Leicht fiel es Ursus nicht, seine Schwiegertante einfach so aufzusuchen. Es erschien ihm so unangemessen, fast schon aufdringlich. Sie war ihm in letzter Zeit unnahbar und verschlossen vorgekommen, daß er eigentlich das Gefühl hatte, sie würde lieber in Ruhe gelassen. Doch es ging ja nicht um ihn, sondern um den Frieden im Haus. Das schien ihm Grund genug zu sein, sie aufzusuchen, obwohl sie sicherlich über seinen Besuch alles andere als erfreut sein würde.
Da stand er nun vor dem Raum, in dem Celerina sich nach Auskunft der Sklaven gerade aufhielt. Hoffentlich hatten sie Recht. Seufzend hob Ursus seine Hand und klopfte an die Tür.
Dabei fiel ihm auf, wie wenig er über sie wußte. Unendlich lange schien es ihm her zu sein, als sie sich einst vor den Thermen getroffen hatten und dann gemeinsam etwas essen gegangen waren. Ob sie sich überhaupt noch daran erinnerte? Damals war sie ganz anders gewesen als heute. So fröhlich und unbeschwert. Es war, als sei eine ganz andere Frau in dieses Haus eingezogen.