Kleine große Dinge

  • Diesmal ging es länger als sonst. Schon häufig war Axillas Blutung für einen oder auch zwei Monate ausgeblieben, um danach nur doch wieder einzusetzen. Einmal waren es sogar 4 Zyklen gewesen, und dank Übelkeit und Stimmungsschwankungen war Axilla auch sehr sicher, dass sie schwanger gewesen war. Allerdings war es ein paar Wochen später mit heftigen Bauchkrämpfen und einer gewaltigen Menge an Blut auch wieder vorbei gewesen.
    Axilla hatte keinen dieser Vorfälle mit ihrem Mann besprochen. Er war so glücklich mit Atticus, und Axilla war auch glücklich mit ihrem Mann. Und auch, wenn sie ihm gerne ein eigenes Kind noch schenken wollte, auch, wenn er es verdient hatte – Axilla wollte nicht unbedingt noch ein weiteres Kind. Was, wenn es dann so dunkel war und Imperiosus ähnlich sah, dass er dann doch erkennen würde, welches Geheimnis in Axillas ältesten Kind schlummerte.


    Dazu kam noch eine weitere Sache, die ihr Gewissen sehr beschäftigte und sie zögern ließ, ihren Mann in solche Dinge einzuweihen.
    Axillas Mutter hatte nur ein einziges Kind bekommen, das älter als ein paar Wochen geworden war. Nur Axilla hatte gelebt, und bei ihrer Geburt war sie klein und fast kränklich gewesen. Auch Axillas Mutter war immer zierlich und kränklich gewesen.
    Im Laufe der Jahre war Obsidia Placida immer wieder schwanger gewesen, hatte es Axilla auch öfter erzählt, hatte das Kind die Hand auf den sich wölbenden Bauch legen lassen. Die meisten von Axillas Geschwistern wurden noch vor dem ersten Atemzug von den Göttern geholt. Und die, die gelebt hatten, waren zumeist nicht einmal alt genug geworden, um einen Namen zu erhalten. Mädchen, Jungen... es war egal gewesen. Den ältesten Bruder, den Axilla gehabt hatte, hatten sie nach sechs Wochen gerufen, so dass einfach aufgehört hatte, zu atmen. Axilla war noch sehr klein gewesen, sie erinnerte sich kaum. Aber sie erinnerte sich an die traurigen Augen ihres Vaters, diese Enttäuschung darin, den Schmerz.
    Axilla hatte das Kind von Archias damals in ihrem Leib töten wollen, was nicht gelungen war, es dann aber später doch verloren. Sie hatte außer Atticus auch bestimmt andere verloren. Was war, wenn Atticus das einzige Kind war, das sie haben würde? Wenn ihre Mutter ihr dieses Unglück vererbt hatte? Axilla wollte ihrem Mann da keine falschen Hoffnungen machen, solange es noch nicht so weit war, dass sie es ohnehin nicht mehr lange verbergen würde können.


    Aber diesmal dauerte es länger als sonst. Die Phase der Übelkeit war gekommen und gegangen. Ihre Haut war so klar und strahlend, dass die meisten Sklavinnen nur einen Blick brauchten, um zu erkennen, wie es um sie stand. Nicht mehr lange, und ihr flacher Bauch würde sich erneut wölben. Spätestens das würde ihr Mann dann zweifelsfrei mitbekommen.
    Also stand Axilla heute vor seinem Officium, als er einmal zuhause war und nicht in der Kanzlei oder beim Kaiser, und betrat den Raum mit klopfendem Herzen.
    “Gaius, hast du einen Moment Zeit?“ fragte sie fast zögerlich, als sie eintrat – natürlich ohne zu klopfen, es war ja ihr Haus und ihr Mann hatte ja keinen Besuch da.

  • Ich beschäftigte mich gerade mit der Korrespondens meiner Klienten, viele waren es nicht und die meisten waren auch weit weg so das Briefe und Neuigkeiten meist der einzige Profit waren den ich aus diesen Klientschaften zog, aber immerhin erfuhr ich so manche Sachen aus den anderen loyalen Provinzen ... als Axilla das Zimmer betrat war ich bereits von Marktpreisentwicklungen und dem Ausbleiben von bestimmten Warenlieferungen genervt und sah sie dementsprechend dankbar an als sie mir eine Abwechslung bot ...


    "Aber natürlich, was kann ich für Roms schönste Frau tun?"

  • Leise schloss Axilla die Tür hinter sich und kam zu Imperiosus herüber. Sie kam sich ein klein wenig blöd vor, wenn sie daran dachte was sie ihm sagen wollte. Und wie. Gen au genommen hatte sie gar keine Ahnung, wie sie ihm genau sagen sollte, dass sie ein Kind vermutlich erwartete. Natürlich würde er sich freuen, davon war Axilla fest überzeugt. Davor hatte sie auch keine Angst, dass er sich nicht freuen könnte. Dann schon eher, dass er sich zuviel freuen würde, und sie das Kind dann doch verlieren würde. Und noch viel mehr, dass sie sich jetzt nicht richtig ausdrücken würde.


    Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum, wie immer, wenn sie nach den passenden Worten suchte und nicht wusste, welche das waren. Und so kam sie bis zu seinem Schreibtisch, ohne was zu sagen. Geistesabwesend ließ sie ihre Finger über die vielen Briefe gleiten, drehte eine Wachstafel zu sich um, überflog die Zeilen, ohne wirklich zu lesen, was da stand. Ganz leicht setzte sie sich mit einer halben Pobacke auf den Rand seines Schreibtisches. “Hmmm... also“, fing sie wenig eloquent an. “Also... es könnte sein, dass... also, eigentlich ist es ziemlich sicher, nur ich will nicht, dass du dich zu sehr freust, falls doch etwas passiert.“ Kurz sah Axilla von den Tafeln und Schreiben auf, bedachte ihren Mann mit einem Rehblick aus großen, grünen Augen. “Auf jeden Fall“ fuhr sie mit wieder gesenktem Blick fort, “... hat mir meine Hebamme auch bestätigt, dass ich.. also im Moment... ein Kind in mir trage. Schon seit einigen Monden. Also... so dass man es auch bald sehen müsste.“
    Vorsichtig schaute Axilla immer wieder halb verstohlen zu Imperiosus herüber, um seine Reaktion zu sehen. Sie hoffte nur, dass sie es gut herausgebracht hatte – auch wenn sie fürchtete, dass das das furchtbarste 'ich bin schwanger' des letzten Jahrzehnts gewesen war.

  • Ihr schüchternes Auftreten rief in mir zunächst die Befürchtung wach das sie womöglich mit einer schlechten Nachricht kam, aber wichtig konnte es nicht sein ... wäre es etwa um Atticus gegangen hätte sie sicher nicht gezögert. Als sie dann also schlussendlich endlich damit rausrückte war nicht nur erleichtert sondern auch über alle Massen glücklich ... wir erwarteten ein weiteres Kind, ein Segen der Götter. Doch Axilla schien zu zweifeln und ich konnte mir denken das es wegen dem Kind war das sie verloren hatte, Archias Kind ... doch Archias war nicht von Dauer gewesen, weder für Axilla noch für Rom, also hatten die Götter das Kind nicht zugelassen. Ich hingegen war nicht nur von Dauer für Axilla ich war auch für Rom unersetzlich, die Götter liebten mich immerhin verhalf ich ihrem bevorzugtem Volk zu mehr Ruhm und Glorie, also würden sie uns auch dieses Kind schenken ... hoffte ich ...


    "Das ist grossartig Axilla! Zweifle nicht an unserem zweiten Kind, es wird seinem Bruder in Kraft und Schönheit in nichts nachstehen! Die Götter sind uns wohlgesonnen und sie werden auch unser zweites Kind schenken!"

  • Er freute sich, und Axilla lächelte leicht. Natürlich freute er sich, das hatte sie erwartet. Wobei sie fast eher damit gerechnet hatte, dass er sie wieder umarmte und drückte, was dieses Mal aber ausblieb.
    “Ganz bestimmt werden sie das“, antwortete sie, auch um sich selbst mit den Worten zu beruhigen. “Vielleicht solltest du Isis ein Opfer bringen. Um sicher zu gehen“, schlug Axilla ihrem Mann noch vor. Immerhin war die große Göttin aus dem Süden eine Muttergottheit.


    Allerdings gab es auch noch eine zweite Sache zu besprechen, und Axilla hoffte, dass sie es diesmal besser verpacken könnte. “Ich würde mich allerdings sehr viel wohler fühlen, wenn ich das Kind in Ostia bekommen könnte. Die Hitze und der Gestank von Rom, das ist wirklich fürchterlich, an der Küste ist es sicher viel angenehmer. Und Seneca will ja auch schon lange, dass ich mich während des Bürgerkrieges aus Rom zurückziehe. Und... mir wär es wirklich sehr viel wohler. Es ist ja auch nicht so weit weg, du kannst ja jederzeit vorbeikommen, ist ja nicht einmal einen halben Tag zu Fuß. Mit einem Pferd geht es noch schneller.“
    Axilla bemühte sich, möglichst unschuldig und bettelnd zu schauen, mehr wie ein großer Hund als wie eine kleine Frau. Sie hoffte nur, diesmal würde ihr Mann endlich ja sagen. “Und Atticus würde es an der Küste sicher auch gefallen. Er hat noch nie das Meer gesehen, und dort kann er viel mehr draußen spielen, nicht nur in unserem Haus.“ Wenn das mal kein Argument war!

  • Ich kräuselte die Stirn, nach Ostia? was wollte sie denn da? und wo wollte sie da leben? Hatte ich da ein Haus? Hatte sie da ein Haus? ... Rom war tatsächlich miefig, ich war früher jeden Sommer bei Verwandten auf dem Land gewesen um diesem Mief zu entgehen ... aber ausgerechnet jetzt? Es hies in der Kanzlei der Praefect der Classis Misenennsis wolle Ostia in einen Nebenstützpunkt ausbauen um Rom mit seinen Streitkräften zu unterstützen ...


    "Du willst weg? Wo willst du denn dann mit Atticus wohnen?"

  • “Naja, ich dachte, ich kaufe ein kleines Haus oder miete eine kleine Wohnung. Es ist ja nicht für immer, da muss es nicht so luxuriös sein. Und meine Sklaven nehm ich mit, das geht schon. Wir haben ja auch wirklich genug Geld für so etwas.“ Letzteres stimmte in jedem Fall, und auch das ein oder andere Gebäude sollte es geben, das man für ihre Zwecke gebrauchen könnte. Axilla hatte da ganz recht, es war ja auch nicht für immer, sondern nur, um dem Gestank Roms zu entfliehen. Und der Gefahr durch den Krieg.
    “Ich wollte ja nicht einfach jetzt schon eines kaufen oder anmieten, ehe ich dich überhaupt gefragt habe. Aber ich möchte es wirklich gerne, Gaius. In Ostia würde ich mich wirklich sehr viel wohler fühlen, gerade mit dem neuen Kind.“

  • Das Kind war ein Argument das selbst ich nicht ausschlagen konnte, gerade jetzt in meiner halb euphorischen Stimmung ...


    "Also gut .. wenn es das ist was du willst!? Aber dann werde ich dich auf dem ersten Ausflug dorthin begleiten und wir suchen gemeinsam ein Haus aus! und wenn dann alles für euch vorbereitet wurde bringe ich euch persöhnlich dorthin!"


    Das waren meine Bedingungen und die würde ich sicher nicht aufweichen ... hoffte ich ...

  • Auch wenn Imperiosus eine nicht unerhebliche Einschränkung anfügte, strahlte Axilla übers ganze Gesicht. Er hatte tatsächlich ja gesagt! Sie konnte Rom fürs Erste verlassen! Weg von all dem Gestank, der Angst, den Verpflichtungen, ein wenig frische Luft um die Nase fühlen, ein wenig rausgehen, ein wenig laufen. Auch wenn sie das wohl bis dahin würde aufschieben müssen, wenn das Kind dann geboren wurde. Aber immerhin, ihr Fuß war in der Tür, sie musste sie nur noch ganz aufstoßen.
    “Natürlich bringst du uns dann hin! Aber dann muss dein Kanzleikram erstmal zurückstehen, denn ich will das in den nächsten Wochen unter Dach und Fach wissen. Bevor dich der Kaiser nochmal nach sonstwo wegen irgendwas schickt oder irgendwas dazwischenkommt. Wenn du mit aussuchen willst, dann machen wir das sofort.“ Axilla wollte nicht noch mehr Verzögerungen, jetzt, wo er endlich eingewilligt hatte. Und sie wusste auch, wie viel ihr Mann arbeitete, wenn man ihn ließ.

  • Ich lachte, tja wer glaubte der oberste Beamte Roms würde seine Befehle nur vom Kaiser persöhnlich bekommen der lag mal eben voll daneben ...


    "Zu Befehl! Ich lasse deinen Schützling als Vertretung zurück dann weiss ich gleich ob er tatsächlich zu irgendwas taugt!"

  • Jetzt musste auch Axilla lachen, als ihr Mann so brav den Befehl annahm. Auch wenn es einen Augenblick dauerte, bis Axilla begriff, wen er mit 'ihrem Schützling' meinte. Ach, den Fabius! Axilla hatte den schon wieder fast vergessen. “Da fällt mir ein, da wollte ich noch Consular Purgitius schreiben. Ist der denn nun Ritter geworden? Ich würde gerne etwas positives berichten.“
    War zwar eine kleine Verzögerung des Hauskaufes, aber die fünf Minuten, damit Axilla das fragen konnte, hatten sie jetzt doch noch.

  • "Er steht auf der richtigen Liste!"


    Mehr brauchte ich da wohl nicht zu sagen, immerhin machten eben jene Listen den grossen Unterschied aus, wann und weshalb ich wen da drauf setzte hing ganz vom Nutzen ab und diesem Fall tat ich wohl meiner Frau einen Gefallen ...

  • “Ah“, machte Axilla einm al strahlend. Sie hatte keine Ahnung von den kaiserlichen Listen und wie nahe der Fabier nun wirklich dem Ritterring war oder auch nicht, aber sie wollte da jetzt nicht so nachbohren. Sie hatte sich seit dem katastrophalen Essen mit Purgitius Macer bei jenem nicht noch einmal zu melden getraut. Es war allerhöchste Zeit, vor allem, da Imperiosus ja auch darauf bestand, dass sie ihn daran erinnerte, dass er ihr nun einen gefallen schuldig war. Aber da hätte sie schon gerne eine sehr definitive Nachricht gehabt. Definitiver als die 'richtige Liste'
    Allerdings war das jetzt auch nicht wichtig, Imperiosus war ja schon so lieb gewesen, ihr überhaupt diesen Gefallen zu tun und den Mann auf die Liste zu setzen. Außerdem wollten sie jetzt ja ein Haus kaufen, das hatte Vorrang. “Gut, dann wollen wir mal nach Ostia. Mit der Sänfte dauert das zu lange, oder? Meinst du, wir schaffen das heute noch hin und wieder zurück? Sonst müssen wir dort in einem Gasthaus übernachten, oder hast du dort Freunde, bei denen wir unterkommen würden?“ Wahrscheinlich würde der Duumvir persönlich sie liebend gerne als Gäste über die Nacht behalten, sobald Imperiosus sagte, dass er das Ohr des Imperators war.

  • Ich grübelte kurz, aber ich konnte mich nicht entsinnen ... nein meine Betriebe lagen alle in Arretium, Misenum oder direkt hier in Rom, in Ostia verfügte ich bisher nicht über eine Unterbringungsmöglichkeit ...


    "Lass uns einfah bis Morgen warten, dann haben wir den ganzen Tag Zeit und ich kann den Fabier instruieren!"


    Der sicher etwas überfordert sein würde aber das war man am Anfang immer, wenn man vor hatte ganz nach oben zu kommen ...

  • Kritisch zog Axilla eine Augenbraue nach oben und gab ihrem Mann den Blick. Wenn er sich nur drücken wollte, würde er den nicht so lange aushalten – oder zumindest tat er Axilla dann auffällig oft den gefallen, nochmal seine Aussagen nachzubessern. Vielleicht auch nur, um ihr damit einen Gefallen zu tun, wer wusste das schon? Aber es zählte für Axilla sowieso nur, dass sie dadurch die Argumentationen gewann.
    Aber auch nach mehreren Momenten sah ihr Mann noch recht unschuldig aus und nicht von schlechtem Gewissen geplagt, also lächelte Axilla wieder verschmitzt. “Na gut, aber dann morgen gleich zur Hora Prima, Früstücken können wir dann im wagen. Oh, und den organisier ich heut noch, damit der uns nach Ostia bringt. Sänfte ist mir da zu langsam.“ Wobei Axilla wohl keine Biga organisieren würde. Die Gefahr, runterzufallen, wäre viel zu groß, selbst wenn sie so eine finden würde. Ein normaler Reisewagen oder auch ein Ochsengespann würde sich aber schon finden lassen. Und war in jedem Fall schneller als eine Sänfte.

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