[Antunnacum und Silva Arduina] Eine kleine Reise

  • Bis auf die Strecke an den Stromschnellen bei Bingium war die Fahrt ruhig verlaufen. In Confluentes hatte der Schiffer noch Ladung übernommen, aber ich war nicht in die Stadt gegangen, in der meine 'römische' Zeit begonnen hatte. Wir fuhren weiter, immer auf dem Rhenus, der jetzt eine weite, etwas hügelige Ebene durchfloss bis die Berge wieder an die Ufer herantraten. Dort liegt, am linken Ufer, Antunnacum, das wir am Nachmittag erreichten.


    Im Hafen, wo überwiegend Steine verladen wurden, erwartete mich schon Ebergiso.

  • Wir umarmten uns wortlos. Erst als wir nach einer Meile von der großen Straße abbogen und bergan ritten, begann er zu sprechen. "Er war zuletzt zu schwach, um zu leben. Ich verstehe es nicht. Er war doch immer viel zäher als ich." Ich beruhigte ihn: "Zäher schon, aber schmächtiger. Er hätte nie Bauer werden können mit dem bißchen Kraft, das er hatte. Es war gut, dass er gelernt hat, mit dem Kopf zu arbeiten. Und er hatte noch viel vor."


    Wir hatten die letzten Gehöfte hinter uns gelassen und die Vicinalstraße wurde steiler. Es schien so, als hätte sich der Wald aus der Ebene auf die Berghänge geflüchtet, wo er seine letzte Zuflucht verteidigen wollte. Fast alle Bäume standen noch in vollem Laub, auch wenn das Grün der Blätter schon einen rötlichen Schimmer an den Rändern zeigte. Bloß die Birken hatten es ganz eilig mit dem Herbst gehabt und nur noch ganz wenige ihrer leuchtend gelben Blätter behalten.


    "Es ging ihm zuletzt so wie den Birken dort," meinte er, "lange sah es gut aus, dann, als der Sommer vorbei war, hat er in wenigen Tagen die Kraft verloren und Fieber bekommen."


    "Mach dir keinen Kopf, Ebergiso, das Fieber hatte er schon in Mogontiacum. Er hat sich's wahrscheinlich auf seinen Ausflügen an den Rhenus geholt. Das liebte er und das Lesen."


    Auf der Höhe traten die Bäume wieder auseinander und machten den Blick auf Felder und Weiden frei. Ich schaute zurück. Man konnte von hier oben in der Ferne noch die Gebäude von Confluentes erkennen und wenn man die Augen zusammenkniff, vielleicht auch die Mosella.

  • Während wir weiter nach Norden ritten, hing ich meinen Gedanken nach. Ebergiso schien vom Tod seines Bruders sehr betroffen zu sein. Ganz kurz kam in mir der Gedanke auf, dass er sich in einer gewissen Weise daran schuldig fühlte. Ich wischte den Gedanken aber gleich wieder beiseite.


    Wir befanden uns auf einer Hochebene, in die einige Täler eingeschnitten waren. Wälder gab es auch hier nur an den Talhängen, weil die ebenen Lagen mit Gehöften besetzt waren. Es war windig, aber für die Jahreszeit zu mild. In der Ferne türmten sich in der klaren Luft hoch aufquellende Wolken. Ebergisel hielt an. "Dort, links von der Straße, das ist mein Hof. Und die Weiden hier neben der Straße gehören mir." Sein Stolz war nicht zu überhören.


    "Ich weiß, und die Felder dort drüben sind auch deine, das hast du mir alles schon beim letzten Mal erzählt. Und auch, dass du Pferde züchtest auf den großen Weiden dort auf dem Hügel," sagte ich lachend. "Aber das wirst du mir jedesmal wieder erzählen, wenn ich komme. Ah, schau, deine Frau erwartet uns schon vor der Tür."

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