When I am laid, am laid in earth,
May my wrongs create
No trouble, no trouble in thy breast;
Remember me, remember me, but ah, forget my fate.
Remember me, but ah, forget my fate.
Dido’s Lament
Henry Purcell (1659-1695)
Es war ein schöner Tag. Einmal von der Wolkenlage her – die Sonne schien. Und doch machte der Herbstwind, der durch die Gassen der Hauptstadt des Reiches fegte, klar, dass eine kältere Jahreszeit bevorstand. Gut, dass eine Toga wärmte!
Eine Toga trug er, wenn auch ungerne. Es war heute wieder mal Senatsitzung, und so schleppte er sich hin. Er war spät aufgestanden; Gracchus würde wohl schon dort sein. Mist, dachte er sich, als er in die Sonne schaute, ich komme zu spät.
Er war ohnehin die letzte Zeit nicht mehr so oft im Senat gewesen. Priscas Fehlgeburt hatte ihn fertig gemacht. Mürbe. Sie war nachher nicht schwanger geworden, und nun fühlte Piso sich als Versager. Er hatte seine Karriere schleifen lassen, er hatte sich gehen lassen.
Ein schmüselig bekleideter Mann kreuzte schnell seinen Weg, und rempelte dabei versehentlich Piso an. “Pass auf, du Penner“, nörgelte der Flavier. Der Schmüselige murmelte was und haute ab. Der Flavier aber setzte seinen Weg fort.
Die ganze Zeit nur Müdigkeit. Er hatte sich aber dazu aufgerafft, ein Testament zu schreiben. Um seine Sachen zu regeln. Man konnte ja nie wissen. Niemals.
Piso Minor, ob aus ihm noch was werden würde? Piso dachte das, resignierend, nicht. Nun, und Fausta hätte er sie genannt, wäre sie ein Mädchen geworden, nach seiner Mutter. Seine Mutter. Piso war sich sicher, würde er mal sterben, wäre seine Mutter das Erste, was er im Elysium sehen würde. Er würde sie umarmen und vor Glück in ihre Schulter hineinschluchzen.
Oh ja, das wäre sicher keine schlechte Sache, dachte er sich, während er gedankenverloren dahinschlenderte. Er machte sich nicht einmal mehr die Mühe, pünktlich zu kommen.
Als er so zu Boden blickte, sah er zwar das Muster der Pflastersteine am Boden. Aber was er nicht sah, das war das Haus links von ihm, das urplötzlich zur Straße hin zusammenstürzte.
Es handelte sich um eine Insula, eine Insula der minderen Qualität. Gebaut vor 60 Jahren, war es ein hässliches Monstrum, in der die Elendsten der Elenden hausten. Schmucklos und grau stand es da. Hatte es gestanden, sollte man sagen, denn nun stürzte es ja ein.
Es war nicht das ganze Haus, aber die obersten Stockwerke, die plötzlich seitlich wegglitten. Der Grund war recht offensichtlich, ein Konstruktionsfehler. Der Architekt, Lucius Marcilius Crassus, hatte am Mörtel gespart, und das Holz war wirklich nicht die beste Qualität. Wie gesagt, das Haus wär für die Armen, und wer arm war, dessen Leben zählöte nicht viel. Und so stürzte das Haus also ein.
Piso blickte lethargisch auf, als er ein Rumpeln über ihm hörte. Riss seine Augen weit auf, als er sah, dass ganz zielstrebig durch den Staub und den Schutt, der wie eine Mure herabglitt, der Dachgiebel des nachgegeben habenden Hauses auf ihn hinabflog, wie ein Speer eines Soldaten.
Es war ihm nicht möglich, auszuweichen. Seine Reflexe waren nicht schnell genug.
Der Giebel rammte den Körper des Flaviers mit stumpfer Wucht, riss ein Loch dort hinein, wo sein Torso sich befand und warf ihn zu Boden.
Welch Segen, dass er nicht gewusst hatte, dass seine letzten Worte keine lyrisch-ästhetischen Qualitäten haben würden, sondern „pass auf, du Penner“ lauten würden. Er wäre der Verzweiflung anheimgefallen. Wobei, als er so am Boden lag, im Schutt, durchbohrt vom Dachgiebel, war das nicht das, woran er dachte.