so weit zu vollenden, da wollte sie nicht durch die Unachtsamkeit eines dritten wieder von Vorne beginnen müssen. So viel Zeit musste sein. Außerdem machte die Germanin ohnehin keine Anstalten, sich aus dem Sessel zu erheben.
    Und dann fragte sie doch etwas, das Penelope etwas stutzig werden ließ. “Na, du weißt schon? Deine Hebamme? Schwestern? Mutter, Tante, Schwägerin? Sklavinnen, die dir bei der Geburt helfen? Du kannst das Kind ja wohl schlecht alleine zur Welt bringen.“ Allein die Vorstellung war lächerlich. In höchster Not würde das wohl gehen, ja, aber eine Geburt war ein schwieriger Zeitpunkt. Das Leben von Mutter und Kind lag auf der Waagschale der Götter. Nur ein kleiner Schubs, und frau sagte dem Fährmann 'chaire'. Warum also sollte eine vernünftige Frau das riskieren? Wenn sie schon sieben oder acht Kinder hatte, gut, aber Siv sah nicht so aus, als wäre das bei ihr der Fall. Vor allem hätte sie dann die Wehe anders eingeschätzt. Penelope ging schwer davon aus, dass es das erste Kind war, allein den Worten nach zu urteilen.
    “Sag mir jetzt erstmal, wo wir hinmüssen und lass dir da raushelfen. Das mit den Helferinnen sehen wir dann schon. Und keine Widerrede.“
    Und Penelopes sicherer Griff nach Sivs Händen, um die Frau auf die Beine zu ziehen und ihr damit das Aufstehen zu erleichtern, ließ auch keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit ihrer Worte.

  • Penelope lächelte, dabei war es Siv ziemlich ernst damit. Sie wollte nicht, dass andere wegen ihr einen Aufstand machten. Nicht, damit die anderen weniger zu tun hatten, sondern weil sie nicht im Mittelpunkt von so viel Aufregung stehen wollte. Jedenfalls nicht dann, wenn dann alle sahen, dass sie schwach war und Schmerzen hatte – da war es ihr egal, dass es völlig berechtigt war und sich kein Mensch etwas denken würde. Ihr war es unangenehm. Als Penelope dann auf ihren nächsten Kommentar hin zuerst lachte, flackerte in Sivs Augen kurz erneut Trotz auf, und die Worte der Griechin trugen nicht unbedingt dazu dabei, dass sie sich dafür entschieden hätte in ihr Zimmer zu gehen. In ein paar Stunden? Das war noch ewig! Hel, sollte sie jetzt stundenlang in ihrem Zimmer versauern, wo sie keinerlei Ablenkung hatte, nichts? Nichts außer der Wiege, die dort stand, etwas am Rand, am Fußende ihres Betts. Nicht zu übersehen. Der feingeschnitzte, geschwungene Pferdekopf, die Flügel an den Seiten, das dunkle, kostbare Holz… Am liebsten hätte sie die Wiege rausgeworfen. Sie war wunderschön… aber sie erinnerte sie an den, der sie ihr geschenkt hatte. Nein, sie legte nicht allzu großen Wert darauf, viel Zeit in ihrem Zimmer zu verbringen. Aber Penelope sprach weiter, und dann wurde auch Siv klar, warum es sinnvoll war, wenn sie jetzt ging. Wenn das hier jetzt… tatsächlich… also, ganz wirklich… die Geburt war… dann würden die Abstände zwischen den Wehen sich stetig verkürzen. Andererseits, noch war der Abstand doch noch groß…


    Der Abstand zwischen den Wehen und ob sie in ihr Zimmer sollte oder nicht, war aber dann erst mal vorübergehend vergessen, als es um die anderen ging. Andere Frauen. Während Penelope ihre Tafeln verstaute, starrte Siv sie an, aber bevor sie etwas antworten konnte, war die Griechin schon wieder bei ihr. Und diesmal zog sie sie mit sicherem Griff aus dem Sessel hoch, so dass Siv gar nicht auf die Idee kam, sich möglicherweise zu wehren. Die Frau war ziemlich resolut, stellte sie fest. Unter anderen Umständen hätte ihr das gefallen, zuvor hatte es ihr gefallen, aber in diesem Moment, wo sie mehr oder weniger das Opfer wurde, war Siv sich nicht mehr so sicher, ob es ihr gefiel, dass sie plötzlich so gar kein Mitspracherecht mehr zu haben schien. Gemeinsam gingen sie zur Tür, und die Germanin wehrte sich immer noch nicht. Sie hatte das deutliche Gefühl, dass Penelope tatsächlich keine Widerrede dulden würde, und etwas überrumpelt davon, dass ihr nicht nur einfach ihr Willen nicht gelassen wurde, sondern dass sie gar nicht so wirklich dazu kam, ihn zu äußern, befand Siv sich schon auf dem Gang, bevor sie es wirklich realisierte. Dort stand sie einen Moment und sah Penelope an, aber die schien darauf zu warten, dass sie ihr den Weg zeigte.

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