Zu den Pflichten eines Magistrates gehörte nicht nur die sorgfältige Ausübung seines Amtes, sondern auch das Ablegen eines Tatenberichts am Ende der Amtszeit. Auch Macer nahm diese Pflicht sehr ernst, auch wenn es einige Tage nach dem Ende der Amtszeit dauerte, bis er sich dazu auf die Rostra begab.
"Bürger Roms" begann er mit jenen Worten, mit denen ziemlich viele Redner begannen, weil sie einfach passten. "Meine Amtszeit als Praetor ist vorüber. Als ich für dieses Amt kandidierte, hielt ich eine Rede vor dem Senat. Drei Worte machte ich damals zum Motto meiner Kandidatur und meiner angestrebten Amtszeit: Aufgabe, Pflicht, Prüfung. Ich wollte die Aufgabe der Praetur übernehmen, meine Pflicht erfüllen und diese Prüfung im Cursus Honorum meistern."
Er schwieg kurz, damit der eine oder andere interessierte Zuhörer vielleicht noch ein Stück näher heran kommen konnte und die weniger interessierten gehen konnten, ohne die Rede zu stören. "Nun, wie ihr wisst, ist mir die Aufgabe der Praetur tatsächlich übertragen worden. Wie ich meine Pflicht erfüllt habe, darüber möchte ich euch heute berichten. Ob ich damit meine Prüfung gemeistert habe, das müsst ihr entscheiden und spätestens, wenn ich erneut zu einem Amt antrete, werde ich das Urteil erfahren. Doch dies liegt in ferner Zukunft, also wenden wir uns der näheren Vergangenheit zu. Ich gebe es offen zu, dass ich ein Versprechen nicht direkt halten konnte. Ich hatte versprochen, Rechtsnormen zu prüfen und dem Senat eine Änderung vorzuschlagen, wenn mir dies notwendig erscheint. Nun, in dieser Angelegenheit haben mir unsere beiden Consuln ziemlich den Wind aus den Segeln genommen. Bei ihrer großen Rechtsreform wäre es eine unnötige Überforderung des Senates und ein Quell zusätzlicher Unübersichtlichkeit gewesen, weitere Änderungen einzubringen. Also habe ich mich darauf beschränkt, die vorgeschlagenen Änderungen mit zu debattieren, wie es sich für einen Senator gehört. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Was nicht heißt, dass ich nicht trotzdem Eindrücke bekommen habe, wo noch weitere Änderungen nötig sind, die ich in der nächsten Zeit in den Senat einbringen werde."
Damit war ein in Macers Augen recht schwieriger Punkt schonmal erledigt, denn ein nicht eingehaltenes Versprechen aus seiner Kandidaturrede wollte er sich nicht einfach vorhalten lassen, sondern es lieber selber konstruktiv ansprechen. "Zu den Pflichten des Praetors gehören, wie allgemein bekannt, die Rechtssprechung, nach neuer Fassung auch die Einsatzung der Gerichte, ferner die Überwachung der Arbeit der Decemviri sowie zahlreiche juristische Formalitäten wie beispielsweise Adoptionen und Freilassungen von Sklaven. All dies wurde von mir mit größtmöglicher Sorgfalt und nach bestem Gewissen ausgeführt. Verhandlungen wurden von mir in der Basilica Ulpia durchgeführt an den Tagen, an denen der Kalender die Rechtssprechung erlaubt. Die Decemviri wurden von mir zu mehreren Sitzungen zu Beginn, während und zum Ende der Amtszeit einbestellt, um sie über ihre Aufgaben zu informieren, aktuelle Probleme zu besprechen und ihre Rechenschaftsberichte entgegen zu nehmen. Adoptionen und Freilassungen von Sklaven habe ich in öffentlicher Sitzung in der Basilica Ulpia auf der Sella Curulis durchgeführt, so wie es sich gehört. Auch die Liste der Advocati habe ich aktualisieren und kontrollieren lassen, ebenso die Prozessakten, die mein Vorgänger leider etwas nachlässig geführt hinterlassen hat."
Er machte eine weitere Pause, nachdem er alle Pflichten durchgegangen war. "Auch bei weiteren juristischen Angelegenheiten, die nicht unbedingt das Eingreifen des Praetors verlangen, stand ich hilfsuchenden Bürgern mit Rat und Tat zur Seite, beispielsweise bei der Findung der richtigen Formalia für Scheidungen. Ich darf sagen, dass mir all diese vielfältigen Aufgaben große Freude bereitet haben, auch wenn ich eingestehen muss, dass sie manchmal sehr ermüdend waren und ich seltener als mir lieb war die Gelegenheit hatte, über die Erfüllung der Pflicht hinaus zu gehen. Bereits zu Beginn meiner Amtszeit hatte ich es mir aber dennoch nicht nehmen lassen, als Magistrat der Stadt Rom an den Feriae Latinae teilzunehmen, um den uralten Traditionen Roms zu Glanz zu verhelfen."
Damit hatte er alles berichtet, was es aus seiner Amtszeit zu berichten gab. "Jetzt ist die Amtszeit zu Ende und ich glaube behaupten zu können, meine Pflicht erfüllt zu haben."