Tablinium | MTD et Claudius Menecrates

  • Der Tiberier hatte sich schon gefragt, wann Menecrates endlich vorbeikommen würde. Als er nun informiert wurde, dass der Aedil vor seiner Tür stand, ließ er alles vorbereiten und seinen Sekretär für religiöse Angelegenheiten herbeiholen.


    So begrüßte er ihn mit verbindlicher Freundlichkeit.


    "Salve, Aedil. Treffen wir uns nun also doch noch einmal geschäftlich?"

  • Menecrates ließ sich zum Tablinum führen. Dabei achtete er weniger auf die Einrichtung der Villa als vielmehr auf die Deckenkonstruktion. Doch sein Blick nahm nicht die Ausführung wahr, denn er sortierte bereits die Gedanken.


    Ohne Wartezeit wurde er dann auch gleich begrüßt.
    "Salve Tiberius Durus. Es geht kein Weg an dir vorbei, wenn man Aedil ist", antwortete er schmunzelnd. "Wenngleich ich sagen muss, man lernt nie aus. Ich musste mich erst durchfragen, bevor klar war, an wem ich mich wenden muss bei grundlegenden Verwaltungsfragen. Ich gestehe, mit dem Aufbau der Organisation und der Arbeitsverteilung in der Regia habe ich mich nie auseinandergesetzt. Da bleibt ja jede Menge Arbeit an dir hängen." Menecrates wusste nicht, ob er den Pontifex darum beneiden sollte. Eher wohl nicht.


    "Abgesehen von dem heutigen Besuch schätze ich, werden wir uns sicher das eine oder andere Mal noch geschäftlich begegnen." Menecrates gönnte dem Hausherrn das Wort und damit die Entscheidung, ob sie Platz nehmen wollten oder das Gespräch bei einem Spaziergang führen wollten.

  • Als der Aedil von grundlegenden Verwaltungsfragen zu sprechen begann, stutzte Durus zuerst ein wenig. Als er dann aber von der Regia zu sprechen begann, ging er davon aus, dass es nicht um den Sitz eines Statthalters ging (obwohl für diesen der Begriff 'Verwaltungsfragen' passender gewesen wäre), sondern wohl um den Cultus Deorum der Stadt Rom.


    "Nunja, das Collegium Pontificium führt im Grunde gemeinschaftlich diese Aufgaben aus. Aber es hängt selbstredend davon ab, um welche 'Verwaltungsfrage' genau es sich handelt."


    Ging es um nichtrömische Kulte, waren die Quindecemviri zuständig, andere Dinge wiederum waren an die Septemviri delegiert und wieder andere wurden vom Curator operum publicorum bzw. dem zuständigen Pontifex Minor wahrgenommen.

  • "Hmhm", brummte Menecrates. Freilich hatte er die Fäden in den Händen des Collegiums Pontificium gesehen, aber in seiner Vorstellung - und berücksichtigte man die Bedeutung des Collegiums - hätte es Beauftragte, Verwaltungskräfte oder auch Sekretäre geben müssen, die banale Verwaltungsaufgaben übernahmen, die dann wiederum der Prüfung unterlagen. Da lag aber der Aedil offensichtlich vollkommen falsch.


    "Ja, um mein Anliegen auf den Punkt zu bringen: Ich habe ja als Aedil die Aufsicht über die Instandhaltung und die Sicherheit aller öffentlichen Bauwerke, so auch der Tempel. Und genau darüber wollte ich Erkundigungen einziehen - über den baulichen Zustand der Tempel, die in deiner Zuständigkeit liegen."

  • "Für den baulichen Zustand der Tempel ist ein Pontifex Minor eingesetzt."


    begann Durus rasch. Dass sich der Aedil darum kümmerte, war durchaus überraschend, denn sonst hatte vor allem der Curator Operum Publicorum sein Auge auf diese gehabt.


    "Aber vielleicht kann ich dir auch den einen oder anderen Tempel empfehlen."


    Noch dunkel erinnerte er sich an eine lang vergangene Debatte im Collegium. Seither hatte man das Problem einfach zu umgehen versucht...


    "Der Tempel des Mars Ultor bedarf seit Jahren einer gründlichen Sanierung. Sie scheiterte vor längerer Zeit bereits einmal an Verfahrensfragen, aber wenn du dich um einen Tempel kümmern möchtest, dann wäre dieser eindeutig vorrangig zu behandeln!"

  • Ein Grinsen entstand auf Menecrates Gesicht.


    "Tiberius Durus, du musst mir jetzt mal einen Gefallen tun. Drücke ich mich so unverständlich aus, dass ich in der Regia des Cultus Deorum zu dir geschickt werde, wenn ich einen Ansprechpartner benannt haben möchte, mit dem ich den augenblicklichen Stand der Sicherheit und den Zustand der Tempel in der Stadt erörtern möchte? Du mir wiederum sagst, dafür ist ein Pontifex Minor eingesetzt, ist das alles ein Missverständnis oder wo liegt der Hase im Pfeffer?" Menecrates war bereit, dazuzulernen, wenn es notwendig war. "Ich wüsste dann auch gerne Namen des Mannes", fügte er an, während er zu einer Wachstafel griff.


    Der Hinweis auf den Tempel des Mars Ultor fiel besonders auf fruchtbaren Boden. Mars, ein von Menecrates besonders geschätzter Gott auch noch...


    "Du sagst, beim Tempel des Mars Ultor scheiterte die Sanierung vor längerer Zeit an Verfahrensfragen. Geld ist in außreichendem Maße da? Oder kann mit einem finanziellen Zuschuss dem Ganzen voran geholfen werden?"

  • Er war von der Regia hier her geschickt worden? Das musste wohl ein Fehler des Ianitor gewesen sein - oder aber der Aedil hatte sich unklar ausgedrückt. Dennoch würde er an dieser Stelle etwas nachhaken müssen...


    "Der zuständige Pontifex ist Volturnius Leto. Am besten, du vereinbahrst einen Termin in der Regia, wo auch das Archiv über die Bauakten lagert. Dann kann er gleich die entsprechenden Dinge hervorholen."


    meinte er, um Menecrates vorerst zufrieden zu stellen. Dann ging er zu der anderen Angelegenheit, die offensichtlich das Interesse des Claudiers geweckt hatte. Genaugenommen war die Sache damals gescheitert, weil Durus verhindert hatte, dass Avarus diese Sanierung übernehmen konnte. Gegen einen Claudius dagegen hatte er nichts einzuwenden.


    "Es gab damals einige Spenden für die Sanierung. Allerdings kann es natürlich niemals schaden, wenn etwas mehr Geld zur Verfügung steht, um den Tempel ein wenig prächtiger auszustatten."


    antwortete er in der Hoffnung, dass Menecrates auch etwas aus dem claudischen Vermögen zusteuern würde. Als Pontifex pro Magistro war es selbstredend in seinem Interesse, das Vermögen des Cultus Deorum möglichst zu schonen!

  • Menecrates vermerkte bei sich den Namen des zuständigen Pontifex Minor und ebenso den Hinweis, zurück zur Regia zu müssen. Dann aber wandte er sich sogleich wieder dem Projekt der Tempelsanierung für den Mars Ultor zu. Er ließ die Kosten für Umbauten, die seine Listen im Officium auswarfen, Revue passieren.


    "Ich bin bereit für die Sanierung, sagen wir 2.000 Sesterzen zu spenden. Darüber hinaus möchte ich dich aber fragen, ob ich zur Beseitigung der hinderlichen Verfahrensfragen etwas beitragen kann. Mein Amt bietet dafür möglicherweise gute Voraussetzungen und nutzbare Vorteile. Es wäre mir ein besonderes Anliegen, mich dafür einzusetzen. Sprich frei heraus."


    Claudius bewegte dabei mehr als nur die Pflichterfüllung im Rahmen seines Amtes. Seit jeher war er ein besonders frommer Mann gewesen. Manches Mal schon hatte er sich gefragt, ob dies ausreiche, einem Kollegium beizutreten, aber bislang hatte er sich dies nie zugetraut. Er schätzte sich dafür doch noch zu unvollkommen ein.

  • 2000 Sesterzen waren tatsächlich keine Kleinigkeit und Durus lächelte zufrieden. Und dazu würde Menecrates sich offensichtlich um die Einzelheiten kümmern - dass er Avarus als Architekten einstellte, war wohl unwahrscheinlich...


    "Es ging darum, welchem Architekten wir diesen Auftrag anvertrauen. Immerhin sollte derartiges nicht von irgendwem durchgeführt werden! Wenn Dir also ein geeigneter Mann bekannt ist, könnte das Collegium Pontificium eine Sanierung sicher unterstützen."

  • Den Geldtransfer würde Menecrates im Nachhinein vornehmen, schließlich trug er nicht tausende Sesterzen täglich mit sich herum. Einer Notiz dafür bedurfte es jedoch nicht, deswegen wandte er sich sogleich wieder dem bisherigen Problem der gescheiterten Sanierung zu. Er strich sich mit einer Hand über beide Mundwinkel, weil ihm natürlich prompt ein Mann einfiel, der sich mit Architektur auskannte.


    "Tja, also ich könnte meine Listen nach möglichen Architekten durchsuchen und mich dann von ihrer Kompetenz höchst persönlich überzeugen", erwiderte er zögerlich. Menecrates wirkte etwas unschlüssig, sprach dann aber trotzdem weiter.


    "Wie es der Zufall jedoch will… ich selbst habe auch Architektur studiert. Vor Jahren habe ich den Neubau des Amphitheaters in Mantua geleitet. Das schließt die Erstellung der Baupläne und der Statistik mit ein."


    Einerseits fiel der Zufall derart komisch aus, dass es fast schon als Wink der Götter gelten könnte. Andererseits sprengte seine Überlegung jedes vernünftige Ausmaß einer Aediltätigkeit. Welcher Aedil kümmerte sich schon in derart direktem Maße um die Tempel der Stadt? Es wirkte irgendwie absurd, trotzdem führte er den Gedanken zu Ende.


    "Nach dem Aedilat habe ich theoretisch Zeit zur Verfügung. Machen wir es doch so: Ich lasse es mir durch den Kopf gehen, ob ich einen weiteren Großauftrag übernehmen möchte, und wenn du möchtest, dann prüft dein Kollegium meine Qualität anhand des Amphitheatrums. Die alternativen Architekten lasse ich dir selbstverständlich außerdem zukommen."

  • "Tatsächlich?"


    fragte Durus überrascht. Auch er selbst hatte sich vor längerer Zeit ein wenig mit Architektur beschäftigt, aber die Renovierung eines der bedeutendsten Tempel der Stadt traute er sich nun wirklich nicht zu. Aber es wunderte ihn doch, dass man ihn damals offensichtlich nicht erwogen hatte...


    "Dann werden wir dich selbstverständlich im Hinterkopf behalten. Trotzdem wäre eine Liste gut, um den Eindruck von Klüngelei zu verhindern."


    Prinzipiell hatte der alte Tiberier natürlich nichts gegen diese Praxis einzuwenden, aber da er noch nie etwas von Menecrates als Architekten gehört hatte, war er doch besser etwas vorsichtiger.

  • "Du bekommst so schnell wie möglich eine Liste von mir zugesandt", versicherte Menecrates. "Was mich betrifft, möchte ich etwas Bedenkzeit. Berücksichtigt werden muss, dass ich nicht gegen Rechnung arbeite, weil ich selbstverständlich keinen Architekturbetrieb besitze. Du weißt, das würde gegen die Lex Mercatus verstoßen. Dennoch besitze ich alle notwendigen Qualifikationen und alleine aus Interesse habe ich mein Wissen immer auf dem Laufenden gehalten. Erkundigungen können über Senator Purgitius Macer eingezogen werden. Nur wie gesagt, ich benötige selbst etwas Bedenkzeit, denn wenn ich etwas anpacke, dann richtig. Und machen wir uns nichts vor, die Tempelsanierung wäre ein Großprojekt."


    Menecrates war sich dessen bewusst, dass das Geschäft für den Cultus Deorum nicht größer sein konnte. Sie bekämen durch ihn eine kostenlose Bauleitung bei gleichzeitigem finanziellen Zuschuss.


    "Meine Anliegen sind soweit besprochen. In der Sache mit den Tempeln muss ich ja zurück in die Regia, um meine Fragen zu klären. Aber vielleicht hast du noch ein Anliegen an mich."

  • Das Angebot, ohne Lohn für die Stadt zu arbeiten, war natürlich durchaus ein interessantes Angebot, denn damit sparte man sich erneut viel Geld. Andererseits hing alles davon ab, welche Erfahrung Menecrates als Architekt vorweisen konnte.


    "Nein, ich denke nicht! Dann hören wir sicherlich voneinander!"


    Damit erhob sich Durus, wie es sich gegenüber einem Magistraten der Urbs Roma gehörte. Das Gespräch war seiner Meinung nach beendet.

  • Auch für Menecrates war alles Nennenswerte gesagt, bis auf eines.


    "Ich könnte die zugesagte Spende einem Sekretär oder Sklaven deines Vertrauens übergeben, wenn du einen zu meiner Begleitung mitschickst. Oder aber du entsendest einen Mitarbeiter der Regia, der mich anderntags zu Hause aufsucht."


    Obwohl die Antwort noch ausstand, wandte sich Menecrates bereits dem Ausgang zu. Kurz bevor er die Tür erreichte, drehte er sich nochmals um. "Vielen Dank für die Auskünfte und die Götter mit dir, Tiberius Durus." Er wartete die Verabschiedung ab und den Entscheid über die Form der Geldübergabe.

  • "Ja, ich gebe dir gleich Lukios mit!"


    erwiderte Durus und bedeutete seinem Sekretär, dem Aedilen zu folgen. Da es ganz offensichtlich nun wirklich nichts mehr zu bereden gab, schenkte er dem Claudier noch ein Lächeln und verabschiedete sich


    "Vale bene!"

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