Ungeliebter Auftrag Oder Heimlich, verschämt und leise

  • Rom. Mittelpunkt der Welt. Eine der größten Städte eben selbiger. Dementsprechend ausgestattet mit den größten Märkten. Und genau hier befanden sich Phaeneas, der Leibsklave des mächtigen Senators Vinicius Lucianus, und Lysias, ein weiterer Unfreier dieses Hauses.


    Für gewöhnlich war es für den Bithynier keine große Sache, über den Markt zu gehen, zielstrebig eilte er an dem Uninteressanten vorbei, um dorthin zu kommen, wo er hinwollte – aber heute fühlte er sich unwohl. Das lag daran, dass ihm der Auftrag, den Lucianus ihm gegeben hatte, unangenehm war. Außerordentlich unangenehm. So sehr, dass er sich in der Villa Vinicia vor dem Schreibtisch seines Herrn übergeben hatte. Aus Ekel und Scham. Und genau diese Empfindungen begleiteten ihn nun, als er mit Lysias zusammen eben diesen Auftrag zu erfüllen versuchte.


    Lysias war längst schon als Sündenbock ausersehen. Nicht vor Lucianus, sondern vor Phaeneas‘ Gewissen. Lysias würde er die Rolle als Einkaufsberater zuschieben und an ihn würde er auch die Schuld abschieben, wenn er ihm zu einem falschen Kauf riet.
    Bei Sklaven war das nämlich so eine Sache. Es gab sehr unterschiedliche Exemplare, so wie es eben allgemein unterschiedliche Menschen gab, und jeder ging mit der gleichen Angelegenheit anders um. Manche sahen kein Problem darin, mit jemandem das Bett zu teilen, um sich einen Vorteil zu verschaffen, ja manche ersehten es sogar regelrecht, um ihr Leben auf „einfache“ Art und Weise aufzubessern – dass Phaeneas die Existenz solcher Leute nicht fassen konnte, muss nicht ausdrücklich erwähnt werden. Andere dagegen konnten sich nichts Erniedrigenderes ausmalen, als eben dazu gezwungen zu werden.


    Und genau davor hatte der Bithynier panisch Angst. So jemanden von letzterer Kategorie zu erwischen. Ein junges Mädchen, das – vergleichbar wie er – vor Scham starb und für den Rest ihres Lebens darunter litt. Von den momentanen Schmerzen mal ganz abgesehen.
    Ohne Lysias könnte er es nie mit seinem Gewissen vereinbaren, sich an einem jungen Ding versündig zu haben, indem er ihm das gleiche Schicksal aufbürdete, von dem er selbst erlebt hatte, wie viel Schmerzen es bedeutete. Außerdem ... wäre es dann ungefähr so, als hätte er sich selbst noch einmal jenem Schicksal ausgeliefert, er würde sich nachträglich zu seinem eigenen Peiniger machen.


    Scham funktioniert ungefähr so wie Angst. Sie lähmt und bestimmt jemandes ganzes Handeln. Nur um zu vertuschen. Ein Leben lang.

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    Sim-Off:

    Lysias ist jetzt doch ein bisschen rothaariger geworden, als ursprünglich geplant ...


    Lysias für seinen Teil hatte sich das Fragen längst abgewöhnt, wenn es um Phaeneas ging, denn der kam immer mit irgendwelchen spontan scheinenden Aktionen auf einen zu (sprich, die er halt vorher ewig lang für sich selbst überdacht hatte und für die er dann Helfer bei der sofortigen Umsetzung brauchte) und erklärte grundsätzlich nie etwas. Da hieß es einfach, mitmachen und sehen, was dabei rauskam.
    So hatte er auch hier keine Ahnung, worum es ging. Irgendwas einkaufen. Um was es grob ging, erfuhr er dann, als sie auf den Teil des Marktes zusteuerten, in dem Unfreie verkauft wurden. Genauso wortlos wie der Bithynier stapfte er weiter und wartete schlicht mit wachen Sinnen ab, was sich ergeben würde.

  • Welch wichtige seelische und moralische Unterstützung Lysias für Phaeneas bedeutete, ahnte der natürlich nicht, aber der Leibsklave klammerte sich regelrecht an dessen Gegenwart. Lysias war ganz anders als Phaeneas, alles nahm er leicht und machte Späße darüber. Aber er konnte auch ernster sein – und ein schlauer Kopf war er erst recht, was sich allein schon an seiner Schlagfertigkeit zeigte. An diesem Tag hoffte der Bithynier sich von ihm etwas von seiner Ruhe auszuleihen (vergleichbar der, die Cimon hatte) und sich von seiner Leichtigkeit ablenken zu lassen.
    Dazu ging Lysias sowohl mit Männern als auch mit Frauen Liebesbeziehungen ein, er war also sozusagen ein Mann der Mitte, der vermitteln sollte zwischen den beiden Ufern, die in diesem Fall von Lucianus und Phaeneas repräsentiert wurden. Anders gesagt, Lysias sollte den Bithynier vorsichtig an die Welt des Frauenliebens heranführen. Was interessierten den schließlich sonst schon anderer Leute Liebes- / Bettgeschichten? Was interessierte ihn schließlich, was irgendwelche oberflächlichen, begierigen Leute dazu bewog, ein Auge auf eine Frau zu werfen?!
    Und genau das konnte ihm Lysias hoffentlich sagen. Natürlich würde Phaeneas nur um zehn Ecken danach fragen. Offen darüber sprechen, dass es um genau das ging, war für ihn vollkommen unmöglich, über so ein Thema redete man Phaeneas‘ Ansicht nach nicht und die Blöße, genau das zu tun, wollte er sich nicht geben.


    Für den Anfang wollte er es bei dem Stand eines Sklavenhändlers versuchen, wo man sich die Sklaven in aller Ruhe anschauen und aussuchen konnte. Zu einem eben solchen führte er Lysias also gerade eben. Der Verkäufer kam ihnen schon mit weitgeöffneten Armen entgegen, sobald er zwei Männer in qualitativ hochwertiger Kleidung sah.
    „Salve, die Herren, salve! Herzlich willkommen bei meinem bescheidenen Sklavenhandel! Womit kann ich nur dienlich sein?“
    „Sklavinnen sollen‘s sein“, antwortete Phaeneas, so routiniert, als würde er so etwas regelmäßig machen, „zur Unterhaltung von vornehmen Herrschaften fähig, am besten in vielfältiger Weise. Selbstverständlich nicht zu alt, gerne etwas dunkelhäutiger – so wie etwa ägyptische oder syrische Frauen. Solche dürfen’s auch sein.“
    „Hm, hm“, machte der Sklavenhändler, „zur Unterhaltung, dunkelhäutig. Ägypterinnen oder Syrerinnen.“
    „Man will dem Auge der Herrschaften und Besucher ja schließlich größtmögliche Abwechslung bieten“, begann Phaeneas scheinbar zu plaudern, ganz so, als würde er die Gesellschaft des Händlers und diese Umstände als gar so angenehm empfinden.
    „Ja, natürlich!“, fiel der sofort lauthals ein. „So ist’s recht, Diener aus aller Herren Länder! Wir sind schließlich Rom! Und als eben solches habe ich euch da einiges zu bieten ...“ Kurz besprach er sich mit einem seiner Gehilfen, bis der schließlich in Richtung seiner anwesenden Ware davoneilte und einige Sklavinnen heraussuchte.
    Phaeneas litt ganz ungeheuerlich unter diesen patriotischen Sprüchen. Nicht, dass er etwas gegen Roms Macht sagen würde, aber dieses großkotzige Getue war doch deutlich zu viel für einen Sklaven, der wusste, was es hieß, ohnehinschon unterlegen zu sein.

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    Junge Mädchen wollte Phaeneas kaufen? Wofür das denn? Um auf verschiedenste Weise Abwechselung bei einer Cena zu liefern, hatten sie doch schon – im Grunde genommen ausreichend – Sklaven zuhause? Nun gut, wenn man erst mal so reich war wie Vinicius Lucianus, da konnte man nie genug haben, vor allem um in der anspruchsvollen römischen Oberschicht stets mithalten zu können.
    Aber dann noch dieser Sonderwunsch, dunkelhäutig ... Na ja, machte sich ganz gut, Lysias gefielen solche Frauen auch (davon abgesehen, dass er momentan eine glückliche Beziehung führte, dazu noch mit einer helleren). Aber auch in der Hinsicht konnte er im Hause Vinicia keinen wirklichen Mangel feststellen.


    Wie so oft, wenn er Phaeneas mit Leuten von außerhalb der Familia erlebte, bewunderte er desse Souveränität. Seine unumstößliche Präsenz, wie einfach er den Leuten zu verstehen gab, dass er etwas konkretes von ihnen wollte. Da hatte der Sklavenhändler nie die Chance, etwas anderes zu sein als ein Sklavenhändler. Und Phaeneas war der Käufer, der ein festes Ziel vor Augen hatte, von dem er nicht abrücken würde.

  • Sobald der Gehilfe fertig war, wurden Lysias und Phaeneas die in Frage kommenden Sklavinnen vorgeführt. Eine nach der anderen.


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    Bei der Ersten kam der Händler gar nicht dazu, sie anzupreisen. „Also, bei der würd ich erstmal vorschlagen, dass sie das ganze Zeug da abnimmt“, machte Lysias den einzigen in diesem Zusammenhang sinnvollen Kommentar. „Da sieht man ja vor lauter Schmuck gar nix mehr.“
    Der Sklavenhändler erkannte, dass das wohl etwas übertrieben gewesen war. „Na gut, na gut. Die Herren wünschen etwas dezenteres? Kein Problem!“


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    Was der Händler zu den Fähigkeiten der Unfreien meinte, ging zugegebenermaßen größtenteils an Phaeneas vorbei, was dagegen laut in seinen Ohren klang, war Folgendes: „Na, ist sie nicht ein kleiner Augenschmaus? Nahezu zum Anbeißen ... Auch das kann man getrost zu ihren Talenten zählen – mit Sicherheit würde man nicht nur an ihrem üppigen Busen Freude finden. Da müsste sie nur noch ein bisschen lernen, nicht wahr, meine Süße?“ Und mit diesem Kommentar gab er ihr einen Klaps auf den Po. Alle seine Worte wurden mit großen Gesten, sehr direkten Hinweisen auf ihren Körper und einem frivolen Grinsen versehen und waren garniert mit einem Zwinkern in Richtung der Kunden, das Phaeneas ganz sicher nicht erwidern wollte.
    Bei all dem Gehabe des Händlers wurde dem Leibsklaven einfach nur schlecht und er hatte alle Mühe, dass man ihm das nach außen hin nicht ansah. Innerlich war er jedenfalls schon ziemlich blass und am liebsten hätte er hier und jetzt mit Lysias das Weite gesucht. Aber das ging nicht, schließlich hatte er einen Auftrag.


    „Und, würd sie dir gefallen?“, flüsterte der Bithynier seinem Begleiter möglichst vertraulich klingend von der Seite her zu.
    Der sah ihn erstaunt an: „Phaeneas? Seit wann interessierst du dich für Frauen?“
    „Neeeiiin, es geht ja nicht um mich“, protestierte der sofort. „Nur rein theoretisch: Würd sie dir gefallen?“ Den „Gästen“ musste sie ja schließlich auch gefallen ...
    „Also, für ne Beziehung oder nur so für einmal?“
    „Nicht für ne Beziehung ... aber schon öfter als einmal“, erklärte der Lucian’sche Leibsklave, möglichst gelassen.
    „Na ja, hübsch ist sie ja grundsätzlich schon – was für Augen! Auch ansonsten sieht sie nicht schlecht aus, allein schon die Haare. Aber die ist ein bisschen viel des Guten ... Das kommt schon ziemlich billig rüber ... Mir wär sie bald zu langweilig“, beschloss Lysias.


    „Die nächste, bitte“, forderte Phaeneas den Sklavenhändler dementsprechend auf. Denn er verließ sich hundertprozentig auf Lysias‘ Ratschlag.

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    Wieder begann der Händler seine Litanei auf einen ganz bestimmten Aspekt der Unfreien. Ganz als wüsste er, weswegen die beiden hier waren ... oder kannte seine Kundschaft insgesamt gut genug.
    „Ist dieses Hinterteil nicht vielversprechend? Und wenn sie sich erst bückt ...“ Genießerisch verzog er das Gesicht. Genau solche Sprüche hatte Phaeneas sich sein Leben lang zuhauf anhören dürfen ... Nicht etwa, weil er nach dem aktuellen Schönheitsideal besonders gut aussah oder besonders begehrt war - jedenfalls nicht mehr als der Durchschnitt seiner bisherigen Mitsklaven. Nein, schlicht und ergreifend nur, weil er einen Hintern hatte. Das war schon genug, dass die letzten Schweine ein Auge auf einen warfen. Ein Hintern, an dem man sich austoben konnte.
    Und ein einfaches „Nein“ reichte den meisten nicht wirklich, denen musste man in der Regel zehnmal sagen, dass man keine Lust hatte. Keine Lust hatte, sich jemand Rücksichtslosem hinzuhalten. Und diese Männer waren überall. Bedrängten einen überall, betatschten einen überall ... Und sie gingen nie aus.


    Phaeneas sah nur fragend zu Lysias hinüber, der langsam begriff, was heute von ihm erwartet wurde. „Respekt, der Körper, das Gesicht ... diese perfekte Haut ... Na ja, aber der treudoofe Blick ist ja mal gar nichts ...“
    Wieder ließ der Bithynier den Händler per Geste eine Neue herbringen.


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    Nach einigen zotigen Bemerkungen, die Phaeneas dazu brachten, vor Scham im Boden versinken zu wollen: „Welcher Mann könnte einem solch hinreißenden Ding schon widerstehen?“ Na, Phaeneas zum Beispiel. Unbeeindruckt betrachtete er die junge Frau. In logischer Folge dessen war der Satz des Sklavenhändlers kompletter Hirnriss.
    Lysias schien einen vergleichbaren Gedanken gehabt zu haben, denn er meinte: „Also, mir würden da spontan so einige einfallen. Außerdem ist die wohl ein bisschen zu dunkel ...“
    Das reichte, um den Gehilfen mit einem neuen Mädchen auf den Plan zu rufen:


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    „ ... in Liebeskünsten äußerst bewandert ...“, führte der Händler gerade aus.
    Diesmal jedenfalls musste Phaeneas selbst sie nur ansehen - ohne Lysias vorher nach seiner Meinung zu fragen - , um zu wissen, dass diese Sklavin auf keinen Fall ging. Die sah ja Lucianus‘ Gattin viel zu ähnlich. Und dass Lucianus Paulina nicht sonderlich toll fand, wusste der Bithynier haargenau. Die ganze Art ... nein. „Eine andere“, winkte er. Lysias‘ erstaunten Blick ignorierte er dabei.


    Der Sklavenhändler hatte allerdings keine mehr, die auch nur annähernd noch zu dem passte, was Phaeneas vorher beschrieben hatte. Mit der Verzweiflung eines Geschäftsmanns versuchte er, den beiden Kunden noch andere Damen „schmackhaft“ zu machen, aber er stieß bei dem Bithynier auf Granit, der selbstverständlich nur darauf aus war, seinen Auftrag zu erfüllen. Und da das hier nicht mehr möglich war ... „Na, dann eben woanders“, meinte er in Lysias‘ Richtung.

  • Im Stillen nahm Phaeneas sich vor, wenn möglich kurz mit einer in Frage Kommenden zu reden, um herauszufinden, was für ein Typ Mensch sie war und wie sie dementsprechend mit Neuem, mit ... Herausforderungen, mit ... an sie gestellten Wünschen ... umzugehen pflegte ... Unter vier Augen, denn einem Sklavenhändler lag ja gerade daran, seine Sklavin als etwas zu verkaufen, was sie nicht unbedingt sein mussten. Phaeneas aber musste grob abschätzen können, was er ihr damit antat, wenn er sie für Lucianus erwählte ...
    Eigentlich – Phaeneas hatte sich ausführlich umgehört – hätte der Sklavenhändler von eben ein breites Sortiment und höchste Qualität liefern sollen. Aber was er ihnen da geboten hatte, war nicht wirklich etwas für Lucianus gewesen. Deshalb beschloss Phaeneas, es als nächstes erst einmal bei den Versteigerungen zu versuchen.
    Von überall her hörte man hier die Auktionatoren ihre zu versteigernden Unfreien anpreisen. Menschemassen drängten sich, um den Verlauf mitzuverfolgen oder einen Blick auf den Sklavin bzw. die Sklavin zu erhaschen.
    'Dunkelhäutig. Eventuell Syrerin oder Ägypterin', sprach der Bithynier sich still immer wieder vor, während er mit Lysias die jeweils zu Versteigernden betrachtete. Da Phaeneas sich selbst von dieser Aufgabe komplett überfordert sah, klammerte er sich regelrecht an diese Angaben.
    Hier fragte zum Glück niemand mehr, was es denn sein sollte. Denn mehr als die gehobenen Ansprüche seiner Herrschaften und dass die Sklavin für keine zu konkrete Beschäftigung – aber nicht für die Küche oder etwas in der Richtung! – gedacht war, konnte er dazu nicht angeben.


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    „Da, schau, Lysias! Da wird eine waschechte Syrerin angeboten!“, stellte Phaeneas vollkommen überrascht fest. Innerlich jubilierte er schon – denn dass sich sein Auftrag so leicht erfüllen ließ, hätte er nicht gedacht. Aber Lysias enttäuschte ihn in dieser Hoffnung: „Ja, ein schönes Gesicht. Tolle Haare! Und diese Haut ... Aber die macht ja ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter! Ich glaube kaum, dass die jemals zu einem Lächeln fähig ist. Nein, schaun wir weiter!“ Phaeneas nickte seufzend und nahm hin, dass ihre Suche noch länger dauern würde, obwohl er sich jetzt schon reichlich erschöpft fühlte. Nicht körperlich. Sondern seelisch.


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    „Da! Die wär doch was!“, rief Lysias kurz darauf. „Klasse Haare, super Figur – sowas kann man sich doch nur wünschen!“ Von seinem Fund überzeugt sah er den Lucian’schen Leibsklaven an.
    „Also zum einen macht die genau das gleiche Gesicht wie die vorher“, analysierte der nüchtern, „und zum anderen: Schüchterner geht’s ja wohl nicht mehr. Nein, die ist nichts.“ Vehement schüttelte er den Kopf. Schüchternheit sprach nicht gerade dafür, dass sie in Bezug auf Lucianus selbstbewusst sein würde, sprich, gut damit klarkommen.
    „Na gut“, lenkte Lysias ein und warf noch einen letzten respektzollenden Blick zu der Frau hinüber.
    „Wie wär’s mit der da?“, schlug Lysias, nicht ganz so ernsthaft, mehr um überhaupt eine Idee einzubringen, vor. „Tolle Haare, schöne Haut ... Nicht schlecht die Lippen ...“


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    „Bist du verrückt?! Die ist noch ein halbes Kind! Sowas kann man doch unmöglich als Frau werten!“, versetzte Phaeneas sofort. Nein, so etwas könnte er nie verantworten.
    „Hm, du hast recht. Außerdem ist sie gewaltig blass ...“

  • Damit wandten sie sich beide von der sehr jungen Schönheit ab und bewanderten noch einen nicht gerade kleinen Teil des Sklavenmarktes, besprachen zich Unfreie – oh ihr Götter, Frauen waren ja schön und recht, aber dieser Tag war dem Bithynier doch etwas frauenlastig – und verwarfen alle aus verschiedensten Gründen.
    Bis Lysias schließlich wie vom Donner gerührt stehen blieb. „Da! Das ist sie!


    Diese Ausstrahlung haut einen beinahe um! Dieser Blick, dieses fast verwegene Lächeln. Ihr Götter, dieser Rücken, diese Finger ... Was für eine Körperbeherrschung! Und dieses Stupsnäschen ...“, schwärmte er.
    Erstaunte und noch etwas unsicher sah Phaeneas von der Betreffenden zu seinem Begleiter. „Ernsthaft? Sie gefällt dir? Du findest sie ... passend und ausreichend? Dem hohen Standard unserer Herrschaften angemessen?“
    „Aber ja! Sie ist perfekt!“, bestätigte Lysias. „Sie ist die lebende Verkörperung von Attraktivität, sowas von unwiderstehlich und begehrenswert! Und das ohne so billig rüberzukommen, wie fast alle, die wir vorher gesehen haben. Und wenn du mich fragst, ist sie genau das richtige Maß an Verführung bei gleichzeitiger Zurückhaltung!“
    „Und ... ähm ... du bist dir sicher, dass sie nicht zu dezent ist?“
    „Aber ja! Gerade darum geht es doch! Wenn du dir nochmal dieses künstliche Lächeln von der ersten, die wir uns ausführlich angesehen haben, in Erinnerung rufst – willst du sowas regelmäßig ertragen müssen?“ Lysias wartete gar keine Antwort ab. „Na, siehst du. Kauf sie!“, fügte er dann noch mit einem Nicken in Richtung Versteigerungspodest hinzu.
    Einige Momente rang der Bithynier noch mit sich, blickte auf die fröhlich wirkende junge Frau, ihre selbstbewusst die Umgebung musternden Augen, ihre leichte Art. Konnte er ihr das wirklich antun, was für sie vorgesehen war, konnte er das wirklich verantworten? Was, wenn dank ihm ihr Leben nun zum reinsten Tartarus wurde, was wenn - Was wenn ... was wenn ... Ach, es war sinnlos. Irgendeine musste Phaeneas schließlich aussuchen – und dann war die Sache wenigstens für heute erledigt.
    Ein letztes Mal sah er zu der braungebrannten Sklavin und ihr Schicksal war damit besiegelt. „Nun denn, dann ersteiger sie mal. Und stell vorher noch die Fragen, die man eben so stellt, bei so einem Kauf, von wegen Gesundheit und so ...“, instruierte Phaeneas Lysias und wandte sich damit schon so gut wie desinteressiert ab.
    „Na gut“, erwiderte der andere und kümmerte sich um alles.


    „Wunderbar, dann können wir ja jetzt zur Villa Vinicia zurückgehen“, verkündete der Bithynier schließlich, nachdem sie den Zuschlag erhalten hatten.
    „Was? Sind wir schon fertig? Wolltest du nicht noch ...“ Aber Phaeneas ließ ihn gar nicht mehr ausreden. „Das reicht für den Anfang schon“ – ohne nachzudenken, was er da überhaupt sagte; nur um Lysias still zu bekommen – „wir gehen jetzt zurück zur Villa.“
    „Na gut“, nickte Lysias, wenn er ihn auch etwas zweifelnd ansah.


    Phaeneas war ziemlich froh, die Sklavin nicht jetzt schon mit zur Villa Vinicia nehmen zu müssen. Vor seinem geistigen Auge sah er sämtliche Leute ihn anquatschen – schließlich war er Leibsklave des Senators Vinicius Lucianus und damit bekannt – und dumme Nachfragen stellen von wegen: „Wer ist denn die reizende junge Dame an deiner Seite, Phaeneas?“ Ne, danke!
    Jetzt, wo er schon seit Jahren daran arbeitete, die Leute daran zu gewöhnen, dass er nicht wie alle anderen immer selbstverständlich eine Beziehung hatte. Was den Hintergrund hatte, dass Phaeneas lieber alleine war als mit einem zusammen, der es nicht wert war. Dieses Vorgehen wiederum war aber vor allem für die besseren Kreise der römischen Gesellschaft nahezu unverständlich, wo es schließlich nicht nur für freie wichtigere Persönlichkeiten als unanständig galt, ungebunden zu sein. Anfangs, als er gerade frisch Lucianus‘ Leibsklave geworden war, da hatte er noch öfter solche Erkundigungen zu hören bekommen – und Angebote. Dann hatten sie es langsam verstanden, dass Phaeneas weder gewillt war, die geforderte offizielle Beziehung vorzeigen zu können, noch irgendwelche –ebenfalls geforderten - Abenteuer.
    Und jetzt gab es sowieso Cimon. Mit Mühe unterdrückte Phaeneas die Sehnsucht, die sich dabei in seinem Inneren aufbaute. Wenn er mit Cimon zusammenkommen würde, würden automatisch auch die Erwartungen der anderen bedient werden, denn dann hätte der Lucian’sche Leibsklave ja endlich seine Beziehung.
    Welch verrückter Nebeneffekt. Dass er dann endlich „ordentlich“ verbandelt wäre - wie sich’s halt gehörte.

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