Außerhalb von Mogontiacum

  • Elissa war durch den Wald gestapft. Sie war schon öfter hier gewesen seit sie die Quelle gefunden hatte. Schon beim ersten Mal hatte sie die Energie gespürte so wie ihre Mutter es ihr gezeigt hatte. Der Schnee unter ihren Stiefeln machte beim Auftreten ein berstendes Geräusch. Während sie sich durch die Bäume bewegte bis sie endlich da war gurgelt plätscherte das Wasser in den kleinen Weiher.



    Kleine Wölkchen bildeten sich vor ihrem Mund und ihre grünen Augen funkelten als sie das Wasser in den Weiher plätscherte. Ihre Mutter war von einem anderen Stamm aus Alba an ihren Vater verheirate worden und so ehrte sie wie sie es als Kind gelernt hatte die große Muttergöttin. Sie löste den Umhang und streifte ihn von den Schultern. Behutsam legte sie ihn auf den Boden und schnürte die Stiefel auf. Ihre Füße standen auf ihrem Umhang, die Kälte zog an ihr aber das war jetzt nicht wichtig. Sie umklammerte sich kurz selbst und rieb sich die Elenbogen. Es war Zeit, die Sonne die sich ihren Weg durch die Baumwipfel suchte berührte jetzt das Wasser der Quelle, die aus dem Stein plätscherte.


    Sie Kniete sich auf ihren Umhang die blanken Füße wurden noch ein Stück weißer. Die Hände hatte sie flach zum Himmel gerichtet wie es die Römer auch taten. „Große Göttin, Mutter allen Seins.“ Begann sie. „Nur Du hast das Recht, Leben zu nehmen, denn Du schenkst es uns auch. Ich habe seit Du mein Schicksal in die Sklaverei bestimmt hast, nicht oft zu dir gesprochen. Vergib es mir doch das Los das Du mir zu gedacht hast war nicht immer leicht. Aber jetzt will ich dich um etwas bitten. Die Frau die Meine Herrin und meine Freundin ist. Sie ist es für die ich Dich um etwas bitten will. Sie ist eine kleine Frau und die Geburt wird sicher schwer. Ich bitte dich um ihr Leben und das ihres Kindes. Ich bin bereit alles zu geben was ich auf dieser Welt besitze. Sie ist die einzige Familie die ich jetzt habe und könnte nicht ertragen wenn sie im Kindbett stirbt.“ Sie zog die Brosche aus ihrer Tasche hielt sie in den Himmel. „Das ist alles was mir geblieben ist seit ich eine Sklavin wurde.“ Sagte sie Weinend. „Es soll von heute an, für alle Zeit Dein sein.“ Mit dicken Tränen in den Augen fuhr ihr Blick über das Bronzene Pferd. Das Zeichen des Stammes ihrer Mutter. Dann flog die Brosche in den Weiher und sie sah wie ihr Opfer mit einem Plums auf immer verschwand. Sie griff weinend nach einer Hand voll Schnee um die brennende Kälte zu spüren. Die den brennenden Abdruck die die Bronze hinter lassen hatte nicht vertreiben konnte. Sie sackte schluchzend auf ihren Mantel. Und ihre grünen Augen glitten über das Wasser das ihr ganzes Leben verschluckt zu haben schien.


    Es verstrich einige Zeit bis sie sich wieder gefangen hatte. Mühselig schnürte sie ihre Stiefel. Ihre Füße waren schon fast bläulich und die wärmende Wolle tat gut. Schniefend wischte sie sich mit dem Ärmel die Tränen aus den Augen. Sie hob den Mantel auf und schnürte ihn fest um sich. Geistesabwesend stapfte sie durch die Bäume hindurch zurück.

  • Sie hatte nicht schlafen können. Nachdem sie sich mehrmals hin und her gedreht hatte, hatte sie es aufgegeben, überhaupt einschlafen zu wollen. Da es im Haus schon spät war, fiel es nicht auf, dass sie sich eine Decke und eine Lektüre schnappte und es sich beim licht einer Öllampe im Tablinum gemütlich machte. Einer der wärmsten Räume im ganzen Haus, weshalb sie dort meist zu finden war. Calvena stellte fest, dass es durchaus seinen Vorteil hatte, einmal nicht schlafen zu können. Keiner der Sklaven wuselte um sie herum, keiner der Verwandten machte Lärm, das Haus lag still und friedlich da und sie konnte ganz ungestört durchs Haus streifen und auch mal wieder ein paar Dinge tun, ohne gleich einen besorgten Blick zu ernten. Es konnte schon recht lästig sein, wenn man die ganze Zeit über bemuttert wurde.
    Leicht schreckte sie zusammen, als sie dann im Morgengrauen leise Schritte auf dem marmornen Boden hörte. Verdutzt legte sie ihr Buch beiseite. Wer war denn um diese Zeit schon auf? Selbst Elissa, Simplex und Romaeus fielen erst gegen Sonnenaufgang aus dem Bett. Eigentlich.
    Neugierig geworden, wer denn da zu dieser Zeit ebenfalls schon im haus herum schlich, erhob sie sich von der Kline und konnte gerade noch sehen, wie Elissa eilig das Haus verließ. Es war doch sonst nicht die Art der Keltin, ohne ein Wort das Haus zu verlassen. Hatte Elissa vielleicht einen Liebhaber von dem sie nichts erzählt hatte und mit dem sie sich heimlich traf`? Calvena traute es ihr durchaus zu. Doch in den letzten Tagen war Elissa recht zerstreut gewesen. Nicht die Art Zerstreuung die dadurch kam, dass man verknallt war, sondern eher die Art Zerstreuung, die durch Sorge entstand. Nachdenklich sah sie Elissa hinter her und gab sich dann einen Ruck, als die Türe hinter der Keltin zuschlug. Sie hatte nicht bemerkt, dass Calvena bereits auf war. Was auch immer es war, dass Elissa beschäftigte, es lenkte sie ab. Sie machte sich Sorgen um die Keltin und vielleicht würde sie nun heraus finden können, was los war.
    So ganz wohl fühlte sie sich nicht dabei, Elissa zu folgen, aber es schien irgendwie unvermeidbar. Kurzerhand schlüpfte sie selbst in ihren gefütterten Umhang und die warmen Stiefel. Letztes war etwas umständlicher, der runde Bauch war etwas im Weg.


    Nach kurzem hin und her, verließ sie dann auch das Haus und konnte gerade noch sehen, wie Elissa um die Ecke bog. Die Keltin strebte geradewegs hinaus aus der Stadt. Das war wirklich seltsam. Das die Keltin weg laufen wollte, bezweifelte sie, so war Elissa nicht. Dafür kannte sie diese viel zu gut.
    Ein wenig befürchtete sie ja, Elissa würde sich umdrehen und entdecken, dass Calvena ihr folgte, aber die Keltin schien einen klares Ziel vor sich zu haben und achtete gar nicht auf ihre Umgebung.


    Die Häuser und Straßen von Mogontiacum ließen sie recht bald hinter sich. Im Zwielicht des nahenden Morgens, konnte sie sehen, wie Elissa zwischen den Bäumen verschwand. Eilig folgte sie ihr, blieb aber dann erst einmal ein wenig ratlos stehen, weil sie die Keltin aus den Augen verloren hatte. Den deutlichen Spuren im Schnee zu folgen, kam sie erst einen Moment später. Kurz vor dem Entschluss es einfach gut zu lassen und wieder zurück zu gehen. Zu dieser frühen Stunde war die Luft noch bitterkalt, außerdem war es anstrengend durch den hohen Schnee zu stapfen. Leise keuchte sie.
    Das war keine so gute Idee gewesen, stellte Calvena fest, als sie sich keuchend mit einer Hand an einem Baum abstützte und die andere auf ihren Bauch legte. Sie musste sich eingestehen, dass Elissa schon recht hatte, wenn sie ihr einfach jede Arbeit abnahm. Sie war verdammt schwerfällig geworden. Ein Wunder dass Elissa nicht hörte, wie sie durch den Wald stapfte, sie machte sicherlich so viel Lärm wie ne Horde Wildschweine. Das Beste wäre wohl, wenn sie einfach wieder umdrehte. Da war jedoch so ein unbestimmtes Gefühl, dass sie drängte, Elissa weiter zu folgen. Calvena setzte ihren weg durch den winterlichen Wald fort, blieb aber stehen, als sie zwischen den Bäumen erkennen konnte, dass Elissa an einem kleinen Weiher stand.


    Halb versteckt hinter einem Baum blieb sie stehen und beobachtete Elissa. Ein bisschen nagte das schlechte Gewissen schon an Calvena, weil sie ihr so einfach gefolgt war, obwohl diese offensichtlich allein sein wollte. Das Elissa sich ertränken wollte, hielt sie für unwahrscheinlich. Auch wenn diese sich die letzten Tage merkwürdig aufgeführt hatte, war es einfach nicht die Art Elissas einfach vor Problemen weg zu laufen. Doch warum schlich Elissa sich am frühen Morgen aus dem Haus? Grübelnd legte sie die Stirn in Falten und betrachtete den Rücken ihrer Sklavin.
    Eigentlich war Elissa für sie weniger eine Sklavin, sondern mehr eine Freundin. Eine Freundin der sie alles anvertrauen konnte.


    Ein Ast knackte unter dem schweren Gewicht des Schnees, kurz drehte sie den Kopf in die Richtung. Es war schon ein bisschen unheimlich. Außerdem fühlte sie sich kurz an einen anderen Tag versetzt, im Sommer, wo das Schicksal damals seinen Lauf genommen hatte. Es kam ihr vor, wie ein anderes Leben. Ein kleiner Schauer lief ihr den Rücken hinab.
    Erst als der Wind Elissas Stimme ihr zu wehte, wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder der kleinen Lichtung zu. Eine Gänsehaut bildete sich auf ihren Armen, als sie sah, dass Elissa ohne Schuhe und Mantel im Schnee kniete. Das war beeindruckend, sie selbst hätte das wohl nicht getan. Selbst in den dicken Winterkleidern fröstelte sie schon. Sie war eben an das mildere Klima in Italia gewöhnt.
    Unwillkürlich hielt sie die Luft an, als ihr bewusst wurde, was sie da beobachtete. Es wurde ihr ein wenig eng in der Brust und sie spürte Tränen in den Augenwinkeln brennen. Es fiel ihr schwer ein leises Schluchzen zu unterdrücken. Mit einmal Mal kam sie sich schrecklich egoistisch vor.
    Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen den rauen Stamm des Baumes und schloss kurz die Augen. Eine Träne rollte ihr dann doch über die Wange.
    Sie konnte nicht sehen, wie die Brosche kurz im Licht der aufgehenden Sonne aufblitze. Sie hörte nur wie das Schmuckstück die dünne Eisschicht durchbrach. Sie konnte nur ahnen wie es vom dunklen Wasser des Weihers verschluckt wurde und dann in die Tiefe sank. Schwer lastete plötzlich die Stille des Waldes auf ihr.


    Schweigen lag über dem Wald, nur durchbrochen von Elissas Schluchzern. Es wäre ein Leichtes zu Elissa zu gehen und sie einfach in den Arm zu nehmen. Aus Dankbarkeit für diese Freundschaft und auch aus Verständnis heraus. Aber Elissa hatte nicht gewollt, dass sie dies mitbekam. Das sie wusste, welches Opfer sie brach und das eigentlich nur für eine Frau, die sich als ihre Herrin bezeichnete, versteckt hinter einer Lüge aus Freundschaft. Calvena kam sich scheinheilig vor. Einen Moment noch, stand sie da, mit klopfendem Herzen und zweifelhaften Motiven. Dann löste sie sich vom Baumstamm und ließ die Keltin allein zurück.

    Innerlich aufgewühlt, trat sie den Heimweg an. Sie wollte nicht, dass Elissa mit bekam, dass sie ihr gefolgt war.



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