cubiculum FC | Die Höhle der Löwin

  • Brix hatte sich Zeit gelassen. Er hatte zunächst Siv in das Zimmer gebracht, in dem sie Finn geboren hatte, denn dieser Raum, der ehemals das kleinste der im Vergleich ohnehin schon kleineren drei Gästezimmer war, sollte fortan ihres sein. Es lag in dem Trakt des Hauses, der an die Räumlichkeiten der Sklaven und, im weiteren Verlauf, an die Küche grenzte und hatte leerstehende Zimmer, sowie die Räumlichkeiten des Aurelius Lupus in direkter Nachbarschaft. Brix hoffte, dass der Kleine mit seinem Geschrei Lupus nicht belästigen würde, denn sonst gab es wohl ein Problem, das letztlich Brix würde lösen müssen.


    Im Anschluss daran hatte er sich gemeinsam mit Aedan um einen Fensterriegel gekümmert, der sich nicht mehr schieben ließ. Nach einem kurzen Besuch in der Küche bei Niki hatte er selbige mit einem schrumpeligen Winterapfel in den Händen wieder verlassen und sich beim Kauen resignierend eingestanden, dass es nichts brachte, wenn er sich vor dem Gespräch mit Celerina drückte. Deswegen setzte sich der Germane auch in Bewegung zu ihr, während er den Apfelbutzen zerkaute und hinunterschluckte und schließlich an die Tür zu Celerinas Gemächern klopfte. Selbstverständlich wartete er die Aufforderung ab, eintreten zu dürfen, und kam ihr erst dann nach. Brix verschloss sorgfätig die Tür hinter sich und blieb dann stehen, wo er war. "Du wolltest mich sehen, domina?" sagte er überflüssigerweise, wie er dort stand.

  • Der Sklave hatte sich Zeit gelassen. Das war sein Glück, denn als es schließlich klopfte und Charis die Tür öffnete, war meine Wut vom Morgen bereits etwas verflogen. Auch wenn es mir schwer gefallen war, hatte ich mich der Kurzweil hingegeben und hatte dem Kitharaspiel meines neuen Ägypters gelauscht. Dennoch war es mir nicht gelungen, den Gedanken an diese widerliche Germanin zu unterdrücken. Selbst Okhatons Erzählungen vermochten es nicht, ihr Bild aus meinem Kopf zu verdrängen. Irgendwann hatte ich ihn entlassen, um zu lesen und für mich zu sein. Nur Charis verblieb still in einer Ecke meines cubiculums, um jeden meiner Wünsche zu erfüllen, den ich aussprach.
    Nun trat der maiordomus, auch ein Germane, ein. Ich hatte nie einen Hehl daraus gemacht, daß ich nicht das geringste für diese Barbaren übrig hatte, auch wenn sie im Allgemeinen für ihre Treue und Zuverlässigkeit bekannt waren. Im Grunde hätte ich nichts gegen Brix vorbringen können. Er verrichtete seinen Dienst sorgfältig und offenbar hatte er auch die Sklaven gut im Griff. Jedenfalls war mir nichts anderes zu Ohren gekommen.
    Als der das Wort an mich richtete, sah ich zu ihm auf und ließ die Schriftrolle sinken.
    "So ist es!", meinte ich gebieterisch und sah ihn einen Moment sehr eindringlich an.
    "Seit wann bist du darüber im Bilde? Das mit deinem Herrn und dieser Schlampe?", begann ich schließlich ohne Vorwarnung. Es hätte mich sehr verwundert, hätte er nichts von dieser Beziehung gewußt.

  • Brix überlegte, wägte ab. Und entschied sich dann dafür, weitestgehend ehrlich zu sein. Ihm selbst entstand daraus vermutlich kein Nachteil - zumal er genau genommen lediglich seine Aufgaben erledigt hatte - und wenn es um Siv ging, würde die Flavia vermutlich so oder so etwas finden. "Eine Weile, domina", erwiderte er daher ehrlich und zugleich unbestimmt. "Auch wenn es nie offen erwähnt wurde", fügte er nach einem kurzen Moment hinzu. Zumindest nicht von Corvinus. Siv war offen gewesen, aber ihn und Siv verband auch ein inniges Vertrausverhältis. Dennoch war keiner der beiden zu welcher Zeit auch immer damit offen umgegangen. Brix stand aufrecht und wartete darauf, dass die Flavia erneut ihre Wut ausließ.

  • Eine Weile! Obwohl ich es bereits vermutet hatte, traf es mich, wie ein Hieb. Die Wut drohte wieder, in mir aufzusteigen. Ich spürte es ganz deutlich. Zugleich wollte ich den Sklaven anschnauzen, weshalb er mir gegenüber geschwiegen hatte. Doch dann besann ich mich wieder. Die verdammte Treue der Germanen war es wieder, die dies verhindert hatte. Er würde wahrscheinlich seinem Herrn noch treu zur Seite stehen, wenn dieser ihn bereits mit den schlimmsten Folterungen bestraft hätte, selbst dann, wenn diese ungerechtfertigt gewesen wären.
    "Es wurde nie offen erwähnt?", fragte ich erstaunt, während sich meine Gedanken nur noch um das Eine drehten. Mein nächster Gedanke widerte mich selbst an, doch ich sprach ihn aus. "Warst du jemals Zeuge dessen, was zwischen den beiden passiert ist?" Es war anzunehmen, daß der Sklave das uneingeschränkte Vertrauen seines Herrn besaß. Und wenn es so war… dann gab es bestimmt einen Weg… sich dieses Vertrauen… zunutze zu machen…
    "Kannst du mir sagen, was er an diesem Weib findet?" Irgendetwas mußte es doch sein. Vielleicht konnte Brix es mir sagen, er als unbeteiligter Beobachter. Außerdem wollte ich seine Meinung hören, auch wenn diese höchstwahrscheinlich progermanisch ausfiel, was niemand wundern würde.

  • Die Flavia sah nicht so aus, als würde diese Information sie begeistern. Nun, Brix konnte das durchaus nachvollziehen. Er blieb an Ort und Stelle stehen und wartete, bis sich die Gesichtszüge seiner Herrin wieder ein wenig gegättet hatten und sie noch einmal nachhakte. "Nein, Herrin. Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf... Ich denke nicht, dass es im Interesse des Senators liegt, seine...Beziehung zu Siv publik zu machen." Eine andere Erklärung gab es nicht für Brix, außerdem hätte er vermutlich dasselbe getan, wäre er in dieser Situation gewesen. Die nächste Frage brachte Brix dann ein wenig aus dem Konzept. Ob er Zeuge gewesen war? "Nein, Herrin", sagte er. Es hatte viele Anzeichen gegeben, dass sie ihm nicht gleichgültig gewesen war, damals beim Beginn der Schwangerschaft, bei seiner Übernahme von Mathos Position, bei ihrer Flucht, die letztendliche Freilassung... Die Reihe ließ sich fortführen. Sicher hatte es Geschwätz gegeben, und doch hatte niemand laut Vermutungen geäußert. Oder war gar bei irgendetwas anwesend gewesen.


    Brix wurde es spätestens jetzt sehr unbehaglich zumute. Er runzelte die Stirn und ließ einen Moment verstreichen, bevor er antwortete. "Ich denke nicht, dass ich deine Frage zufriedenstellend beantworten kann, domina", erwiderte Brix vorsichtig. Er wollte Celerina nicht erzürnen, glaubte aber kaum, dass ihr die Antwort schmecken würde, die er ihr vielleicht dennoch gleich geben musste, weil sie darauf bestand. Brix rechnete fest damit, dass sie jeden Moment aufbrauste und eine Antwort verlangte.

  • "Er tut gut daran, wenn er deiner Bemerkung folgt!" meinte ich, verbittert darüber. Es würde meine Schmach nur noch in unvorstellbare Höhen treiben, wüßte bereits die ganze aurelische Sklavenschaft darüber Bescheid.
    "Dann bist du der einzige, der davon weiß?" Was sich allerdings am Ende die Sklaven in Sachen Siv zusammenreimten, war eine ganz andere Frage, schließlich waren sie nicht blind und manche unter ihnen schienen auch ganz intelligent zu sein, so daß sie sich alles zusammenreimen konnten. Das beste Beispiel hierfür war Brix selbst, der nach eigenen Angaben niemals mit eigenen Augen beobachtet hatte, was er wußte.
    "Sorge dafür, daß es unter den Sklaven kein Gerede gibt. Jedem der offen darüber spricht, droht die Peitsche! Verstanden?" Ich schätzte den maiordomus allerdings bereits so ein, daß er alles dafür tun würde, damit es soweit nicht kam. Als er sich jedoch weigerte, mir auf meine Frage zu antworten, verfinsterte sich mein Gesicht auf neue.
    "Das laß nur meine Sorge sein! Also, was findet er an ihr? Antworte, oder ich schwöre bei allen Göttern, du wirst es bereuen!", antwortete ich streng, doch ruhig und bedacht.

  • Nun war es an Brix, zunächst die Brauen und anschließend die Schultern zu heben. "Ich weiß es nicht, Herrin. Ich denke allerdings, dass es so ist." Brix kam mit den meisten gut aus, andererseits war sie, fand Brix, recht verschlossen, was sie selbst betraf. Er selbst hatte darüber nie ein Wort verloren, einerseits um seines Herren Willen, anderereits, weil ihm Siv etwas bedeutete. Sie war wie eine kleine Schwester für ihn. Umso unverständlicher war Celerinas Anweisung für Brix, und das tat sich auch in einem leicht verfinsterten Gesichtsausdruck kund. "Ja, domina Flavia", sagte er dennoch.


    "Sie ist hübsch", antwortete Brix nach der Drohung und hob ein wenig hilflos die Schultern. "Und sie ist gescheit. Ich weiß nicht, ob es das ist. Solche Fragen sind zu persönlich, als dass ich sie offen stellen würde. Ich kann nur mutmaßen." Brix war ehrlich. Aber wenn es nach ihm ginge, dann wären das die Gründe. Siv war nicht dumm und sie war hübsch. Vielleicht war es auch die sture Art, die ihr manchmal zu eigen war, die Corvinus zusagte. Vermutlich mochte er auch die hellen Haare. Brix wusste es nicht.

  • "Dann sieh zu, daß es so bleibt!" entgegnete ich schnell und das war auch alles, was ich hierzu noch sagen wollte. Sollte es mir zu Ohren kommen, daß die Sklaven untereinander darüber tratschten, dann würde es Brix als erster zu spüren bekommen, danach die Sklaven selbst, die ihren Mund nicht halten konnten.
    Als nun Brix mir seine Sicht der Dinge unterbreitete, sah ich ihn nur verständnislos an. Was sollte das? Sie ist hübsch und sie ist gescheit? Damit war ich nicht zufrieden. Die Antworten an sich befriedigten mich nicht. Hübsch und gescheit - war ich etwa nicht hübsch und gescheit? Meine Wut drohte wieder Oberhand zu gewinnen und sich an dem Sklaven auszulassen. Inzwischen war ich aufgestanden und umkreiste ihn, wie die Katze die Maus zu bedrängen versuchte.
    "Hübsch und gescheit? Bin ich etwa nicht hübsch und gescheit?", fauchte ich ihn an. Ich rang mit mir, nicht außer mich zu geraten.
    "Es muß doch etwas geben… ! Was hat sie, was ich nicht habe? Antworte, sonst werde ich dich eigenhändig…"
    Allmählich begann ich vor dem Sklaven die Fassung zu verlieren. Die letzten Tage waren einfach zu viel für meine Nerven. Und dann heute Morgen auch noch dieser Sklavin ins Angesicht blicken zu müssen, brachte mich langsam an meine Grenzen.
    "Bitte, sag es mir! Ich bitte dich!", schluchzte ich. Sofort kam mir Charis zu Hilfe, um mich zu stützen, da sie wohl befürchten mußte, daß ich nicht nur die Fassung, sondern auch der Standhaftigkeit verlustig ging.
    "Laß mich!", befahl ich ihr abweisend und sie wich wieder zurück.
    Meine Brust bebte, ich schluckte meinen Kummer hinunter, um wieder aufrecht und selbstsicher vor dem Sklaven zu stehen.
    "Man sagt euch Germanen nach, ihr wäret treu bis in den Tod. Selbst Kaiser vertrauten euch schon ihr Leben an. Sag mir, kannst du auch mir die Treue schwören?" fragte ich, scheinbar völlig unabhängig davon, wovon wir soeben noch gesprochen hatten. Doch ich verfolgte einen bestimmten Gedanken, den ich noch nicht aussprechen wollte.

  • Brix erwiderte lediglich ein Nicken. Er hätte auch gar nicht gewusst, was er noch dazu sagen sollte, von einer weiteren Zustimmung abgesehen. Obgleich er nicht wusste, wie er dahingehendes Getratsche überhaupt unterbinden sollte, wenn es aufkam. Nun, es würde sich zeigen.


    Die nächsten Momente beinhalteten eine wahre Flut an Gefühlen. Brix sah sich dem ein wenig hilflos gegenüber, hob erst irritiert die Brauen und sah sie dann mitleidig an. "Doch, das bist du sicherlich. Ich denke nicht, dass er dich sonst geheiratet hätte", bemerkte Brix in versöhnlichem Tonfall und zugeich verwirrt. Was wollte sie denn von ihm hören? Ihre Drohung ging in ein Schluchzen über. Brix fürchtete schon, Celerina würde einen Nervenzusammenbruch erleiden. Jeder im Haus wusste schließlich inzwischen auch von dem missglückten Opfer. Charis eilte zu Celerina, die sie jedoch zurückwies, und Brix blieb standhaft an seinem Fleck, ohne eine Ahnung, was nun kam. Erst als er Celerinas Worte hörte, blinzelte er. Hatte er sich da verhört? Die Flavia war sprunghafter als eine Heuschrecke!


    "Herrin", sagte Brix ergeben. "Ich bin nur ein Sklave, und sicherlich weichen meine Ansichten von denen eines römischen Senators ab. Aber vielleicht solltest du die Gründe nicht nur bei anderen suchen, sondern auch bei dir selbst? Wenn eure Götter sind wie unsere, dann sehen sie Ungerechtigkeiten und bestrafen sie." Damit spielte er direkt auf Praates an, ohne es zu sagen. Selbst einen Blick zu Charis hin vermied er. "Vergib mir, wenn ich offen spreche, Herrin. Ich habe den Eindruck, dass es dir sehr zu schaffen macht, kein Kind unter dem Herzen zu tragen. Ich glaube aber auch, dass es den Senator genauso zerfrisst wie dich." Auf die Frage nach der Treue antwortete Brix nur damit und nicht direkt.

  • Ich konnte nicht recht nachvollziehen, wie Brix selbst nach meiner Drohung so ruhig bleiben konnte. Er ließ sich durch nichts beirren, was mir doch zu denken gab. Machte er sich am Ende über mich lustig oder war es einfach nur die Resignation eines Sklaven, der alles über sich ergehen ließ und ihm somit die Größe gab, über allen Dingen zu stehen.
    "Ich glaube nicht, daß er mich wegen meines Aussehens geheiratet hat. Wohl eher wegen meines Namens und meiner Familie. Auch wenn ich anfangs glaubte, es gäbe da noch etwas, was uns verbindet." antwortete ich ganz offen, was gegenüber dem Sklaven wohl eher ungewöhnlich war. Vielleicht war es meinerseits eine Art von Resignation. Was sollte ich vor ihm verbergen, was er nicht schon selbst wußte.
    Wieder beantwortete er nicht meine Frage, die ich mit einem gewissen Hintergedanken gestellt hatte. Er drohte, all meine Pläne zunichte zu machen, doch daß was er zu antworten begann, schürte wieder meinen Zorn. Was erdreistete sich dieser Sklave! Und doch hatte ich ihm doch befohlen, offen zu sprechen.
    "Was erlaubst du dir! Wie kannst du es wagen?", begann ich. Und doch wußte ich, daß er nicht Unrecht hatte, mit dem was er sagte. Zwar sah ich nicht die Zusammenhänge mit Phraates, was Brix´ und Charis´ Glück war, dennoch wußte ich insgeheim, daß ein Teil dieser Schuld auch auf meinen Schultern lastete. Natürlich hätte ich dies nie zugegeben.
    "Ich soll die Schuld bei mir selbst suchen? Du spielst mit deinem Leben, Sklave! Was habe ich nicht alles erduldet und getan?" Erregt von solchem Gerede sah ich mich hektisch um, als suchte ich nach einem Ausweg, einem Schlupfloch. Und das vor dem Sklaven.
    Dieser hatte es indessen auf den Punkt gebracht! Es machte mir schwer zu schaffen, immer noch nicht schwanger geworden zu sein. Und wie! Wenn es das war, was Marcus wieder in die Arme dieser Hure getrieben hatte, wenn es das war, dann gab es nur eins!
    "Du hast recht! Ja, das ist es, was mich schier in den Wahnsinn zu treiben scheint," sagte ich dann ganz ruhig nach einer Pause.
    "Ich möchte, daß du mir behilflich bist, damit ich mich nur noch auf diese eine Sache konzentrieren muß! kannst du das für mich tun?"

  • Es lag an Brix' Wesen, dass er sich ruhig und besonnen gab. Er handelte so gut wie nie überstürzt oder hektisch. Auch wenn er ob Celerinas Ausbruch skeptisch war, ob sie ihn gleich angehen mochte oder nicht, blieb er stoisch stehen und betrachtete sie. Inzwischen tat sie ihm nur noch leid. Er versuchte, das Gefühl nicht allzu offensichtlich heraushängen zu lassen, und sein Bart half ihm dabei, den Gesichtsausdruck weitestgehend zu verbergen.


    "Das kann ich nicht beurteilen, domina", erwiderte Brix ohne mit der Wimper zu zucken auf ihre Frage hin, was sie erduldet und ertragen hatte. Ihre Drohung bezüglich seines Lebens nahm er nur teilweise ernst, denn das Gemüt der Flavia war erhitzt, ihre Worte sprudelten unbedacht, und letztendlich konnte sie nur bedingt über sein Schicksal entscheiden - auch wenn sie durch eine Lüge wohl ihr Recht bekommen würde, wie das bei Phraates geschehen war. Brix würde aufpassen müssen. In dieser Hinsicht duldete der Hausherr keinen noch so kleinen Fehler.


    Brix fasste die Hände auf dem Rücken zusammen und wartete, bis Celerina sich wieder gefangen hatte. Sie schien zu überlegen, dann stimmte sie ihm zu. Und schlussendlich brachte sie eine Bitte vor, die Brix in einen Zwiespalt trieb. Er sah sie nachdenklich an. "Inwiefern soll ich dir behilflich sein, domina?" Ihm schwante Böses. Sie glaubte doch nicht, dass er an Corvinus' statt....?

  • "Natürlich kannst du das nicht! Wie solltest du auch?", meinte ich, warf ihm einen abschätzigen Blick zu und wandte mich dann von ihm ab.
    Ich trat zum Fenster hin und sah hinaus. Von hier aus hatte man einen wundervollen Blick auf den Garten. Man konnte bis an dessen Ende sehen, ganz weit hinten erahnte man bereits die Nachbarhäuser. Auch dieser Garten war begrenzt, genauso wie es mein Leben in diesem Haus war. Ich würde erst wieder glücklich sein können, wenn ein Kind geboren war - mein Kind!


    Als ich mich wieder zu Brix hinwandte, sah ich ihn zum ersten Mal nachdenklich. Auch seine Frage kam eher etwas zögernd. Mich belustigten die Gedanken des Sklaven, die doch in seinem Verhalten beinahe offensichtlich geworden waren.
    "Ich kann dich beruhigen, nicht in dem Maße, wie du vielleicht geglaubt hast," antwortete ich grinsend, jedoch wurde mein Ausdruck sogleich wieder ernst.
    "Du sollst sie für mich im Auge behalten! Ich möchte über alles informiert werden, was sie sagt, was sie tut und vor allen Dingen, mit wem sie es tut! Halte deine Augen auf und berichte mir regelmäßig, wenn sie ihn in seinem cubiculum aufsucht, oder er sie in ihrem! Ich denke, das wird nicht allzu schwierig für dich sein, nicht wahr?!" Mehr erwartete ich nicht von dem Sklaven. Und er mußte zugeben, daß man dies von einem guten Sklaven erwarten konnte!

  • Offenbar fand Celerina es lustig, in einem Moment zu Tode betrübt zu sein und im nächsten himmelhoch zu jauchzen. Brix schrieb dieses Verhalten ihrer Verzweiflung zu, man sagte solchen Menschen schließlich oft nach, temporär nicht ganz zurechnungsfähig zu sein. Doch im nächsten Moment zweifelte er sogar das an, denn was Celerina dann sagte, ließ den Germanen zunächst unschlüssig und anschließend ungläubig schauen. Sie wollte allen Ernstes, dass er für sie nicht nur seinen Herren, sondern auch seine Freundin hinterging? Celerina erntete betretenen Schweigen. Selbst wenn er keine wichtige Position im Haushalt inne gehabt hätte, hätte er das nicht gemacht.


    "Du möchtest also, dass ich den Hausherren - meinen dominus und deinen Ehemann - für dich ausspioniere?" wiederholte Brix die Worte der Flavierin und sah sie fragend an. "Warum sollte ich das tun?" Das ergab doch alles keinen Sinn! Das musste sie dich selbst genauso sehen wie er! Brix wartete stirnrunzelnd darauf, dass Celerina ihm einen Grund nannte, aus dem er seinen Herren und Siv hintergehen sollte. Sie hatte doch nicht einmal ein Druckmittel - oder doch?

  • In Erwartung einer Antwort sah ich ihm direkt ins Gesicht und ich merkte schon allein an seinen Augen und an jeder seiner Regungen, wie er sich dagegen zu sträuben begann. Schließlich kam sie und sie war fast so, wie ich sie mir erwartet hatte.
    Natürlich forderte mein Wunsch etwas von seiner Loyalität ab gegenüber seinem Herrn, jedoch wenn er mir dafür loyal war, dann war dies doch eine Art Ausgleich. Oder etw nicht? Natürlich war auch mir bewußt, wie schwierig es sein mußte, zwei Herrn gleichzeitig zu dienen. Aber wenn es erst einmal um die pure Existenz ging… um seine Existenz, fiel die Entscheidung oftmals um ein Vielfaches leichter.
    "Ach sag doch nicht so etwas! Du sollst ihn nicht ausspionieren!" Ich winkte mit der Hand ab, um seine Bedenken hinunter zu spielen.
    "Du sollst einfach nur ein Auge auf ihn und dieses Flittchen haben und aufpassen, daß er sich auch an seine Abmachung hält. Mehr nicht!" Die Frage nach dem warum ergab sich doch wohl von selbst! Aber vielleicht kannte mich Brix noch nicht richtig. Vielleicht mußte ich ihm einfach eine Gelegenheit geben, mich richtig kennenzulernen!
    "Nun, weil du der Sklave bist und ich deine Herrin und weil ich unter Umständen über die Mittel verfüge, die dein Leben angenehm gestalten könnten oder es dir zum Tartarus werden lassen. Du weißt doch, was der Tartarus ist, Germane?" Ob er es wußte oder nicht, war mir letztlich herzlich egal, dennoch wollte ich ihn damit unter Druck setzen. Und was schon einmal mit dem Parther geklappt hatte, würde ein zweites Mal sicher auch mit einem Germanen klappen. Und der Germane dürfte dann noch zufrieden sein, wenn er nur mit einer Kreuzigung davon kam.

  • Eines musste Brix der Flavia in jenem Moment zugestehen: Sie war verdammt gewitzt. Sie drehte die ganze Sache so, dass sich ein verunsicherter Sklave sicherlich sogleich besser gefühlt und zugesagt hätte. Brix indes blieb skeptisch. Ein Auge auf den Senator und Siv haben sollte er also. Mehr nicht. Mehr nicht? Brix fand, dass das Beobachten an sich kein Problem war. Er ging jedoch automatisch davon aus, dass er Celerina in regelmäßigen Abständen haarklein Bericht erstatten sollte. Warum sonst würde sie wollen, dass er seinen Herren hinterging und seine Freundin bespitzelte? So sehr Brix Celerinas Gedanken dazu auch verstand, so wenig verstand er, warum sie das überhaupt tat. Sicherlich sie war die Leidtragende, nur warum wollte sie sich nicht zumindest das Leid der Wissenden ersparen?


    Seine Brauen zuckten hinauf, als Celerina erst so richtig auf Touren kam. Er sah sie an und schwieg. "Wir nennen es Hels Reich, Herrin", erwiderte er schließlich und gab damit bekannt, dass er wusste, wovon sie sprach. Nun erwartete sie eine Antwort auf die Frage, und wenn er ehrlich war, so wusste Brix nicht, wie er sie fomulieren sollte. Er war seit jeher ein Mann gewesen, der seinen Prinzipien treu war. Auch wenn er Sklave war, hatte er stets danach gelebt, soweit dies im Rahmen der Sklaverei möglich war. So stand Brix nun dort, aufrecht vor Flavia Celerina, die Hände auf dem Rücken zusammengefasst und den Kopf erhoben und formulierte ernst und mit bedacht den folgenden Satz: "Ein Germane verrät keinen Freund."

  • "So so, Hels Reich! Nun gut, dann weißt du ja, wovon ich spreche." Es interessierte mich nicht im Geringsten, wie diese Barbaren den Tartarus nannten! Doch mein Zorn wuchs und drohte überzuquellen, da der Sklave sich kein bißchen eingeschüchtert fühlte. Er kam sich wohl mächtig schlau vor. Doch diesen Hochmut wollte ich ihm austreiben. Doch noch hatte er nicht verspielt. Er war mir noch eine Antwort schuldig, ob er für mich die Augen aufhielt. Offenbar fiel ihm seine Entscheidung schwer, denn es dauerte lange, bis er sich endlich eine Antwort abringen konnte.
    Doch als die endlich kam, überraschte sie mich so sehr, daß mir zuerst die Worte fehlten.
    "Ein Germane verrät also keinen Freund! Nun gut! Wenn das dein letztes Wort ist, läßt du mir keine andere Wahl!" Augenblicklich wandte ich mich zu Charis um, die die ganze Zeit im Hintergrund diese Unterredung verfolgt hatte. Als ich sie nun ansprach, erzitterte sie regelrcht.
    "Charis, geh und bring mir eine Gerte!" Die Sklavin starrte mich voller Entsetzen an. Ich glaubte schon, sie wolle das Wort an mich richten und für den Germanen um Gnade betteln. Doch sie tat gut daran, daß sie es nicht tat. Bevor sich ihre Beine in Bewegung setzten und sie hinaus trugen, galt ihr flüchtiger Blich dem Germanen.
    "Wie kann man nur so eigensinnig sein!" Nachdem Charis gegangen war, nahm ich den Germanen wieder ins Visier und richtete einige Worte an ihn. Mit einer Antwort rechnete ich erst gar nicht.
    "Was verlange ich schon von dir? Du bist ein Narr, wenn du glaubst, dein Herr wäre gleichermaßen auch dein Freund!"
    Nach einer Weile kehrte Charis wieder zurück. In ihrer Hand hielt sie eine Gerte, wie sie ein Reiter benutzte, um sein Pferd zu disziplinieren. Als sie sie mir überreichte, sah sie mich eindringlich an, ja fast schon bettelnd. Doch sie konnte mich nicht erweichen.
    "Entledige dich deiner Tunika und knie nieder!", befahl ich ihm.

  • Die Herrin war nicht eben begeistert, aber das war Brix von vornherein klar gewesen. Ihre Ankündigung barg eine Drohung, und gleich darauf erfuhr Brix, welche das war und was die Flavierin plante. Sie schickte Charis nach einer Gerte. Nun gut, also würde sie ihn schlagen und ihn vielleicht damit zu einer anderen Antwort bekehren wollen. Brix sah zu Charis. Er empfand das Verhalten der Flavia als unberechenbar. Sie ließ andere für ihre Verfehlungen bezahlen, und er hoffte in diesem Moment, dass Charis das durchschaute und entsprechend ohne Widerworte einfach handelte. Sie ging, und kurz streiften sich ihre Blicke. Dann war er mit der Furie allein.


    Brix wägte ab, ob es klug wäre, der Flavia ein paar Takte zu sagen. Er kniff die Augen zusammen. "Ich sprach nicht von Corvinus. Ich sprach von Siv. Die Loyalität meinem Herrn gegenüber bleibt unantastbar", klärte er sie schließlich auf. Kurz darauf trat Charis wieder ein. Brix warf einen Blick auf die Rute in ihrer Hand, sah dann Celerina wieder an. "Daran wird auch eine Züchtigung nichts ändern." Vielleicht würde es schmerzen, auch wenn er nicht so recht daran glaubte - war sie doch eine Frau. Er beugte sich ihrem Wunsch. Nichtsdestotrotz war sie seine Herrin, auch wenn er sich weniger denn je dazu verpflichtet fühlte, ihre Wünsche zu akzeptieren. Brix hätte ihr jeden erfüllt. Solange er nicht mit den Interessen seines dominus kollidierte. Er streifte sich die Kleidung vom Körper und kniete darauf nieder, den Oberkörper gerade aufgerichtet. Dann wartete er.

  • So weit war es also schon gekommen! Nicht genug, daß mein eigener Ehemann mir eröffnet hatte, er würde seine Gespielin zurück ins Haus holen, direkt an seine Seite, nun begannen sich auch schon die Sklaven gegen mich zu erheben! Ausgerechnet auch noch der maiordomus, welcher an der Spitze der Sklavenschaft stand und dem das Vertrauen der Herrschaft gehören sollte! Er wagte es, sich meinen Anweisungen zu widersetzen. Was blieb mir da anderes übrig, als ihn hier an Ort und Stelle selbst zu bestrafen? Hätte ich dies einem der anderen Sklaven überlassen, so hätte ich wohl am Ende noch einen Aufstand riskiert.
    An seiner Schuld änderte sich auch nichts, als er klar stellte, wen er mit Freund gemeint hatte. Es war dieses germanische Biest! Natürlich, die beiden steckten unter einer Decke! Weshalb war Marcus nur so blind gewesen, um das zu übersehen?


    "Nun, wir werden sehen!", entgegnete ich ihm fest. Ich war schon oft Zeugin von Bestrafungen geworden. Schon als Kind hatte ich es miterlebt, wenn mein Pflegevater ungehörige Sklaven bis aufs Blut hatte auspeitschen lassen. Anfangs hatten mich ihre Schreie und ihr Bitten und Betteln nach Gnade noch berührt, doch je älter ich wurde, desto abgestumpfter wurde ich deswegen. Irgendwann schließlich war dann auch auf meinen Befehl hin ein Sklave gezüchtigt worden. Im Grunde hatte ich bei diesem Anblick nicht das geringste gespürt, nicht einmal Genugtuung.
    Zum ersten Mal nach langer Zeit war es Chimerions Bestrafung gewesen, die mich tangiert hatte, ja die mir innerliche Schmerzen verursacht hatte. Und nun kniete dieser Germane vor mir, um auf seine Schläge zu warten, die ich ihm selbst zufügen sollte. Jetzt erst bemerkte ich den Unterschied zwischen dem befehlen einer Strafe und dem Gezwungen sein, sie selbst auszuführen.
    Ich hob die Gerte an, um sie anschließend auf seinem Rücken hinab fahren zu lassen. Doch das war bei weitem nicht so einfach, wie es sich anhören mochte. Schließlich begann ich mit Schwung, stoppte aber abrupt wieder ab, noch bevor die Gerte den Rücken des Germanen erreichten konnte.
    Meine Unfähigkeit verunsicherte mich zunehmend. Warum nur hatte mich Marcus hierhin getrieben? Es war weniger das Mitleid mit dem Germanen, welches mich nun unablässig aus der Bahn zu werfen drohte, als der Gedanke an mein verkorkstes Dasein, welches ich zu fristen hatte. Als dann endlich der erste Schlag den Rücken traf und eine Strieme hinterließ, spürte ich nur noch die Hoffnungslosigkeit. Ich ließ die Gerte fallen und mich gleich dazu. Neben dem Sklaven ging ich zu Boden, stütze mich nur noch mit meinen Armen ab und begann zu schluchzen.

  • Brix erwartete den ersten Schlag. Die Hände lagen locker an seinem Körper, er spannte seine Muskeln etwas an. Hier und dort waren hellere Striche auf seiner Haut zu sehen. Es blieb nicht aus, dass ein Germane Narben vorzuweisen hatte. Celerina nahm den Stock entgegen und trat hinter ihn. Brix wartete. Doch nichts geschah. Dann hörte er, wie die Gerte die Luft durchschnitt. Ein feines, hohes Zischen. Doch der Schlag, für den er sich gewappnet hatte, blieb aus. Fragend suchte sein Blick den Charis'. Brix sah nicht, was hinter ihm geschah. Er drehte ganz leicht den Kopf, eine Winzigkeit nur, doch auch aus den Augenwinkeln heraus konnte er nicht mehr erkennen als die Farbe ihres Kleides. Dann traf ihn doch ein Schlag. Er keuchte leise - nicht weil es ihn zu sehr schmerzte, sondern weil er sich vielmehr erschrocken und die Muskeln nicht angespannt hatte.


    Dann fiel der Stock klappernd schräg hinter ihm zu Boden, und gleichzeitig fiel Celerina. Brix hatte sich halb umgewandt, irritiert, fragend. Er sah zu Charis, zurück zu Celerina, zu der er sich dann mit äußerster Vorsicht beugte, um ihr eine Hand auf den Rücken zu legen. "domina? fragte er. Er konnte nicht verstehen, was hier gerade geschah. Vielleicht wusste Charis mehr. Erneut suchte Brix ihren Blick ratlos ob der Situation.

  • Meiner Sklavin schoß es die Tränen in die Augen, als ich die Gerte zum ersten Mal angehoben hatte. Nur ihren Blick wandte sie ab, weil sie diesen Anblick nicht ertragen konnte. Es würde schon schlimm genug sein, das Wehklagen des Germanen mit anhören zu müssen. Still verharrte sie im Hintergrund, denn sie wußte, das jeglicher Widerstand zwecklos war. Charis hatte in ihrem Leben nichts anderes gelernt, als demütig zu dienen und gehorsam zu sein. Zwei sklavische Tugenden, die sie hervorragend beherrschte.
    Als der erste Schlag allerdings ausblieb, wandte sie sich verwundert um. Brix´ fragende Blicke trafen sie, doch sie fand keine Antwort für das.
    Meine Sklavin kannte mich mittlerweile. Sie wußte von meiner Vorliebe, zu spielen. Doch als sie mich nun ansah, erkannte sie schnell, daß dies kein Spiel war. Als dann tatsächlich der Erste Schlag erfolgte, zuckte sie schließlich zusammen. Nachdem ich gefallen war, war der Schock so groß gewesen, daß sie erst nicht anders konnte, als wie angewurzelt stehen zu bleiben.
    Nachdem der Sklave sich nach mir umgedreht hatte und mir seinen Arm um den Rücken legte, näherte sich auch besorgt meine Sklavin, die vollkommen ratlos schien, was nun zu tun war.
    "Laßt mich! Laßt mich alle! Geht! Verschwindet! Aus meinen Augen!", schrie ich den beiden Sklaven hysterisch heulend zu und wehrte mich gegen Brix´ Arm.

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