„Ein Bote.“
„Ja, Herrin. Ein Bote des Quaestor Principis Titus Duccius Vala“, wiederholte der Sklave mit vorbildlicher Ruhe – sprich, ohne eine Regung zu zeigen.
„Und dieser Bote möchte mich sprechen.“
„Ja, Herrin. Er bittet darum, sofern du ihn empfangen möchtest.“
Nigrina wedelte mit einer Hand. „Und wer genau ist das?“ Die Frage war nicht an den Sklaven gerichtet, der von der Porta gekommen war, aber auch nicht direkt an jemand anderen im Raum – Nigrina erwartete einfach nur, dass ihre Frage beantwortet wurde. Der Name ließ durchaus etwas bei ihr klingeln, aber sie konnte nichts Genaues damit verbinden, und so lange sie nicht wusste, wer ihr da einen Boten schickte, gedachte sie auch nicht diesen zu empfangen. Aber wofür hatte man schließlich Sklaven, wenn nicht unter anderem auch als ausgelagertes Gedächtnis?
„Titus Duccius Vala ist ein Mitglied einer germanisch stämmigen Gens aus Mogontiacum, Herrin“, begann eine Sklavin zu soufflieren. „Vor seiner jetzigen Amtszeit als Quaestor Principis war er Tribun der I. in Mantua, wo er unter Aurelius Ursus diente. Und er ist ein Bekannter deines Gatten, Herrin. Er war zu deiner Sponsalia geladen und erschien dort mit Vinicia Sabina.“
Der erste Satz hatte Nigrina schon so weit, dem Boten einen negativen Bescheid bringen zu lassen. Der Mann, der ihn geschickt hatte, mochte noch so sehr Quaestor sein, aber er war ein homo novus, und rangierte als solcher noch einmal unter den üblichen Plebejern, mit denen man sonst so zwangsläufig zu tun hatte – und dann war es noch nicht mal er selbst, sondern nur ein Bote, der vor der Tür stand!
Aber die nächsten Worte der Sklavin brachten diese Entscheidung quasi sofort wieder ins Wanken. Ein Bekannter von Sextus. Jetzt, wo das ausgesprochen war, meinte Nigrina sich sogar zu erinnern, dass ihr Mann den Namen das ein oder andere Mal erwähnt hatte. War da nicht etwas gewesen, dass er einen Duccius mit zu seinem Patron genommen hatte im Wahlkampf? Und im Gegenzug dafür von diesem bei den Viniciern eingeführt worden war, zu denen Sextus noch keinen wirklichen Bezug hatte, außer jenem, dass der dahingeschiedene Senator und Pontifex Aurelius Corvinus der Klient eines der beiden Brüder gewesen war. Wenn das dieser Duccius war, dann änderte das die Sachlage ein wenig – er war immer noch homo novus, und das war immer noch nur der Bote eines homo novus, aber wenn ihr Mann ihn kannte und mit ihm sogar Gefälligkeiten tauschte, war es vielleicht doch ganz sinnvoll, wenn sie sich wenigstens anhörte, was der Bote dieses Mannes zu sagen hatte.
Und da war natürlich auch der nicht zu vernachlässigende Fakt, dass der Kerl es geschafft hatte, mit Vinicia Sabina auf ihrer Sponsalia zu erscheinen. Als ihre Begleitung. Wie er sie dazu gekriegt hatte, war Nigrina ein Rätsel – und es machte sie neugierig.
So kam es also, dass sie den Sklaven fortschickte mit der Anweisung, dem Boten Bescheid zu geben, dass sie ihn gnädigerweise empfangen würde, und ihn ins Atrium zu lassen. Wohin sie sich auch gesellte. Einige längere Momente später. „Du hast eine Botschaft für mich?“