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Schon seit einigen Wochen fühlte sich Licinia etwas merkwürdig. Sie konnte es nicht genau sagen, doch etwas war anders. Müde. Ja, müde fühlte sie sich vor allem. Ehrlich gesagt, schlief sie jetzt länger als normal und dennoch konnte sie tagsüber diverse Gähnattacken kaum unterdrücken. Licinia hatte es auf den Sommer geschoben, doch seit zumindest 15 Tagen konnte diese Ausrede auch nicht herhalten. Selbst ihrem Mann, der tagsüber nur selten zu Hause war, fiel auf, daß sie körperlich nicht ganz auf der Höhe war und die noble Blässe schon ein wenig zuviel des Guten war. Als Licinia also eines Tages wieder eine Gähnattacke unterdrücken musste um ihren Sklavinnen um sich herum nicht zeigen zu müssen, wie gut ihre Mandeln noch aussahen, entschloss sie sich, eine Heilkundige zu konsultieren. Eine ihrer germanischen Sklavinnen, die eine solche kannte, wurde auf den Weg geschickt und am nächsten Tag, gleich in der Früh kam die Gesuchte.
Die Heilkundige war eine alte Frau, Licinia wunderte sich in ihrer jugendlichen Überheblichkeit, daß die Alte noch so gut bei Fuß war. Die Heilkundige setzte sich und ließ sich zunächst etwas Wasser bringen. Dann ließ sie sich erklären, welche Beschwerden die Römerin hatte. Wie lange sie schlief, zu welcher Tageszeit sie besonders müde war, was sie schon gegen die Beschwerden getan hätte, ob sie anders aß, ob ihr sonst etwas aufgefallen war. Licinia beantwortete die Fragen nach gutem Gewissen und hatte nun schon ein mulmiges Gefühl. Doch die Alte ließ sich nichts anmerken, sondern sagte ihr, sie solle jetzt Wasser trinken, sie, die Alte, brauche den Urin der jungen Frau. Licinia war peinlich berührt, doch tat sie das, was die Alte ihr sagte.
Etwas später hielt die Alte einen Becher mit dem Urin der Licinia in der Hand. Sie prüfte den Geruch und den Geschmack, dann fragte sie die Licinia, ob ihr in letzter Zeit schlecht gewesen wäre.
"Nein. Warum?"
Doch die Alte reagierte nicht auf die Frage, sondern stellte ihrerseits wieder eine.
"Vielleicht Schwindelgefühle? Etwa, wenn man zu schnell aufsteht?"
"Nein, auch das nicht."
"Ist dir vielleicht etwas bei deinen Monatsblutungen aufgefallen?"
"Nein, das heißt... Doch. Sie war sehr viel schwächer als sonst."
"Aber sie kam regelmäßig?"
"Ja, schon. Aber sie dauerte nicht so lange wie sonst."
Die alte Heilkundige nickte nur und erklärte dann trocken:
"Du bist guter Hoffnung."
Das war dann doch etwas überraschend für Licinia und dementsprechend entgeistert sah sie die Heilkundige an.
"Manche Frauen haben während ihrer Schwangerschaft weiterhin Blutungen, deswegen merken sie manchmal auch nicht, daß sie schwanger sind." sprach die Alte weiter und erklärte ihr dann, was sie nun zu tun und was zu lassen hatte. Vor allem sollte Licinia sich nun nicht überanstrengen, aber auch nicht Nichts-Tun. Und ihr, der Heilkundigen, Bescheid geben, wenn ihr etwas auffalle. Aber sie würde ohnehin öfter vorbei sehen und nach der Schwangeren sehen. Das Kind werde kommen, wenn der Schnee hierzulande schmilzt, sagte sie noch, dann verließ sie Licinia. Die wiederum befahl ihren Sklavinnen, ihren Mann nicht zu benachrichtigen, sie wolle es ihm erst am Abend sagen. Und sie sollen ihr etwas zu essen bringen, sie habe großen Appetit.