Kaum aus der Schule zurück und das Mittagessen verzehrt sauste Marei durch die Villa. Für die Schule musste sie Wichtiges auswendig lernen und setzte sich dafür in den Garten unter einen blühenden Quittenbaum. Sie bemühte sich die Zahlen in einem Rutsch aufsagen zu können, doch das war gar nicht so leicht. Immer wieder musste sie auf die Wachstafeln zurückgreifen und nachschauen. Es war ihr nicht leicht gefallen in die Schule zu gehen und von einem nahezu fremden Mann diktiert zu bekommen, was sie zu lernen hatte. Im Unterricht sagte sie kaum etwas oder meldete sich sehr selten. Doch mit der Zeit veränderte sich ihr zurückhaltendes Wesen ein bisschen mehr. Der Lehrer schaffte es langsam aber sicher sie mit seinem umfangreichen Wissen zu beeindrucken. Mit gerunzelter Stirn blickte sie auf die Tabelle der Zahlwörter und suchte die Zahl 'L'. "Fünfzig - quinquaginta, quinquagesimus, quinquageni, quinquagies! " murmelte sie und blickte kopfschüttelnd auf. "Wie klingt denn das? Ich bin kein Frosch."
Der Gärtner war immer noch nicht zum Treffpunkt gekommen. Dass er noch abwesend war war ganz gut so. Im Gegensatz zum strengen Lehrer misstraute sie dem fremden Sklaven. Der Gärtner gehörte zur Gruppe fremder Sklaven. Immer wenn er einen Fehler entdeckte, sei es beim Unkraut jäten oder beim Anpflanzen von Stauden, verengte er die Augen. Sie schaffte es nicht ihm zu sagen, dass sie dann Angst vor ihm bekam und schliesslich große Mühe hatte ohne Gestotter weiter zu sprechen. Wenn sie wegen dem Stottern gar nichts mehr rausbrachte, dann floh sie in die Villa zu den Sklavenquartieren und suchte auf ihrem Bett bei Puppe Nina Trost und Zuflucht. Bestimmt hatte sich der Gärtner schon längst bei Frija und Baldemar beschwert. Doch was konnte sie tun? Marei hatte den Eindruck, sie musste dieses Problem selber lösen... nur wie? Sie traute sich nicht ihr Verhalten ihren Eltern zu erklären und schwieg. "Verstoßen sei auf ewig, verlassen sei auf ewig, zertrümmert sei auf ewig..." murmelte sie einen selbst erfundenen Satz, um den ewigen Alptraum der tastenden Männerhände zurückzuweisen. Leider war der Satz nicht stark genug, um die quälenden Errinnerungen zu löschen..