Am Morgen nach der Nacht des Alpdrucks gab ich mich betont fröhlich und beschwingt, und das Überraschende war: Ich fühlte mich auch so, als hätte der nächtliche Wind allen Schmutz aus meiner Seele hinweggeweht und sie als stilles, klares Gewässer zurückgelassen. Jeder Schritt, den ich am heutigen Tag unternehmen wollte, stand mir deutlich vor Augen, und es gab nichts, was mich davon hätte abhalten können.
Gleich nach dem Frühstück ließ ich mir von den Sklaven, die den untätigen, kränklichen und geistesabwesenden Patrizier, den ich darstellte, wohl schon lange nicht mehr ernstnahmen, Schreibzeug bringen, und es bedurfte nur eines kurzen Momentes der Überlegung, bevor ich zu schreiben begann, nämlich mein Testament.
Der kurze Augenblick des Nachdenkens hatte sich auf die Frage bezogen, wen aus der Familie ich als Begünstigten einsetzen wollte, denn jeder wäre geeignet und vertrauenswürdig gewesen. Titus und Prisca kannte ich freilich am besten und längsten; Titus weilte nun allerdings oft in Mantua bei seiner Legion, und Prisca war in den letzten Monaten mehr noch als sonst, ganz wie Marcus es in seinem Testament gehofft und vorausgesehen hatte, ein echter Fels in der Brandung gewesen. Ich beschloss also, sie als Begünstigte einzusetzen, um mein Vermögen bestmöglich für die Gens zu erhalten. Zugleich schmiedete ich konkrete Pläne, Titus so bald wie möglich in Mantua einen Besuch abzustatten.
Zunächst aber musste mein Testament bei den Vestalinnen hinterlegt werden, und ich stand auf, um das sofort und höchstselbst zu erledigen.
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