• Der Tod des Kaisers hatte im Wesentlichen eines bewirkt: das Chaos. Und die so genannte Ausgangssperre hatte das Problem in keinster Weise eingeschränkt, sondern die Krise nur noch mehr verschärft. Menschen flohen und die Kriminalität breitete sich scheinbar ungestört aus, denn die Soldaten der Stadtkohorten hatten genug damit zu tun die öffentlichen Plätze und wichtigen Gebäude der Stadt zu sichern. So konnte manch Dieb und Mörder sein Werk ungestört und straffrei verrichten. Das Ganze brachte Scipio auf eine grandiose Idee, aus der er unter Alkoholeinfluss einen ordentlichen Plan schmiedete. Vielleicht war jetzt die perfekte Zeit gekommen um Rache zu nehmen.
    Bereits am nächsten Morgen schlich er sich aus der Herberge, in der er nun schon eine ganze Weile Quartier bezogen hatte und begab sich in die Subura. In diesem stinkenden, dreckigen und abstoßenden Stadtteil, dem Wohnort der Armen und Gauner, würde er genau die richtigen Leute finden, um seinen Plan auszuführen. Er begab sich also so tief in die Subura, wie sich wohl noch kein Patrizier hereingetraut hatte und nach einigem Suchen und Nachfragen (Geld erleichterte die ganze Suche enorm), fand er schließlich eine schäbige Taverne in der es furchtbar stank und in der es nur so von zwielichtigen Gestalten wimmelte, die trotz der Ausgangssperre ihr weniges Geld verflüssigten. Ja, bei diesem Gaunerpack war er richtig. Ungeachtet ihrer Blicke ging er zum Tresen und bestellte erst einmal einen Wein. Natürlich war das mehr ein gestreckter Fusel, furchtbar im Geschmack, aber er trank ihn und kam ins Gespräch mit einem dieser Männer. Manius Cadius Nepos hieß er wohl und stank zum Himmel. Ob es nun der faulige Gestank aus seinem beinahe zahnlosen Mund war oder der beißende Geruch von altem Schweiß, war dahingestellt. Er erläuterte ihm seinen Plan und machte ihm auch den Gewinn schmackhaft, der auf sie wartete wenn sein Plan aufging. Gegen eine gewisse Summe, die Scipio ihm dann als Zuwendung übergab, willigte er schließlich ein. Das erste Mal in seinem Leben hatte Scipio so Männer rekrutiert. Ein gutes Dutzend Halsabschneider und Tagediebe, aber sie waren wie geschaffen für seine Zwecke. Nur am Geld interessiert und zu allem bereit.


    Einen Tag später traf Scipio schließlich das erste Mal auf seine „Privatarmee“. Natürlich vor der Stadt, denn innerhalb wären sie schon längst gestellt worden. Es war ohnehin ein Wunder, dass sie es aus der Stadt geschafft hatten, aber wieder öffnete ein praller Geldbeutel die Türen und verschloss Augen, Ohren und Mund. Jeder war käuflich, man musste nur den richtigen Preis zahlen.
    Er hatte Vorbereitungen getroffen und bereits außerhalb der Stadt Pferde und Proviant bereitstellen lassen, denn der Weg war weit. Tarentum war das Ziel.
    Es dauerte mehrere Tage, dann endlich kam die Stadt in Sichtweite. Bis hierhin war es ein schwerer Weg gewesen, denn er hatte darauf bestanden, dass sie unentdeckt blieben und so hatten sie die gut ausgebauten Straßen gemieden und lediglich Feldwege genutzt. So waren zwar einige Tage vergeudet worden, aber darauf kam es nicht an. Sie hatten Zeit. Auch jetzt noch, denn sie mussten warten bis es dunkel wurde. Die Zeit würden sie auch nutzen und Kräfte sammeln für ihr Vorhaben.
    Nach einigen Stunden fing es allmählich zu dämmern und so machten sie sich wieder auf den Weg. Das Ziel war nicht die Stadt selbst sondern ein Landgut in der Nähe. Er kannte es nur zu gut, denn es gehörte seiner Stiefmutter, der Frau, der er ewige Feindschaft geschworen hatte und an der er sich heute Nacht rächen würde. Als es schließlich Nacht war erreichten sie ihr endgültiges Ziel.
    Bereits weit vom eigentlichen Haus entfernt stiegen er und seine Männer von den Pferden ab und zogen den blanken Stahl, den sie bisher sorgsam verborgen hatten. Scipio selbst hatte einem alten Legionär dessen Gladius abgekauft. Es war nichts Besonderes, ziemlich schartig, aber es würde noch einmal seinen Dienst tun.
    Geduckt näherten sich die Männer der Eingangstür, die natürlich fest verschlossen war. Aber Scipio kannte noch einen anderen Eingang. Da gab es eine Seitentür. Und durch diese drangen sie auch ein. Direkt in die Unterkünfte der schlafenden Sklaven. Dort begannen sie ihr blutiges Werk und stachen einen nach dem anderen im Schlaf ab. Sie sollten ihnen nur keinen Ärger machen…
    Während die Männer sich durchmordeten schritt Scipio zielgerichtet in Richtung des Schlafzimmers seiner Stiefmutter. Das schartige Schwert blitzte im Dämmerlicht der Öllampen, die etwas Licht ins Dunkel brachten. Langsam öffnete er die Tür und schloss sie ganz sachte wieder hinter sich. Seine Stiefmutter schlief tief und fest in ihrem Bett. Er konnte den alten Drachen im Mondlicht sehen, das schwach durch das Fenster schimmerte. „Wach auf, Alte!“, befahl er lautstark und trat mit voller Wucht gegen das Bettgestell.

  • [Blockierte Grafik: http://i687.photobucket.com/albums/vv232/Aine_photos/lucretialucilla1.jpgLucretia Lucilla


    Die Nacht hatte sich herab gesenkt. Nach einem geschäftigen Tag kehrte Ruhe ein. Bevor Lucretia Lucilla zu Bett ging, machte sie noch das Leben ihrer Sklavin schwer. Zuerst war es nicht warm genug, so dass das einfältige Ding noch zwei Kohleschalen aufstellen musste und natürlich noch das Bett mit Ziegeln vorheizen musste. Dann störte sie das Summen eines Insektes. Die Sklavin musste also diesen widerlichen Störenfried ausmachen und erschlagen. Dies ging natürlich nicht schnell genug. Die Sklavin bekam es zu spüren, denn öfter mal schlug Lucilla mit einem dünnen Rohrstock zu. Als das dumme Ding dann auch noch anfing zu heulen, musste es über sich eine Schimpftriade ergehen lassen, bevor sie dann hinaus geworfen wurde. So würden die Sklaven nicht auf den Gedanken kommen, ihr auf der Nase herum zu tanzen.
    So zufrieden mit sich, ging sie dann zu Bett.


    Irgendwann in der Nacht wurde sie wach. Was es war konnte sie nicht genau bestimmen, denn es schien alles ruhig zu sein. Wie sehr sie es doch hasste mitten in der Nacht aufzuwachen. Lucilla wollte schon nach der Klingel greifen, mit der sie ihre Sklavin herbeirief, als sie einen Schatten erkennen konnte. „Raus hier!“ fauchte sie ungehalten, verstummte aber, als eine Stimme an ihr Ohr drang. „DU!“ zischte sie ungehalten und richtete sich auf. Funkelnd sah sie ihn an. „Wie bist DU hier herein gekommen? Verschwinde! Du bist nicht erwünscht!“ knurrte sie und tastete in der Dunkelheit nach ihrem Stock. Wie sehr sie doch ihren Stiefsohn verachtete. Dieser Faulpelz. Dieser Erbschleicher.

  • Wie erwartet fuhr die Alte aus dem Schlaf, schließlich wurde sie ja auch nicht sonderlich sanft von ihm geweckt, warum auch? Er verachtete sie und grinste, als sie zu schimpfen begann, ohne zu wissen wer denn neben ihrem Bett stand. Genau so kannte er sie, schimpfend, doch heute Nacht wirkte das Ganze einfach lächerlich, was wohl daran lag, dass heute alle Macht bei ihm vereint war. Sie war ihm schutzlos ausgeliefert. Die Sklaven waren tot und sie war wehrlos, alt und schwach.
    Dann erkannte sie ihn endlich im spärlichen Licht, dass der Mond spendete und er begann finster zu Lachen. Oh wie befriedigte ihn doch dieser Augenblick. All die Jahre hatte er es sich ausgemalt wie es wohl war es ihr heim zu zahlen, einfach etwas zu tun, das sie nicht verhindern konnte. Nun stand er hier und fühlte sich mächtig. Es erregte ihn und war so ganz anders als mit den Lupae. Bei denen hatte er nur die Macht über ihren Körper, nun hatte er die Macht über Leben und Tod, etwas das sich besser anfühlte als jeder Rausch den er sich je angetrunken hatte.
    „Ja, ich. Wer sonst? Hast du mich vermisst?“, meinte er spöttisch und zeigte ihr sein breites Grinsen, was sie allerdings nicht sehen konnte, aber erahnen. „Ach, mit Geld lassen sich genügend Männer anheuern, die einem jede Tür öffnen, aber das ist nicht weiter wichtig.“, erklärte er ihr gehässig und schwenkte sein Gladius leicht hin und her. Es zuckte ihm schon in den Fingern. Nur zu gerne hätten sie den blanken Stahl in ihren Leib gebohrt, aber das wäre ein zu schnelles Vergnügen gewesen. Er wollte etwas Spaß mit ihr haben und würde es hinauszögern. Sie sollte leiden und er würde sich an ihrem Leiden ergötzen!
    Wieder lachte er, dieses Mal noch finsterer. Sie war so erbärmlich wenn sie glaubte sie könnte ihn einfach so hinausscheuchen so wie sie es früher gewesen. Damals war er noch Kind gewesen, schwach. Aber nun war er ein Mann, stark und mächtig. Dass sie es überhaupt in Betracht zog einem Mann überlegen zu sein zeigte doch wie naiv sie war. „Ich denke nicht, dass du dich in einer Situation befindest, in der du irgendetwas befehlen kannst.“ Wenig später presste er auch schon die Spitze seines Gladius an ihre verschrumpelte Haut. Nun würde sie wohl nicht mehr die große Klappe haben.
    Aus den Augenwinkeln bemerkte er, dass sie nach ihrem Stock tastete, der schon einmal sein Schienenbein getroffen hatte, was überaus schmerzhaft war. Doch dieses Mal nicht. Er war schneller und kam ihr zuvor. Triumphierend hielt er den Stock mit der freien Hand in die Höhe und lachte erneut. „Suchst du den hier?“ Locker warf er den Stock weiter ins Rauminnere.
    „Und? Wie fühlt es sich an wehrlos zu sein? Ja, das bist du! Von meiner Gnade abhängig! Aber ich will mal nicht so sein… Gut, ein Spaßverderber möchte ich auch nicht sein und dir die ganze Überraschung verderben, vielleicht kannst du es dir ja auch denken. Du wirst heute Nacht sterben, genau wie jede andere Seele die dieses Haus bewohnt.“, erklärte er ihr kühl und gab ihr bereits einen Einblick was kommen würde. Wieso sollte er sie lange zappeln lassen, wenn es doch befriedigender war, wenn sie sich unterwarf, vor ihm kroch und um Gnade winselte.
    „Bevor du protestierst oder, was ich zwar nicht glaube, um dein Leben flehst, so sei gesagt, dass ich keine Gnade zeigen werde, genau wie du einst mit mir. Ich verachte dich und heute Nacht werde ich mich dafür rächen, dafür dass du mein Leben zerstört hast, aber das weißt du ja und beziehst dein Vergnügen daraus. Oder hast es getan.“ Wieder lachte er und presste ihr das Schwert noch ein wenig fester an den Hals. „So, nun darfst du reden! Fleh um dein Leben, Miststück, genau wie es deine Tocher getan hat! ‚Buhuhu! Du bist doch mein Bruder, buhuhu.‘ “ Zugegeben, das war gelogen, aber lügen konnte er und das ziemlich gut. Sie sollte leiden und er wusste auch wie, nämlich wenn siie verlor was ihr lieb und teuer war.

  • [Blockierte Grafik: http://i687.photobucket.com/albums/vv232/Aine_photos/lucretialucilla1.jpgLucretia Lucilla


    Träumte sie oder war sie wach? Im ersten Augenblick des Schreckens konnte sie das nicht beurteilen. Es war finstere Nacht und ihrem Zimmer stand die Ausgeburt eines Alptraumes. Der Schreck wich der Wut. Wie konnte er es wagen einfach in ihr Haus einzudringen. Diese missgeratene Brut einer läufigen Hündin sollte dorthin verschwinden wo sie her gekommen war! Wie war er überhaupt in ihren Landsitz gekommen? Die Erklärung folgte, ohne dass sie eine Erklärung verlangt hatte. Er gab zu, sich unerlaubt Zugang verschafft zu haben. „Du widerlicher Schmarotzer“, keifte sie ihn an und richtete sich ächzend auf ihrem Nachtlager auf.
    Lucilla war zu langsam, er packte ihren Stock und warf ihn außerhalb ihrer Reichweite. Sie wurde alt. Noch vor ein paar Jahren hätte sie ihm schon längst ihren Stock über den Schädel gezogen. Er war ja wahnsinnig! Kein Wunder, dachte sie verächtlich, bei der Mutter. Schlechtes Blut sorgt für kümmerliche Nachkommen.
    Kein Wort kam über ihre Lippen, während er immer beleidigender wurde. Keinen Respekt hatte er! Da hatte sie sich so viel Mühe gegeben ihn zu einem anständigen Mann zu erziehen und es war ihr nicht geglückt. Er war immer nur ein Parasit gewesen. Sie sah ihn an, als wäre er nur irgendein widerwärtiges abstoßendes Insekt.
    Nur kurz zeigte sich blankes entsetzen in ihren Augen, als er verkündete, dass er ihre Tochter auf dem Gewissen hatte. Wenn er ihre Tochter ermordet hatte, dann gab es keinen Grund weiter zu leben. Sie hatte doch immer gewusst, dass er durch durch verdorben war. Nun zeigte er sein wahres Gesicht. Diese finstere Ausgeburt des Orcus! Doch die Genugtuung sie um Gnade flehen zu hören, würde sie ihm nicht geben. Ihr Blick wurde entschlossener. „DU bist nur ein Käfer unter meiner Sandale!“ erklärte sie ihm, dann ließ sie sich freiwillig in sein Schwert fallen. Blut besudelte ihr Nachtgewand. Man könnte fast meinen das so etwas wie Triumph in ihren Augen aufblitzte, nur kurz, denn dann verzogen sich ihre Züge schmerzerfüllt. Röchelnd hauchte sie ihre Leben aus.

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