Ein rasender Reporter unterwegs...

  • Oh ihr Götter. Oooh ihr Götter. OOOH ihr GÖTTER! Caius schwitzte, und ihm war übel. Mordsübel. Speiübel, um genau zu sein. Er konnte schon gar nicht mehr zählen, wie oft er die Fische gefüttert hatte, erst auf der Überfahrt von Rom hierher, nach Aegyptus, und dann jetzt hier, auf dem Nil, von Alexandria hinunter Richtung Syene. Warum um alles in der Welt musste er das hier machen? Warum um alles in der Welt hatte er zugesagt, dass er gehen würde? Er hatte sich ja geschmeichelt gefühlt, als die Auctrix ihm diesen Auftrag angetragen hatte, oh ja, sehr geschmeichelt – endlich wieder eine Aufgabe, die sein Talent würdigte! Eine Aufgabe, aus der eine ganz große Geschichte werden konnte! Aber jetzt hatte er das Gefühl, dass das nur eine abgekartete Sache gewesen war. Um ihn loszuwerden. Und weil alle anderen vorher kapiert hatten, dass Aegyptus um diese Zeit heiß sein würde und immer heißer werden würde, je mehr er sich vom Meer entfernte und in Thebaïs eintauchte. Und natürlich hatten sie gewusst, was eine Schifffahrt bedeutete, woran Caius natürlich mal wieder nicht gedacht hatte. Oh ihr Götter.


    Entsprechend derangiert sah Caius Columnus aus, als er endlich in Syene angekommen war. Er überlegte auch nicht lange, ob er sich gleich auf die Suche nach der Legio XXII machen sollte – nein, das kam nicht in Frage. Erst einmal hieß es, sich standesgemäß selbst zu versorgen. Was allerdings in Syene nicht ganz so einfach war, jedenfalls nicht, wenn er römische Maßstäbe anlegte... Was soll's, dachte er sich nach zwei Tagen mürrisch, in denen er festgestellt hatte, dass er den Sand irgendwie nicht los wurde, der überall zu kratzen schien. Dann konnte er sich genauso gut gleich auf den Weg machen, und sich dafür hinterher in Alexandria etwas Luxus gönnen. Das erschien ihm nun sowieso viel besser, denn wenn er erst einmal die Legio gefunden und besucht und mit ihnen Abenteuer erlebt hatte, über die er dann berichten konnte, dann würde er mit Sicherheit noch viel mehr Luxus brauchen als jetzt. Und wenn er dann wieder in Rom war, würde er gefeiert werden für seine Berichterstattung, seine mitreißenden Artikel, und selbstredend für seine Unerschrockenheit angesichts all dessen, was ihm hier begegnet sein würde! Und so machte Caius sich auf den Weg, mit einem Einheimischen als Führer, in die Wüste hinaus, um das Lager der Legio XXII zu finden...

  • Caius stolperte durch den Sand. Er hatte die Schnauze voll. Sein einheimischer Führer plapperte zwar immer irgendetwas davon, dass sie sich näherten und näherten – dem Lager der Legio selbstverständlich –, aber wie lange mussten sie sich denn bitte noch nähern, bevor sie ankamen? ZWEI Tage war er nun unterwegs. ZWEI Tage. Und er hatte überall Sand. Aber trotzdem, brav wie er war, schleppte er sich weiter vorwärts... bei den Göttern, da war aber eine happige Entlohnung fällig... und machte sich sogar Notizen. Um schreiben zu können. Um Artikel einreichen zu können. Wenn genug Wachstafeln voll waren, konnte er die ja schon mal nach Rom schicken, irgendein anderer Schreiberling würde damit schon etwas anfangen können dann.


    Und jetzt wurde es schon wieder Abend, und der Ägypter lief weiter, weil angeblich er, Caius Columnus, zu langsam gewesen war um den Rastplatz zu erreichen, den der Mann hatte erreichen wollen. Caius verstand nicht so ganz, warum sie nicht einfach irgendwo rasten konnten – Sand war Sand, fand er. Aber im Moment war er auch zu müde, um zu widersprechen, also tapste er nur dem Mann hinterher, der noch einen Zahn zulegte, während es langsam dunkel wurde.

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    Titus Genucius Pedanianus


    "Decurio Genucius!? Im Westen ... Zwei!"


    Pedanianus wandte sich im Sattel um und beobachtete die zwei entfernten Gestalten die bei Mondlicht gen Süden ritten. Die Turmae hatte sich weit aufgefächert und stand direkt vor einer recht hohen Düne, so das sie selbst im Mondlicht erst auf kurze Entfernung zu sehen waren ...


    "Sie nehmen die verzeichnete Route, so treffen sie unweigerlich auf das Legionslager, mit Sicherheit keine Banditen! Aber dennoch, Befehl ist Befehl! Equites Foslius und Silicius kommen mit mir der Rest bleibt auf Posten und hält weiter Ausschau!"


    Die drei Reiter setzten sich in Bewegung und Pedanianus beobachtete die Zielobjekte, ohne Frage keine Soldaten oder Banditen, der hintere von beiden jammerte immerzu und der vordere wirkte etwas nervös zumindest blickte er sich unentwegt um und als die Equites sich seitlich näherten hatte er sie sofort erblickt. Als nur mehr 100 Schritte die Equites von den Unbekannten trennten, beschloß Pedianus das ganze abzukürzen ...


    "Halt im Namen des römischen Imperiums, zügelt die Kamele oder wir zwingen euch dazu!"


    Wer auch immer hier in der Wüste nur zu zweit zu dieser Zeit unterwegs war, musste froh sein auf Lateinisch zum Halten aufgefordert zu werden und wenn sie nicht halten würden, konnten sie sie immernoch geradewegs auf das Legionslager zujagen wo sie unweigerlich mit Pfeilen gespickt werden würden ...



  • Caius hatte immer noch die Schnauze voll, zumal es nun irgendwie so richtig dunkel war, sah man vom Sternen- und Mondlicht mal ab. Nein, dafür konnten ihm gar nicht genug Auf- und Zuschläge und Spesen und sonst noch was gezahlt werden. Aber sein Führer wollte auch nicht anhalten, und so blieb er in seinem Schlepptau. Dass der Ägypter immer nervöser wurde, bekam Caius zwar schon mit, aber er schenkte dem nicht wirklich viel Beachtung. Vermutlich hieß das nur, dass er auch endlich, endlich (endlich!) ein Lager aufschlagen wollte, damit sie schlafen konnten. Erst als plötzlich wie aus dem Nichts – für Caius zumindest – eine laute Stimme zu ihnen herüber drang, begriff er, dass da etwas anderes war. Menschen, um genau zu sein. Aber: Menschen, die Latein sprachen, die das römische Imperium nannten, und das waren doch sicher keine Räuber... oder? Caius wurde etwas nervös, als ihm zum ersten Mal aufging, dass die Legio ja Jagd machte auf irgendetwas. Räuber. Oder... etwas Unheimlicheres... Aber nein, das konnte nicht sein. Räuber konnten kein Latein können, und Monster schon gleich gar nicht, beschloss Caius.


    Der Ägypter indes hatte die Kamele gezügelt, kaum dass die Aufforderung ertönt war. „Wir sind friedlich“, rief er in Richtung der Soldaten, versuchte im Mondlicht genug zu erkennen, um entscheiden zu können, ob das tatsächlich Soldaten waren.

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    Titus Genucius Pedanianus


    Die Equites taten es den Verfolgten gleich und zügelten ihre Pferde, sogleich postierten die Reiter sich so das eine Flucht für ihre Gegenüber unmöglich wurde ...


    "Salve Reisende, ich bin Decurio Titus Genucius Pedanianus von der XXII Legion. Was treibt euch zwei so spät noch durch die Wüste?"


    Sicherlich waren die zwei keine Banditen oder dergleichen, aber als Spione konnten sie durchaus durchgehen, also würden sie so oder so ins Lager gebracht werden müssen, unabhängig davon was nun für Ausreden aufkommen mochten ...



  • Caius bemerkte es nicht gerade mit Wohlwollen, dass die Reiter begannen sie zu umzingeln. Eher mit großem Unbehagen, diese Formulierung traf es weit besser, und als Subauctor musste man schon genau sein mit den Worten. Und wenn man schon genau sein wollte mit den Worten: Caius rutschte in diesem Augenblick endgültig das Herz in die Tunika. Andererseits: er war Subauctor. Er war hier um Grandioses zu erleben und dann davon zu berichten! Er suchte also sein Herz, respektive seinen Mut, und zerrte es zurück an den rechten Platz. Und ergriff die Initiative. Wäre doch gelacht, wenn er, Caius Columnus, das hier seinem ägyptischen Führer überlassen müsste!


    „Ja, äh... na so ein Zufall! Salve, Decurio!“ Caius hoffte einfach, dass der Kerl wirklich ein Decurio war. Aber falls nicht, hatten sie ohnehin keine großen Chancen. „Ich bin Caius Columnus, von der Acta Diurna!“ Das kam im Brustton der Überzeugung, dass sein Name reichsweit bekannt sein müsse. „Und mein Begleiter hier und ich, äh, wir suchen das Lager der XXII.“ Irgendetwas Grandioses musste noch her. Und ha, da war er, der Geistesblitz! „Rom dürstet danach, von euren Ruhmestaten zu erfahren!“

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    Titus Genucius Pedanianus


    Etwas verdutzt warfen sich die Männer einige Blicke zu, bis schließlich alle Augen auf dem Decurio ruhten ... in der Acta Diurna aufzutauchen wäre sicher interessant, vielleicht kam man eines Tages nach Rom und die Menschen feierten einen als Helden, zumindest glaubten die einfachen Eques daran ...


    Pedanianus sah das allerdings ganz anders, kaum waren die Wüstenräuber nach ihrem ersten Angriff in die Wüste entschwunden, schon kamen die Geier der Presse und mussten allen erzählen wie sie versagt hatten. Aber es lag nicht bei ihm darüber zu entscheiden, das würde der Praefectus tun müssen ...


    "Gut wir bringen ihn ins Lager, der Praefectus wird entscheiden was mit ihm geschieht, aber bedenke Scriba solange du nicht die Erlaubnis hast mit den Soldaten zu sprechen, solange solltest du es auch nicht tun, der Praefectus hat hier einen Feldzug zu leiten und sein Verständnis für die Leselust der römischen Senatoren könnte geringer ausfallen als du vielleicht erwartest!"


    Der Decurio war dafür bekannt das er gerne halbgedrohte Warnungen aussprach, wenngleich er es manchmal durchaus gut meinte ... wenn auch nicht immer ...



  • Die Worte des Decurios ließen Caius erst mal sprachlos zurück, genauer: sie stopften ihm sozusagen das Maul. Und das aus mehrerlei Gründen. Zum einen war da der simple Fakt, dass er sagte er wolle sie ins Lager bringen. Wo der Praefectus entscheiden würde, was doch nichts anderes hieß, als dass das hier tatsächlich römische Soldaten waren – Caius hatte bisher immer noch leise Zweifel daran gehabt, ob das nicht doch irgendwelche Räuber waren, aber kein Räuber würde doch so dreist sein und einfach einen Praefectus missbrauchen, fand er. Das allerdings, die damit verbundene Erleichterung, die einen nicht unbeträchtlichen Teil auch darin fand, dass sie endlich, endlich ihr Ziel erreichen würden, war nichts im Vergleich zu den weiteren Gründen für Caius' momentane Sprachlosigkeit. Denn: der Kerl reagierte nicht auf seinen Namen, was doch nichts anderes hieß als: er kannte ihn nicht. Mehr noch: er nannte ihn einen... einen... Scriba!


    Für Augenblicke war Caius also sprachlos, während derer sein Führer bereits die Kamele wieder in Bewegung setzte und auf den Decurio zuritt, um sich von den Soldaten in besagtes Lager bringen zu lassen. Erst, als sich die Gruppe bereits in Bewegung gesetzt hatte, fand Caius seine Sprache wieder. „Scriba? Scriba?!?“ Er versuchte sein Kamel in die Nähe des Decurios zu lenken, mit dem er vorhin gesprochen hatte, aber in der Dunkelheit war er sich nicht so sicher, wer das denn nun gewesen war, und sein Kamel wollte auch nicht so wie er wollte... Also redete er einfach drauflos. Das konnte der Decurio ja kaum gemeint haben, dass er hier gar nicht mehr reden durfte, bis er die Erlaubnis des Praefectus bekommen haben würde... Um das mögliche Verständnis für die Leselust anderer Römer machte Caius sich hingegen keine Sorgen. Er würde ihm schon Verständnis beibringen, wenn es sein musste – Caius konnte sehr zuversichtlich sein, wenn er wollte. „Also das muss ich festhalten, ich bin Subauctor!“

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    Titus Genucius Pedanianus


    Der Decurio schien eher unbeindruckt, wenn nicht sogar desinteressiert, jeder Mann der statt Blut Tinte an den Händen hatte war bei Decurio Genucius ein Scriba und das würde sich auch in Zukunft nicht ändern, zumindest nicht solange nicht irgendwann einmal ein Scriba vor seinen Augen eine Gruppe feindlicher Krieger niedermetzelte.


    "Dein Pseudo-Rang interessiert mich nicht im geringsten und wenn du dich nochmal traust so mit mir zu sprechen wirst du den restlichen Feldzug in einem Käfig verbringen!"




  • Caius war erst empört – dann noch empörter – dann noch VIEL empörter – und dann knickte er ein. Der Mann war Soldat. Der Mann war bewaffnet. Und sie waren nicht irgendwo mitten in einer Stadt, auf einem belebten Platz, sondern in der Wüste. Abends. Caius gönnte sich einen Moment, in dem er sich Gedanken über die natürliche Hackordnung in verschiedenen Lebensräumen machte, und kam zu dem Schluss, dass in dieser spezifischen Situation sein Platz eher... im Mittelfeld anzusiedeln war. Unteres Mittelfeld. Na ja gut, ganz unten. Auch wenn er das ungerecht fand. Und ungerechtfertigt, immerhin war er Caius Columnus, Subauctor der Acta, und das schon seit langem! Quasi rechte UND linke Hand der Auctrix, was man ja auch daran sehen konnte, dass sie ihn nach Aegyptus geschickt hatte, auf diese ganz und gar nicht ungefährliche Mission! Aber die liebe Hackordnung war nun mal, wie sie war, und so machte Caius nur ein paar Mal den Mund auf und zu, was ihm kurzzeitig das Aussehen eines Fischs auf dem Trockenen verlieh, während er zugleich jedoch stumm den Soldaten folgte, die ihm und seinem Führer den Weg zum Lager wiesen.

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    Titus Genucius Pedanianus


    Der Decurio tat es dem Subauctor gleich, mal abgesehen von den höchst seltsamen "Atemtechniken", und schwieg. Die Eques warfen sich hin und wieder fragende Blicke zu, sie kannten ihren Decurio ja garnicht so still und wortkarg, aber wahrscheinlich konnte der Decurio einfach nicht mit Reportern ... also schwiegen sich die Reiter weiterhin an bis sie schließlich irgendwann das Lager erreichten ...


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