• Wie lange waren sie hier schon unterwegs? Zwei Tage? Drei? Und wann hatte es angefangen zu regnen?


    http://www.kulueke.net/pics/ir…pezielle/valahelfer05.png "Vor zwei Tagen, zur Hora Nona.", beantwortete Sirius die Frage, die Vala nicht einmal bewusst explizit gestellt hatte. Das nasse Leder des Sattels knirschte, als Vala sich zu seinem Sklaven umwandte und ihm einen vorwurfsvollen Blick zuwandte. So genau hatte er es eigentlich nicht wissen wollen.
    Alles an ihnen war durchnässt, und das obwohl die urige Wolle, die sie am Körper trugen sich verbissen gegen die Nässe gewehrt hatte. Aber bei den Mengen die herunterkamen hatte selbst das Fett der Wolle irgendwann empört für das Wasser Platz gemacht. Sie hatten es dann auch aufgegeben ihre Kleider bei den kurzen Halten in Herbergen über offenem Feuer trocknen zu wollen, weil die Wolle sich derart schnell mit Wasser vollsog, dass die Arbeit nach wenigen Minuten auf offenem Felde zunichte gemacht wurde.


    "Und wie weit sind wir bisher gekommen?", schnaufte Vala durch den Regen, der ihn irgendwie an zuhause erinnerte... und durch seine warme Art dann doch wieder nicht. Sowieso.. das Wetter war wie eine Karikatur der Wolkenbrüche Germanias, und spottete jedem, der beides kannte. In Germania war der Regen oft so kalt, dass man das Gefühl bekam durch ihn eher zu erfrieren als durch den Schnee und Frost im Winter... hier jedoch war er so warm, dass er oft genug nicht einmal auffiel, wäre da nicht diese allgegenwärtige Nässe. Und die Landschaft, hatte man ihm nicht von Wüsten und wandernden Bergen erzählt? Aegyptus strotzte nur so vor komisch ausschauendem Pflanzenwuchs. Zumindest die Gestade, die sie bisher gesehen hatten.


    "Etwa achtzig millia passus...", berichtete ihm einer der vier Soldaten, die ihn als Eskorte begleiteten, genauso wenig erpicht darauf sich durch den allgegenwärtigen Schlamm zu kämpfen wie Vala selbst, da sich selbst die Bauchdecken ihrer Pferde mit Schlamm bedeckt hatten, und man oft genug die Wege verlassen mussten, weil der stete Verkehr sie durch die Nässe in spontan auftretende Sumpfgebiete verwandelt hatte, ".... es sind noch etwa zehn bis Therenutis.. dann müssen wir uns entscheiden, ob wir die Straße gen Meridies weiter nehmen und versuchen vor Memphis über den Nil zu setzen, wovon ich abrate, oder direkt bei Therenutis über die kleineren Arme des Deltas... was ich in Anbetracht der Strömung des großen Nilus für ratsamer halte. Kleinere Schritte, die nicht so gefährlich sind."


    "Andererseits ist das Land im Delta in dieser Zeit generell überflutet... ich würde mich nicht darauf verlassen, dort Land vorzufinden wo man es vorzufinden gedenkt. Ich würde über den Nilus setzen, und dabei auf ein größeren Kahn setzen...", wandte ein weiterer ein.


    "Was für Vorteile hätte eine Weiterreise auf dieser Seite des Nilus?", hakte Vala nach, dem ein Übersetzen im Delta bisher als die plausibelste Lösung erschienen war.


    "Dominus, was für eine Frage!", wandte Sirius sich mit verschnupfter Stimme an seinen Herrn, "Wir kommen nahe nach Memphis! Die alte Stadt der Aegypter, Hauptsitz ihres uralten Reichs und Heimat so atemberaubender Bauten, gegen die die römischen aussehen wie Kinderspielzeug!"


    Vala war das ziemlich schnuppe, hatten alte Reiche für ihn doch den vorrangigen Eindruck, dass sie alt und untergegangen waren. Die Aegypter waren durch Rom unterworfen worden, da hatte ihnen weder ihre uralte Kultur noch ihre riesigen Bauten geholfen. Außerdem hatte Vala nicht vor, seine Zeit mit dem Begaffen von aufgeschichtetem Stein zu verschwenden.. er hatte einen Auftrag zu erfüllen, daher war ein desinteressiertes 'Aha.' auch alles, was er zu dieser Aussicht zu sagen hatte.


    "Memphis hat einen größeren Flusshafen und bedient größere Schiffe, als die meisten der Deltaarme aufnehmen können. Die Chance von den Winterfluten einfach weggespült zu werden ist weitaus geringer.. letztlich müssen wir auf unserem Weg in den Süden sowieso wieder über den Fluss setzen, das können wir dann sicherer in großem Gefährt bewältigen, als auf kleinen Nussschalen im Delta...", brachte der Bloß-nicht-ins-Delta-Soldat vor..


    "So sei es...", entschied Vala sich für diese Option, auch wenn es ihm gar nicht behagte schon wieder den Boden unter den Füßen zu verlieren, "...wir reisen auf der Straße weiter gen Meridiem und setzen bei Memphis über den Fluss um zur Festung zu gelangen."


  • "Aaaaaaaaaaahja... sehr schön. Toll toll. Beeindruckend. Wirklich sehr beeindruckend. Bravo, bravo.", murmelte Vala, die Arme hinter dem Rücken verkreuzt und mit Blick in den Himmel durch die Säulen irgendeines Konstrukts in Memphis laufend.


    "Ja, es ist ein Wunder, ein wirklich unfassbares Wunder, das man nur hier in Aegyptus sichten kann..", säuselte Sirius mit einer Stimme, die Vala irgendwie an das verliebter junger Frauen erinnerte.


    "Oh, ja, wirklich. Großartig... vor einer Stunde noch goß es aus vollen Amphoren, und jetzt scheint die Sonne als wäre nichts gewesen. Wirklich... eh... beeindruckend.", antwortete Vala mit einem heftigen Nicken, den Blick weiter mit augenscheinlicher Begeisterung in den Himmel gereckt.


    Bei diesen Worten blieb Sirius stehen, senkte den Blick und sah seinen Herrn deutlich irritiert an: "Amphoren? Sonne? Ich meinte die Säulen!"


    "Oh, tatsächlich?", hielt Vala ertappt inne, senkte den Blick ein wenig zu den umgebenden Säulen, die ein ganzes Areal erfüllten, und versuchte so interessiert wie möglich dreinzuschauen, "..ich natürlich auch."


    "Diese unglaublich feingearbeiteten Schriftzeichen und Symbole... die sind älter als die ewige Stadt selbst! Was sie wohl bedeuten?"


    "Offensichtlich keine Anleitung zur Errichtung eines ewigen Reichs, das steht fest..."


    Es war nicht nur eine leichte Note des Vorwurfs, die sich in der Stimme seines Sklaven zeigte: "..das Reich der Aegypter hat Zeiten überdauert, die unvorstellbar für den heutigen Menschen sind."


    "Der heutige Mensch stellt sich vor allem vor, dass das Reich der Römer sein Leben überdauert!"


    "Der heutige Mensch sollte sich definitiv mehr dem zuwenden, was vergangene große Kulturen hervorgebracht haben, dann würde er verstehen, was ihm bevorsteht!"


    "Der heutige Mensch hat vor allem dem Eindruck, dass diese großen Kulturen vor allem vergangen sind."


    "Will der heutige Mensch begreifen, wie er selbst zu einem nennenswerten Teil des irgendwann auch vergangenen großen Reichs wird, so muss er verstehen, was die bereits vergangenen ausgemacht hat!"


    "Der heutige SKLAVE sollte vor allem aufhören das zu zitieren, was ihm Linus und Damio eingeprägt haben, um mir damit die ganze Zeit in dieser Provinz auf den Geist zu gehen!", senkte Vala schließlich den Blick und spießte Sirius förmlich mit seinem Blick auf.


    "Der heutige Sklave weist jegliche Verantwortung dafür von sich. Außerdem war es nur Linus... Accius Damio war der Meinung, du solltest dich eher römischen Studien widmen.. was ich persönlich... schau die Säulen!"


    "Wunderbar!", klatschte Vala in die Hände, und wandte sich dem Weg zu, den sie hierhergekommen waren, "Sirius, mir ist das scheiss egal. Können wir uns also das weitere Bestaunen von aufgeschichtetem und beschnitztem Stein sparen, und uns auf das wesentliche konzentrieren? Wann findet das Treffen mit dem... Magister... Duumvir... wie auch immer sie den Ortsvorsteher hier nennen... statt?"


    "Menenashte, Sohn des Moteph. Sag allerdings Motephmose. In der Hora... du wirst es eh vergessen, und ich werde dich eh daran erinnern. Da lang...", brummte Sirius, dem gerade ein Tag voll spektakulärer Ansichten versaut wurde.


    "Nun, wenn du das sagst... wo hab ich auch meinen Kopf?", säuselte Vala, dessen Laune mit der Aussicht auf ausfallende weitere komisch behauende Steine und die Großartigkeit einer Kultur von unfähigen Regenten und längst toter Menschen rapide anstieg..


    "Soll ich es wirklich sagen?", hakte Sirius verdrieslich nach, die Arme trotzig vor der Brust verschränkt, jede Säule und jedes behauene uralte Monument in sich aufsaugend, wohlwissend, dass er wohl nur einmal in seinem Leben die Chance bekommen würde derart großartige Schaffenkraft zu besichtigen. Selbst wenn dies in Anhängerschaft eines Domus war, der Kultur nicht erkannte wenn man ihn damit verprügelte.

  • Irgendwo nördlich von Memphis


    "Wo genau sind wir, Sirius?", brummte Vala, der sich was-wusste-er-schon-warum auf diese irre Tour eingelassen hatte. Was hatten sie nicht schon alles gesehen? Steine hier, Steine da. Sogar einen Stein der aussah wie eine riesige Katzenpfote, während der Rest des Tiers im morgendlichen Nebel verschwunden war. Nebel!!! In Aegyptus!
    Noch eine der Sachen, von dem ihm niemand erzählt hatte.


    "Abwarten, das wirst du gleich sehen... hier hinauf, Dominus.", keuchte der Sklave, der sich mit ungewohnt schnellen Schritten einen kleinere Geröllhalde hinauf auf einen größeren behauen ausschauenden Block zog und ihren Weg einen ziemlich großen Haufen Stein herauf fortführte.


    "Eigentlich...", brummte Vala, dem das Klettern sogar Spaß machte, weil es seinen viel zu müßig gewordenen Körper endlich mal wieder außerhalb des eigenen Bettes auf ein Maß beanspruchte, das ihm den Schweiß aus den Poren trieb, "..ist es vollkommen gleichgültig wo wir sind, denn wir sind immernoch auf der occidentalen Seite des Nilus, was.... uff.... bedeutet, dass wir NICHT da sind wo wir eigentlich hinwollten!"


    Sirius schwang sich gerade auf einen weiteren Block und hielt Ausschau nach einer Möglichkeit die nächste große zu erklimmen, was er mit dem Blick von jemanden machte, der es gewohnt war große Dinge zu erklimmen: "Ich bin mir sicher, du wirst es nicht bereuen, Dominus."


    "Ich sehe bisher nur, dass wir uns SCHON WIEDER mit einem Haufen Gestein befassen, der wievielte ist das jetzt?", protestierte Vala, der sich fragte warum bei Loki er sich immer wieder auf sowas einließ, "Steine die aussehen wie Leute mit... ächz... Tierköpfen! Tiere mit Menschenköpfen! Verdammt viele Säulen... uff... habe ich schon erwähnt WIEVIELE VERDAMMTE SÄULEN ich mir ansehen musste? Jetzt... nicht so schnell... ich... mein BEIN, du verdammter Steingeist! Ich fordere... Pause! JETZT!"


    "Gleich, Dominus! Gleich sind wir da!", rief Sirius, der im Nebel zu verschwinden drohte, als er sich eine weitere Stufe hinaufarbeitete, "Man hat es mir genau beschrieben!"


    "Wer hat dir was beschrieben?", schickte Vala gereizt mit ein paar Flüchen hinterher.


    "Ein alter Mann an der Sphinx! Du wirst schon sehen..."


    "Der alte Mann, der mich angesehen hat als würde er mich fressen wenn er es.. ARGH?", keuchte Vala in den auf einmal lichter werdenden Nebel hinein, als er sein anscheinend doch noch nicht ganz ausgeheiltes Bein bei einem Fehltritt über Gebühr belastete, "Ich dachte, das wäre ein Rezept für Erbsenmus gewesen?"


    "War es nicht.", schallte es von weiter oben zurück, und Vala konnte nach einem Moment angestrengten Suchens auch seinen Sklaven wieder erkennen, den Schmerzen in seinem Bein zufolge unerreichbar weit fort.


    "Sicher hat er beschrieben, wie man einen Römer am effektivsten dazu bringt sich selbst zu meucheln.. man schleppt ihn einen riesigen Steinhaufen hinauf und wirft ihn dann hinunter."


    "Ganz im Gegenteil, Dominus. Und du bist kein Römer."


    "Bin ich doch..."


    "Bist du nicht... beeil dich."


    "Bin ich doch! Kehre ich nach Rom zurück, werde ich Senator der Stadt Rom! Uff...", stöhnte Vala, dem es langsam aber sicher zuviel wurde, "Wie kann ich Senator der Stadt Rom sein, aber kein Römer?"


    "Weil mehr dazu gehört als eine Würde innezuhaben, mit denen schon der Divius Iulius seine Gegner traktierte in dem er Barbaren aus dem Westen zu Senatoren machte."


    "Sehr witzig.. also hatte ich Recht, ihr wollt mich umbringen! Das war es, was der Mann zu dir sagte!"


    "Nicht ganz, Dominus, nicht ganz.", tauchte schließlich Sirius vor ihm auf, auf einem Felsen sitzen und gen Nordosten deutend, "Er hat mir etwas beschrieben, was selbst ein Barbar wie du dir nicht entgehen lassen darfst."


    "Aha...", ächzte Vala ein letztes Mal, als er sich neben seinem Sklaven auf dem kalten Stein niederließ und hastig nach dem Trinkschlauch griff.


    "Dominus."


    "...was?"


    "Schau hin!", insistierte Sirius, und lenkte den Blick seines Herrn weg von sich und ihrem Treiben hinaus zu dem, was Vala wohl seinen Lebtag nicht mehr vergessen würde.


    "Bei den Göttern!", entfuhr es Vala bei dem Anblick, und unwillkürlich ließ er den Trinkschlauch von den Lippen fahren, vollkommen unbedacht des sich weiter ergießenden kühlen Nass, "...das... das...."


    "...sind verdammt viele Steine, sehr richtig."


  • http://farm4.staticflickr.com/3264/2747695582_e30bfd8aa2.jpg Die Feste Babylon



    "...und dies ist die Aussicht, die wir von hier aus genießen, Duccius.", brummte der Praefectus Castrae, der den Gesandten aus Rom das Zentrum seines Wirkungsbereichs zeigte: die stattliche Wüstenfestung nahe Babylon, nur wenige Wegstunden vom Delta des Nilus entfernt und daher von strategischer Bedeutung für die Bewachung der für Rom so kostbaren Getreidefelder.


    Vala selbst zeigte sich angemessen beeindruckt. Die Aussicht war, von den braungrünen Feldern und gelegentlichen Hainen mal abgesehen, uneingeschränkt. Keine Wälder, lediglich ein das Plateau einer willkürlich in die Region gesetzten steinigen Hügelkette unterbrach die Sicht, aber dies nur gen Norden, und so war der Blick in das argwöhnisch beobachtete östliche Nichts uneingeschränkt. Uneingeschränkt öd.


    "Gab es zur Zeit des Feldzugs irgendwelche Vorkommnisse? Späher aus dem Osten? Aufmüpfige Nabataeier? Störrische Bauern?", hakte er noch einmal nach, selbst wenn er die Berichte gelesen hatte.


    "Nicht das geringste... ich bin fest davon ausgegangen, dass es Probleme geben würde, aber die Bevölkerung scheint zufrieden mit dem Status Quo zu sein.. wir haben selbstverständlich vermehrte Präsenz gezeigt. Mehrtägige Ritte durch die weiten Felder, größere Abordnungen in Memphis, Klysma und sogar Arsinoe. Hier einen Hund hochgenommen, dort auch mal zwei.. hat anscheinend gereicht.", erklang wieder die Tiefe Stimmes des Offiziers, der mit seiner bärbeissigen Art dem römischen Gesandten sofort sympathisch war. Ein Handwink, und wenig später hielt ein Sklave Vala und seinem Gastgeber gefüllte Becher mit verdünntem Wein hin, etwas, was in dieser schon bezeichnend trockeneren Region nur allzu dankbar vom Gast wahrgenommen wurde.


    "Die Moral deiner Männer, Apustius?", ging Vala die Fragen durch, die man durchnehmen musste um einen Bericht zu schreiben von dem man auch behaupten konnte, er wäre wirklich recherchiert worden.


    "Anfangs... hah!", dröhnte das trockene Lachen aus nunmehr feuchter Kehle über die Mauern hinweg, "Anfangs haben sich diese Narren mitgehen zu können, in den Süden! Besonders als die zweiundzwanzigste durchmarschiert kam, und Halt machte in Memphis.. meinen Jungs hat es ganz schön in den Fingern gejuckt."


    Vala, der insgeheim versuchte herauszufinden, ob er den Mann zu diesem Wein jetzt beglückwünschen oder bemitleiden sollte, nickte nur andächtig, und wandte sich um, von der Mauer in den Hof herabsehend wo einige der Männer ihrem späten Tagewerk nachgingen.


    "'Wurden mürrisch.. drei versuchten sogar der zweiundzwanzigsten hinterher zu laufen. Als was betrachtet man das, Duccius? Desertion zu einer anderen Legion? Hab sie auspeitschen lassen..", fuhr der bärtige Mann mit den tiefen Furchen im Gesicht fort, "Als sie jedoch wiederkamen... die Jungs von der Deiotarania... gar nicht mehr allzu zahlreich, und meine Männer von den Schlachten hörten, die diese Wüstensöhne den Männern der zweiundzwanzigsten geliefert hatten, dann waren sie auf einmal wieder recht zufrieden mit ihrem wierigen Dienst hier."


    "Mit nichts treibt man Heldenmut eher aus, als mit dem Elend der geschlagenen Sieger.", zitierte Vala eine Stimme aus längst vergangenen Zeiten.


    "VERDAMMT RICHTIG, DUCCIUS!", lachte der Apustius und schlug Vala auf die ihm zugewandte Schulter, "Verdammt richtig. Du hast dein Tribunat bei der ersten gemacht, richtig?"


    "Du hast deine Hausaufgaben gemacht, das steht fest.", lachte Vala zurück, dem eigentlich gar nicht zum lachen zumute war, "Mein Heldenmut ist mir jedoch schon lange davor abhanden gekommen."


    "Aha, und wie das?", hakte der Offizier nach, mit einem Glitzern in den Augen, das mehr als nur reine Neugierde verriet.


    "Keilereien meiner Kindheit, sozusagend...", fasste Vala die Geschehnisse derart zusammen, dass sie harmlos erscheinen mussten.


    Der Apustius schien sich damit nur halbwegs zufrieden zu geben, stimmte aber mit einem geraunten "Keilereien, soso.." in die abwiegelnde Haltung seines Gastes mit ein.


    "Nicht weiter der Rede wert....", log Vala, und würgte das Thema letztlich mit einem Umschwung zur Arbeit ab, "..aber wie sieht es jetzt eigentlich mit den Rekrutierungszahlen aus, Apustius?"


    Der Gastgeber nahm den Wechsel mit einem schiefen Grinsen hin, lud Vala aber mit einer Handbewegung ein, die Mauer wieder zu verlassen und zum Wohnkomplex des Praefectus zurück zu kehren: "Das werden wir beim Essen bereden, Duccius! Ich bin mir sicher, meine Köchin wird dich verwöhnen wollen.. genauso wie mein Weib. Soviel Besuch bekommen wir hier nicht, sie wird sich sicherlich auf Abwechslung freuen!"


    "Na, wenn du das sagst, werde ich mich sicherlich nicht sträuben...", erwiderte Vala mit breitem Grinsen, dessen Vorfreude auf den weiteren Verlauf des Tages gerade einen wahren Satz gemacht hatte.


    Bildquelle.

  • Irgendwo zwischen Lykopolis und Ptolemais [wrapIMG=right]http://farm1.staticflickr.com/202/442784874_b280e1d001_m.jpg[/wrapIMG] Wären sie nicht so nah am Nil, so hatte man ihm eingebläut, dürfte er mit Wasser nicht so verschwenderisch umgehen. So allerdings konnte Vala mit einigermaßen ruhigem Gewissen die Hände an seiner Tunika sauberstreifen, die Finger an die schmale Öffnung des Wasserschlauchs halten und sich daraufhin den Sand aus den Augen zu reiben. Wieder einmal. Er machte die Augen schon gar nicht mehr richtig auf, weil der Sand selbst in dem nur wenige Meilen dicken fruchtbaren Landstreifen um den Nil mit dem Wind kam und sich überall dort absetzte, wo er konnte. Und das war so ziemlich überall. Zwischen den Zähnen knirschte es, bei jeder Bewegung knirschte es, bei den Göttern, er hatte das Gefühl, dass es sogar beim Austreten knirschte.


    Drei Tage war es jetzt her, seit sie Lykopolis verlassen hatte, einem kleinen Ort mit ungleich größerer strategischer Bedeutung an einem Passweg über den Nil und der Mündung einer Karawanenstraße aus dem Westen. Wobei Vala nicht annähernd verstanden hatte, wie eine Karawanenstraße überhaupt zu dem Namen kam! Als der Kommandant der hiesigen Garnison ihm die Straße gezeigt hatte, war Vala aufgegangen, wie verschieden die Wegbezeichnungen sein konnten. In seiner Heimat war ein Weg mindestens ein vom Wild in das grüne Dickicht getretene Pfad, bei den Römern geplättete, manchmal mit Steinen geschmückte Erde, und hier in Aegypten war ein Weg Sand in Sand. Also WIRKLICH Sand in Sand. Vala hatte sich verzweifelt angestrengt einen Unterschied zwischen der Fläche, die man ihm als Karawanenstraße ausgezeichnet und jenen direkt daneben auszumachen. Aber keine Chance: ein Sandberg sah aus wie der nächste. Was auch immer gewisse Sandberge dazu qualifizierte als Karawanenstraße bezeichnet zu werden: es ging ihm nicht auf.


    Sie hatten sich in einer Ansammlung von Palmen, wie die seltsam ausschauenden Bäume hier genannt wurden, niedergelassen.. obwohl es hier noch kein einziges Mal geregnet hatte, seit sie die Region des Deltas verlassen hatten, sprießte das Grün hier immernoch aus allen möglichen Ecken. Eine Stunde auf den Dingern, die Cameli genannt wurden und einem schon im einfachen Schritt beim Reiten binnen weniger Stunden den Hintern wundscheuerten, und man war im absoluten Nichts der Wüste. Es war jetzt nicht das große Sandungetüm das immer gefürchtet wurde, allerdings bot die Wüste an Trostlosigkeit was kein anderer Vala bekannter Landstrich zur Schau stellen konnte: die Wüste war tot. Und doch bewegte sie sich!
    Als Vala mit seiner kleinen Entourage aus vier Soldaten, Sirius und sich selbst in den weniger gesicherten Süden aufbrach, hatten sie sich kurz nach Lykopolis einer Gruppe von Händlern angeschlossen, die auf ihren hoch bepackten Tieren den notorisch klammen Süden aufsuchten, um dort gutes Geld zu verdienen. Zusammen waren sie weniger angreifbar... und die Leute, die eine für Vala vollkommen unverständliche Sprache gesprochen hatten, hatten ihn in der ersten Nacht mit einem Zeug abgefüllt, das nach nichts als Schärfe schmeckte... und augenblicklich betrunken machte. Er hatte den folgenden Tag vollkommen verkatert verbracht, aber wie sehr sein Kopf auch schmerzte: den kurzen Ausflug ins sandige Nichts hatte er nicht verpasst. Wie denn auch? Er hatte nachher genug Sand aus sich und seiner Kleidung herausgespült, man hätte das Fundament eines Tempels mit ihm zementieren können!


    Was ihn allerdings noch viel kälter erwischte, waren die Nächte. Es gab auch im hochentwickelten Ägypten immernoch Etappen an der großen Nilstraße, die vollkommen ohne große Siedlungen auskamen. Und als Vala mit seiner Truppe zum ersten Mal im Zelt unter klarem Himmel übernachtete, fragte er sich ob all jene, die ihn von der Gluthitze Aegyptens vorgeschwärmt-warnt hatten, ihn letztlich nur verarschen wollten. Das Klappern seiner Zähne war sicherlich Kilometer weit zu hören gewesen.


    In der letzten Nacht war Vala klar geworden, WARUM sie jetzt in einer Gruppe mit den Händlern reisten, denn als er im Halbdunkel in Steinwurfnähe einige Reiter auf diesen Tieren gesehen hatte, hatten sie auf einen sehr freundlichen Gruß seines Sklaven schlichtweg das weite gesucht. Etwas später waren sie wieder aufgetaucht, kamen etwas näher, schlichen um sie herum bis in der Gruppe schließlich blanker Stahl gezückt wurde. Das allein war Grund genug, den Rest der Nacht nicht weiter behelligt zu werden, für Sirius sich als Feigling erster Güte zu beweisen, hinter einen Stein zu kriechen und sich einzunässen.
    Einer der Männer meinte am nächsten morgen, dass sie von Glück sagen konnten so viele zu sein, sonst hätten sie die Nacht nicht überstanden. Ein paar Stunden später waren sie an ein paar Leichen vorbeigekommen, die in Stücke gehackt nahe des Weges in den Restes dessen öagem, was mal ein Lager gewesen war. Vala musste nicht zählen um zu verstehen, dass die Angriffshemmung der nächtlichen Besucher bei fünf Mann weniger unterschritten waren.
    Auch wenn sich augenblicklich der Sand zwischen das Metall und ihre Haut setzte und sie wundscheuerte, nahmen sie ihre weithin als Helme des römischen Militärs zu erkennenden Kopfbedeckungen daraufhin tagsüber nicht mehr ab.


    Bildquelle

  • [wrapIMG=right]http://farm5.staticflickr.com/4012/4281081902_7fdfc4b1af.jpg[/wrapIMG]In einem ziemlich finsteren Loch irgendwo in einem verdammt großen Felsen irgendwo in Aegyptus
    Bunte komische Bilder... seit Ewigkeiten nur bunte komische Bilder. Menschen mit Tierköpfen, Tiere mit Menschenköpfen, fremdartige Krieger, noch fremdartigere Symbole, Fremdartigkeit allerortens.


    Auch wenn Vala sich mittlerweile an das multikulturelle Potpourri in Rom gewöhnt hatte, war das hier doch etwas arg fremd. Er fragte sich zudem zum dreizehnten Mal, was er hier überhaupt wollte. Was war da bloß?
    "Sirius... was genau machen wir hier?", brummte er in das Dunkel, da sich sein Sklave offensichtlich nicht ihm angeschlossen hatte, sondern hinter irgendeiner Ecke zurückgeblieben war, um mit dem griechischen Übersetzer des aegyptischen Führers zu sprechen (eine krasse Folge von Multikulti war, dass man zwischen sich und eine andere Person eine unbestimmte Reihe von Übersetzern schalten musste, um überhaupt ausufernd kommunizieren zu können).


    http://www.kulueke.net/pics/ir…pezielle/valahelfer05.png "...frag ihn, was das hier bedeutet. Oh... eh... Dominus? DOMINUS?", schallte es dumpf zu ihm, aus derselben Richtung aus der leichter Fackelschein zu sehen war, immerhin war es in diesem in Stein gehauenem und bunt angemalten Tempel dunkel wie im Arsch eines Bären.
    "Hier, Sirius.", rief Vala, der darauf sah, wie sich der Fackelschein unsteter wandelte, und schließlich stärker zu werden schien bevor auf dem mit Sand bedeckten Boden auch Schritte hörbar wurden. Vala hatte sich selbst wieder den vor ihm befindlichen Wandmalereien zugewandt, die durch eine eigene Fackel erleuchtet ein seltsames Bild abgaben, "Bist du sicher, dass der... wie hieß der Mann?"


    "Sinuhe, Dominus. Der Vorsteher von Diospolis.. er wird sicherlich gleich kommen.", brummte Sirius vergnügt, während er mit jedem seiner Schritte vor den Wänden mit der Fackel rumfuchtelte, aufgeregt mit dem griechischen Übersetzer brabbelte, welcher wiederrum noch aufgeregter mit dem aegyptischen Führer brabbelte, welcher zurückbrabbelte, was zu noch mehr Gebrabbel führt, und als Sirius bereits den Mund aufmachte um letztlich Vala anzubrabbeln, hob dieser nur einen Finger vor den Mund: "Ganz ruhig.. sag es mir, als würde dich das alles gar nicht so sehr interessieren..."


    "..das zeigt Thutmosis den Dritten, wie er mit dem Totengott Sokar verhandelt...", erwiderte Sirius, als wäre es das selbstverständlichste der Welt, "Wusstest du, dass Thutmosis der Dritte der Sohn der Isis und Thutmosis des Zweiten war, und nicht der der Hatschepsut?"


    "Nein, woher denn?", brummte Vala, der sich irgendein seltsames Löwenvieh auf der Wand genauer ansah, nur um nicht die kindliche Begeisterung seines Sklaven erleiden zu müssen.


    "Das stand dahinten!!", nörgelte Sirius, als wüsste Papa seine Eins für eine Matheaufgabe nicht zu würdigen.


    "Da sind nur Bilder...", brummte Vala weiterhin unverdrossen drein, und wanderte mit dem Blick zu etwas tiefer zu einer ziemlich unplastisch dargestellten Frau. Die Römer und Helenen hatten wenigstens den Anstand ihren Malereien und Plastiken soviel Wahrheitsnähe mitzugeben, dass man sich auch steinerne Brüste ohne Lustverlust beglotzen konnte. Die hier waren.. naja...


    "Ja, das ist die Schrift der alten Pharaonen.", nörgelte Sirius weiter, "Und würdest du etwas mehr Aufmerksamkeit darauf verwenden, würdest du einsehen, wie großartig das alles hier ist... ach... wusstest du, dass Thutmosis derjenige war, der diesen Tempel wahrscheinlich zerstören ließ, kaum, dass seine Stiefmutter-Stieftante mumifiziert war?"


    "Woher denn?", brummte Vala, der voll auf Autopilot umgestellt hatte, dann aber viel doch ein Sesterz: "Stiefmutter-Stieftante???"


    "Das stand da vo... egal..", plapperte Sirius auf einmal herzensfroh weiter, als er mitbekam, dass sein Herr tatsächlich eine ernstgemeinte Frage gestellt hatte, "...Hatschepsut war die Tochter von Thutmosis dem Ersten... und die Frau von Thutmosis dem Zweiten... welcher ebenfalls ein Sohn von Thutmosis dem ersten war."


    "Interessante Familiengeschichte...", brummte Vala weiter, der sich in Zukunft verkniff interessiert zu wirken, lenkte dann aber doch das Gespräch ein paar Schritte weiter auf eine Stelle im Bildwerk, die ihn dann doch etwas eher interessierte, "Wassndatthier?"

    http://farm1.staticflickr.com/202/518581449_a6fd974673.jpg "Das?", fragte Sirius nach, als er selbst seine Fackel vor das Bildnis schwenkte, machte sich dann aber gelangweilt nicht einmal die Mühe den griechischen Übersetzer zu bemühen, der ihnen treudoof hinterherdackelte und versuchte sich in der Imitation von Luft, "Irgendein Krieg."


    "Achwatt?", schnappte Vala, ließ seine flache Hand an der Stelle niedergehen an der gerade noch im Fackelschein der Hinterkopf seines Sklaven zu sehen gewesen war, erwischte allerdings nur den griechischen Übersetzer, der ihn daraufhin gleichsam als Gott des roten Gemüses pries.


    Sie passierten noch ein paar Schriftzeichen, allerdings war das meiste in diesem Tempel herausgebrochen und zerschlagen, und lag als Schutt im Sand des Tempels. Tatsächlich hatte man hier akribische Arbeit geleistet, alles was auch nur entfernt nach Frau aussah war zerstört, oder zumindest das Gesicht entstellt. Gerade als er wieder einem Tiermenschkonglomerat ins Angesicht geblickt hatte, fiel ihm wieder ein was sie eigentlich hier drinnen wollten.


    "Sirius, dieser Ortsvorsteher, wann wollte der kommen?"


    "Ah, Akhem.. eh... vier Stunden vor Sonnenuntergang.", flüsterte Sirius, mit zusammengekniffenen Augen eine abstrakte Form begutachtend, die man sich mit etwas Begabung zu einer Schrift zusammenfantasieren konnte.


    Bei diesen Worten hielt Vala bei der Betrachtung einer spitzohrigen Hundeschnauze inne, verzog im Halbdunkel der unsteten Fackeln eine Grimasse und schlug mit der Faust gegen die Wand, was dem Schakalkopf die linke Hand kostete, woraufhin ein empörtes "DOMINUS!! Du hast gerade Anubis die Hand abgeschlagen!" erklang.


    "Das ist mir egal, seine Zeit ist lange vorbei... vorhin hast du noch gesagt, der Mann heiße Sinuhe.", fuchtelte Vala zunehmend ungehalten mit der Fackel herum.


    "Dominus...", versuchte Sirius sich in seiner Baldrianart und drückte dem Griechen seine Fackel in die Hand um sich mit beschwichtigender Gestig auf seinen Herrn zuzubewegen, "...nimm die Fackel bitte aus meinem Gesicht. Eh... achja, so hieß er... Sinuhe, ganz richtig! Hah, ich habs... Sinuhe, Sohn des
    AkhEEEEEEEEE[SIZE=7]EEEEM!!!!![/SIZE]
    , schrie Sirius plötzlich, und verschwand vor den Augen Valas in einem schwarzen Loch im Boden.
    Damit war das Geschrei noch lange nicht verstummt, der griechische Übersetzer schrie wie ein Weib noch etwa vier Mal so lange, und der ägyptische Führer selbst schrie während er sich panisch in die Gänge des Tempels flüchtete noch einmal so laut... es würde eine ganze Weile dauern, bis sein Geschrei abrupt verstummte.


    "Sirius?", rief Vala am Rand des schwarzen Loches in dieses hinein, "SIRIUS?"
    Der Grieche war keine Hilfe, hatte sich auf den Boden gehockt und jammerte fleissig irgendwelche Kochrezepte runter, während Vala überlegte was zu tun war. Er entschied sich für die klassische Art, dem Befehlston: "SIRIUS! KOMM DA S O F O R T RAUS. Ich habe keine Lust auf Abenteuer.. und du wirst mir jetzt keins aufzwängen! SOFORT!"


    Grießgrämig starrte Vala in das Loch hinein, als würde es auf Kommando seinen Sklaven wieder ausspucken. Erst einmal tat sich eine Weile lang garnichts, bis ebenso plötzlich wie er verschwunden war sein Sklave in dem Loch wieder auftauchte, welches sich als kaum Beintief entpuppte: "Na, wie du meinst, dominus. Keine Abenteuer..."


    Das erste was Vala dem Sklaven verpasste war eine gesalzene Kopfnuss, das zweite war noch eine Kopfnuss, und das dritte sah erst wie eine Umarmung aus (Sirius öffnete in heller Erwartung von herrischer Zuneigung bereits die Arme), war dann aber doch auch nur eine Kopfnuss.


    "So... und jetzt sieh zu, dass du uns hier rausbringst, Sirius.", brummte Vala verdrieslich, sich schon der Richtung zuwenden aus der sie gekommen waren, "Ich will nicht noch mehr Zeit in diesem Loch verschwenden."


    "Sehr wohl Dominus..", antwortete Sirius, der sich noch den Staub von der Tunika klopfte, und dem griechischen Übersetzer dann die Order gab dem ägyptischen Führer klarzumachen, dass sie SOFORT zum Ephesos zu erbrechen gedachten, bekam als Antwort aber nur eine weinerliche Zubereitung eines Warzeneintopfs mitgeteilt, worauf Sirius sich wiederrum an seinen Herrn wandte: "Das geht nicht, Herr..."


    "Wieso sollte das nicht gehen?", wandte sich Vala um, der schon ein paar Schritte um das Loch herum gemacht hatte und bereits auf bestem Wege war den Weg zurückzugehen, den er als ihren Weg betrachtete...


    "Unser Führer... naja... er ist futsch..."


    "Du meinst, er hat die Flucht ergriffen, als du mit deinem kleinen Theaterstück Schrecken verbreiten musstest?", hakte Vala mit einer Tonlage nach, die nach Bärenfalle klang.


    "Präzise, Dominus.", versuchte Sirius so unschuldig wie möglich zu klingen.


    "Na, dann bringst du uns halt hier raus..", grollte Vala mit frostiger Stimme.


    "Und... und wenn ich das nicht kann, Dominus?", erwiderte Sirius, dem schwante was da auf ihn zukam.


    "Werde ich mit dem Griechen zusammenketten und in dem Loch verbuddeln, das du für eine Bühne würdig erachtest hast.", brummte Vala, wieder auf dem vermeintlichen Weg zurück aus dem Tempel.


    "DAS...", begann Sirius zögerlich protestierend, stolperte seinem Herrn dann doch hinterher, "..ist ein Argument."


    - - - - - - - -


    http://farm3.staticflickr.com/2064/2188856484_60530b19b3.jpg Fünf Stunden später stolperten ein vollkommen verrückter Grieche, der die Götter und die dritten Zähne pries, ein sichtlich erleichtert dreinblickender großer Germane und ein vollkommen splitterfasernackter dritter Mann aus dem Loch im Geröll, das den Zugang zum Totentempel der Hatschepsut darstellte. Es war kühl geworden, und Sirius schlang die Arme um seinen bloßen Körper um sich warm zu halten.


    "Ist dir etwa kalt, Sirius?", frotzelte sein Herr, die Luft der Freiheit mit tiefen Zügen in seinen Leib ziehend.


    "Dominus..", klapperte dieser in der kalten Wüstennacht mit den Zähnen, "...du hättest nicht gleich meine ganze Tunika als Fackel verheizen müssen..."


    "Das weiß ich doch...", brummte Vala vergnügt, und hielt auf dem Weg nach unten erst inne, als er mitbekam, dass Sirius ihm nicht folgte, sondern wie gebannt auf eine Statue starrte, die im Geröll zu stecken schien, "SIRIUS! JETZT KOMM SCHON!!"


    "Das... das ist sie... DAS IST SIE, DOMINUS.", rief Sirius aus, und winkte seinen Herrn wieder das Geröll hinauf. Als dieser schließlich heraufgekraxelt kam, stellte er sich einigermaßen sicher neben seinen Sklaven und brachtete im Licht von Sirius' brennender Kleidung die steinerne Skulptur, bevor er verächtlich die Nase rümpfte und sich abwandte...


    "DOMINUS! Wie kannst du nur... das ist Hatschepsut selbst! Die schönste Frau der damaligen Zeit...", protestierte Sirius, während er seinem Herrn hinterherstolperte.


    Dieser winkte nur ab: "Nicht für mich... nicht für mich!"


    "Wie kannst du das nur sagen, Dominus! Männer sind verrückt geworden, als sie sie erblickt haben und ihrer Unerreichbarkeit gewahr wurden!", jammerte Sirius weiter.


    "Das ist ganz einfach...", dozierte Vala schnaubend, als sie sich weiter nach unten arbeiteten, "...es sprechen gleich vier Gründe dafür, dass ich mir dieses Weib nicht ins Bett holen würde.."


    "Die Perspektive eines Barbaren!", rief Sirius anklagend aus, "Was können das nur für niedere Gründe sein?"


    "Sie hat den Körper eines Tiers.... einen Bart.... und KEINE Brüste!!"


    "Wie schändlich von ihr. Und?", frotzelte Sirius zurück, als würde es das besser machen.


    "Sie ist aus Stein."



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  • http://farm4.staticflickr.com/3175/3679157211_39523df8bc.jpg Warum bei Loki war er hier? WARUM??? Warum tat man ihm das an?
    Die Stumme Klage war es, die Vala durch den Kopf ging, während der Geruch von Weihrauch seine Nase kitzelte und sich wohl auf Tage in seine Kleidung setzen würde.. wieso noch einmal hatte er sich dazu breitschlagen lassen? Achja.. weil nicht Sirius es war, der Vala hergelockt hatte, mit dem Versprechen den Praefecten der Cohors auf der Insel zu treffen, nein, es war der vermaledeite Praefect SELBST gewesen, der ihn hierher 'eingeladen' hatte. Sirius hatte bei Überbringung der Nachricht so verzweifelt versucht seine Gesichtszüge unter Kontrolle zu halten, dass er eine üble Zerrung im Gesicht erlitten hatte, die seine Miene auf Tage entstellen würde... nichts, was Vala Mitleid entlocken würde. Um seine eigene Contenance wahren zu können vermied er es jedoch seinen Sklaven anzusehen, es war schon schlimm genug sich noch mehr Gestein ansehen zu müssen. Und dieses war sogar noch bewohnt... die ganze Insel wimmelte von Leuten, die einer Gottheit namens Isis huldigten.


    "Beeindruckend, nicht wahr?", brummte die Stimme des Praefecten hinter Vala, und als er sich umwandte, bemerkte er wieder einmal, dass der Mann es ihm deutlich schwerer machte, ihn unsympathisch zu finden als sein Sklave es zur Zeit schaffte. Zwar teilten sowohl Sirius als auch Paullus Aurunculeius Aquila die lächerliche Liebe zu behauenem und dann in der Wüste abgestellten Stein, allerdings hatte der kaum zehn Jahre ältere Mann ein Faible für Isis.. und Vala konnte sich schon damals in Mogontiacum für den Isiskult begeistern. Das der Isis zugeschriebene Prinzip der schon fast magischen Fruchtbringung durch die Natur vertrug sich bestens mit dem germanischen Naturverständnis, in dem das eben auch der Isis zugeschriebene Ende im Tod seine Rolle spielte... allerdings hatte man in Mogontiacum auch gleich die Magna Mater mit in den Tempel gepackt, was Vala wiederum ziemlich befremdet hatte. Die hatte nämlich definitiv viel zu viel mit Entmannung zu tun, und Vala teilte eine natürliche Panik vor jeder Vorstellung einer Entmannung.. er war ganz froh, als ihn der Praefect aus genau diesen Gedanken riss: "Duccius?"


    "Eh..", wandte Vala sich von dem Blick zum mittlerweile menschenleeren Altarraum ab und dem Soldaten zu, "..entschuldige bitte, Aurunculeius.. ich war in Gedanken."


    "Das war nicht zu übersehen.. es ist ja nun auch wirklich ein beeindruckendes Bauwerk, nicht wahr? Jedes Mal wenn ich herkomme, und das ist nun beileibe nicht selten, fühle ich mich auf's neue Ergriffen. Die Aegypter haben sich wirklich auf die Errichtung großer Bauten verstanden. Und dieser Tempel ist gar nicht mal so alt... die letzten Bauten wurden vor nicht einmal dreihundert Jahren abgeschlossen, er ist also quasi neu...", echote die tiefe Stimme des Soldaten in der langgezogenen Tempelhalle zurück, "Und die Priester verstehen sich auch nach so langer Zeit immernoch darauf, einen mit den Zeremonien in den Bann zu schlagen... war dies dein erstes Opfer an Isis, Duccius?"


    "Nein, ich habe ihr in meiner Heimat schon einmal geopfert.", und so ziemlich jedes Mal wenn er einer Frau beigewohnt hatte, "Es gibt dort einen Tempel der Isis und der Magna Mater."


    "Magna Mater?", fragte der Praefect mit hochgezogener Augenbraue, "Ist das die, in deren Mythos so viele abgeschnittene Schw.."


    "Genau die.", schnitt Vala dem Mann das Wort ab, weil er der rückkehrenden Vorstellung wehren wollte, "Ich habe mich auch explizit an Isis gewandt..."


    "Guter Mann...", lachte der Kohortenpräfekt in seinen Bart hinein, und wandte sich dann um, den Tempel zu verlassen, "..wenn du dich sattgesehen hast, können wir auch wieder gehen. Unser Schiffer wartet draußen auf dich..."


    Vala nahm die Einladung dankend an, auch wenn der Tempel zugegebenermaßen sehr imposant wirkte, und ob seiner fortgeführten Betriebsamkeit einen GROßEN Unterschied zu den bisher von ihm beobachteten Heiligtümern und Palästen ausmachte, hatte er von Steinen doch genug. Irgendwie hatte er Heimweh, was er sich nicht wirklich erklären konnte, aber auf einmal wusste er, dass er das grüne Dickicht seiner Heimat ohne größeres Zögern den steinernen Prunkbauten vorziehen würde. Und dennoch... sie beteten die gleichen Gottheiten an. Wer hatte dazu mehr Grund? Die im dichten Leben der nordischen Wälder beinahe untergehenden Völker, oder jene, die in der Wüste um jedes Lebenszeichen bangen mussten?


    http://farm4.staticflickr.com/3408/3502298298_6d2f8c10c8.jpgVala blieb, ohne wirklich zu wissen warum, an einem der äußeren Tempelmauer stehen, und fast war es so, als wäre Sirius da (den er zur Strafe und zu seinem eigenen Schutz dazu verdonnert hatte im Schiff zu bleiben), doch es war der Aurunculeier, der ihn aufklärte: "Die linke ist Isis... rechts ist Horus, ihr Sohn, Gott des Himmels, des Lichts und der Schützer der Kinder."


    "Aha.", zog Vala ein tunlichst interessiert klingendes und doch so knappes Resümee, "Horus sieht aus wie ein Vogel."


    "Sag das nicht zu laut, die Aegypter die überhaupt noch stolz auf ihre Geschichte sind, sind da SEHR empfindlich. Wir bewachen die Grenze nicht nur in eine Richtung, Duccius.. aber.. ja, der Aegypter Götter haben viele Gesichter.. und nicht alle von ihnen menschlich...", erklärte der Wüstensoldat seinem Gast aus Rom.


    "Und nicht alle Menschen haben menschliche Körper..", fügte Vala mit kritischem Blick hinzu, "..ich hab da eine Bekanntschaft namens Hatschepsut gemacht..."


    "Hatschepsut?", gab der Präfekt sich unwissend und offenbahrte damit, dass auch sein Interesse Grenzen hatte, "Noch nie gehört."


    "Soll wohl nicht allzu beliebt gewesen sein..", winkte Vala schließlich ab, "..vielleicht hat sie sich deshalb in Felsen geschlagen und versteinert. Wer weiß das schon?"


    "Ich auf jeden Fall nicht..", lachte Valas Gastgeber, als sie sich von der imposanten Tempelmauer abwandten und zurück zum Anlegeplatz begaben, "..wusstest du, dass Isis nicht nur die Göttin der Liebe und Natur war, sondern auch die Göttin des Meeres?"


    "Nein, woher denn?", offenbahrte Vala sich als hoffnungslos ahnungslos.


    "Das stand da hinten...!", erwiderte sein Gastgeber lachend, und Vala fragte sich, ob er der einzige Mensch in Aegyptus war, der diese seltsame Bildersprache NICHT lesen konnte: "Das habe ich irgendwo schon einmal gehört."


    "Duccius..", begann der Reitersoldat, als sie sich der Anlegestelle näherten, an der sie an Land gegangen waren, "...lass mich wissen, wie es im Norden steht? Seit dem Abzug der Deiotarania tröpfeln die Nachrichten die nichts mit Befehlen und Lagebesprechungen zu tun haben nunmehr monatlich ein. Wie geht es Rom und dem Kaiser?"


    http://farm3.staticflickr.com/2604/4060710811_7b87e31a8d.jpg "Rom?", winkte Vala ab, "Rom existiert und wirkt. Der Senat pendelt in unregelmäßigen Abständen zwischen vollkommener Lethargie und einem geschäftsgebaren, als wäre die Zeit Catos wieder gekommen."


    "Und der Kaiser? Hier.. achtung, wackelig..", wies Aurunculeius auf die wackelige Planke hin, über die Vala sich gerade arbeitete, und gab kurz darauf das Zeichen um sie zum gegenüberliegenden Ufer bringen zu lassen wo ihre Pferde warteten.


    "Der? Keine Ahnung... existiert ebenfalls... zumindest sagt man sich das, seine öffentlichen Auftritte in den letzten Jahren lassen sich an einer Hand abzählen.", erstattete Vala Bericht von der wichtigsten Person der Welt, "Ich habe ihn während meines Jahres als Quaestor des Princeps kein einziges Mal gesehen, soviel dazu... den Praefectus Urbi allerdings dafür umso öfter."


    "Aber Rom funktioniert?", hakte der Präfekt mit sorgenvollem Gesicht nach.


    "Rom funktioniert.", beruhigte Vala seinen Gastgeber, "Sind Soldzahlungen ausgeblieben, oder woher die Sorge?"


    "Ich glaube Rom kann es sich nicht leisten unseren Sold zu verschleppen..", lachte der Kavalerist, "..die Hurensöhne, die in der Thebaeorum ihren Dienst versehen tuen keinen Handschlag ohne das Geld im Sack zu haben. Bei dem, was wir hier im Hinterland hocken haben ist das auch kein wunder. Rom funktioniert also, das ist beruhigend zu wissen. Anscheinend hat der Praefectus Urbi alles im Griff.."


    "Was ihm nicht nur Freunde gemacht hat..", erinnerte sich Vala an gewisse Graffiti in der Urbs Aeterna.


    Der Kohortenpräfekt verzog bei diesen Worten keine Miene, so fatalistisch machte der Dienst an einer der entferntesten Grenzen anscheinend gegenüber den Geschehnissen in Rom. Allerdings konnte er sich eine spitzbübische Frage dennoch nicht verkneifen: "Und wie stehst du zu dem Ganzen, Duccius? Entspricht das alles noch dem Ideal Roms?"


    "Als Homo Novissimus kann ich es mir nicht leisten idealistisch zu sein..", zuckte Vala mit den Schultern, "..um etwas verlieren zu haben, das ich mit Idealen bewehren muss, muss ich erst einmal etwas erreichen."


    "Ho, ho... gut gesprochen, Duccius.", lachte der Aurunculeier und winkte einen Sklaven herab um Wein zu bringen.


    "Und du, Aurunculeius?", konterte Vala die Frage, und erntete dafür nur einen spöttischen Blick seines Gastgebers: "Duccius... ich tue meinen Dienst an einer der unsichersten Grenzen des Reichs.. ich muss keine halbe Stunde reiten um auch in Begleitung meiner Männer um mein Leben fürchten zu müssen, und auch die glorreichen Hunde der zweiundzwanzigsten haben das erfahren müssen. Auch wenn die sich zugegebenermaßen besser geschlagen haben als ich mir je hätte wünschen können.. dieser Octavius Dragonum war schon ein harter Hund... und sein Tribun, dieser Decimus Serapio.. die Jungs haben uns zumindest ein Jahr Ruhe beschafft. Aber wo war ich? Achja... also... ich schiebe hier an der Grenze Dienst, in einer Einheit die nur vom Gold Roms zusammengehalten wird.. wäre nicht die Aussicht auf fortdauernden Sold, würde ich wahrscheinlich schon lange mit durchgeschnittener Kehle im Sand liegen und die Grenze des Imperiums wäre in Aegyptus zum Süden hin offen. Wieviel Idealismus kann ich mir hier erlauben?"


    http://farm2.staticflickr.com/…17093230_8d7a7e31f6_o.jpgVala nickte nur anerkennend anstelle einer Antwort, und nippte am Wein, dessen Geschmack ihn über seine Qualität genauso im Unklaren ließ, wie ihn die aufkommende Stille bedrückte, die zwischen ihm und seinem Gastgeber aufkam.
    Es war schließlicher dieser selbst, der die Stille unterbrach, in dem er Valas Aufmerksamkeit auf seinen Sklaven lenkte: "Duccius... hattest du auf dem Weg zur Insel nicht deinen Sklaven mitgenommen?"


    Vala, dem jetzt einfiel, dass Sirius tatsächlich nicht mehr an Bord des Boots befand, ließ nach einem kurzen Blick die Hand auf seine Stirn niedergehen, und verfluchte mit sehr kreativer Wortwahl seinen impertinenten Diener, der sich wahrscheinlich entgegen Valas strikter Order doch von Bord gestohlen hatte um sich die Tempelanlagen der Insel anzusehen.. und dabei nicht mitbekommen hatte, wie sein Herr und ihr Gastgeber zum Anleger zurückgekehrt und abgesetzt hatten.


    "Wenn er meint, sich nicht an meine Order halten zu müssen, kann er schwimmen..", grollte Vala, kippte den Rest seines Bechers in sich hinein und schickte noch ein paar Flüche hinterher.


    "Eine angemessene Strafe..", ergänzte der Aurunculeier, blickte dann jedoch sorgenvoll auf die Wasseroberfläche, "..wären da nicht die Crocodili... große beschuppte grüne Monstra, die es schaffen ganze Kamele zu verschlingen."


    Vala folgte dem Blick auf die Wasseroberfläche, überlegte allerdings nicht lange, zu sehr war er die kulturphilantrophischen Faxen seines Dieners dicke: "Ich lass es drauf ankommen..."



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  • http://www.kulueke.net/pics/ir…pezielle/valahelfer05.png "ICH WURDE GEBISSEN!!!", schrie Sirius lauthals, "VON EINEM AEGYPTISCHEN UNTIER!!"


    "Ich weiß.. ich weiß...", murmelte Vala im Halbschlaf, friedlich unter einem Palmwedel liegend und die Fahrt auf dem Nil... nun.. nicht gerade genießend.. mehr... weniger negativ erduldend, "...und es war kein Untier, es war ein..."


    "IN MEINEN VERDAMMTEN ARSCH!!! GEBISSEN!!!", fluchte Sirius weiter, eine ganze Spur lauter als zuvor.. seine Unart, seit dem gewissen Vorfall ruhelos hin und her zu laufen, und damit alle Menschen um ihn herum kirre zu machen, sorgte dafür, dass er von Valas Eskorte immer wieder mit Nussschalen und Kernen beworfen wurde. Soweit Vala es mitbekommen hatte, stand Rufus zur Zeit ganz oben auf der Tabelle.


    "...es war ein Kamel, kein Untier, Sirius. Und jetzt krieg dich wieder ein und setz dich endlich hin...", säuselte Vala unter dem Lappen hervor, der ihm in der doch recht brennenden Sonne des aegyptischen Südens auf dem offenen Nil zu etwas Kühlung verhalf. Und die würde er brauchen können: "Wie lange sind wir jetzt auf dem Nil unterwegs?"


    "Ein verdammt untieriges Kamel!", protestierte Sirius, "Und wie soll ich mich setzen, wenn JEDER VERSUCH SCHMERZ VOLLKOMMEN NEU DEFINIERT?"


    "Wie lange, Sirius?", murrte Vala, der sich den nassen Lappen von den Augen zog und ins grelle Licht des Tages blinzelte.. das Nilufer hatte sich seit ihrer Abreise aus Syene vor zwei Tagen kaum verändert: das Ufer wucherte nur so über vor Grün, und dahinter tat sich entweder der blaue Horizont auf, oder in aufgehäuftem Sand untergehende Felsen.


    "Ab heute knapp elf Tage, wenn der Wind uns gesonnen bleibt.. der... Nauarchus.. oder wie auch immer sich der Führer dieser Scholle nennt, will in Tentyrus und in Hermopolis Magna an Land gehen um die Vorräte aufzustocken und Handelswaren umzusetzen...", gab Sirius mit quäkender Stimme bekannt, hielt sich währenddessen an dem schmalen Mast fest, der zu ihrem Segel hinaufführte und versuchte offensichtlich nicht an sein Gesäß zu denken, "...es wäre.."


    "...keine gute Idee, um diese Landgänge für weitere deiner Exkursionen zu missbrauchen, Sirius. Was auch immer sich in diesen Städten befindet...", vollendete Vala den Satz und warf seinem Sklaven einen durchdringenden Blick zu.


    "...ein fabulöser Tempel des Thot, und eine sagenhaft große Anlage zu Ehren des Hator!!", fügte Sirius auf eine Art und Weise ein, als könnte die bloße Erwähnung dieser Gegebenheiten seinen Herrn augenblicklich in einen antiken Hobbyarchäologen verwandeln.


    "DAAA!!!!", schrie Vala auf einmal auf, was sowohl die zweiköpfige Schiffsbesatzung, seine Eskorte wie auch Sirius erschrocken auffahren ließ und dafür sorgte, dass ihm und seinem ausgestreckten Zeigefinger auf einmal alle Aufmerksamkeit sicher war, "DA IST WIEDER EINER! Ich hab doch gedacht, dass ich spinne... aber da seht selbst! Ein Storch! Verdammte Axt... ein echter Storch! Seht das weiße Federkleid mit den schwarzen Spitzen? Und den langen Schnabel... das ist ein Storch! Wahnsinn!"


    "Eh... und? Das ist ein Vogel, Herr. Mit zugegebenermaßen langen Beinen.", fragte Sirius auf eine sehr sanfte Art und Weise, als hätte er Angst, sein Herr könnte in einem akuten Anfall von Wahnsinn zerbrechen, und erntete dafür einen vorwurfsvollen Blick desselben.


    "Das ist ein Storch, Sirius. In meiner Heimat leben diese Vögel... im Herbst verschwinden sie auf einmal... und im Frühjahr kommen sie wieder.", dozierte Vala aus seinen Erinnerungen an ein längst vergangenes Leben, "Ich habe mich immer gefragt wohin sie fliegen... Mutter meinte, sie würden Midgard verlassen, weil diese Welt ihnen zu kalt wäre, und in Asgard überwintern."


    "Ich bin mir sicher, viele Barbaren wären sehr enttäuscht darüber, feststellen zu müssen, dass dieses Asgard ein Land voller Sand, tierköpfiger Götter und gewalttätiger Untiere ist... das zudem von Rom unterworfen wurde.", frotzelte Sirius, was ihn augenblicklich in die Flugbahn eines Caligae versetzte.


    "Noch so ein Wort, und du wirst dich zurück zu deinem Kamel wünschen..", grollte Vala, den Blick trotzig zurück auf den Vogel richtend, der am Nilufer gemütlich im Wasser fischte, "Sie fliegen also gen Süden.. wo es nicht so kalt ist, wie bei uns. Ich glaube, Asgard wäre auch einen Tick weiter zu bewältigen."


    "Was du nicht sagst...", gähnte Sirius, streckte sich und hockte sich gewohnheitsmäßig auf einen mit Getreide gefüllten Sack, was ihn augenblicklich mit einem Schmerzensschrei wieder in die Senkrechte beförderte, "BEI DEN GÖTTERN! VERFLUCHT SEIEN ALLE KAMELE!"


    "Du tust ihm Unrecht..", murmelte Vala, "..kein Tier liebt es getreten zu werden.."


    "Es hat mich zuerst getreten!", fluchte Sirius, und rieb sich alleine ob der Erinnerung das wunde Sitzfleisch.


    "Nachdem du es mit sehr unkamelhaften Worten bedacht hast...", fügte Vala abwesend hinzu, ein Funkeln fiel ihm ins Auge, und als er sich umwandte, erblickte er einen der Helme, die sie auf die niedrige Reling geheftet hatten, um weithin sichtbar zu machen, dass sich Angehörige des Exercitus an Bord befanden. Selbst der Nil war abseits der Römerbastionen nicht sicher.


    "Nur ein Barbar kann glauben, dass ein solches Tier tatsächlich versteht was ich ihm sage...", nörgelte Sirius zurück, und begann wieder mit seinen Kreisen um den Mast herum.


    "Das muss ich mir von jemandem sagen lassen, der eine Statue aus dem Isistempel heiraten will?", lachte Vala in seinen Ärmel hinein, während sein Blick auf dem trübe dahinfunkelnden Wasser ruhte.


    "Sie hat meine Liebe erwidert! Es war auf den ersten Blick! Niemand kann mir das verwehren!", protestierte Sirius, "Sie war... perfekt."


    "Die Priester konnten es sehr wohl.. und nicht zuletzt ich. Übrigens: Sie hatte einen Hundekopf.", schnaufte Vala, drückte sich von der Reling lang aufwärts und daraufhin sein Kreuz durch, um seinem verspannten Körper auf der müßigen Fahrt zumindest etwas Bewegung zu verhelfen.


    "Du gönnst mir auch gar nichts...", brummte Sirius, "...ich bin überzeugt davon: ich hätte sie glücklich gemacht. Auch ein Sklave darf sich verlieben!"


    "In eine Statue?"


    "Agalmatophilie wird einmal ein anerkannter Begriff sein!", wandte Sirius ein.


    "Nicht mehr in deinem Leben...", versicherte Vala ihm, und streckte sich ein wenig nach links, worauf er die Lippen schmal zog, als sein immernoch schmerzendes Bein von sich Reden machte.


    "Pygmalion hat sich in seine eigene Statue verliebt!", diskutierte Sirius fröhlich weiter, das Recht der Liebe auf seiner Seite glaubend.


    "Hast du meinen Ovidius gelesen?", hakte Vala nach, den Blick kritisch auf seinen Sklaven geheftet, während er sich zur anderen Seite lehnte. Vom Heck konnte man die Soldaten murmeln hören, die sich anscheinend wieder mit Würfeln die langweilige Fahrt vertrieben.


    "Na, du tust es doch nicht.", hob Sirius mit ebenfalls erhobener Nase den Zeigefinger, "Und er gibt mir vollkommen Recht: die Liebe zu einer Schöpfung solcher Schönheit ist nichts außergewöhnliches."


    "Jetzt weiß ich auch wieder, warum ich Ovidius nicht lese... er schreibt Mist.", erinnerte sich der Duccier.


    "Sie wird lebendig! Weil Venus sie erweckt... ich bin mir sicher, sie wird mir ebenso zugetan sein, wenn ich sie nur ordentlich bitte.", träumte Sirius weiter vor sich hin.


    "Wir werden NICHT zurückkehren, Sirius. Vergiss es... du wirst sie nie wieder sehen... und sieh es mal so, auch andere Bildhauer haben schöne Statuen.", kommandierte Vala, der der Diskussion langsam überdrüssig wurde, "Jetzt hol mir zwei Tabula und einen Griffel.. ich muss noch arbeiten."


    "Du brichst mir das Herz...", schluchzte Sirius mit dem anklagenden Blick eines Welpen.


    "Wortwörtlich."

  • http://www.kulueke.net/pics/ir…pezielle/valahelfer05.png "Ausgerechnet Bubastis!" , beklagte sich Sirius zum gefühlten hundertsten Mal nachdem sie aus Athribis abgereist waren. Vala hatte nicht die geringste Ahnung, warum es seinem Sklaven so wenig in den Kram passte, dass sie sich jetzt am Ende noch mit den Hellenen in Bubastis absprechen mussten... bzw. gewisse Überzeugungen leisten musste. Es waren ziemlich anstrengende Wochen gewesen, in denen Vala zusammen mit dem Dioiketes und einem Heer von Übersetzern und Schreibern die maßgeblichen Poleis des Nildeltas besucht hatte um sie auf ihren Kurs gegen Salinator und vor allem für stillgehaltene Füße einzustimmen, mit wechselhaftem Erfolg. Therenutis zum Beispiel würde demnächst eine komplette Kohorte der dreiundzwanzigsten Legion zu Besuch haben.. aus Manöverzwecken, versteht sich. Der Archiprytanes von Memphis hingegen zeigte sich als glühender Anhänger eines gewissen Edelmetalls, womit er gewisse Gemeinsamkeiten mit anderen Vertretern der hellenischen Welt in Aegyptus zeigte. Die Vertreter der Polis Babylon selbst zeigten sich wegen der nahen Festung gerade zu augenblicklich einverstanden, Vala hatte kaum einen Fuß in die Stadt gesetzt.
    So wie er es mitbekommen hatte, hatten die Delegationen, die in den weiteren Süden geschickt worden waren, ebenso wechselhaften Erfolg. Hatte man eh vorgehabt zwei weitere Kohorten in den Süden zu schicken um die Reichstreuen Hellenen gegen weniger Reichstreue zu unterstützen, so wurde relativ schnell klar, dass Oxyrynchus Standort einer der beiden Kontingente sein würde. Andere Poleis ließen sich mit geringen Steuervergünstigungen locken, die schmerzhaft waren, letztlich aber durch später zu türkende Getreideaufstellungen zu kompensieren waren. Letztlich war aber allen etwas gemein: bloß kein Krieg.


    Drei Wochen nachdem er aufgebrochen war, hatte es Vala also mit seiner kleinen Delegation nach Bubastis verschlagen... einer Stadt, die für ihre Katzenstatuen ebenso berühmt war wie für ihre verhandlungssichere und sturre Elite.
    Letzteres bereitete Vala Kopfzerbrechen, ersteres seinem Sklaven.
    "Wieso genau beschwerst du dich jetzt eigentlich über Katzenstatuen?" , fragte Vala nach einer Weile nach, als ihm der Trott mit dem sie sich über die Straße von Athribis bewegten doch zu monoton wurde, "Müsste dir das nicht eigentlich vollkommen zusprechen?"
    "Wie bitte?" , beschwerte sich der Sklave lauthals, "Das meinst du doch nicht ernst! Das sind KATZEN! Ich bin doch nicht... neeeeeeeeein... neeeeeeeeeeeein. Niemals.. Wie kannst du nur?"
    "Naja... ich dachte... es sind immerhin Statuen. Also... aus Stein, und so." , wandte Vala ein.
    "ES SIND KATZEN! Ich bin doch nicht abartig, oder sowas. Sie müssen schon gewisse Vorzüge haben..." , rechtfertigte der Sklave sich, was Vala wiederrum nicht nachvollziehen konnte: "Damals... also an diesem seltsamen Loch im Fels... diese... wie hieß sie noch? Hatschdingsbums... die war zumindest halb Tier, und die fandest du doch sehr ansprechend, wenn ich mich recht erinnere."
    "Das ist was vollkommen anderes! Hatschepsus hatte immerhin einen menschlichen Kopf... und was für einen! Ihre Schönheit..." , begann der Sklave, wurde jedoch vom kritischen Blick seines Herrn unterbrochen: "Ahja... ein menschlicher Kopf... und was ist mit dieser Basdings? Die hatte nen Katzenkopf!"
    "Auch was anderes..." , schob Sirius den Vorwurf von sich, "..die hatte nen Menschenkörper!"
    "Und die in Bubastis passen dir nicht, weil sie.....?" , hakte Vala nach.
    "...gänzlich Katzen sind! Ich vergeh mich doch nicht an Tieren!" , protestierte Sirius.
    "Auch wenn diese aus Stein sind?" , witzelte Vala mit viel Spott in der Stimme.
    "GERADE wenn diese aus Stein sind!", antwortete Sirius mit vorwurfsvollem Blick und wechselte prompt das Thema: "DA VORNE! Da ist sie schon... also, wie heißt der Archeprytanes von Bubastis noch einmal?"
    "Das fragst du mich?" , blickte Vala ihn irritiert an, "Das solltest du doch wissen!"
    "Ich weiß das auch!" , verzog Sirius genervt die Lippen, "Aber du solltest das wissen, vergiss nicht weshalb wir hier sind...."
    "Er... er... heißt.. Ohneklöten!" , versuchte Vala sich am ersten Namen, bekam dafür aber nur einen noch vorwurfsvollen Blick seines Sklaven: "Fast. Oineus Kolidis. Und der Exegetes?"
    "Der heißt... Kevus Santakos." , kam es weniger zögerlich von den Lippen des Ducciers.
    "Es sind noch knapp fünftausend Pedes... Kepheus Sarantakos. Sprich mir nach..." , korrigierte ihn der Sklave.
    "Na, das kann ja lustig werden..." , seufzte Vala, und machte sich wieder einmal daran die Namen der Würdenträger der Stadt auswendig zu lernen.

  • Es war später Nachmittag als Vala mit seiner Entourage die ersten kleineren Häuser der Polis Bubastis hinter sich ließ, und eine weitere Stunde verging in der Vala und der Dioiketes sich im Haus eines römischen Würdenträgers zurecht machten, den Staub der Straße von ihren Füßen wuschen um und einige Nettigkeiten mit dem Mann austauschten, bevor sie sich feierlich hergerichtet zum Koinon begaben um dort eine kleine Delegation der Stadtelite anzutreffen.
    "Der vom erhabenen Basileos beauftragte Dioiketes, Lucius Baebius Didianus...", begann irgendjemand sie auszurufen, als sie das Gebäude betraten, "...und der Quaestor des Basileos und Sondergesandte der kaiserlichen Kanzlei, Titus Duccius Vala."
    Sie blieben erst einmal einen Moment stehen, denn die Sonne, die in den letzten Wochen stetig höher zu kriechen schien (für Vala schon hochsommerliche Temperaturen, dabei war noch Frühling!), verschwand mit einem Schlag vom Himmel und für die beiden Gesandten aus Alexandria bestand das Innenleben erst einmal aus Schatten...


    Erst herrschte das Schweigen, das sich über einen Raum legt, wenn Gespräche unterbrochen wurden. Erst anschließend erhob sich eine scharfe und klare Stimme aus dem Schatten des Inneren. “Und die Stadt Bubastis grüßt die Abgesandten des ehrenwerten Eparchos.“ Eine kleine, aber dem geschulten Ohr sicher auffällige Erwiderung. Der Eparchos war 'nur' der Statthalter Ägyptens, nicht der Kaiser, womit auch gleich klargestellt war, dass man in Bubastis über die Lage im Römischen Reich informiert war.


    Der Sprecher war ein hagerer, kleiner Mann, dem gerade eine der zahllosen braunfleckigen Katzen der Stadt um die Beine strich. In Bubastis stand nach wie vor auf das Töten einer Katze eine schwere Strafe, auch wenn es von außenstehenden oft belächelt wurde. Nach Art der ägyptischen Priester hatte er sich den Kopf kahl geschoren und war glatt rasiert, so dass man die Falten in seinem Gesicht trotz des Kohlestifts um die Augen deutlich sehen konnte, aber seine Klidung war griechisch. “Mein Name ist Oineus Kolidis, ich bin der Eponmitanographos und Archeprytanes. Und dies“ stellte er einen etwas größeren Mann mit Bart nach griechischer Mode und schütter werdendem, grauen Haar vor “ist der ehrenwerte Exegetes Kepheus Sarantakos.“
    Der andere Mann deutete eine leichte Verbeugung an und begrüßte die Ankömmlinge mit einem basstönenden “Chairete“.



    Archeprytanes + Exegetes gespielt von der Person hinter Iunia Axilla

  • Der Dioiketes selbst war es natürlich, der von römischer Seite als erster sprach, und dies in akzentfreiem Griechisch: "Euch ehrenwerten Menschen gilt unser aufrichtiger Dank für dieses herzliche Willkommen im Herzen eurer alten wie geschichtsträchtigen Stadt! Bitte nehmt dies kleine Geschenk als Zeichen unserer Anerkennung an.. eine Betonung der herausragenden Stellung der Polis.. und eine Erinnerung an unseren geliebten Basileos."
    Kaum hatte er dies gesprochen kamen ein Sklave herbei der auf Knien den beiden Würdenträgern eine reichlich verzierte Schatulle präsentierte. So sie diese öffneten, würden sich in ihrem Inhalt Bernsteinfiguren der Bastet zeigen.. unterlegt von mehreren Aurei mit dem Konterfrei des verstorbenen Kaisers.


    Katzen nach Bubastis zu tragen war in etwa so, wie Eulen nach Athen. Dennoch gingen die Augenbrauen der beiden Beschenkten kurz anerkennend nach oben, nachdem diese den Deckel von dem Sklaven mit einem Wink leicht öffnen ließen.
    “Wir gedenken gern dem großen Beschützer und Wohltäter unserer Polis“, meinte der Glatzköpfige unbestimmt. Und ebenso ohne zu lächeln deutete er auf die Marmorbänke. “Wollen wir uns doch setzen? Die Reise durch das Delta war sicher beschwerlich, meint es der göttliche Nil dieses Jahr doch sehr gut mit uns und segnet uns mit reichlich lebensbringendem Schlamm. Etwas Wein? Oder Bier?“
    Ein pflichtbewusster Sklave eilte herbei, um den Gästen verdünnten Wein oder aber das dünne Bier, das die Ägypter hierzulande als Hauptgetränk verwendeten, anzureichen.
    Der Eponmitanographos fuhr auch sogleich fort, kaum, dass sie richtig saßen. “Aber sagt, was führt euch zu dieser für eine Reise beschwerlichen Zeit her nach Bubastis?“ Man hatte zwar schon ein paar Nachrichten aus anderen Städten erhalten, aber dies ersetzte nicht eine tatsächliche Bestätigung durch die Abgesandten.


    Mit angemessenem Lächeln nahmen die römischen Abgesandten die Dankbarkeit über ihr Gastgeschenk zur Kenntnis und kamen der Einladung zum Gespräch nur allzu gerne nach. Der Römer bestellte Wein, der Germane Bier.
    "Wir kommen, um den Poleis der Eparchia persönlich unseren Dank für ihre Treue und Zuverlässigkeit auszudrücken...", begann der Dioiketes, "..und sie dazu einladen, die gute Zusammenarbeit aufrecht zu erhalten um dem Nachfolger des verstorbenen Basileus seine Pflichten und Rechte gegenüber den Polites nicht mit Sorge beginnen zu lassen. Besonders jetzt, wo sein Mörder persönlich die ewige Stadt im Würgegriff hält."
    Während der Untergebene des Statthalters sich förmlich in Honig verging, hatte der größere der beiden eher Tacheles im Sinn: "Als treues Untergebenes auch des zukünftigen Basileus stehen uns natürlich nichts anderes im Sinne als das Frieden in der Provinz zu bewahrenden und sicher zu stehen, dass die Poleis auch in Zeiten die Thronvakanz ihre Aufgaben erfüll. Euch als ehrwürdigen Vertreter eurer Poleis wollen wir dabei das Dringlichkeit vermitteln, jetzt wo das Basileia selbst vor einem Waffengang steht, das letztlich und unvermeidlich dazu führen wird, dass der Erbe des Basileus das fortführen wird wo sein Vorgänger ihm hinterlassen hat. So die Eparchia ihm friedlich und treu entgegentritt, wird er sich mit Dank und Zuwendung all jenen zeigen, die ihm dies ermöglicht haben. Besonders nachdem er der mühevolle Arbeit erbringen musste, all jene Eparchias zu strafen den es nicht taten."
    Vala hatte fleissig geübt, das war klar. Der Grund war weitaus wichtiger als zum puren Zeitvertreib griechisch zu lernen, und er wurde stetig besser, wenn auch die Vertreter in Naukratis ihn noch ein wenig erschreckt angeblickt hatten.. tagtägliches Üben hinterlässt seine Spuren.


    Archeprytanes + Exegetes gespielt von der Person hinter Iunia Axilla

  • Die Schmeicheleinheiten wurden noch gelassen, mit höchstens wohlwollendem Nicken zur Kenntnis genommen. Zumindest bis zu dem Punkt, als der Dioiketes den momentanen Machtinhaber als Mörder des vorangegangenen Basileus darstellte. Der Exegetes holte schon geräuschvoll Luft, um an diesem Punkt anzuknüpfen, als der große Germane in Halbgriechisch etwas zur Situation beitrug. Etwas langes. Und nur teilweise verständliches.
    Der höchste Priester der Stadt sah nur mit gekrauster Stirn zu dem Germanen, während der Exegetes versuchte, Ordnung in die Worte zu bekommen.
    “Verstehe ich dich richtig, Dukkios Vala, dass du einen Krieg gerade heraufbeschwörst?“ So ganz sicher war sich Kepheus Sarantakos auch nicht, ließen die Worte des kaiserlichen Gesandten doch mehrere Interpretationsmöglichkeiten zu. Ebenso wie die Drohung, die in den letzten Worten mitschwang. Und die dem Griechen nicht gefiel. “In dem Fall müsste ich nämlich fragen, warum sich die freie Polis Bubastis in innerrhomäische Angelegenheiten einmischen sollte. Und ob die Legionen der Rhomäer denn darin verwickelt sein würden – und damit verbunden die Frage, ob sie denn ihre vom göttlichen Basileus zugetragene Aufgabe, die freien Poleis zu schützen und zu verteidigen, nach wie vor erfüllen können?“
    Natürlich war man sich der Wichtigkeit von Ägypten als Provinz bewusst. Jetzt musste man nur austarieren, was es einem bringen sollte, dem Eparchos mit seinen anderthalb Legionen zu folgen und nicht doch eher einem Unbekannten, wenn zu befürchten stand, dass dieser mit zehn Legionen hierher marschiert kam.


    "Ich beschwöre keines Krieg herauf, er sind förmlich schon da. Der Mörder des Basileos sitzt in Rom und wollen sein zum Basileos aufschwingen und ist dazu angetan all jenen zu schadenden die sich zu Valerianos bekannt habe." , formte Vala die Realität ein wenig um, so wie sie es zuvor abgesprochen hatten, und ließ im folgenden vollkommen offen wen genau er meinte, da er selbst keine Ahnung hatte für wen sie sich letztlich entscheiden würden, "Und es habe sich bereits erhoben Nachfolger von Basileus Valerianos, um zu beanspruche Recht auf Thron. Das, was wir von euer erbitten sein: mischt eben nicht in innerrhomäische Angelegenheiten ein, sondern machen weiter wie immer. Die rhomäischen Legionen werden auch ihren Teil tun, um ihren Auftrag zu erfüllen und die freien Poleis zu schützen und zu verteidigen bis rechtmäßige Erbe in Rom."
    Der Dioiketes hatte die Rede des jungen Germanen mit zusammengebissenen Zähnen ertragen, immerhin war sein Griechisch immernoch recht schmerzhaft zu ertragen, und letztlich fügte er noch kurzumwunden zu: "Was mein junger Begleiter sagen will, ist: wir haben nicht vor aktiv in den Krieg einzugreifen, sondern die Eparchia und seine Städte im bestmöglichen Zustand dem Nachfolger des Basileos Valerianos zu übergeben. Was bedeutet: wir machen weiter wie bisher... wenn ihr es auch tut."

  • Jetzt war es wieder der Eponmitanographos, der das Wort ergriff. “Weiterzumachen wie bisher hieße, nach Rom weiter unsere Abgaben in Münzen und Getreide zu entsenden. Doch wie ich euch verstanden habe, geht es hier ja darum, genau das nicht zu tun, um... dem Mörder unseres geliebten Basileos nicht in die Hände zu spielen. Von daher mischen wir uns ein, wenn wir uns gegen ihn stellen, und gehen damit das Risiko ein, seinem Zorn anheim zu fallen.“
    Die Katze von vorhin hatte sich ebenfalls zu den Männern begeben und sprang auf den Tisch, genau außer Reichweite etwaiger Hände, und starrte einfach vor sich hin, als gelte es, die Szene hier zu beobachten. “Unsere Stadt untersteht einer sanftmütigen Göttin, meine Herrin. Bastet erfreut sich an schönen Dingen, nicht am Geklirr von Schwertern. Wie also meint ihr, sollen wir ihr Gemüt beruhigen, wenn wir riskieren, dass ihre schönste Stadt zerstört wird, weil ihr trotz aller Rechtschaffenheit eurer Sache verliert? Würde dieser...Veskolarios es nicht als herben Verrat auslegen und Rache nehmen an den Poleis, die ihn nicht unterstützt haben?“


    Es war der große Germane, der sich angespannt zeigte.. auch nach kniffligen Verhandlungen war er es immer gewesen, der den Ausschlag zu drastischeren Sanktionen gegen Poleis gegeben hatte, die sich eben nicht den Rhomäern in Aegyptus und den ihnen folgenden Poleis anschließen wollten. Beziehungsweise mehr Kapital aus der Sache schlagen wollten als die Gruppe um den Eparchos zu geben bereit war. Entsprechend eindringlich waren also auch seine Worte: "Du wirst einsehen müssen, dass es so etwas wie eine neutrale Komfortposition in diesen Zeiten nicht gibt, und dass wir keine Narren sind die die Sicherheit der Eparchia und seiner Bürger nicht auf's Spiel setzen ohne vorher die Situation genau zu betrachten. Wir können dem Mörder unseres Basileus standhalten.. die Legionen können euch weiterhin schützen.. und ihr könnt daran teilhaben dem kommenden Basileus mehr zu überreichen als nur verbrannte Erde. Der Mörder des Basileus wird seine Hände voll damit zu tun haben seinen Hals zu retten, er wird sich die Eparchia nicht mit Gewalt nehmen können, weil ihm dann schnell am Rücken kühl werden wird. Das einzige was wir tun ist den Druck auf ihn erhöhen.. die Legiones bleiben in Aegyptus, genauso wie die Classis nur die Küste der Eparchia schützen wird.. mit Blick nach Rom, und nicht in die eigene Provinz."

  • Der Dioiketes schwieg während der Germane sich wieder gefährlich nach ans Verbalhammertum begab, und fügte letztlich doch nur beschwichtigend hinzu: "Mein junger Freund hat Recht.. es wird dem Ursupator in Rom nicht möglich sein Aegyptus mit seiner ganzen Kraft anzugreifen, vor allem da wir nicht alleine im Reich stehen, sondern auch außerhalb der Eparchia um Verbündete werben. Aber um die Sicherheit der Eparchia und der Poleis zu gewährleisten brauchen wir die Bereitschaft der Poleis, uns in dieser Sache zu unterstützen. Was sich letztlich auch für die Polites auszahlen wird.. immerhin sind wir bereit für die Ungemach, die den Poleis damit anheim fallen wird, gewisse Kompensationen anzubieten."
    Womit letztlich das Element des Schacherns eröffnet wurde.. ohne gewisse Zugeständnisse waren die wenigsten Verhandlungen abgeschlossen worden, und letztlich konnten die Rhomäer es sich nicht leisten keine zu machen. Sollte der neue Kaiser doch die Zugeständnisse wieder rückgängig machen, wenn er sich auf x andere Brandherde im Reich konzentrieren musste.


    Der Exegetes sah die unverhohlene Drohung allerdings nicht ganz so gelassen, denn zwischen den Zeilen zu lesen war bei derartigen Worten nicht schwer. “Eigene PROVINZ? Wenn ich daran erinnern darf, sind die Legiones hier lediglich zu Gast und sollten nicht so vermessen sein, zu glauben, dass die Poleis Ägyptens außer ihnen keine Verbündeten und Freunde hätten! Wir können nicht nur eigene Truppen aufstellen, wir haben auch eigene Truppen! Also spar dir deine Drohungen und...“
    “Kepheus, es ist gut.“
    “Nein, ist es nicht! Hast du nicht gehört, was er...?“
    “Ich habe es gehört, und ich bin mir sicher, dass er dich ebenso gehört hat, wie du die heilige Ruhe gestört hast. Schau, selbst die Katze hast du erschreckt.“ Der Eponminatographos deutete leicht auf den Tisch, der jetzt wieder leer war. Die Katze hatte sich wohl ein ruhigeres Fleckchen Erde gesucht.
    Der Exegetes holte noch einmal Luft, beließ es dann aber bei einem abfälligen Schnauben und einer gemurmelten Entschuldigung – wegen der Katze.
    Oineus Kolidis wartete noch einen Moment, ob doch noch weitere Drohungen kommen wollten, und ging dann übergangslos zum Tagesgeschäft weiter, als wäre nichts gewesen. “Also, werter Dioiketes, erzählt mehr von diesen Kompensationen, die ihr anzubieten bereit seid.“

  • Als der Exegetes sich über seine Betrachtung der Dinge erging, bedachte der Dioiketes den jungen Germanen mit einem mahnenden Blick. Letztlich war es ihnen nicht nur einmal so ergangen, wenn einer oder mehrere der Poliseliten sich als glühende Anhänger der Ausreden des Augustus erwiesen. Letztlich war es also die Sache des Dioiketes sich mit dem Problem zu beschäftigen, der junge Germane hatte zu seinem Bedauern bisher nur ein gewisses Verhandlungsgeschick bewiesen wenn man es mit Realos zu tun bekommen hatte die sich kaum für die Blumenrhetorik von vorgetäuschten Autonomieverhältnissen begeistern konnte. Der Exegetes allerdings schien Feuer und Flamme für all das zu sein, was man vor mehr als einem Jahrhundert mit schönen Worten umschnörkelt hatte, was den Germanen damit in das dem Dioiketes nur willkommene Abseits drängte.
    "Der Eparchos ist bereit, der Polis Bubastis für ihre Hilfe bei der Aufrechterhaltung des Friedens in der Eparchia den dreissigsten Teil der Abgaben am Getreide zu erlassen und zudem den Polites drei steuerfreie Monate in nicht zusammenhängender Folge binnen eines Jahres zu gewähren.", begann er daher das Geschacher, "Von einer Aufmerksamkeit für die verantwortlichen Episkopoi natürlich ganz zu schweigen, die in dieser Zeit besondere Unbill zu ertragen haben werden."

  • Während der Exegetes die beiden Gäste mit offen gezeigter Nichtbeachtung strafte, ließ sich Oineos das Gesagte durch den Kopf gehen. Bei der Menge, die hier im Delta an Getreide angebaut wurde, war ein dreißigstel nicht unbedingt nichts zu nennen. Wenn man aber gleichzeitig bedachte, dass Bubastis etwa die Hälfte allen Getreides abzuführen hatte, litt die Relation doch ein wenig. Auch der andere Vorschlag konnte interessant sein, auch wenn der Eponmitanographos nicht annahm, dass dies ein jährliches Zugeständnis wäre, sondern wohl nur für die Spanne eines Jahres gelten würde.
    “Ein gutes Angebot, aber einem großzügigen Basileos, der die ihm Getreuen reich belohnt, nicht angemessen“ stieg er also in das Preisschachern mit ein. “Wir werden also im Laufe des Jahres keine Steuern, Zölle oder Geschenke zu entrichten haben in den Monaten Thot, Tybi und Parmouthi. Desweiteren wäre eine neue Vereinbarung über das Getreide angemessen, die eine Reduzierung zum jetzigen Aufkommen um ein Zehnt beinhaltet. Zuzüglich selbstverständlich zu allen bislang getroffenen Versprechungen und Zusagen die Unabhängigkeit der Stadt Bubastis und des umliegenden Gaues betreffend, der Hoheit über den Kult der Bastet und der die Göttin betreffenden Rituale, der Verwaltung und Verteidigung der Stadt und sonstiger Verträge zu unserer autonomen Autarkie.“
    Die Monate waren ohne zu zögern gewählt worden. Thot war der Monat der ersten Ernte, und das damit aufkommende Treiben der Händler schwemmte sehr viel Gold in die Kassen der Stadt. Noch dazu war das der Monat, in dem der Nil endgültig wieder befahrbar war, und Bubastis lag an einem seiner Arme, ebenso wie auf der Hauptstraße nach Syria, was sehr viele Händler dazu brachte, auf dem Landweg zu transportierende Ware hier zu kaufen. Tybi schließlich war der Beginn der zweiten Ernte und der letzte noch erträgliche Monat vor dem langen Sommer, den viele Reisende nutzten, um sich noch einmal mit allem möglichen aus dem Süden einzudecken. Parmouthi war schließlich das Ende des Sommers. Auch die letzten Felder waren geerntet und alles wartete auf den Beginn der Überschwemmung und der Regenzeit, auf dass die erste Aussaat beginnen konnte. Der erste Monat also, an dem sich alles nach dem Sommer zusammenfand. Die steuern waren nicht der springende Punkt bei diesen Überlegungen, die Bevölkerungszahlen änderten sich nicht dermaßen schnell, als dass Schwankungen in der Kopfsteuer aufzubringen wären. Noch dazu, wo schon lange kein Zensus mehr durchgeführt worden war und die ärmeren Schichten ohnehin keine Steuern zahlten. Aber die Zölle, die machten Bubastis reich.
    Die Reduzierung der Getreidemenge und damit ein gänzlich neuer Vertrag, der nicht nach einem Jahr seine Gültigkeit verlieren würde, das war eher eine langfristige Investition.
    Die Klarstellung von Bubastis Oberhoheit über dieses Gebiet war da nur das i-Tüpfelchen und der Stadt ohnehin schon mehrfach zugesichert worden. Auf lange Sicht war es für das Römische Reich einfach billiger, den Griechen zu geben, was sie wollten, als sich mit ihnen auf einen Krieg einzulassen, der Jahre dauern konnte und in einer aufständischen Provinz wie Iudaea enden konnte. Das Getreide war für Rom zu wichtig, als dass sie sich Aufstände oder gar einen Krieg auf ägyptischem Boden leisten wollten. Und das wussten die Griechen genauso – und schlugen Kapital daraus.

  • Die römischen Gesandten verzogen keine Miene, hatten sie schon Verhandlungen hinter sich gebracht die ebenso schmerzhaft angefangen hatten, sich letztlich aber an der Notwendigkeit ergeben hatten überhaupt zu einem Übereinkommen zu gelangen.
    "So der kommende Basileus seines Vorgänger an Dankbarkeit gegenüber jenen, die ihn treu folgten, sicherlich nicht nachstanden wird...", begann der Germane mit einem schmalen Lächeln, "..so wird es ihm ebenfalls nicht an das schneidendes Geschäftssinn und wachen Geistes mangelnden, der hier auch schon des Eponmitanographos zu Ehre gereichen tut. Wir dürfen nicht übersahen, dass der Basileus seine Dankbarkeit zeigen wird, so er erst einmal Basileis sein. Was ihr bekommen von uns seien Großzügigkeit des Eparchos für eure Hilfe in dies schwere Zeit.. so wir handeln, ihr verstehen, dass wir nicht liefern vor Leistung."
    Der Dioiketes gab sich während der Ausführung des Germanen gelassen, schließlich konnte er seinen Gefährten nicht durch offene Genervtheit über dessen dramatisch miesem Griechisch in Verlegenheit bringen. Jedoch sah er sich gezwungen die Sache in gewisse Bahnen zu lenken, damit es keine Missverständnisse gab die letztlich die Verhandlungen scheitern ließen: "Mein junger Begleiter hat recht.. wir dürfen uns nicht falsch verstehen, wir besprechen hier nur die Zeiten in denen die Polites und Poleis der Eparchia ihrem Tagewerk in Zeiten der Thronvakanz ebenso treu und friedfertig nachgehen wie zu Lebzeiten des Basileus. Ihr werdet verstehen, dass wir die Dankbarkeit des kommenden Basileus kaum vorstrecken können.. wir geben letztlich einen Vorgeschmack auf das, was jenen winkt, die ihm geholfen haben sein Recht mit so wenig Verlust an Gut und Leben wie möglich zu sichern. Eine Kompensation für die wirtschaftliche Ungemach, die den Poleis entstehen wird,... nicht die letztliche Dankbarkeit des Basileus selbst. Dies beinhaltet natürlich, dass die von dir erwähten der Stadt bereits zugesicherten Rechte nicht angerührt werden.. ihre Pflichten hingegen auch nicht. Sie werden lediglich ausgesetzt. Wir können daher die Getreideabgaben nicht tangieren, schließlich ist der Eparchos auch hier auf letztliche Rücksprache mit dem Basileus angewiesen, dem er treu ergeben dient wie jeder von uns auch. Was allerdings in unserem Ermessen liegt sind Maßnahmen für die Zeit, in der der Basileus eben mit der Erlangung seines Rechts seine Aufmerksamkeit auf weniger erfreuliche Angelegenheiten konzentrieren muss. Wir würden daher die Abgabenfreiheit der Polis auf vier..", fuhr der Dioiketes fort, wurde jedoch vom Germanen unterbrochen der sich leicht zu ihm wandte und ihm etwas ins Ohr flüsterte, "...SECHS... Monate ausweiten... drei Monate eurer Wahl, drei der unseren. Zudem würden wir dem zu entrichtenden Getreide den fünfzehnten Teil entlassen."
    "Dies allerdings...", wandte sich nun doch der große Germane an seine Verhandlungspartner, "..unter Entsendung und Unterhaltung von dreihundert Männern unter Waffen zu zwei dazu auszuhebenden Auxiliarcohorten die von Strategen der freien Poleis geführt und Offizieren der römischen Legionen beraten werden. Diesen Männern wird nach dieser Zeit die Möglichkeit gegeben, ihren Dienst unter Verleihung der dazu nötigen Voraussetzungen in den Legiones fortzuführen."


    Bei den ersten Worten waren beide Griechen noch sehr gelassen, verstanden sie doch durchaus, was hier vor sich ging. So wie Oineos es von den Römern verlangte, dass sie einen gültigen Vertrag ohne unmittelbare Gegenleistung abschlossen, so verlangten sie von ihnen, sich ohne nennenswerte Gegenleistung auf ihre Seite zu stellen. Jetzt galt es nur, die goldene Mitte zu finden, bei der beide Parteien schimpfen konnten, wie schrecklich übervorteilt sie doch vom jeweils anderen worden waren. Die jeweils ersten Angebote waren ohnehin nur dazu da, um Grenzen abzustecken und sein Gegenüber kennenzulernen.
    Allerdings hatten die beiden Griechen nicht mit DIESER Art von Vorschlag gerechnet, der zwar wie ein Entgegenkommen aussehen mochte, aber doch sehr weitreichende Folgen haben würde.
    “Dreihundert unserer Kämpfer UND zwei Auxiliarcohorten?“ polterte der Exegetes fassungslos über diesen Vorschlag, und auch sein Amtskollege brauchte einen Augenblick, um sich das ganze soweit zu Gemüte zu führen, um zu einer sinnigen Erwiderung zu gelangen. Und auch, als er sich wieder gefangen hatte, hob er erst einmal nur leicht die Hand, um Ruhe betend, ehe er seine Gedanken in sinnige Form gebracht hatte.
    “Meine Herren, jetzt reden wir von gänzlich anderen Voraussetzungen. Bislang war die Rede von friedlicher Zusammenarbeit zum Erhalt Ägyptens. Was diese Forderung aber beinhaltet ist eine aktive Teilnahme an Kriegshandlungen, nebst ihrer Finanzierung, und dies noch ohne Mitteilung eines festen Ziels, geschweige denn eines Plans.“
    Es war nicht so, als ob Bubastis die Menge nicht aufbringen konnte. Die eigenen Truppen der Stadt, die ja immerhin hierauf auch im umliegenden Gebiet die Hoheit darauf hatte. Jede Stadt hatte eine kleine Anzahl an kleinen Truppen für Stadtwachenaufgaben, wie Bewachung der Tore und Bewachung der Märkte und dergleichen. Darüber hinaus war es die edle Pflicht eines Polites, seine Polis unter Einsatz seines Lebens zu verteidigen, so dass die Ausbildung an der Waffe in den meisten griechischen Familien zur Ausbildung der jungen Burschen wie selbstverständlich dazugehörte, so dass man nach einem Aufruf sogar über ein ansehnliches, kleines Heer verfügen konnte. Allerdings sträubte sich wohl alles in den Griechen sich dagegen, die Juden und Ägypter zu bewaffnen und auszubilden, und dann darüber hinaus auch noch ins Feld fernab der heimatlichen Polis zu führen.
    “Und verzeih mir die Rückfrage, Dioiketes, aber Dukkios sprach von Poleis. War dieser Plural beabsichtigt?“ Bevor der Eponmitanographos diesen Punkt weiter verhandeln wollte, wollte er erst einmal genaue Informationen haben. Das Spiel um Gebot und Gegenangebot war ja schön und gut, aber er kaufte nur ungern die Katze im Sack.

  • "Du hast mir offensichtlich nicht verstehen, wertes Exegetes.." , erwiderte Vala hastig, bevor sich der Mann weiter in seiner Empörung vergehen konnte, "..wir wollen dreihundert eurer Polites unter Waffen IN zweien Cohortes eingliedern. Nicht dreihundert UND zweien Cohortes. Dieses würden freilich dort eingesetzt, wo wir römische Truppen aus dem Süden abziehen um die Grenzen im Norden zu sichernden.."
    Auch der Dioiketes bemühte sich sichtlich um Deeskalation dieses Missverständnisses: "..also genau genommen ein Beweis unseres großen Vertrauens in euch zu dieser Zeit. Eine Teilnahme am an etwaigen Kriegshandlungen ist damit ausgeschlossen. Und ja, wir sprachen von Poleis, immerhin wollen die anderen Poleis der Eparchia auch ihren Teil dazu beitragen die Sicherheit innerhalb Aegyptens zu bewahren.."


    Die Erleichterung über die wesentlich geringere geforderte Zahl war dem Exegetes deutlich ins Gesicht geschrieben, wurde dann aber von Überlegungen wieder verdrängt. “Und der Strategos welcher Stadt soll die Cohorte dann führen?“ Das war sicher eine Frage, die die beiden Rhomäer schon häufiger gehört hatten, denn so griechisch die Griechen auch waren und so sehr sie gegen die Ägypter und die Römer auch gemeinsame Sache machten, untereinander herrschte zwischen den Poleis doch gehörige Rivalität. Altes Brauchtum, wie die eigene Stadt über alle anderen zu stellen und seine Heimat zuerst über sie und nicht über eine andere Zugehörigkeit zu definieren, legte man nicht einfach so ab.


    "Der Strategos der Cohors Equitata sein Antimachos von Memphis.." , begann der junge Germane, der zusammen mit den Befehlshabern der römischen Legiones gewisse Kandidaten der großen und bedeutenden Poleis sondiert hatte.. und vor allem danach aussortiert, ob sie gute Verbindungen zu wichtigen anderen Poleis hatten. Der Memphisti hatte ein Weib, das praktischerweise aus Lykopolis stammte und somit zumindest die Städte im Süden einigermaßen zufriedenstellen würde. Schwerer war jedoch jemand zu finden gewesen, der die Interessen der Alexandriner befriedigte und gleichsam, "...die Cohors Miliariae werden von Chryssipos von Alexandria befehligt werden.. dessen Frau Doris einer Tochter dieser Polis ist." Darin ruhten ihre Hoffnungen.. Doris war, Valas Empfinden nach, potthässlich aber enorm einflussreich und deshalb wohl relativ einfach zu verheiraten gewesen. Der Alexandriner war hingegen militärisch gesehen ein absoluter Blindgänger, aber eben mit wichtigen Verbindungen, und bekam deshalb gleich zwei ranghohe und militärisch erfahrene Offiziere aus Babylon und Herakleopolis zur Seite gestellt.
    "Zudem hoffen wir auf Entschickung dreier Unteroffiziere eures Wahles in Cohors Equitata."
    Der Exegetes verzog das Gesicht, als er die Namen hörte, wartete aber auf seinen Amtskollegen, der damit angefangen hatte, sich mit den Fingern seiner rechten Hand über das glatt rasierte Kinn zu streichen. Das tat er immer, wenn er gerade etwas überlegte.
    “Sicherlich eine treffliche Wahl“, begann der Eponminatographos dann schließlich diplomatisch und machte damit deutlich, dass er prinzipiell nichts gegen eine Einigung hatte. Dennoch musste auf diese Eröffnung ein 'Aber' folgen. “Allerdings ist es für die Männer, die jetzt unsere Polis vor Schaden bewahren, nicht von Interesse, ob sie anschließend in den rhomäischen Legionen fernab ihrer Heimat dienen können. Du verstehst sicher, dass es die edlen Söhne der besten Familien unserer Stadt nicht in die Ferne zieht, so dass ich kaum mit irgendwelchen ausländischen Bürgerrechten werben kann.“ Denn nichts anderes waren die Römer für die Griechen: ungebildete Barbaren von weit weg. Welcher Mann mit Verstand könnte also unbedingt näher zu ihnen wollen, als zwangsläufig nötig? Die Griechen konnte Oineos damit sicherlich nicht locken, erst recht nicht die, die sich eine fundierte Ausbildung an der Waffe hatten leisten können.
    “Doch ist Bubastis gerne bereit, dem Eparchos zu zeigen, dass wir auf der Seite des rechtmäßigen Erben unseres geliebten Basileos stehen.“ Der Exegetes sah seinen Kollegen fast schon enttäuscht an. Offensichtlich wäre er zufriedener gewesen, die Gesandten fort zu schicken. Aber Oineos hatte kein Bedürfnis daran, mit interpolitischen Streitigkeiten die Position der Rhomäer auf ägyptischem Boden zu stärken, und er konnte nicht abschätzen, wie verlässlich die offensichtlichen Verbündeten des Eparchos, also Alexandria und Memphis, wohl wären und ob diese gegen Bubastis aufmarschieren würden, wenn es hart auf hart käme. “Daher schlage ich folgendes vor: In den Vierteln der Ägypter und Judäer gibt es sicher zahlreiche Männer, die sich diesem Angebot gern anschließen würden. Ihr erhaltet Erlaubnis, in diesen von uns ausgewählten Bezirken zu rekrutieren, auch mehr als 300, wenn ihr es wünscht. Zur Finanzierung ihrer Ausrüstung und Ausbildung werden wir die Frühjahrsernte einbehalten und verkaufen, euren Teil wie unseren. Was übrig bleibt, behält selbstverständlich die Polis.“ Die Rhomäer würden, wenn er es richtig verstanden hatte, ohnehin nichts nach Rom versenden wollen, weshalb ihre Speicher im Norden schnell überquellen dürften. Eine Ernte mehr oder weniger würde nur bedeuten, dass sie nicht extra neuen Lagerraum würden finden müssen. “Darüber hinaus sichern wir euch im Falle eines Angriffes die Truppen von Bubastis als Verteidigungspartner in vollem Umfang zu – unter unseren Strategen, die in einem solchen Fall gleichberechtigt mit allen anderen an den Stabsbesprechungen teilnehmen dürfen. Abzüglich einer Mannstärke von 200, um die Ordnung in der Stadt zu sichern. Allerdings nur auf ägyptischem Boden, und nicht für einen Angriff außerhalb.“ Im Grunde also weitaus mehr Truppen, als die Rhomäer haben wollten, aber anders zusammengesetzt und unter anderen Bedinungen.
    “Dafür erwarten wir eine Steuerbefreiung besagter Monate, und ich denke, ein persönlicher Besuch des Eparchos bei seiner nächsten Reise durch die Provinz wäre ebenfalls angemessen, begleitet von einer großzügigen Zuwendung an den Tempel der Bastet und einem ebenso großen Opfer. Ein Löwe sollte passend sein.“
    Der Grieche überlegte noch kurz, und fügte dann noch “Zuzüglich den bereits erwähnten Einbehalten der Sommerernte“ hinzu.


    Es war der Dioiketes, der nun zu lächeln begann, als die Hellenen sich anscheinend so verständig zeigten: "Zieht von der Frühjahrsente ein fünftel ab, und von der Sommerernte die Hälfte, dafür bekommt ihr ein Drittel einer weiteren Monatsabgabe drauf... und wir kommen überein."
    Das vollkommene Auslassen von Ernteabgaben war insofern indiskutabel, dass die Hellenen sich einfach gar nicht erst daran gewöhnen sollten, dass sie keine Abgaben mehr zahlten und die Ernte quasi für sich hatten. Der Pflichtteil konnte dabei relativ gering ausfiel. Dies war auf ein Jahr festgelegt, was der rhomäischen Verwaltung in arge Bedrängnis, aber nicht ins Schwimmen brachte. Noch nicht. Andere Städte hatten sich mit weitaus weniger zufrieden gegeben, wenigen konnte man gar etwas mehr abtrotzen... dass die größten der Städte dann umso großzügigere Konzessionen raushandeln konnten lag quasi in der Natur ihrer Stärke.
    Die beiden Männer rechneten. Die Sommerernte war größer, hier wurde der schwere Weizen geerntet. Die anstehende Ernte bestand hauptsächlich aus Hirsen und Gerste, Zwiebeln und Linsen. Nach der langen Regenzeit auch eine reichliche Auswahl, und Nahrungsgrundlage für Millionen von Menschen, aber insgesamt nicht ganz so ertragreich wie die Sommerernte. “Ein Viertel, und die Zusage, für heute Abend meine Gäste zu sein“, versuchte der Eponminatographos den Preis noch ein wenig zu ihren Gunsten zu verschieben und unterstrich es mit einem leichten Lächeln, was in dem kahlrasierten Gesicht fast schon ein wenig gespenstisch wirkte.
    "Ein Drittel, und wir sind es mit Freuden....", beschloss der Dioiketes das Geschacher, und eröffnete damit dann auch den etwas ungezwungeneren Teil des Tages, in welchem der Zurschaustellung von Bubastis folgend auch ein Besuch der hiesigen Heiligtümer, vor allem natürlich des großen Bastet-Tempels, inbegriffen war... am nächsten Tag jedenfalls brachen die beiden rhomäischen Gesandten zufrieden ob der Unterstützung einer weiteren mächtigen Stadt wieder zurück nach Alexandria auf, wo hoffentlich weitere gute Nachrichten aus dem Süden und Westen auf sie warteten.

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