[Tablinum] Ein Klient berichtet von Nachforschungen

  • Macer saß wie üblich hinter seinem Schreibtisch, denn was sollte er auch sonst anderes in seinem Arbeitszimmer tun? Die Tür zum Garten war offen und ließ frische Luft ein und ein glimmendes Kohlebecken half den noch frischen Temperaturen ein wenig nach.


    "Salve, Aurelius Avianus", grüßte Macer seinen Klienten. "Nimm' Platz."

  • Avianus wurde vom Diener seiner Patronen in dessen Arbeitszimmer gebracht und sogleich von Macer empfangen. Dieser saß, wie Avianus ihn immer so begegnete, an seinem Arbeitsplatz, immer beschäftigt, immer etwas zu tun. "Salve, Macer", grüßte Avianus und nahm mit einem dankenden Nicken Platz, "Ich komme mit eher ernüchternden Neuigkeiten. Ich habe mit Corvinus geredet, was die Inqiusitio betrifft... leider jedoch waren die Informationen dazu mager. Um nicht zu sagen, ich konnte auch durch ihn nichts in Erfahrung bringen." Was ein Jammer war - aber etwas, woran man nichts ändern konnte, auch wenn man wollte.

  • "Das ist schade und vor allem weniger als erwartet!", stellte Macer fest und eine gewisse Enttäuschung war ihm anzumerken. Auch wenn er natürlich wusste, dass sein Klient nichts dafür konnte, wie die Acta Diurna ihre Archive führt, musste er aber trotzdem nachfragen. "Aber wie kann das sein? Es muss doch irgendwie möglich sein anhand der Acta Diurna herauszubekommen, ob in den Provinzen irgend etwas bemerkenswertes los war, das für unsere Arbeit relevant sein könnte. Müsste man da wirklich hingehen, und sich alte Abschriften zusammenklauben und sie alle nochmal lesen?"

  • Einerseits konnte man Avianus nicht vorwerfen, es nicht wirklich versucht zu haben. Andererseits hatte er sich dessen schuldig gemacht, mit leeren Händen zu kommen. Ein weiteres Mal konnte er seinem Patronen nicht helfen, die Schuld begleichen, die er hatte. Und er fühlte sich schlecht mit dem Gedanke, ein Ärgernis im besonderen Ausmaß!


    Wie das sein konnte, dies war eine gute Frage, die nicht einmal Avianus beantworten konnte. Er zuckte nur mit den Schultern, aber eine Theorie hatte er. "Scheinbar ist nicht einmal das im Aufgabenbereich der Acta Diurna. Oder womöglich war es im Interesse der Verwaltungen, dass sie zum Personalmangel nicht allzu viel nach außen dringen lassen. Der Plebs würde wohl denken, dass die Verwaltung unfähig ist, Posten neu zu besetzen. Diese Neuigkeit verbreitet sich in den Händen der Acta schnell... rein politisch gar nicht dumm, dass nicht einmal sie Bescheid weiß."

  • Mit dieser Theorie konnte Macer nicht allzu viel anfangen, so dass er energisch den Kopf schüttelte. "Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Die Acta Diurna ist schließlich einst erfunden worden, um dem Volk zu berichten, was sich im Senat tut. Seitdem berichtet sie von Senatssitzungen genauso wie von Hochzeiten und Leichenreden. Das kann ich mir nicht vorstellen, dass ihr bewusst Informationen über die Lage in den Provinzen vorenthalten werden können. Dazu müsste man dem Auctor wohl schon ziemliches Desinteresse unterstellen, wenn er sich das gefallen lassen würde, und das wäre dann vielleicht doch eine etwas gewagte Theorie", spekulierte er dann selber weiter.

  • Avianus nickte... sicherlich war die Acta nicht Schuld an alledem, dennoch war es für ihn unvorstellbar, dass sie wirklich an alle Informationen in den tiefsten Riegen der Politik herankam. Es war für Politiker und Magistrate nicht immer klug, alle Informationen preiszugeben. Einige Dinge behielt man dann doch lieber für sich...
    "Wie auch immer, ich schätze, die Spekulationen bringen uns nicht weiter. Das ernüchternde Ergebnis ist, dass ich dich enttäuscht habe, was ich nicht gerne tue."

  • "Nun, es waren wohl eher meine Hoffnung auf die Hilfe der Acta Diurna, die durch diese enttäuscht wurden", winkte Macer ab, denn sein Klient konnte dann ja auch nichts ausrichten. "Da werde ich mir wohl noch andere Wege ausdenken müssen, um an Informationen zu kommen. Irgendwie muss ja herauszubekommen sein, was in den provinzen in den letzten Jahren in der Verwaltung los war, ohne jeden Statthalter persönlich einzeln befragen zu müssen." Er blickte ein wenig unschlüssig vor sich hin, denn eine gute Idee hatte er spontan nicht.

  • "Vermutlich aber, gibt es in Rom noch ehemalige Statthalter, die etwas berichten könnten", kam Avianus spontan auf die Idee, "Sie könnten Informationen geben, wie der Stand in ihren letzten Amtstagen war. Man könnte sie in Rom persönlich aufsuchen, wenn man Rang und Namen hat und dann mit ihnen reden. Das erspart die Briefeschreiberei." Avianus rieb sich nachdenklich das Kinn. "Andererseits wirst du wohl die zeitfressende Briefeschreiberei in Kauf nehmen müssen. Man muss ja nicht zwingend die Statthalter anschreiben, denn ich denke, dass andere Magistrate auch Auskunft geben können, wenn sie erfahren, dass du einen Auftrag des Senates hast. Es wäre wohl unklug, sie dir zu verwehren."

  • Macer dachte eine Weile über den ersten Vorschlag nach, dann schüttelte er langsam den Kopf. "Ich fürchte, das bringt nicht viel. Ich war ja selber mal Statthalter in Germania und natürlich erinnere ich mich noch an viele Eindrücke zur Arbeitsbelastung, aber konkretere Daten zum Steueraufkommen oder zu der Zahl der Tage, die ich auf Reisen verbringen musste, könnte ich kaum rekapitulieren. Und einige wichtige Daten haben sich seitdem sicher auch verändert. Nein, da brauchen wir verlässlichere Daten und können uns für die Frage, ob eine Provinz verwaltbar ist oder nicht nicht nur auf Erinnerungen ehemaliger Statthalter verlassen. Zumindest handfeste Berichte müssen es schon sein, wenn wir solide Arbeit abliefern wollen", setzte er sich selber als Zielmarke.


    "Und wahrscheinlich hast du Recht und wir werden an gezielten Nachfragen nicht vorbeikommen. Einige Briefe habe ich ja auch schon versandt. Da müssen dann wohl noch einige folgen."

  • Avianus hatte den Ausführungen seines Patronen letztlich nur zuzustimmen. Am Ende musste er wissen, welchen Weg er zur Realisierung seiner Aufgabe einschlug. "Wenn ich dabei irgendwie helfen kann, so lasse es mich wissen", bot Avianus auch weiterhin seine Unterstützung an. Dass diese Informationen nur über brieflichem Wege zu erlangen waren, war für den Purgitier schade, von dem der Aurelier wusste, dass er kein leidenschaftlicher Briefeschreiber war. Doch irgendein Opfer musste man eingehen...

  • "Das werde ich sicher tun", nickte Macer, auch wenn er jetzt noch nicht beurteilen konnte, in wei weit er die Hilfe seines Klienten tatsächlich brauchen konnte. Ganz auf sich alleine gestellt war er ja ohnehin nicht, da die Inquisitio mit mehreren Personen besetzt war.


    Weitere Ideen schienen in diesem Gespräch dann aber auch nicht mehr zustande zu kommen. "Nun, dann danke ich dir erstmal für deine Bemühungen bis hierher", stellte Macer daher fest und brachte das Gespräch damit zu einem Ende. "Ich melde mich, soweit ich diesbezüglich weitere Aufgaben für dich habe."

  • Avianus nickte und war insgeheim doch erfreut, dass der unangenehme Teil nun endlich vorbei war. Dass der Purgitier ihm Aufgaben versprach, sollte etwas anfallen, war für den Aurelier wenigstens ein Zeichen, dass ihr Vertrauen zueinander noch nicht gebrochen war. Anschließend erhob sich Avianus und lächelte seinem Patronen zu.
    "Ich werde die Neuigkeiten erwarten. Danke für deinen Empfang, Macer."

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