cubiculum FC | Tauwetter?

  • ~ ca. 2 Wochen nach Phraates Bestrafung


    Die Begegnung mit Corvinus hatte Septima vorsichtig werden lassen, so dass sie nicht gleich in den ersten Tagen nach Celerinas Nichterscheinen zur Cena vor deren Tür stand, sondern erst um einiges später. Ein paar Dinge waren ihr immer wieder dazwischen gekommen und in der ganzen Villa Aurelia herrschte eine sehr gedrückte Stimmung, zumal niemand zu wissen schien, weshalb Celerinas parthischer Sklave ausgepeitscht und fort geschickt worden war.


    An diesem Tag hatte sich Septima entschlossen, sich persönlich nach Celerinas Befinden zu erkundigen und so stand sie nun mit einem Teller voll Honiggebäck vor der Tür zum Cubiculum der Flavier und klopfte höchst persönlich an.

  • Ich hatte es wohl meiner Sklavin zu verdanken, daß sich mein physischer Zustand etwas gebessert hatte. Sie hatte es auf ihre Fahnen geschrieben, mich nicht verhungern zu lassen. Wahrscheinlich deswegen, um sich später bitterlich an mir zu rächen. Auch wenn die eingeflößte Nahrung mich wieder etwas gestärkt hatte, gab es für ich keinen Grund, etwas um mich herum zu ändern. Die Fenster blieben geschlossen, die Vorhänge verdunkelten auch weiterhin den Raum und ich duldete keinen Menschen, außer Charis in meiner Nähe.


    Als es nun klopfte, war ich gerade eingenickt. Doch der, der klopfte, tat dies mit einer gewissen Entschlossenheit, so daß ich wieder wach wurde. In meinem Zimmer war es still. In dem Dämmerlich, welches dort herrschte, sah ich mich nach meiner Sklavin um. Aber sie war nicht da. Immer dann, wenn man sie brauchte! In mir stieg die Wut hoch. Doch all das nützte nichts, denn es stand jemand vor der Tür! Ich wollte nicht das Risiko eingehen, daß sich jemand ohne meinen Willen Einlaß in mein Refugium verschaffte. Deshalb erhob ich mich, um reichlich müde wirkend zur Tür zu schlurfen. Ich öffnete sie nur einen kleinen Spalt. Doch der genügte bereits, um festzustellen, daß es keiner der unseligen Sklaven war. Es war Septima! Schnell schloß ich die Tür wieder, so als hatte ich befürchten müssen, das Unheil würde über mich herein brechen. Doch dann besann ich mich und öffnete wieder.
    "Septima! Was willst du hier?" Zugegeben, meine Stimme klang nicht besonders freundlich, denn eigentlich wollte ich nichts weiter, als in Ruhe gelassen zu werden.

  • Es wunderte Septima nicht, dass es einen Moment länger dauerte, ehe die Tür einen Spalt breit geöffnet wurde und Celerina mit einem Auge hindurch vor die Tür schielte. Ein abgestandener und verbrauchte Geruch entwich durch den Spalt, aber Septima lächelte der Flavierin freundlich entgegen. Doch offensichtlich nicht freundlich genug, denn sofort wurde die Tür wieder geschlossen. Das Lächeln auf dem Gesicht der Tiberia erstarb. ‚Was sollte dass denn?’ Gerade als sie erneut die Hand hob, um abermals anzuklopfen, wurde die Tür wieder geöffnet und eine etwas zerrupfte Celerina schaute hervor. Ihr Ton hatte etwas abweisendes an sich, aber Septima ließ sich so leicht nicht abschrecken. Das Lächeln kehrte, dieses mal nicht ganz so überladen herzlich wie beim ersten mal, dafür aber ehrlicher, wieder.


    „Ich wollte dir ein wenig Honiggebäck bringen und fragen, ob du vielleicht Gesellschaft beim Essen magst.“ Dabei hob Septima den Teller mit dem Gebäck ein wenig an. Dies war nur der erste Versuch, um sich Celerinas Wohlgefallen zu erhaschen, so dass sie sich zu einem Gespräch erweichen ließe. „Dir muß doch langsam die Decke auf den Kopf fallen, so allein in deinem Cubiculum.“ fügte Septima noch mitfühlend hinzu. Sie selbst wusste wie es war, wenn man sich vor der Außenwelt verstecken wollte und am liebsten nie wieder hervorkommen würde, nur damit einen keiner mehr verletzten konnte. Eben dieses Gefühl war sie bereit mit Celerina zu teilen, wenn seelischer Schmerz der Grund für die Zurückgezogenheit der Flavier war. Doch dazu musste Septima erst einmal in diese Zimmer kommen und ein Gespräch mit Celerina anfangen können, um heraus zu finden, was diese Frau bedrückte. „Darf ich herein kommen?“ fragte sie mit sanfter, leiser Stimme und einem Augenaufschlag, der jedes Mutterherz zum erweichen gebracht hätte. Nur leider war Celerina noch keine Mutter. Nun, vielleicht würde der Blick trotzdem ihre Bitte erfolgreich unterstreichen können.

  • Es dauerte nicht lange, bis ich es eigentlich schon wieder bereute, die Tür noch ein weiteres Mal geöffnet zu haben. Septimas freundliche Stimme und dann der Teller mit den süßlich duftenden Honiggebäck darauf, welches sie mir buchstäblich unter die Nase hielt – das war einfach zu viel des Guten! Ich habe keinen Hunger, danke!, wollte ich ihr antworten und sie damit wieder wegschicken. Aber ich tat es nicht, warum auch immer. Dann kam auch noch ihre weitere Bemerkung, die ich einfach ignorieren wollte. Denn ich genoß die Einsamkeit und die Stille. Ich zog sie jeglicher Abwechslung und Geschäftigkeit vor. In meinem Unterbewußtsein war es jedoch die Furcht vor dem Aufeinandertreffen mit einen der Mitglieder der Familie. Selbst den Sklaven wollte ich keine Gelegenheit dazu bieten, sich ihr Maul über mich zu zerreißen. Ich nahm an, meine Verfehlungen hätten bereits die Runde gemacht. Charis hielt mich diesbezüglich nicht mehr auf dem laufenden und im Grunde war es mir auch herzlich egal. Ich hatte damit aufgehört, über das Morgen nachzudenken, wenn das Jetzt so unerträglich geworden war.


    Die junge Tiberia bettelte fast darum, daß ich sie in mein Reich ließ. Was machte sie da nur so sicher, daß dieser Entschluß so erstrebenswert sei? Dabei fiel mir spontan etwas ein, was Marcus bei unserer nächtlichen Begegnung gesagt hatte. Es war schwer, Ursus und Septima dabei zusehen zu müssen, wie perfekt sie sich ergänzten und wie gut sie miteinander auskamen. Da war doch ich ihr bestes Negativbeispiel, wie es für sie im schlimmsten Falle hätte enden können. Also basierte der Grund ihres Besuches auf reiner Neugier?
    "Wenn es den unbedingt sein muß! Komm rein!" Ich hatte keine Lust, freundlich zu sein. Dieses heuchlerische Getue, sein wahres Ich zu verstecken, es war mir so zu wider geworden. Deswegen verfiel ich nun auch nicht in Panik, auf die Schnelle meine Umgebung zu ordnen, die Fenster aufzureißen, damit der frische Atem des Frühlings endlich Einzug halten konnte oder um mich noch schnell zurecht zu machen, was ohne Charis sowieso viel zu mühselig gewesen wäre.
    Was also nun Septima erwartet, als sie eintrat, war ein vollkommen verdunkelter Raum. Lediglich einige Öllampen gaben etwas Licht ab. Der muffige Geruch von verbrauchter Luft und Lampenöl, kündete davon, daß dieser Raum seit etlichen Tagen nicht mehr gelüftet worden war. Es herrschte ein heilloses Durcheinander überall. Mein Bett war zerwühlt und seit Tagen nicht mehr frisch bezogen worden. Getragene Kleider türmten sich bereits auf dem Boden.
    "Willkommen in meinem Reich, Tiberia Septina? Wer hat dich hergeschickt?", gab ich theatralisch von mir, als sie eintrat. Welchen Grund sollte sie denn schon haben, aus freien Stücken zu kommen? Sie kannte mich doch kaum!

  • Offensichtlich war ihr Lächeln erfolgreich, oder war es doch der Teller mit Honigkuchen, der Celerina dazu veranlasste, sie in ihr Cubiculum zu lassen? Na egal, das erste Etappenziel war erreicht und Septima erwiderte, „Vielen Dank, Celerina.“ Die Tür wurde weiter geöffnet und als sie die ersten Schritte in das Reich der Flavier tat, bereute Septima es fast schon, hier her gekommen zu sein. Die Unordnung störte sie nicht so sehr, wie das bedrückende, dämmrige Licht, welches von der Sonne durch die zugezogenen Vorhänge und die wenigen Öllampen her rührte und die schlechte Luft.


    Suchend blickte sie sich um, wo sie nun den Teller mit dem Gebäck abstellen konnte und stellte ihn zunächst auf einem der Sessel ab, ehe sie für ein wenig Platz auf dem kleinen Tisch, welcher zu der allseits vertretenen Sitzgruppe gehörte, schaffte. Anschließend drehte sie sich wieder zu Celerina um. „Wieso sollte mich jemand geschickt haben?“ stellte sie die Gegenfrage. „Ich bin selbst darauf gekommen, wenn ich auch feststellen muß, dass ich wohl ein wenig zu spät dran bin.“ Ein Lächeln folgte und noch ehe Celerina Widerworte geben konnte, trat Septima schnell die wenigen Schritte zur Flavier vor und griff nach deren Hände. Eindringlich schaute sie ihr in die Augen. „Ich bin gekommen, weil ich mir Sorgen um dich mache. Du verkriechst dich schon seit Tagen in diesem Zimmer hier. Niemand weiß was los ist und selbst wenn ich es nur vermuten mag, so werde ich dich nicht fragen, ob du es ausgerchnet mir erzählen wirst, doch du musst etwas gegen dein Problem tun. Hörst du Celerina? Du darfst dich nicht einfach nur hier einschließen. Es gibt noch andere Menschen da draußen, in dieser Villa, denen du etwas bedeutest und die dir beistehen.“ Vorsichtig drückte Septima die Hände der älteren Frau und hoffte, dass sie jetzt nicht sprichwörtlich mit der Tür in die Villa gefallen war und Celerina sie sofort wieder aus Zimmer befahl. Angespannt wartete Septima nun auf die Reaktion ihres Gegenüber, innerlich gefasst auf alles, auf einen Wutausbruch, eine Heulattacke, bedrückendes Schweigen oder sogar eine Ohrfeige, weil sie sich hier viel zu viel anmaß.

  • Ich blickte der Tiberia nach, als sie an mir vorbei, ins Innere meines cubiculums trat. Ihrem Dank hatte ich nichts entgegenzubringen. Es würde sich noch erweisen, ob sie mir dankbar sein sollte. Als sie eingetreten war, schloß ich wieder die Tür, sonst gestattete ich niemandem Einlaß. Den Teller mit Honiggebäck ignorierte ich. Beizeiten hatte ich gelernt, auf solche Dinge keinen Heißhunger zu entwickeln, denn letztlich ruinierten sie nur die Figur einer Frau. Mich interessierte nur der Grund ihres Kommens, nicht mehr und nicht weniger. Ob sie tatsächlich nicht geschickt worden war, konnte ich nicht sagen. Sie beharrte zwar darauf, aus eigenen Stücken gekommen zu sein. Doch warum sollte sie das, ich war doch mehr eine Fremde für sie, denn eine alte Bekannte, der man einen Besuch abstattete.
    Die Tiberia sprach weiter und mit jedem Wort, was aus ihrem Munde kam zog sich mein Augenlid, ganz nach flavischer Fasson ein wenig nach oben. Sollte ich etwa erstaun sein oder sollte ich den Zorn in mir aufkeimen lassen? Ich war mir darüber noch nicht im Klaren.
    "Wie meinst du das?" fragte ich sie in einer Sekunde, da sie nicht sprach. Doch dann hatte sie schon meine Hand ergriffen und offenbarte mir all ihre Sorge um mich. In einer solchen Situation reagierte ich gerne mit Distanzierung. Ich machte einen Schritt zurück, doch dies änderte nichts daran, daß sie noch immer meine Hand hielt.
    "Nun, Tiberia Septima, es ehrt mich, wie sehr du um mein Wohlergehen besorgt bist, selbst dann, da wir uns kaum kennen. Doch laß dir gesagt sein, mir geht es gut, ich bin gut aufgehoben und versorgt, hier in meinem cubiculum. Dies kannst du auch jenen mitteilen, denen ich etwas bedeute und die mir beistehen wollen, wobei ich bezweifle, daß deren Zahl besonders groß ist." Auch wenn sie es nur gut gemeint haben sollte, blieb ich unnahbar und abweisend. Was bildete sich dieses junge Ding eigentlich ein? Für mich war es sonnenklar, sie war nur auf Tratsch aus, den sie weitertragen wollte. Doch wenn sie Tratsch wollte, so war sie hier am falschen Platz. Dann war ihr anzuraten, sich unter die Sklaven zu mischen.

  • Celerina reagierte mit kühler Zurückweisung, ganz so wie es sich für eine gefühlskalte und wenig empfindsame Patrizierin gehörte. Gerade so, wie es ihr anerzogen wurde, wie es auch Septima hätte lernen müssen, wenn es jemanden in ihrem Hause interessiert hätte. Es verletzte sie von Celerina zurück gewiesen zu werden, und doch war es verständlich. Sie kannten sich in der Tat nicht wirklich gut, waren in der kurzen Zeit, die die Tiberia nun in dieser Villa lebte, noch nicht einmal Freundinnen geworden, da sie sich kaum gesehen oder unterhalten hatten. Seufzend gab sie die Hände der Flavier wieder frei. „Vielleicht sollten wir hier und jetzt damit anfangen, uns näher kennen zu lernen? Vorausgesetzt du willst es.“ versuchte Septima einen Zugang zu Celerina zu finden. Es schnitt ihr ins Herz, wie sehr sich diese Frau vor ihr, von allem abkapselte und einfach nur allein sein wollte. Alleine zu sein, war keine Lösung und es machte einsam. Gefühle kamen in Septima hoch, die sie gewaltsam versuchte in den hintersten Winkel ihres Bewußtseins zu dränge, um nicht von ihrer Vergangenheit eingeholt zu werden. Wie nur konnte sie der Flavier helfen? Sie wußte doch noch nicht einmal, weshalb sie sich hier verkroch, was so unlösbar erschien, dass sie lieber die Isolation wählte, als das Gespräch.


    Septima warf einen Blick auf die Korbstühle und den notdürftig frei gemachten Tisch dazwischen. Auf den Stühlen lagen ebenfalls Sachen und Septima machte sich daran, zwei Stühle von ihrem Unrat zu befreien und deutete mit der Hand auf einen der frei gewordenen Plätze. „Wollen wir uns setzen und anfangen uns besser kennen zu lernen?“ Sanft schaute sie Celerina an und hoffte innerlich, dass diese sie nicht noch weiter von sich fort stieß.

  • Spätestens jetzt sollte es mir klar geworden sein, daß ich Septima nicht so einfach los wurde. Mit aller Macht versuchte sie sich mir aufzudrängen. Innerlich verfluchte ich meine Sklavin, die mich jetzt und hier mit dieser Philanthropin allein gelassen hatte. Mein bisheriges Verhalten hatte sie nicht davon abgehalten, einfach zu gehen. Sie ging äußerst hartnäckig vor. Sogar schreckte sie nicht davor zurück, die Sitzgelegenheiten frei zu räumen, die in den letzten zwei Wochen mit allerlei unnützem Zeug beladen worden war. Glücklicherweise mußte sie dafür meine Hand freigeben, die ich vorsichtshalber auch schnell zurück zog.
    Nun ja, auch wenn ich nicht dazu aufgelegt war, Besuch zu empfangen, geschweige denn mich mit solchem auch noch zu unterhalten, meinte doch eine innere Stimme, ich sollte ihr doch noch eine Chance geben, bevor ich sie endgültig aus meinem cubiculum verbannte.
    "Nun gut, ich sehe, du läßt dich nur schwerlich abwimmeln. Dann setzt dich eben, wenn dir so viel daran liegt, mich näher kennenzulernen." Ich machte schließlich doch eine einladende Geste, auch wenn dies das letzte war, was ich gebrauchen konnte. Kaum hatte Septima und ich mich gesetzt, wollte ich eines von ihr wissen, nämlich was man so in der Villa über mich tratschte. Gewiß hatte sie das eine oder andere von einem der Sklaven aufgeschnappt.
    "Was erzählt man sich denn in der Villa so über mich?"

  • Es war nicht immer leicht, die Menschen zu ihrem Glück zu leiten, aber Celerina stimmte 'zähneknirschend' zu und bot Septima einen der freigeräumten Plätze an. Mit einem Lächeln ließ sich die Tiberia auf dem Sessel nieder und wartete, bis sich ihre Gastgeberin ebenfalls gesetzt hatte. Gleichzeitig mit Celerina fing sie an zu reden. „Was machst du...“ Sofort stoppte sie wieder und ließ die Flavia ausreden. „Bitte entschuldige, ich wollte dir nicht ins Wort fallen.“ entschuldigte sie sich höflich und legte anschließend nachdenklich den Zeigefinger der rechten Hand an ihre Unterlippe. „Du willst wissen was für Gerüchte über dich im Umlauf sind? Da muß ich dich ganz derbe enttäuschen, denn ich gebe nichts auf das Getratsche der Sklavenschaft, so dass ich mit keinerlei Gerüchten dienen kann, außer den mir selbst erdachten. Doch wenn du es unbedingt erfahren willst, so kann ich meine Serva beauftragen etwas heraus zu finden.“ schlug Septima hilfsbereit vor.


    „Ich für meinen Teil denke, dass Corvinus und du ein Problem in eurer Ehe habt. Welcher Art dieses Problem ist, kann ich nicht definieren, dafür kenne ich euch zu wenig und lebe noch nicht lange genug in diesem Haus. Ich sehe nur, dass es dir nicht gut geht und deinem Ehemann ebenfalls nicht. Bestimmt bin ich nicht die Richtige, um dir Ratschläge geben zu können, da ich selbst noch recht jung und gerade erst frisch verheiratet bin, aber ich möchte dass du weißt, dass ich dir gerne helfen möchte, auf welche Art auch immer. Ich kann gut zuhören, wenn du dein Herz ausschütten möchtest, oder dir einfach Gesellschaft leisten beim Handarbeiten, spazieren gehen oder lesen, nur damit du nicht alleine bist. Egal was, Celerina, du mußt es mir einfach nur sagen.“ Eindringlich blickte sie die ihr gegenüber sitzende Frau an. Gewiss kam das alles sehr überraschend für Celerina und vielleicht fühlte sie sich durch den Wortschwall und die Hilfsbereitschaft von Septima überfordert, doch es sprudelte einfach alles aus ihr heraus und Septima wollte die Worte gar nicht zurück halten. Mit einem Lächeln schob sie den Teller mit dem Honiggebäck etwas näher zu Celerina. „Magst du etwas Süßes?“

  • Ich ließ die Tiberia ausreden, nicht nur der Höflichkeit willen auch weil sich dann unser "Gespräch" dann um ein Minimum verkürzte, wie ich meinte. Daß sie in der Tat nur wenig auf das gab, was die Sklaven so tratschten, imponierte mir schon ein wenig. schließlich war sie ja noch eines dieser jungen Dinger, denen man viel erzählen konnte, wenn der Tag lang war und die dann auch noch alles glaubten ,was sie hörten. Wie alt mochte sie wohl sein? Nicht älter als zwanzig, eher noch junger. Und wenn schon, wenn sie erst einmal in mein Alter kam... Ach Herrje, so alt war ich nun auch wieder nicht, nur das Leben hatte es nicht oft gut mit mir gemeint.
    Ein wenig in Gedanken lauschte ich ihrer Worte und war doch etwas erstaunt. Ihre Erkenntnisse hatte sie entweder aus einer recht guten Beobachtungsgabe heraus entnommen oder sie hatte sich dennoch insgeheim dem sklavischen Tratsch hingegeben. Wie dem auch war, es war interessant!
    "Ein Problem...? Mhm...", echote ich nachdenklich. "Meinem Ehemann ebenfalls nicht? Aha? Inwiefern?" Nun, ich wußte, daß er verärgert war, über das was vorgefallen war. Aber daß er es sich so zu Herzen nahm, daß sogar andere Familienmitglieder Notiz davon genommen hatten, war mir neu. In all den Tagen, in dem ich mich in meinem selbstgewählten Exil aufgehalten hatte, fragte ich nie danach, wie es ihm wohl erging. Wenn er litt, war das ein Zeichen des Interesses. Interesse zur Wahrung seines guten Rufs oder tatsächlich Interesse an dem Erhalt dieser Ehe, was in einigen Punkten das gleiche bedeutete.
    Letztendlich bot sie mir ihre Schulter an, an der ich mich ausheulen konnte, wenn mir danach war. Nun, wenn das jemals geschehen sollte, dann bestimmt nicht hier und jetzt. Über solch delikate Angelegenheiten sprach ich nicht mit einer Fremden. Sie mußte erst noch beweisen, daß ich ihr ganz vertrauen konnte.
    "Das ist sehr nobel von dir, meine Liebe und ich bin ganz und gar nicht abgeneigt, dich etwas näher kennenzulernen. Nun ja, Marcus und ich... wir haben so unsere Probleme. Eines davon ist, und das ist ja wohl kaum ein Geheimnis, das Ausbleiben meiner Schwangerschaft. Wenn du mich nach Marcus´ Problemen fragst, so mußt du dich an ihn wenden."
    Derweil schob sie mir den Teller mit dem verlockend riechenden Honiggebäck zu. Eigentlich wollte ich nichts davon kosten, doch wenn sie mich so darum bat, tat ich ihr eben den Gefallen.
    "Nun gut, aber nur ein Stück!"

  • Lächelnd beobachtete Septima, wie Celerina ihrer Aufforderung nach kam und einen der Honigkuchen vom Teller nahm. Sie selbst griff ebenfalls nach einem, um ein wenig Zeit zu gewinnen und sich ihre Antwort auf Celerinas Frage überlegen zu können. In Ermangelung eines Tellers, krümelte Septima auf den Tisch, als sie eines kleines Stück vom Kuchen abbrach und ihren Mund schob. Nachdem sie aufgekaut hatte, antwortete sie endlich.


    „Er hat sich die letzten zwei Wochen kaum bis gar nicht blicken lassen.“ erwiderte sie ruhig auf Celerinas Nachfrage in Bezug auf Corvinus. „Doch was genaueres weiß ich nicht, und das liegt nicht daran, dass ich es nicht versucht habe. Dein Mann ist verschlossener als ein Praetorianer, der ein Geheimnis für sich behalten muß.“ Über den Vergleich mußte Septima selbst schmunzeln. „Gibt es überhaupt jemanden in diesem Haus, mit dem dein Mann redet, wenn er Probleme hat?“ Vielleicht wußte Celerina hierauf eine Antwort, dann könnte sich Septima bei dieser Person erkundigen, ob sie dem Senator helfen könnten. Wobei sie schon von Ursus gesagt bekommen hatte, das Prisca die Vertraute von Corvinus sei, aber das wollte Septima nicht so recht glauben. Die Nichte von Corvinus war doch genauso alt wie Septima und damit viel zu jung, um ihm mit Rat beistehen zu können.


    „Und was das Ausbleiben deiner Schwangerschaft angeht... Magst du gemeinsam mit mir zum Tempel der Iuno gehen und für deine Empfängnis beten? Gewiss willst du es so sehr, dass es im Moment nicht funktioniert, weil dein Körper aus dem Gleichgewicht ist und somit einfach nicht bereit für ein Kind. Mit Iunos Beistand wäre das alles gewiss leichter.“ Am liebsten hätte Septima wieder eine Hand auf die von Celerina gelegt, doch statt dessen griff sie wieder zu dem kleinen Honigkuchen auf dem Tisch und brach einen weiteren Krümel ab, den sie sich anschließend in den Mund steckte. Sie selbst fand ihre Idee mit dem Tempelbesuch hervorragend. Ob Celerina es nun schon mit Gebeten und Opfer versucht hatte, wußte sie nicht, doch konnte ein Gebet mehr gewiss nicht schaden.

  • Die herbe Süße des Honigkuchens ließ meinen Mund wässrig werden. Schon lange hatte ich auf derlei Gebäck verzichtet. Ich hatte nie aus Kummer gegessen. Ganz im Gegenteil, ich verzichtete, wenn mich etwas betrübte. Der Verzicht aber dauerte nun schon einige Tage, so daß auch wahrer Hunger mitschwang. Auch wenn ich noch mehr gewollt hätte, ich beließ es vorerst bei einem Stückchen. Letztendlich war ich nicht allein. Was sollte die Tiberia von mir denken?
    Was sie mir nun von Marcus berichtete, berührte mich, doch ich zeigte es Septima nicht. Mit dem, was ich dachte oder was ich fühlte, wollte ich nicht hausieren gehen. Im Inneren jedoch fühlte ich mich mit jedem Wort noch schuldiger, als ich es bisher getan hatte.
    "Dies geschah sicher infolge seiner Enttäuschung.", log ich, denn mir waren seine Gründe wohlbekannt. Doch dann hätte ich mir selbst auf die Zunge beißen können, als sie andeutete, sie habe alles versucht, herauszufinden, was vorgefallen war. "Du hast ihn also aufgesucht und mit ihm gesprochen?" Ich versuchte meine Anspannung vor ihr zu verbergen, so gut es ging.
    "Ich weiß nicht, wem er sich anvertraut. Ich bin es jedenfalls nicht." Es war wohl kein großes Geheimnis, daß wir beide nicht als das Traumpaar schlechthin galten. Dafür waren zweifelsohne Ursus und Septima zuständig. Ich hatte sie dafür bereits auf der Hochzeit beneidet und zog es vor, mich deshalb im Hintergrund aufzuhalten. Nicht daß ich ihr dies gefundene Glück nicht gönnte, doch es machte mich auf die Dauer krank!
    Doch Septima war so schrecklich verständnisvoll, so furchtbar hilfsbereit! Ich mußte nur nach ihrer Hand greifen, um die gebotene Hilfe annehmen. Was bildete sich dieses Gör überhaupt ein? Ich war viel alter als sie und sie maßte sich an, mir helfen zu können!
    Doch was war schon dabei, gemeinsam Iuno zu opfern? Ich hatte selbst schon daran gedacht, die Allmächtige anzurufen und um ihren Beistand zu bitten. Was mich nur dabei störte, war die Tatsache, daß es nun so aussah, als wäre es ihre Idee gewesen. Doch ich gab mir einen Ruck. Womöglich wurde ich sie so schneller los.
    "Das wäre eine famose Idee! Mit Iunos Hilfe wendet sich vielleicht alles noch zum Guten!" Dann hätte auch mein Exil ein Ende. Ich sehnte mich nach der Außenwelt, nach Luft und dem Licht der Sonne. Doch was mich bislang zurückgehalten hatte, war Marcus.

  • Stückchen für Stückchen wanderte der Honigkuchen in Septimas Mund und zurück blieben dutzende Krümel auf dem Tischchen, da sie jeden Bissen vom übrigen Stück abgebrochen hatte. So sehr sich die junge Tiberia auch bemühte, Celerinas neutraler Gesichtsausdruck verriet ihr nichts über deren Gefühlszustand, so das sie nicht erkennen konnte, ob die Flavia ernsthaft betrübt, oder aber glücklich über den Umstand war, dass es ihrem Mann nicht gut ging. Das es Celerina selbst nicht besonders ging, war jedoch nicht schwer zu erkennen, was mehr an der Unordnung ihrer Kleider und des Cubiculums lag, als an ihrem Gesichtsausdruck.


    Mit ruhiger Stimme antwortete Septima auf die ihr gestellte Frage. „Ja, ich war bei ihm gewesen. Am ersten Abend, als er nicht zur Cena erschienen war habe ich ihn aufgesucht. Doch wie ich bereits erwähnte, er ist sehr verschlossen.“ Die angesprochene Enttäuschung Corvinus' rührte wohl aus der noch immer nicht erfolgten Schwangerschaft von Celerina. Um so erfreuter war Septima, als Celerina ihre Zustimmung gab, dass sie gemeinsam Iuno ein Opfer darbringen könnten. Lächelnd schaute Septima ihr Gegenüber an. „Ich bin mir ganz sicher, dass Iuno ein Einsehen mit deiner Situation haben wird und werde alles entsprechende vorbereiten. Außerdem kommst du dann mal raus aus diesen vier Wänden hier.“ plapperte sie munter drauf los. Voller Energie wagte die junge Tiberia es, einen Schritt weiter zu gehen. „Magst du vielleicht heute Abend nur mit mir zu speisen? Wir könnten eine der Sklavinnen bitten, uns zur Unterhaltung etwas vorzuspielen, oder ein paar Gedichte vorzutragen. Was hältst du davon, Celerina? Kann Charis ein Musikinstrument spielen?“ Ihre Augen leuchteten bei der Vorstellung, in Celerina eine weitere Freundin zu finden, mit der sie vieles gemeinsam unternehmen konnte und somit der tristen Langeweile des Alltages zu entkommen, wenn sie selbst nicht mehr wußte, wie sie sich beschäftigen sollte.

  • Es war also wahr! Sie war bei ihm gewesen? Weshalb war sie nur so versessen darauf, herauszufinden, warum wir uns so verhielten, wie wir uns verhielten und uns, die Götter verhüteten, am Ende noch helfen zu wollen. Warum verstand sie es nicht einfach von selbst, sie war hier fehl am Platz! Natürlich konnte ich ihr das nicht so sagen, sie lebte schließlich im selben Haushalt und ich mußte voraussichtlich noch Jahre lang mit ihr auskommen müssen. Außerdem konnte sie nützlich sein. Wofür, das würde sich noch erweisen. Und nicht zuletzt, wollte ich wissen, was Marcus ihr anvertraut hatte. War er tatsächlich so verschlossen, wie sie behauptete? Nun ja, ihr gegenüber vielleicht.
    "Es hat wirklich nichts gesagt? Ja!" seufzte ich. "Er ist so schrecklich verschlossen. Es ist so schwer an ihn heranzukommen. Wüßte ich doch nur, wie ich an ihn herankommen könnte, ...oder durch wen!" Der letzte Satz klang so, als hätte ich dies zu mir gesagt, doch meine Absichten lagen ganz woanders. Septima war ein williges Opfer, wenn es darum ging, jemandem helfen zu können. Nun sollte sie mir helfen, mehr über meinen Mann zu erfahren. Dinge, die er ihr oder sogar mir nicht anvertrauen würde. Daß es solche Dinge gab, davon war ich überzeugt.


    So reichte ich ihr meine Hand, wenn auch nur im ideellen Sinne. Tiberia Septima sollte sich von nun an als meine Freundin fühlen, auch wenn ich in meinem Inneren nicht so empfand. Doch dies wußte ich gut zu verbergen.
    "Meine Liebe, ich bin jetzt doch froh, daß du gekommen bist. Du gibst mir wieder Hoffnung! Das ist schön. Wenn es mein Zustand erlaubt, dann können wir vielleicht schon morgen oder übermorgen gemeinsam den Tempel der Iuno aufsuchen?" Vielleicht half ja ein wenig göttlicher Beistand ja wirklich.
    Doch bot ich der Tiberia einen Finger, so griff sie gleich nach der ganzen Hand! Eine gemeinsame cena nur mit ihr? Gepaart mit Musik und Lyrik? Dafür war ich definitiv noch nicht bereit! Natürlich sagte ich ihr das nicht. Mir würde schon noch ein passender Grund einfallen, weshalb ich mich unpässlich fühlen würde.
    "Das hört sich verlockend an! Allerdings ist meine Charis gänzlich unbegabt in solchen Dingen." Wie gut, daß sie nicht zugegen war, denn sie beherrschte die Kunst, lyrische Texte aufzusagen, auch wenn ich dies nur selten nutzte. "Warum also nicht?!" Später am Nachmittag würde ich dann Charis schicken, die mich dann entschuldigte.

  • Ganz offensichtlich war Celerina auch nicht die Vertraute von Corvinus, sonst hätte sie nicht nachgefragt, ob er ihr, Septima, irgend etwas erzählt hätte. „Nein, er ist nicht mit der Sprache heraus gerückt. Ich glaube er ist ein Mann, der alles mit sich selbst aus macht. Nun gut, mehr wie mich anbieten kann ich nicht.“ stellte Septima leicht resigniert fest, ohne zu merken, dass ihre Worte durchaus auch anders gedeutet werden könnten. „Tja, wenn du nicht seine Bezugsperson bist und auch nicht Ursus, wer in diesem Haushalt kommt dann noch in Frage? Ich versteh sowieso nicht, weshalb die Männer der Meinung sind, sie könnten alles alleine und wir Frauen seien nur schmückendes Beiwerk für sie. Vielleicht solltest du zu ihm gehen und versuchen mit ihm zu reden? Ich mein, das etwas zwischen euch vorgefallen ist, dass ist nicht von der Hand zu weisen, und wenn weder er noch du mit jemand anderem darüber reden wollt, dann müsst ihr das unter euch aus machen. Wenn du allerdings Unterstützung brauchst, dann bitte Celerina, scheu dich nicht sie dir zu holen.“ bot sich Septima erneut als Stütze an. Sicherlich war sie jung. Jünger als Celerina auf jeden Fall, aber sie wollte aus tiefstem Herzen helfen. Nicht um irgend welchen Tratsch verbreiten zu können, sondern weil sie es nicht mit ansehen konnte, wie zwei Menschen litten. Wenn sie doch nur wüßte was zwischen Corvinus und Celerina vorgefallen war...


    Dann erklangen Worte, die Septima das Gefühl gaben, hier genau das Richtige zu machen und sie strahlte Celerina an. „Ich versuche zu tun, was in meinen Möglichkeiten liegt. Und wenn wir in den nächsten Tagen zum Tempel gehen sollten, dann solltest du auch etwas essen, meine Liebe.“ Auffordernd deutete Septima wieder auf den Honigkuchen. „Und bitte deine Sklavin Luft in dieses Cubiculum zu lassen. Ich werde dann heute Abend wieder zu dir kommen, dann können wir uns weiter unterhalten, ja?“ schlug Septima vor, da Celerina ihren Vorschlag eines gemeinsamen Mahls auf dem Zimmer angenommen hatte und erhob sich. Ihre Mission war gut verlaufen und vielleicht, wenn Celerina Zeit gehabt hatte um sich die Worte von Septima noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen, würde sie heute Abend mehr erfahren und womöglich auch mehr helfen können. Doch der erste Schritt war getan und Septima verließ mit einem guten Gefühl das Cubiculum der Flavia.

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