Zwei Tage nach Menecrates' Abreise in die Provinz Germania traf Gallus in Rom ein. Zwei Tage zu spät, er hätte seinen Vater gerne verabschiedet. Zwei weitere Tage dauerte es, bis ihm zu Ohren kam, dass sein Cousin, Claudius Lepidus, noch immer nicht dem Wunsch seines Onkels nachgekommen war, und den Bericht über dessen Amtszeit auf der Rostra verlesen hatte. Deswegen nahm Gallus den Brief an sich und ließ sich in einer Sänfte zur Rostra tragen.
Wenig später stand er mit einem Brief in der Hand und lockte so manchen Schaulustigen an. Männer und Frauen blieben gleichermaßen stehen, weil sie interessierte, was der Patrizier verkünden wollte.
"Bürger Roms!
Ich stehe heute nicht im eigenen Interesse vor euch, sondern im Auftrag meines Vaters, des vor Tagen aus dem Amt entlassenen Aedilis Curulis. Herius Claudius Menecrates wollte gerne selbst Rede und Antwort über seine Amtszeit stehen, aber die Ernennung zum Legatus Legionis der II. Legion des Reiches, der Germanica, zwang ihn zu einer schnellen Abreise. Die Frist zur Kommandoübernahme war denkbar knapp gewesen.
Leider kann ich euch keine Fragen beantworten, aber ich bin in der Lage, einen schriftlichen Bericht zu verlesen. Hört nun den Bericht des Claudius Menecrates zu seiner Amtszeit als Aedilis Curulis!"
Gallus griff zu dem Dokument und entrollte es. Dann begann er:
"Bürger Roms, eine Berufung zum Legaten macht es mir unmöglich, persönlich Rede und Antwort zu stehen. Nichtsdestotrotz möchte ich aber über mein Wirken innerhalb der Amtszeit als Aedilis Curulis berichten. Gleich nach meinem Amtsantritt habe ich die Märkte auf das Gründlichste kontrolliert. Dabei sind mir etliche Verstöße gegen die Lex Mercatus aufgefallen, die ich mit einem Edict geahndet habe. Ich habe mit besonderer Akribie geforscht, daher sind auch Betriebseigentümer abgemahnt worden, die seit Urzeiten ihr Unternehmen führten, oder die den Status "prominent" innehaben. Bis auf zwei Vorgänge konnte ich sämtliche Verstöße mit einem positiven Ergebnis aus Aktensicht abschließen.
Wie es mein Amt verlangt, habe ich eine ausführliche Kontrolle der öffentlichen Bauten vorgenommen. Mein Bemühen galt - wie in meiner Kandidatur versprochen - besonders den Tempeln. Dieses Vorhaben ließ sich nicht leicht umsetzen, galt es doch viele Hürden innerhalb der Regia des Cultus Deorum hinter si...lt es sich um den Tempel des Mars Ultor, der seit Jahren einer gründlichen Sanierung bedarf. Das Scheitern begründete sich an Verfahrensfragen. Um dem abzuhelfen, habe ich dem Pontifex Tiberius Durus eine Liste möglicher Architekten zukommen lassen und darüber hinaus aus privaten Mitteln zweitauschend Sesterzen gespendet.
Eine routinemäßige Kontrolle der Garküchen usw. verdient im Grunde keiner besonderen Erwähnung, weil kein Bedarf oder Verstoß festgestellt worden ist.
Die Götter haben die von mir organisierten Spiele am Ende meiner Amtszeit gesehen. Die Terminfindung habe ich mit viel Sorgfalt und unter Hinzuziehung von einem Haruspex und einem Augur vorgenommen. Die Wagenrennen, die Gladiatorenspiele und eine öffentliche Hinrichtung standen im Zeichen der Ehrung Roms und der Götter. Ich habe die Spiele unter die Überschrift 'Ein Neuanfang für Rom' gestellt und die Götter haben die Opfer angenommen.
Ich hoffe, mit diesem Bericht den Umständen entsprechend gedient zu haben."
Gallus senkte das Papier und wartete, ob es Meldungen geben würde.