Tablinum | Vitamin B ist alles

  • "BITTE WEEER?!" Sermos Schrei hallte durch die Flure der Casa Quintilia. Ein erschrockener Issa war gerade in hastiger Fluchtbewegung vor einem fliegenden Tintenfass hinter dem Schreibtisch in Deckung gesprungen, wobei er sich den Kopf an der Tischkante gestoßen hatte. Vorsichtig die werdende Beule betastend lugte er aus dem Schutz des Tisches hervor und warf einen verdutzten Blick auf seinen schnaufenden Herrn, der wie wild im Zimmer auf und ab marschierte. "Pompeius....Imperiosus....Herr..." wiederholte der Sklave zögernd, um dann sogleich wieder ängstlich zuckend in Deckung zu gehen, einen weiteren Ausraster seines Herrn fürchtend.


    Sermo rauchte vor Zorn. Was war geschehen? Ganz einfach: Er ließ sich regelmäßig aus der Regia die neusten Schriften über Postenveränderungen in den wichtigen Verwaltungsknoten Roms zukommen. So hatte er auch heute wie immer auf seinem Stuhl im Tablinum platz genommen und sich die neuesten Versetzungen oder Beförderungen vorlesen lassen. Und da verlas dieser Nichtsnutz doch ernsthaft einen Namen, der ihm durchaus geläufig war. Pompeius Imperiosus, das war ein Bekannter aus Rom, der jetzt Procurator a Memoria war. Diese Verbindung war nicht zu unterschätzen! Wieso Sermo nun so zornig war? Ganz einfach: Er hätte es auch schon viel früher erfahren können. Aber nein, er saß hier im weit entfernten Germania Superior und saß sich den Hintern wund!


    "Mach keine Faxen, Mann! Ein Brief, pronto!" Das Kommando war eindeutig, woraufhin Issa blitzschnell eine Tabula zückte und Gesagtes notierte.


    Salve ehrenwerter Pompeius,


    meine herzlichsten Glückwünsche zur Erhebung in das Amt des Procurator a Memoria! Endlich wird man deiner hohen Qualifikation gerecht und gibt dir die Möglichkeit, dich im Herzstück des Imperiums zu betätigen. Es war ja nur eine Frage der Zeit, bis dir dieser Schritt gelingen würde.


    Nun, wo du im Mittelpunkt der Verwaltung stehst, hast du sicherlich einen umfassenden Blick über wichtige Entscheidungen, besonders auch die Personalentscheidungen.
    Warst du es im Übrigen, den ich so anonym adressierte bezüglich der Erhebungsurkunde, die mir von deinem Vorgänger nicht ordentlich zugeschickt worden war? Jedenfalls bin ich erfreut einen Freund in einer so gewichtigen Position zu sehen.
    Vielleicht hast du ja ein Auge auf wichtige Personalentscheidungen in nächster Zeit? Womöglich wird irgendwo der Posten eines Legionstribuns frei, für den du einen alten Freund wie mich empfehlen würdest? Du weißt ja, für eine kleine Gefälligkeit würde ich mich natürlich überaus großzügig zeigen.


    Wie steht es ansonsten um Rom? Nennst du mittlerweile endlich eine junge fruchtbare Ehefrau dein Eigen? Und wie war eigentlich das Tribunat für dich, das du bei der Classis inne hattest?


    So schließe ich mit den besten Grüßen aus dem sommerlichen Germanien und voller Erwartung deiner Antwort.


    "Gut," nickte Sermo das Schreiben ab, nachdem Issa es ihm noch einmal vorgetragen hatte. "Siegeln und abschicken. Zack! Zack!"

  • "HA!" brüllte Sermo trimphierend, als er den sehnlichst erwarteten Brief der Kanzlei - genauer gesagt: eines ganz bestimmten Kanzleibeamten - in Händen hielt. "Muhahaha!" lachte er, die Türe des Tablinums aufreißend und in den Flur hinausmarschierend. "ISSA!" schrie er wieder einmal das Kommando nach dem Sklaven, der inzwischen so etwas wie sein Privatsekretär geworden war.


    "Ja, Herr?" kam prompt die Antwort in Sermos Rücken, was den Quintilier zusammenzucken ließ.
    "Uah...bona dea, Issa! Schleich dich nicht immer so hinterhältig an, verstanden?" Der Sklave nickte, ein schadenfrohes Lächeln nur schwer unterdrückend.
    "Sieh her, die Kanzlei hat endlich geschrieben. Ich bin fortan Tribunus Angusticlavius der Legio XXII Deiatoriana! Ist das nicht großartig?!" Issa zog die Stirn kraus.
    "XXII? Wo liegt denn die?" Sermo grinste breit.
    "Nikopolis." Und als Issa nur fragend dreinsah, erläuterte er weiter: "Aegyptus."


    Issa riss erschrocken die Augen auf. Sermo lachte nur laut. "So, zack zack, ein Brief!" Er wedelte herrisch mit der Hand in Richtung Schreibpult und begann bereits zu diktieren.


    "Meine huldvollen Grüße voran, Praefectus Legionis...wer ist das zur Zeit? Finde es heraus und ergänze den Namen, ja? Also weiter..." Und es folgte ein Schreiben nach Nikopolis und sodann auch Überlegungen zur Reisevorbereitung. Immerhin galt es hier auch noch ein paar Angelegenheiten zu klären, bevor es losgehen konnte. Und immerhin dauerte dann die Reise auch nochmal einige Wochen. Es war also Eile geboten.

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