Res Gestae Tiberius Aurelius Avianus

  • Wie immer, wenn eine Amtszeit vorbei war, so musste auch traditionsgemäß der Res Gestae der Amtsinhaber folgen, welche vorher ein Amt im Cursus Honorum in der römischen Politik ausgeübt haben. Der Tatenbericht, der aufzeigen sollte, was der Amtsträger geleistet hatte. Als sich die Männer des Cursus Honorum versammelten, war auch Avianus unter ihnen, der sicherlich, so ehrlich musste er zu sich selbst sein, nicht einer der besten Quaestoren gewesen war. Doch er hatte sich keineswegs auf die faule Haut gelegt, ganz im Gegenteil: Immerhin konnte er dem Consulen bei der Vorbereitung der Feriae Latinae helfen und auch sinnvolle Vorschläge zu Gesetzesänderungen aufbringen.


    Als der letzte der Redner geendet hatte und von der Rostra stieg, war Avianus an der Reihe. Schnell sputete er die Treppen hinauf und fühlte die Blicke eines weiten Teils der Bevölkerung auf ihn lasten. Er redete in der Regel ohne Notizzettel, denn bis jetzt hatte er noch nie einen gebraucht. Für ihn war er vorteilhafter, sich mehr auf die Gestik konzentrieren zu können, stattdessen ging er den Inhalt seiner Rede viele Male durch, so dass sein gutes Gedächtnis ihm als Notizzettel zur Seite stand.


    Er hob die Arme und die Bevölkerung wurde ein wenig ruhiger, um ihn anzuhören. Avianus feuchtete sich die Kehle an und kam zu Wort:


    [color="darkblue"]"Bürger Roms! Auch für mich als Quaestor Consulum geht nun eine Amtszeit zu Ende - eine Amtszeit, die mich geprägt hat und die für mich wertvolle Erfahrungen für meine Laufbahn bereithielt. Nun ist es meine Pflicht, meine Taten hier festzuhalten, so dass sie jeder hören und in seiner Erinnerung tragen möge!


    Es war eine Zeit, in der ich in erster Linie den Consulen Tiberius Durus unterstützt habe! Bei der Vorbereitung der Feriae Latinae hat dieser mich mit der Organisation aller Mittel und des Festes beauftragt, welches äußerst erfolgreich verlaufen war! Die Opfer des Festes wurden vollzogen und die Feier wurde auch für die latinischen Städte ein Erfolg auf ganzer Linie!
    Zusätzlich dazu habe ich dem Consulen in seiner Arbeit, viele Gesetzesänderungen durchzuführen als Helfer zur Seite gestanden! Einige der Änderungen, die vorgebracht wurden, habe zum Beispiel ich vorgeschlagen, beispielweise die Änderungen am Strafmaß für Mörder und Räuber vorzunehmen!


    Ich blicke nunmehr zurück auf die Amtszeit und bereue es nicht, sie angetreten zu haben. Nein, im Gegenteil! Ich würde es noch einmal und immer wieder tun, wenn die Götter mögen! Ich danke für euer Gehör![/color]


    Avianus nickte in die Menge und verließ die Rostra, um Platz für den nächsten Redner zu machen.

  • Zur res gestae seines Vetters war natürlich auch Ursus erschienen. Mit ihm die ganze Schar seiner Klienten, um für die nötige Unterstützung zu sorgen. Er wußte nur zu gut, wie schwer es war, sich in diesem Tätigkeitsbericht zu profilieren, wenn man doch im Grunde hauptsächlich einem anderen zugearbeitet hat. Er selbst hatte dieses Amt ja sogar zwei mal ausgefüllt. Es war ein gutes Amt. Man konnte unzählige wertvolle Erfahrungen machen und gute Kontakte schließen. Dies hatte Avianus sicherlich auch getan, er ließ es ja auch bei seinem Bericht durchblicken.


    Nachdem der Vetter geendet hatte, applaudierte Ursus und seine Klienten taten es ihm gleich. Natürlich konnten noch Nachfragen kommen. Aber schon mal applaudiert zu haben, konnte nicht schaden. Jubelrufe auf die Aurelier erklangen, Lob wurde ausgesprochen. Wie es sich gehörte.

  • Unter den Zuhörern war auch Macer, die in diesem Jahr ja mehr als einen Tatenbericht seiner Klienten zu verfolgen hatte. Der des Aureliers fiel für seinen Geschmack etwas kurz aus und der ehemalige Quaestor verschwand auch recht eilig wieder von der Rostra. Dafür, dass sich Macer für dessen Ernennung zum Senator einsetzen wollte, hätte er schon ein etwas souveräneres und entspannteres Auftreten in der Öffentlichkeit gewünscht, aber er konnte den Mann natürlich auch nicht dort oben festhalten. Also spendete er mit den anderen Umstehenden den verdienten Beifall.

  • Die junge Aurelia Narcissa hatte das schöne Wetter des Tages genutzt, um in Begleitung eines Sklaven, ein wenig über das Forum Romanum zu schlendern und die Seele baumeln zu lassen. In den vergangenen Tagen hatte sie die meiste Zeit in der Villa Aurelia verbracht und sie sah sich zu ein wenig Bewegung genötigt. Sie kam an den großen Basiliken vorbei und schritt nordwärts in Richtung der Rostra voran. Gewohnheitsmäßig tummelten sich zahlreiche Bürger auf dem Forum. Doch heute schienen es sogar noch mehr zu sein. Eine ganze Menschentraube hatte sich um die Rostra versammelt. Das erweckte ihr Neugierde. "Domina, ich glaube nicht, dass das eie gute Idee ist...", bemerkte der bullige Leibwächter hinter ihr. Natürlich war es das nicht. Politik war nicht das Geschäft einer jungen Frau, hatte man ihr gesagt. Nun das stimmte, aber sie konnte sich ihrer eigenen Neugierde nicht erwehren - und etwas zu hören konnte schließlich nicht schaden. So zog sie die Pala etwas enger um sich, bedeckte ihr Haar damit und ignorierte den Sklaven, dem das alles sichtlich missfiel. Eindeutig zu viele Menschen. Unauffällig - soweit dies denn ging - mischte sie sich unter die Menge und lauschte den Worten ihres, wie sich nun herausstellte, Verwandten, den sie bisher noch nicht hatte kennen lernen dürfen. Sie war gerade noch rechtzeitig gekommen, er hatte erst angefangen zu sprechen. Die Rede fiel in der Tat recht kurz aus, hatte sie doch auch in Terentum schon der einen oder anderen gelauscht. Andererseits, warum musste man sich immer tot reden? Der Aurelier brachte das wichtigste auf den Punkt, schlicht und ohne Schnörkel. Die Menschen brachen in Applaus aus und sie stimmte verhalten ein. Die Traube löste sich etwas auf. Ihr Blick streifte kurz über die Menge und sie entdeckte Titus Aurelius Ursus, der umringt von seinen Klienten ebenfalls der Rede zuhörte. Im ersten Moment zögerte sie, sich wohl an das Gespräch mit Marcus erinnernd und ging dann doch auf ihn zu."Salve Titus!", grüßte sie ihn höflich

  • Nachfragen gab es offenbar keine. Umso besser, dann stänkerte auch keiner herum. Ursus verlor den Vetter aus den Augen und wandte sich seinen Klienten zu, um ihnen zu sagen, daß er sie vorerst nicht mehr brauchte und sie gehen konnten. Kaum hatte er das ausgesprochen, als eine von den Zwillingen auf ihn zukam, unzweifelhaft gut gelaunt. Nur... welche war es nun? Aufmerksam musterte er sie. Außerdem überlegte er, wer die lebhaftere von beiden war. "Salve, Flora", begrüßte er sie daher freudestahlend, in der absoluten Gewißheit, das Richtige getroffen zu haben. "Du bist ohne Deine Schwester unterwegs? Konnte sie sich wieder von den Büchern nicht losreißen?" Wohlwollend nahm er die Sklaven in ihrer Begleitung zur Kenntnis. Vernünftig, das Mädchen.

  • Es war kalt geworden, der Winter hatte den ersten nahenden Frühling vertrieben und hielt nun Rom wieder in seiner Hand. Doch er hatte nicht gewonnen, die Sonne ließ sich nicht vertreiben oder hinter Wolken verstecken. Sie schien und forderte den heulenden Wind heraus.
    Flora spazierte hinter ihrer Schwester her, sie war ein wenig zurück geblieben. Weil ihre Aufmerksamkeit von einem Schmuckstand angezogen worden war.
    „Domina“, erklang die hartnäckige und warnende Stimme Lysandras. „Wir verlieren noch Narcissa aus den Augen!“ erklärte sie und schüttelte ungehalten Kopf.
    „Glaub ich nicht“, widersprach sie. „Du hast sie ja im Auge“, kicherte sie frech und zwinkerte dem Leibwächter zu der breit grinste und sich augenscheinlich amüsierte.
    „Nun komm schon!“ sagte die Sklavin drängend mit einem Seufzen in der Stimme. „Jaja... ich wollte doch nur schauen!“ Sie würde sich den Stand merken und zu einem anderen Zeitpunkt dorthin zurück kehren. „Narcissa warte!“ rief sie ihrer dann hinter her und lief einfach durch die Menge ohne sich darum zu scheren, dass ihr ja noch zwei Sklaven folgten. Lysandra schnaubte, das hatte sie nun davon. Nur einen Augenblick später hatte sie dann ihr Ebenbild eingeholt, sie stand vor der Rostra und lauschte den Worten von: Tiberius! Noch stand sie hinter ihrer Schwester und musste grinsen als Titus sie wieder einmal verwechselte.


    „Ich bin Flora!“ mischte sie sich dann ein und grinste ihre Schwester breit an. „Salve Titus“, lächelte sie und lachte, als er sie verdutzt ansah. „Und wie du sehen kannst, hab ich Narcissa aus dem Haus locken können!“ lachte sie und knuffte ihr Ebenbild liebevoll in die Seite. Lysandra und ihr Leibwächter hatten sie nun auch eingeholt. Die Sklavin schnaufte ganz schön. Die Zwillinge konnten so was von anstrengend sein.


    „Da hinten ist der Sklavenmarkt, wollen wir rüber gehen?“ fragte sie dann Narcissa gerichtet. Im Grunde hatte sie schon längst entschieden und hackte sich bei dem Schwesterlein ein. Sie lächelte Titus zu. „Willst du uns begleiten?“ fragte sie dann direkt und schlug bereits den Weg ein. Narcissa mehr oder weniger mit sich zerrend.

  • Da war die zweite Hälfte des Gespanns ja doch. Und behauptete prompt, Flora zu sein. "Salve. Hm... Flora oder auch nicht. Manchmal bin ich mir wirklich nicht sicher ob ihr mich nicht doch hochnehmt. Immer wenn ich glaube, jetzt kann ich's, behauptet ihr wieder das Gegenteil." Er lachte aber, meinte das also ganz offensichtlich nicht böse.


    "Ihr wollt zum Sklavenmarkt? Das ist aber auch eigentlich kein Ort für junge Damen. Habt ihr denn vor, euch eine weitere Sklavin zu kaufen?" Ein Sklave kam selbstverständlich nicht in Frage! er nahm auch nicht an, daß die beiden so etwas in Betracht gezogen hatten, wenn sie überhaupt Kaufabsichten hatten und nicht nur gucken wollten. Er bot den Mädchen galant seinen Arm und führte sie dann zum Sklavenmarkt.

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