Cubiculum | Tiberia Lucia

  • Er wusste nicht, wie lange er so noch weitermachen konnte. Einfach reden, man mühte sich ab, aber Verus war es satt, seine Worte zu verkleiden, um sich selbst seine mentalen Wunden zu verbinden. Bald musste er sich selbst garnicht mehr widersprechen. Der Punkt in seinem Geist wurde immer kleiner. Alles was er im Leben sah, war ein garstiger Staub. Das Leben zog ihn mit sich, so dass dieser Punkt in seinem Geist, mit jedem Gedanken schrumpfte. Ein leiser Abschied von Glück. Noch hielt er sich über Wasser und ruderte mit aller Kraft, doch das Boot trieb vom Kurs ab.


    "Ich bin pleite," bläffte er die Wahrheit knapp hervor, bevor sein Blick in ihren schönen Augen zerbrach. Verus machte sich selbst kaputt, indem er seine Augen über den weißen Marmor kreisen ließ. Dessen Weiß war steril, kalt und ehrlich. Ehrlich, wie seine Worte. "Ich habe meine finanziellen Mittel aus ...," sagte er, kratzend, fast staubig daher. Ähnlich, wie die Sicht in einer Staubwolke, verschwanden auch die letzten Worte des Satzes in einem Genuschel. Seine Lunge keuchte tränenreich als ein paar notwendige Tränen ihren Weg in sein Gesicht suchten. Noch unterdrückte er bei seiner Ehre, seine Traurigkeit, seine Angst. Ein Mann gab sich vor einer Frau keine Blöße. "Ich möchte nicht betteln; nicht auf der Straße, nicht auf dem Forum und auch nicht bei euch." Ja, das wollte er in der Tat nicht. Nicht jetzt, so viel Achtung vor sich selbst besaß der Patrizier noch.

  • Arsinoe tat ihr bestes den unvorhersehbaren Kopfbewegungen ihrer Herrin zu folgen, doch Sekunda verlor irgendwann die Geduld. Zwischen dem erschrockenen Zucken Lucias, ob des so unverblümten Bläffens von Verus, und dem unsicheren Kopfschütteln bei seinen weiteren Worten übernahm Sekunda die Haarnadeln. Sie schaffte es in geübten Bewegungen und mit ein wenig mehr Gewalt, als Arsinoe es sich getraut hatte, die geflochtenen Schlingen noch vor dem Ende von Verus Ausführungen aufzustecken.


    Lucia wusste indes nicht, was sie nun sagen oder tun sollte. Offensichtlich wollte Verus nicht an das Geld seiner Verwandten und auch nichts geschenkt bekommen, aber was wollte er dann von ihr? Er konnte sich doch unmöglich bei ihr ausweinen wollen! Erstens tat das ein Mann nicht und zweitens hatte er doch seine Frau! „Ich dachte, du hättest Arbeit…“, war das erste was Lucia zu alledem einfiel, doch sobald sie es sagte, kam es ihr auch schon wieder falsch vor. „Ich bestehe aber darauf, dass du bevor ihr auf der Straße landet zumindest Unterkunft und Verpflegung von uns annehmt!“, kam dann als nächstes über ihre Lippen. Das würde hoffentlich auch Lepidus so sehen… Lucia hatte wirklich nicht den Hauch einer Ahnung, wie sie mit dieser Situation umgehen sollte.

  • Es war gesagt. Gesprochen war gesprochen und man konnte Gesagtes nicht an den Ort zurückschieben, von dem es gekommen war. Leidlich versteifte sich die Miene des jungen Verus zu Stein, der dennoch stark um seine Augenregion bröckelte. Ja, er und seine innerliche Schwäche, seine Fehler zu beheben, waren eine Last, die zum melancholischen Dressing auf seinem Kopfsalat wurde. Hörte er dort Trommeln? Kurz verweilten seine Augen hektisch an der Decke, die einzelnen Fugen zählend. Der Wahnsinn klopte an seinen Verstand, mit dumpfen Trommelschlägen. Lucia wählte die Worte mit denen Verus gerechnet hatte. Er hätte gerne Arbeit, gute Arbeit, anständige Arbeit; nein, er wollte überhaupt Arbeit aber so einfach fand man als Patrizier keine angebrachte Stelle. Zeitenweise hatte er sich bereits als Wasserbote verdient. Bei den Göttern, dies war ihm peinlich. Er als Adel Roms schleppte Wassereimer von einem Brunnen in Haushalte und verdiente sich so einen Sesterz. Zum Glück hatte ihn kein Verwandter dabei beobachtet. Doch irgendwie musste der junge Verus das Brot verdienen. Versager, ja, dieses Wort drängte sich ihm in diesem Augenblick in den Schädel. Ja, dieses Wort, welches ihn schmerzte und gar seine Hände schwitzig machte. "Ich habe keine," fauchte er dezent. Die Wut kam mit dem Wahnsinn, den er aus seinem alten Heim mitgebracht hatte. Die Flammen und Waffen der Plünderer hatten seinen Verstand zu Asche verbrannt, die öfters graue Wolken schlug.


    Lucia, ein Wesen so schön, wie Venus, fiel wieder in sein Blickfeld. Mühsam gurtete sich ein Lächeln um seine Lippen, gezeichnet von traumatischen Zynismus. "Ich danke, werte Lucia," antwortete der Versager in seiner Bescheidenheit. "Ich brauche dennoch eine Lösung, damit wir euch nicht zur Last fallen," erklärte er im Nachsatz.

  • Ja, es war das falsche gewesen, eindeutig das falscheste was sie hätte sagen können! Man fragte einen Mann der offen behauptete pleite zu sein doch nicht, ob er denn keine Arbeit hätte! Das tat man einfach nicht! Lucia, manchmal bist du echt ein Holzklotz! Verus Fauchen verdeutlichte ihr also nur noch, was sie ohnehin schon wusste. Betreten legte sie eine Hand an ihren Mund und wusste nichts weiter dazu zu sagen. Es stand ihr immerhin nicht zu Verus Vorwürfe zu machen, die ohnehin nichts an der Momentanen Situation ändern würden.


    Sekunda und Arsinoe hatten indes ihre Arbeit an Lucias Haaren beendet und räumten die übrigen Haarnadeln und Bänder beiseite. Als Verus augenscheinlich wütend wurde, entschied sich Sekunda dann aber doch lieber bei ihrer Herrin stehen zu bleiben. Nicht, dass sie Verus irgendwelche großen Dummheiten zutraute, doch es machte zumindest ein wenig Eindruck wenn eine weitere Person wortwörtlich hinter Lucia stand. Mit einer knappen Handbewegung machte sie Arsinoe klar, dass diese weiterzumachen hatte, immerhin hatten sie noch kein Rot auf Lucias Lippen gelegt oder die Augen dunkel umrahmt.


    Wollte Verus etwa von ihr eine Lösung für seine Probleme? Lucia zwang sich die Hand vom Mund zu nehmen und legte sie bewusst unverkrampft in den Schoß. Irgendwas an Verus Lächeln machte sie nervös. Da hörte sie ein leises, wohlbekanntes Rascheln hinter sich und wusste, dass Sekunda ihr zur Seite stand. Durch die Anwesenheit ihrer Leibsklavin gestärkt, wagte Lucia einen weniger höflichen Vorstoß: „Ich fürchte, ich kann dir keine Lösung bieten. Ich weiß auch ehrlich gesagt nicht, was du von mir erwartest. Bei diesem Thema sollte die Lepidus viel eher helfen können, als ich!“ Unausgesprochen stand die Frage im Raum: ‚Warum kommst du damit zu mir?!‘

  • Lepidus. Ein Mann von großer Selbstüberschätzung und Arroganz, der aber dennoch voll seine Familie deckte. Vielleicht auch nur, um sein eigenes Ansehen zu schützen. Lepidus würde nach alter römischer Sitte Karriere machen, die Verus aufgrund mancher mentaler Irrungen verschlossen bleiben würde. Verus selbst sah dies jedoch nicht. Gut, der junge Patrizier erkannte, dass sich der Wahnsinn dezent bemerkbar machte und die penetrante Traurigkeit seinen Geist benebelte. In dieser Hinsicht war er für dieses Geschäft mit der Politik nicht geeignet, da er zu viel sensiblen Geist und zu viel Moral hatte, die sich leider kurioserweise immer wieder aufdrängte. Lepidus war anders, im Grunde das Gegenteil von Verus, bis auf den einen Fakt, dass beide sich für wahre Römer hielten und die Urbs als solche fanatisch betrachteten. Sein Gens-Verwandter schien gänzlich auf Karriere und Macht fokussiert, während Verus nur überleben wollte. Das Leben ohne Geld reduzierte die Lebenswünsche beträchtlich. Doch vor einem gierenden Mann, der nach Macht strebte, zu betteln, würde bedeuten, dass er sich unterwarf. Eine Unterwerfung, die auf lange Sicht, Folgen haben könnte. Ja, es war ein Verwandter und man trug den gleichen Namen, was die Folgen dieser Anhängerschaft sicherlich zum Besseren wandeln würde. Jedoch blieb Anhängerschaft, Büttelei, eben das, was sie war: mitleidig.


    Verus legte den Kopf schief. Ja, er würde Lepidus aufsuchen. Auch wenn diese Tatsache ihn als römischen Mann sicherlich entwürdigte, sogar beschämte. Alles zu verlieren, ein Trauma mit sich zu tragen, zwei Hühner im Stall (Calena und Flaminina) und kaum noch Finanzen. Dieser vermaledeite Bürgerkrieg hatte sein ganzes Leben zerstört. Alles, was ihm lieb, zerfiel. Seine Sorgen nahmen überhand.


    "Lepidus," murmelte der Patrizier nüchtern, fast wortlos daher. "Ich muss es wohl," fiel danach deutlicher aus seinem Munde. Gedanken suchten ihren Weg. Was sollte er tun? Plötzlich blitzte der Gedanke auf. Das Werbegraffiti der Legionen hatte sich im Vorbeigehen in seinen Kopf gebrannt. Männer, ohne sichere Zukunft, suchten oft Halt im ehrenhaften Dienst an der Waffe. Verus wusste zwar, so intelligent war er, dass es sicherlich nicht angenehm werden würde, seinem mentalen Zustand nicht zuträglich wäre aber es brachte Geld, ohne große Anforderungen zu stellen. Zumal er so sicherlich seine Calena bezaubern könnte, die schon oft genug von den Heldentaten der Decima geschwärmt hatte, eben auf jenem Schlachtfeld der Ehre. Verus war kein Soldat, doch musste wohl einer werden; so der rationale Gedanke.


    "Ich muss wohl zu den Legionen," sagte er schließlich, lauter aber nicht so laut, dass die Ohren schmerzten. Seine Tonlage pendelte sich auf ein normales Niveau ein. Seine Augen wankten leicht, während er seinen Stand leicht verlagerte.

  • Gut, hatte sie ihn überzeugt zu Lepidus zu gehen? Lucia hätte sich gerne erleichtert gefühlt, doch Verus schien seine Worte nicht direkt umsetzen zu wollen. Lucia biss sich unsicher auf die Zunge und schielte hinüber zu Sekunda. Sie überlegte sich weiter fertigmachen lassen, auch um sich abzulenken, doch es gehörte sich absolut nicht, da Verus ja offensichtlich Probleme hatte. Arsinoe hatte inzwischen alles für die Haare weggeräumt und die Tiegelchen für das Gesicht hervorgeholt und stellte sie auf dem Tisch bereit. Doch Verus machte jeden weiteren Gedanken über Lippenrot und Lidschatten mit seinem nächsten kurzen Satz zunichte.
    „Zur Legion? Warum? Wie kommst du denn darauf?“, fragte Lucia schockiert. Verus musste doch als Legat oder so etwas meinen, aber warum sah Lucia ihn schon als Fußsoldat herummarschieren?

  • "Ich möchte zukünftige Konflikte verhindern und die Pax Romana verbeiten," kommentierte Verus nüchtern. Eine naive Sicht, mochte man meinen, das war selbst Verus klar. In einem war der Patrizier ein Meister: im Selbstbetrug. "Ich glaube daran, dass die Götter, insbesondere Mars, mich dazu erwählt haben." Er seufzte und trat einige Schritte durch den Raum. "Die Legion bietet ein Auskommen und Ehre. Ferner bietet sie mir die Möglichkeit erneut Land zu erwerben, um meinen alten Besitz zu ersetzen. Mein Ziel ist der Posten eines Offiziers, um meinem Haus und auch Familie zur Ehre zu gereichen." Lautlos nickte er.

  • „Das klingt doch ehrenhaft!“, bestätigte Lucia ihren Verwandten unsicher. Zumindest in ihrer naiven Weltsicht schienen sich die beiden zu ähneln, denn Lucia empfand den Gedanken die Pax Romana zu erhalten tatsächlich als ehrenhaft. Dazu kam natürlich noch die Erleichterung über etwas konkretes und vielleicht zukunftweisendes Reden zu können, weshalb sie dieses Thema nur zu gerne aufnahm: „Das klingt, als hättest du schon genaue Pläne?“ Sie lächelte ihn leicht unsicher an. „Und bei allem was du dir vornimmst, du kannst dir sicher sein, dass ich für Calena und Flaminina sorgen werde, so gut ich kann! Ich meine, sollte dir irgendetwas…“ Lucia räusperte sich verlegen und klopfte verstohlen dreimal auf das Holz ihres Hockers. Sie wollte ja kein Unheil auf Verus herabbeschwören. Sie wollte ihm nur versichern, dass er sich diesbezüglich keine Sorgen machen musste.

  • "Hmmm...", machte Verus trocken. "Ehre ist immer das, was andere dafür halten." Der Patrizier wirkte introvertiert, verschlagen und traurig. "Pläne? Ich plane eine Karriere als Militär," erklärte er sich annähernd, um den Selbstbetrug perfekt zu machen. Es war eher eine Armutskarriere, ein notwendiges Übel und eine bescheidene Pflicht, denn Wunsch. "Ich werde wohl mal mit Lepidus reden müssen. Ich denke, dass er mehr weiß als ich in diesem Belang." Verus nickte nüchtern, trank einen Schluck und seufzte erneut. "Danke, dass ist sehr lieb von dir. Ich hoffe, dass mir nichts passiert aber zu wissen, dass sie versorgt sind, ja, das hilft mehr sehr." Immerhin etwas, auch wenn Lucia genau in die Kerbe schlug, vor der Verus am meisten Angst hatte: im Kampf zu fallen oder schwer verwundet zu werden. Kurz zuckten seine Augen bei diesem Gedanken.

  • Anscheinend hatte sie nicht das richtige gesagt… Lucia war mit ihrem Latein am Ende. Wenn er nicht wollte, dass sie ihn in seiner Entscheidung bestätigte und ihr auch nicht eine Pläne genauer offenbaren wollte, warum war er dann hier? So langsam glaubte Lucia zu verstehen, warum sie mit diesem Teil der Familie so lange nichts zu tun hatten. Kaum hatte sie das gedacht schämte sie sich schon ob ihrer Gedanken. Der Mann brauchte offensichtlich Zuspruch, und wenigstens schien sie mit der Versicherung bezüglich der Frauen ein bisschen zu helfen. So langsam wusste sie aber auch nicht mehr was sie sagen sollte und ein unangenehmes Schweigen entstand. „Nun, jaaa…, versuchte Lucia dies zu durchbrechen. „Ich glaube Lepidus ist gerade nicht da, aber du kannst gerne auf ihn warten, oder ihm eine Nachricht hinterlassen, oder ich sag ihm dass du da warst…“ Immerhin hatte Verus gerade bestätigt, dass er mit Lepidus reden wollte,da hoffte Lucia, dass sie ihn mit diesen Worten nicht all zu offensichtlich hinauskomplimentierte und ihn damit kränkte. Gleichzeitig hoffte sie aber auch, dass erden Wink verstehen würde… So langsam wurde es ihr unangenehm und sie wollte auch gerne noch vor dem Essen etwas schwarz um die Augen und vielleicht ein wenig Rot auf die Lippen bekommen.

  • "Sage ihm bitte, dass ich ihn zu sprechen wünsche," folgte von Verus auf ihr Angebot hin. "Danke," rezitierte er sich selbst. "Das ist sehr lieb von dir." Was war nur mit Verus los? Er verlor jedweden Halt, sein Geist kreiste, wie ein Rabe über ihm, kurz davor in sein Herz zu picken. Immerhin bemerkte er, dass Lucia ihm indirekt zum Gehen aufforderte. Ihre Körpersprache war eindeutig. Er, der verrückte Verus, war eine Last für sie, die sich in ihrem Alltag sonnen wollte. "Wir sehen uns die Tage," sagte er dann und ging mit kurzen Wink seiner Linken hinaus. Seine Stimmung war im Keller.


    Sim-Off:

    Da Lepidus und ich, das Treffen bereits ausgespielt haben, entfällt natürlich eine entsprechende Mitteilung von Lucia. xD

  • Lucia hatte alle weggeschickt, wirklich alle. Weder Sekunda, noch Arsinoe noch sonst irgendein Sklave war in ihrem Raum. Sie wollte allein sein. Sie musste nachdenken. Sie musste sich irgendetwas überlegen! Dafür brauchte sie Ruhe, absolute Ruhe. Was sollte sie tun? Unruhig lief sie vor ihrem Schminktisch auf und ab und versuchte ihre hektischen Gedanken zu ordnen. Doch diese gehorchten ihr nicht im Geringsten.


    Das war das Werk von Duccius Vala, eindeutig. Er hat mir die Kette mit diesen kryptischen Worten gegeben. Er hat es irgendwie geschafft den Anhänger in mein Essen zu bekommen! In mein Essen! Vesta, schütze mich! Es konnte doch ein verrückter Zufall sein! Sei nicht albern, wieso sollte dich jemand überfallen um dir etwas in die Hand zu drücken? Das war ganz sicher kein Zufall! Also hat Vala auch den Überfall organisiert? Hatte der Kerl mich verfolgt und den richtigen Zeitpunkt abgewartet? Nein, das hätte ich doch bemerkt! …oder? Waren die Kinder am Ende auch von Vala angeheuert? Diese süßen Kinder, das konnte nicht sein!


    Lucia schüttelte sich und blieb für einen Moment stehen. Nervös fingerte sie sich im Gesicht herum und versuchte anschließend mit den Zähnen dieses nervige Häutchen am Fingernagel zu erwischen.


    Lass das! Du ruinierst dir noch deine Maniküre! Mach irgendwas mit den Händen… Irgendwas…


    Nervös griff sie nach der Kette, die inzwischen alle drei Anhänger eingeklinkt hatte.


    Diese verfluchte Kette! Und ausgerechnet Bergkristall! Ich hab Bergkristall gemocht, verdammt nochmal! Ich könnte die Kette wegwerfen und so tun, als ob das nie passiert wäre. Aus den Augen aus dem Sinn… Das wäre schön… aber das funktioniert nie und nimmer. Noch hat sich dieser Duccius nicht gemeldet, noch nicht. Aber was sollte das alles wenn es nicht irgendwohin führen sollte? Wollte Vala mir vielleicht nur Angst machen? Das wäre auch eine Möglichkeit. Vielleicht wollte er sich einfach nur rächen für die Abfuhr, oder er möchte, dass ich für ihn spioniere. Dazukönnte ich jetzt wohl kaum mehr nein sagen. So schlimm wäre das auch nicht… Ich glaube damit könnte ich mich abfinden. Aber wenn er was anderes will… Hoffentlich wollte er sich nur rächen! Ich könnte die Kette tragen, wenn wir uns das nächste Mal treffen. Dann würde ich ihm zeigen, dass ich verstanden hätte und wir würden kein Wort mehr darüber verlieren. Die anderen würden denken, ich mach es aus Höflichkeit, weil Duccius mir die Kette geschenkt hat. Wenn sie es überhaupt bemerken.


    Das klang doch fast nach einem Plan. Lucia ließ sich de Kette durch die Finger gleiten.


    Aber was wenn Vala doch noch etwas anderes wollte? Vielleicht sollte ich mit Lepidus reden… Nein, lieber nicht. Noch nicht. Ich würde nur viel Wirbel erzeugen und er könnte ja doch nichts tun, weil ich ja eh nichts beweisen kann… Minerva, was soll ich tun? Ich glaube ich sollte morgen zum Tempel gehen und ihr opfern. Das kann nicht schaden. Nein, das wird es nicht, vielleicht hilft es ja.

  • Sie war beim Tempel der Minerva gewesen. Sie hattee absichtlich eine Zeit abgepasst, in der sie sicher nicht auf Lepidus dort treffen konnte und hatte ein kleines, blutiges Opfer gebracht. In der darauffolgeneden Nacht hatte sie wieder einigermaßen schlafen können, wenigstens etwas. Doch wirklich erleichtert oder weniger sorgenvoll war sie nicht. Lucia ertappte sich beim Essen, wie sie die Happen nur zögerlich zum Mund führte und aus dem Haus war sie schon lange nicht mehr gegangen. Sie tat alles um sich abzulenken, ihr Lyra-Spiel verbesserte sich ungemein, doch wenn sie Abends zur Bett gehen wollte, kam die Unruhe wieder.


    Sekunda, der diese ängstliche Unruhe ihrer Herrin nicht verborgen blieb, versuchte ihre Herrin mit Tees und Musik zu beruhigen. Doch nichts schien wirklich zu helfen. Eine Weile fragte sie sich, was wohl geschehen sein mochte, dann traf sie ihre Herrin eines Abends auf der Bettkante sitzend an, eine ganz gewisse Kette in der Hand. „Herrin, du musst schlafen. Ich brauch morgens inzwischen länger, um deine Augenringe zu verbergen, als ich brauche um deine Haare zu machen!“ Das war natürlich übertrieben, aber Sekunda hoffte auf ein amüsiertes Auflachen. Doch Lucia sah nur müde auf und lächelte schwach. „Du hast ja recht…“, gab sie zu, machte aber keine Anstalten sich hinzulegen. Stattdessen strich sich mit dem Daumen über das inzwischen warme Metall der Kette und umfasste anschließend einen der Bergkristallanhänger. „Ich mag den Bären am liebsten, er ist auf normale Weise zu mir gekommen…“, murmelte Lucia und seufzte. „Er ist zwar der plumpeste von den dreien, aber Luchs und Wolf… Sie schüttelte sich. „Herrin, gib bitte mir die Kette, leg dich hin und mach wenigstens die Augen zu! Vielleicht kommt der Schlaf ja, wenn du ihn lässt.“ Sekunda streckte die Hand nach der Kette aus, doch Lucia schüttelte den Kopf. Die Silberkette fest in der Hand ließ sie sich langsam nach hinten sinken und hob die Beine aufs Bett. „Ich kann ohnehin nicht schlafen, lass mich nachdenken.“ Mit einer müden Geste winke Lucia ihre Sklavin hinaus.


    Was wollte vala ihr mit dieser vermaledeiten Kette sagen? War am Ende ihr Leben in Gefahr? Wenn nicht bald irgendwas von ihm kam, würde sie wohl verrückt werden! Aber sie traute sich auch nicht auf ihn zu zugehen. Diese verfluchte Kette!

  • Eine Nachricht war für ihre Domina abgegeben worden. Nervös spielte Sekunda mit dem Schriftstück herum, doch es hatte keinen Sinn es ihr vorzuenthalten. So gerne die alte Frau ihre kleine Lucia davor beschützt hätte, konnte sie doch reingarnichts tun. Tief durchatmend trat sie zu ihrer Herrin und reichte ihr mit leicht zittrigen Fingern das Pergament.


    Überrascht sah Lucia auf und schon im nächsten Moment dämmerte Erkenntnis über ihr Gesicht. „Von ihm?“ „Das wissen wir erst sicher, wenn du gelesen hast.“ Lucia nahm die Nachricht, entfaltete sie und las. „Allein zum Horti Lolliani?“ Unwohl bewegte sie ihre Schultern. Sekunda trat hinter ihre Herrin um die kurze Notiz ebenfalls zu lesen. „Ich begeleite dich!“ Das war keine Frage, das war eine Feststellung und Lucia nickte langsam. „Ich werde ja auch irgendwie hinkommen müssen, also werden meine Sänftenträger und meine Leibwächter auch dabei sein, aber die werden dann am Eingang warten müssen…“ Ihre Stimme hatte etwas Schlafwandlerisches. Sie räusperte sich und legte die Notiz beiseite. „Sekunda, Arsinoe. Wenn ich dem schon entgegentreten muss, dann ordentlich. Es ist noch ein wenig Zeit, richtet mich her!“ Wenn sie schon die ganze Situation nicht im Geringsten in der Hand hatte, das konnte sie noch selbst beeinflussen! Traten die Frauen in den Geschichten nicht auch alle stolz erhobenen Hauptes ihrem Schicksal entgegen? Lucia würde es sich so zumindest wünschen, meist gingen die Geschichten ja über die Männer. „Na los!“, scheuchte sie ihre Sklavinnen an und wiederstand gradeso dem Drang an den Fingernägeln zu kauen.

  • Aufgeregt kam Arsinoe mit einer kleinen Wachstafel in Lucias Zimmer gestürmt. „Domina! Domina!“ Überrascht von dem für ihre sonst so schüchterne Sklavin ungewohnten Verhaltens blickte Lucia von ihrer Schriftrolle auf. „Hm?“ Ihr Kopf hatte sich noch nicht genug vom Text gelöst, um eine vollständige Frage aus Worten hervor zu bringen. „Hier, Domina, das musst du lesen! Unbedingt! Schnell!“ Mit fast schon skeptisch erhobenen Augenbrauen nahm Lucia das Wachstäfelchen ab und überflog rasch den Inhalt.




    IX. Ziehung
    Gewinnzahl:
    XXVIII


    Sie musste es noch ein zweites Mal lesen und ein drittes… langsam sickerte die Information ein und Lucia machte einen Luftsprung. Die Schriftrolle fiel unbeachtet zu Boden, während das Wachstäfelchen aufgeregt fester wurde. „Ich hab gewonnen!“, murmelte Lucia. Sie las nocheinmal die kurze Notiz und wiederholte lauter: „ICH HAB GEWONNEN!“ Jubelnd warf sie die Arme in die Luft und begann ein kleines Freudentänzchen aufzuführen. Dabei verfiel sie in einen äußerst einfallsreichen Singsang: „Ich hab gewonnen! Ich hab gewonnen!“ Mit einem breiten Grinsen umarmte sie die ebenfalls strahlende Arsinoe. „Schick einen Boten zu Manlia, sag ihr ich hab Neuigkeiten, aber verrat ihr nicht worum es geht!“ das würde ein Spaß werden! Sie hatte gewonnen! Das breite Grinsen wollte nicht weichen. Nicht dass sie irgendwelche Geldprobleme hatte, im Gegenteil, aber es war ein geniales Gefühl etwas zu gewinnen. Einfach so! Triumphierend tänzelte Lucia noch ein paar Schritte und fragte sich, ob sie eben rasch ihrem bruder davon erzählen sollte. Oder sonst irgendwem… irgendwem musste sie doch noch davon erzählen… SIE HATTE GEWONNEN!

  • Lucia hatte ihren Bruder leider nicht gefunden, er war wohl grad in seinem Officium in der Stadt oder sonst irgendwo unterwegs. Bald würde sie platzen, da war sich Lucia sicher, wenn sie nicht endlich irgendwem von ihrem Gewinn erzählen konnte!
    Zum Glück riss Manlia sie aus ihrer Misere, indem die Frau strahlend in Lucias Zimmer kam. „Sag mir, dass ich mich richtig erinnere, meine Liebe!“, trällerte sie schon beim Eintreten. „Sag mir, dass deine Taktik ewig die gleiche Zahl zu nehmen, tatsächlich aufgegangen ist!“ Oh, natürlich wusste Manlia es schon… Sie war ja immerhin bei jeder Wettzahlabgabe dabei gewesen… Aber trotzdem sie war hier und sie schien sich schon jetzt riesig mit ihr zu freuen, also grinste Lucia über beide Backen und nickte schlicht. „Oh, das ist ja wunderbar! Ich freu mich so, meine Liebe! Lass uns gleich aufbrechen! Wir müssen deinen Gewinn abholen!“ Das ließ sich Lucia nicht zweimal sagen und ehe sie es sich versah war sie auch schon mit ihrer Freundin in einer Sänfte unterwegs zum Palatium Augusti, um dort die staatliche Lotterie zu stürmen.

  • Weich und luftig, beinahe schwebend. Dunkel zwar, doch angenehm. Dann ein leises Pochen in der Schläfe. Ein Druck wie ein zu eng gezurrter Kopfschmuck. Die Augen noch geschlossen, die Lider schwer. Schritte, weit weg, doch sie hallen im Kopf nach. Das Pochen folgt ihrem Rhythmus und wird stärker. Was ist das für ein gräßlicher Geschmack? Ein scharfes Stechen an der Schläfe, als Strafe für den Gedanken. Umdrehen, zurück in das Schweben! Einfach wieder wegdämmern. Weiter schlafen, träumen. Die Schritte kommen näher, sie pochen, pochen, pochen!


    Mit einem jämmerlichen Stöhnen verlies Lucia das Schweben zwischen Träumen und Wachen. Ihr eigener Laut bereitete ihr grässliche Qual. Sie versuchte zu blinzeln, doch ihre Augenlieder waren wie zusammengeklebt. Durch die Lider hindurch konnte Lucia ein rötliches Leuchten wahrnehmen. Es war schon jetzt zu grell. Mit einer unglaublichen Kraftanstrengung hob Lucia ihren tonnenschweren Arm, um ihn sich über die Augen zu legen. Das war besser, dunkler. Aber der Armwar so schwer. Das Band, das um ihren Kopf zu liegen schien, spannte sich bei dem Gewicht ihres Armes enger. Lucia konnte ein weiteres klägliches Stöhnen nicht zurückhalten.


    „Du bist also endlich wach.“


    Wie ein Donnerschlag schlugen die unerwarteten Worte in Lucias Kopf ein. Sie hob die schwere Hand und machte eine beschwichtigende Bewegung. „Schhhh!“ Zischte sie und bereute es schon im nächsten Moment. Wie eine Klinge stach der Laut in ihre Schläfe. Etwas plätscherte neben ihrem Kopf und kurz darauf legte sich ein kühler Lappen über ihre Augen. Wie wundervoll! Ihre Mundwinkel beugten sich nach oben. Da wurde sie sich wieder des seltsamen Geschmackes bewusst. Ihre Zunge war locker doppelt so groß wie normal! Und alles war so trocken. Sie schmatzte unwohl.


    „Wenn du dich ein wenig aufrichtest, reiche ich dir etwas zu trinken.“


    Wieder diese viel zu laute Stimme! Lucia verzog das Gesicht. Diesmal war sie jedoch schlauer und legte nur den Finger an die Lippen. Sie hörte ein entnervtes Seufzen und spürte Hände, die ihren Oberkörper anhoben. Ihr Kopf drohte ihr von den Schultern zu rollen! In dem versuch ihn mit beiden Händen davon abzuhalten, traf Lucia aus versehen die stützende Person, doch im Moment konnte sie darauf keine Rücksicht nehmen. Sie war sich noch nicht ganz sicher, ob er nicht vielleicht auch gleich explodieren könnte, da spürte sie einen Becher an den Lippen. Durstig stürzte sie herunter, was auch immer ihr da gereicht wurde.

  • Es schmeckte widerlich! Richtig ekelhaft. Bitter und irgendwie faul. Oder war das nur der Geschmack den sie schon die ganze Zeit im Mund hatte? Lucia verzog das Gesicht und drückte den Becher weg. „Wasser!“, verlangte sie flüsternd, doch das brachte nur die laute Stimme wieder auf den Plan: „Ja, aber erst musst du diesen Becher leeren! Er wird dir guttun“ Das bezweifelte Lucia stark, doch sie war bereit alles zu tun, um Sekunda davon abzuhalten weiter so schrecklich laut mit ihr zu reden. „Schon gut, schon gut, aber sei doch bitte leiser!“, wisperte sie. Ihre Tonlage war so weit von einem Befehl entfernt wie es nur möglich war, sie bettelte förmlich um Ruhe. Sie musste sich überwinden den Becher wieder an ihre Lippen zu lassen, doch sie schaffte es das komische kräutrige Gebräu in einem Zug hinunter zu stürzen. Erst als sie sich erschöpft zurück legte und ihr erneut ein nasses Tuch über den Augen drapiert wurde, bemerkte Lucia, dass ihr das Tuch herabgefallen war. Aber das war auch egal. Sie wollte nur schlafen.


    Es mochten nur ein paar Sekunden gewesen sein, oder vielleicht auch ein paar Stunden. So oder so hatte Lucia wohl doch nochmal zurück ins Traumland gefunden. Doch dieses Erwachen war um einiges rascher als das erste. Sie musste, DRINGEND!
    Im hektischen Versuch sich aufzusetzen, fiel ihr erneut das Tuch von den Augen, die sie diesmal sogar öffnen konnte. Ihr Kopf strafte ihre viel zu schnelle Bewegung zwar mit grässlichen Schmerzen, doch ihre Blase war um einiges drängender. Sie presste beide Hände gegen ihre Schläfen und taumelte mehr als sie lief zu dem Ort wo sie sich erleichtern konnte.


    Auf dem Rückweg ins Bett war ihr schon ein wenig besser. Sekunda wartete diesmal stumm und hielt ihr ein Glas Wasser entgegen. Dankbar trank Lucia erneut, in dem Bewusstsein, dass sie den gleichen Weg wie eben wohl bald wieder gehen müsste. „Wie spät ist es?“, fragte Lucia mit belegter Stimme und räusperte sich. Schlechte Idee! Aber der Schmerz erschien ihr schon kleiner als heute früh. „Inzwischen hast du auch das Mittagessen verschlafen.“, informierte Sekunda ihre Herrin trocken und brachte Lucia dazu sich zu fragen, ob heute früh wirklich so früh gewesen war. „Das macht nichts, ich glaube ich könnte heute eh nichts essen…“, gab Lucia ihrer beinahe Ziehmutter gegenüber freimütig zu, was diese zu einem abfälligen „Tzzz.“ reizte. „Du wirst etwas Essen müssen, heute Abend hast du dir Gäste eingeladen!“Die Worte klangen für Lucia in dem Moment wie ein Todesurteil. „Oh, nein!“ Sie lies ich auf das Bett fallen und legte einen Arm über ihr Gesicht. Die eben noch erträglichen Kopfschmerzen scheinen wieder aufzuleben. „Kann ich denn nicht absagen?“ Sekundas Lachen war Antwort genug.

  • Es war wirklich erstaunlich was es alles für Hausmittel gegen die verschiedensten grässlichen Nachwirkungen einer ausgelassenen Feier gab! Zuerst wurde Lucia von Sekunda gezwungen noch einen weiteren Becher des ekligen Getränks zu leeren. Dann wurde sie von ihren Sklavinnen aus dem Kleid von gestern Abend gepellt. Sie hatte doch tatsächlich darin geschlafen! Lucia runzelte über sich selbst die Stirn. Am Ende hatte sie das schöne Stück ruiniert, das wäre verdammt schade! „Tu dein Bestes, um es zu retten!“, wies sie die für die Pflege ihrer Kleidung zuständige Sklavin halblaut an. „Ich werde mein Möglichstes tun!“, versicherte die Frau, es lag jedoch deutlicher Zweifel in ihrer Stimme.


    Zum Glück sah Sekunda ein, dass es im Moment die reine Folter gewesen wäre, ihrer Herrin die Haare zu kämmen. Doch Lucia wurde das Gefühl nicht los, dass ihre Leibsklavin versuchte sie zu bestrafen. Zu Lucias Kopfschmerzen und der latenten Übelkeit gesellten sich alsbald noch kalte Schauer und Gänsehaut, als sie von ihrer Sklavin mit ziemlich kaltem Wasser von oben bis unten abgeschrubbt wurde. Auf ihre erschrockene Nachfrage, warum sie denn nicht einfach ein Bad nehmen konnte, kanzelte Sekunda ihre Herrin mit einem „Wir müssen erst deinen Körper wieder in Schwung bringen!“ ab. Als sie endlich fertig waren, kam die Wäscherin plötzlich wieder ins Zimmer und flüsterte Sekunda etwas zu. Lucia wurde grade in angenehm warme Tücher gehüllt und fühlte sich tatsächlich langsam etwas besser. Das nächste Mittelchen war sogar recht angenehm, wurden ihr doch die Schläfen mit einer angenehm duftenden Substanz eingerieben. Sie schloss genießend die Augen und bekam dadurch den halb entsetzen, halb vorwurfsvollen Blick ihrer Leibsklavin nicht mit.


    Wenig später stand Sekunda mit einem weiteren Becher vor ihrer Herrin und blickte sie so lange stumm an, dass Lucia richtig mulmig zu Mute wurde. Sie bemerkte auch, wie sich der Raum nach und nach leerte, bis nur noch sie und Sekunda da waren. „Was…?“, begann Lucia, wurde aber von ihrer Sklavin unterbrochen. Sie stellte den Becher ab und setzte sich ihrer Herrin gegenüber. „Ich bin mir sicher, dass jede Einzelne von ihnen unverbrüchlich zu dir steht und dich nie verraten würde, aber manche Dinge bespricht man doch lieber unter vier Augen.“, begann Sekunda eine ungewöhnlich lange Rede. „Mir hätte schon länger klar sein sollen, dass es in Rom nur eine Frage der Zeit ist, auch wenn dein Bruder es nie erfahren darf!“ Lucia runzelte verwirrt und zugleich besorgt die Stirn und wiederholte sich: „Was…?“ Darauf schüttelte Sekunda entscheiden den Kopf und hob eine Hand. „Versuche nicht mich für dumm zu verkaufen. Du hast Glück, es ist nicht deine Zeit im Monat, es ist also unwahrscheinlich dass sich sichtbare Konsequenzen ergeben. Aber nur vier Tage früher und wir müssten ernsthaftere Maßnahmen ergreifen als diese hier.“ Lucia schluckte. „Der Trank, den ich dir gebe, wird deine Blutung verfrüht herbeihohlen. Dadurch können wir uns sicher sein, dass kein Leben sich in dir festsetzen wird.“ Ein kurzer Blick zu dem Becher und ein stummes Nicken bestärkten Sekunda darin weiter zu reden. „Lass dies nie in den ersten zwei Wochen nach deiner Blutung geschehen und lass ja keinen Wind davon bekommen! Du darfst deinen Namen und den deiner Familie nicht beflecken!“ Hier regte sich Lucias Widerstandsgeist: „Ich würde nie…!“ „Ich weiß, aber ein Kind ist schneller gezeugt, als du glaubst!“, unterbrach Sekunda ihre Herrin wieder. „Jetzt trink, ich muss dir noch ein wenig mehr erklären.“ Die nächste Stunde wurde eine der peinlich berührtesten aber auch eine der aufschlussreichsten in Lucias bisherigem Leben.

  • Mit hoch rotem Kopf gab Lucia ihrer Leibsklavin dann ein feierliches Versprechen in Zukunft vorsichtig zu sein und ‚es‘ entweder komplett sein zu lassen oder die vielen Dinge zu beachten, die Sekunda ihr eben erklärt hatte. Mindestens eine der zahlreichen Methoden zur Vorsorge sollte sie doch in jeder Situation anwenden können. Aber manche davon… nie! Dessen war sich Lucia grade mehr als sicher, nie würde sie sowas machen! Warum sollte man das überhaupt wollen und… Woher wusste diese doch eher unauffällige Frau das alles? Lucia hatte sich noch nie zuvor Gedanken um so etwas gemacht, aber hatte Sekunda etwa einen Geliebten? Oder am Ende gar mehrere?! So genau wollte sie das aber lieber gar nicht wissen… Allein sich vorzustellen die liebe, alte Sekunda könnte… mit einem Mann… in diesem Haus… nein! Das wusste sie vielleicht von früher, aber doch sicher jetzt nicht mehr! Aber auch früher…


    „Eine Sache noch, mein Kind.“, riss Sekunda ihre Herrin aus den immer peinlicher werdenden Gedanken. Dankbar und ein wenig ängstlich merkte Lucia auf. „Bevor du heute früh endlich schlafen gegangen bist, hast du mir eine seltsame Frage gestellt… Wieso?“ Angestrengt versuchte Lucia sich zu erinnern, welche Frage das gewesen sein mochte, doch alles was ihr auffiel war, dass ihre Kopfschmerzen fast verschwunden waren. Ein erleichtertes Lächeln huschte über ihr Gesicht, ehe sie sich wieder auf die ominöse Frage besann und verneinend den Kopf schüttelte: „Ich kann mich nicht so wirklich erinnern…“ Sekunda seufzte und erklärte: „Du fragtest mich, ob irgendwelche unserer männlichen Sklaven Männer bevorzugen würde.“ „Das hab ich gefragt?“, platzte Lucia verblüfft heraus. „Nun, nicht ganz in diesen Worten, aber sinngemäß.“, bestätigte Sekunda leicht pikiert. Kurz war Lucia verwirrt, dann erinnerte sie sich wieder: Das Gespräch mit Sergia! Hatte sie das nicht nur geträumt?! Unglaublich! „Oh weh…“, entschlüpfte es Lucia. „Was ist es?“, inzwischen klang Sekunda mehr entnervt als alles andere. „Nun, ich war doch auf dieser Hochzeit… jah… und ich bin irgendwann spät mit der Braut ins Gespräch gekommen.“ Dass sie die Frau eigentlich nicht leiden konnte, musste sie nicht extra erwähnen, Sekunda hatte es oft genug gehört. „Irgendwie haben wir einen Pakt für eine kleine Intrige geschlossen und dafür bräuchten wir einen eben solchen Sklaven.“ In einer späteren Zeit hätte Sekunda unbedingt Poker spielen sollen, denn ihre Mine gab wirklich nicht den kleinsten Hauch ihrer Gefühle preis. Und Lucia suchte eingehend danach. „Und? Haben wir nun einen?“, hakte sie nach, bereit eventuell ausbrechende Emotionen entgegenzunehmen. Doch Sekunda schien tatsächlich kurz zu überlegen und schüttelte dann den Kopf. „Es gibt zwar einen Sklaven, der beiden Geschlechtern nicht abgeneigt ist, doch können wir auf diesen nicht verzichten. Egal was ihr da ausgemacht habt, es wird wohl darauf hinauslaufen, dass der Sklave unsere Villa verlässt, aber das wird kaum möglich sein.“ Gerne hätte Lucia weiter gebohrt, welcher Sklave das denn wäre, aber ihr Kopf ließ grade nur einem Gedanken Platz. Zwar hatten die Schmerzen aufgehört, doch das Nachdenken war eindeutig anstrengender als sonst. „Ich bräuchte aber dringend jemanden.“, sprach Lucia ihre Gedanken aus und führte eine Hand zum Mund. Sekunda, die ahnte, dass Lucia grade gerne an ihren Fingernägel knabbern wollte, zog ihr die Hand wieder weg und fragte: „Willst du dich denn überhaupt an einen nicht nüchtern geschlossenen Pakt halten? Du könntest ihn einfach vergessen haben.“ Lucia hörte deutlich die Sorge ihrer Sklavin, doch sie schüttelte entscheiden den Kopf. Dafür war die Geschichte viel zu interessant und Lucias Alltag sonst zu eintönig und fremdbestimmt.

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