Massulas neuer Obstgarten

  • Eine ganze Obstplantage zu versetzen, ist gar nicht so einfach. Aber ich hatte mich schon vor ein paar Jahren mit dem Quaestor rumgestritten, weil ich den Verdacht hatte, dass ich für meine Obstäcker zuviel Pacht zahlte. Um genau zu sein, ich hatte für 20 iugera Pacht zu zahlen, aber wir hatten nachgemessen: es waren nur 17 iugera. Weil aber dieser Schlumpf von Quaestor keine Übersicht über die Liegenschaften hatte und weil kein Agrimensor aufzutreiben war, beschloss ich, den Streit dadurch zu beenden, dass ich mir kurzerhand woanders geeignete Flächen suchte. Die fanden sich dann eine halbe Meile nördlich des Vicus Salutaris. Es waren 25 iugera (wir haben nachgemessen) und es war Pacht für 25 iugera zu zahlen.


    Der Platz war gut, die Nähe des Rhenus sorgte dafür, dass sich Nachtfröste in Grenzen hielten und so hatten wir gleich damit begonnen, dort neue Obstbäume zu pflanzen. Wir hatten am Waldrand auch eine Holzhütte gebaut, um bei miesem Wetter wenigstens ein Dach über dem Kopf zu haben.


    Es dauert ja ein paar Jahre, bis die neuen Bäume fruchten, weshalb ich die Pacht für die alten Flächen jetzt erst kündigte. Nun wollten wir auch die Imkerei auf die neuen Flächen umsetzen. Nachdem die Bienenkästen ihre Reise zu ihrem neuen Platz auf Eselskarren angetreten hatten, ritt ich hinüber zu dem neuen Pomarium, um nach dem Rechten zu sehen. Ich nahm unseren Hund Cato mit. Der würde schon den Weg dahin dankbar als willkommene Abwechslung betrachten, obwohl klar war, dass er sich fast auf der ganzen Strecke mit den dort ansässigen Kötern herumbalgen musste. Aber Hunde scheinen auch das als Vergnügen aufzufassen. Wobei man sagen muss, dass Cato die fremden Köter meist schon von weitem taxierte und fiesen Zeitgenossen aus dem Weg ging. Ein kluger Hund.

  • Als wir den Vicus Navaliorum durchquerten, war Cato hochbeschäftigt, schnüffeln, markieren, ansässige Köter beriechen, knurren, steifbeinig um andere Tölen herumgehen und selbstverständlich auch die eine oder andere Balgerei. Als guter Oberhund hatte ich jetzt dafür zu sorgen, dass mein Gaul sein Tempo mit dem Hund synchronisierte, weshalb wir recht langsam vorankamen.


    Schließlich erreichten wir die Brücke über den Rhenus, die wir unterquerten und von da an ging es schneller. Wir nahmen bis kurz vor dem Vicus Salutaris den Leinpfad. Cato hatte unterwegs zwar ein paarmal nach den Enten geschielt, sich aber irgendwelcher Angriffe enthalten. Dann nahm ich die Straße, die am Vicus Salutaris vorbeiführt, um Cato vor weiteren Abenteuern zu bewahren.


    An dem neuen Obstacker angekommen, sah ich, dass die Eselskarren noch gar nicht eingetroffen waren, stieg vom Pferd und wollte mich eben auf einen Holzklotz setzen, als Cato anschlug und wie von Wespen gestochen zur Hütte hinüber raste. Vor der Tür kam er zum Stehen und fing an zu kläffen. Ich weiß zwar, dass Hunde manchmal Dinge sehen, riechen oder hören, von denen wir Menschen nichts mitkriegen, aber ich bin trotzdem fest davon überzeugt, dass auch Hunde eine Art Phantasie haben, die ihnen gelegentlich einen Streich spielt.


    Dennoch rannte ich hinterher.

  • Kaum hatte ich den Riegel zurückgeschoben und die Tür geöffnet, stürzte sich Cato in das Halbdunkel der Hütte, irgentwas rumpelte und dann sah ich, wie eine Katze mit einem Satz durch das Fenster verschwand. Cato pflegte stets mit Hingabe seine Feindschaft zu Katzen, aber diesmal wurde nichts draus, denn bis er den Umweg durch die Tür geschafft hatte, war das Viech schon über alle Berge.


    Während ich mir noch überlegte, wieso der Fensterladen offenstand, fiel mein Blick auf eine flache Schüssel, die auf dem Tisch stand. In dem Kump hafteten noch Reste einer Suppe, die nicht von unserem letzten Aufenthalt im Herbst stammen konnte. Das Zeug hatte noch keinen Schimmel angesetzt und roch ziemlich frisch. Der zugehörige Holzlöffel lag auf dem Boden, was wohl Cato oder der Mieze geschuldet war. Und die zerlumpten Klamotten in der Ecke, an denen Cato gerade schnüffelte, gehörten offenbar unserem heimlichen Suppenesser. Bei Lokis schütterem Bart, wir hatten einen Untermieter, der seine Miete nicht bezahlt hatte.


    Einen Augenblick lang dachte ich darüber nach, ob ich nicht Cato auf die Spur des Kerls setzen sollte, ließ es dann aber sein, weil ich keine Lust darauf hatte, Jagd auf einen armen Schlucker zu machen. Ich ging wieder ins Freie und schaute mir die Feuerstelle vor der Hütte an. Die Asche war noch ganz weiß und flockig, obwohl es gestern geregnet hatte. Lange war's also nicht her, dass der Kerl hier herumhantiert hatte. Im Lehm um die Feuerstelle herum waren auch Abdrücke von genagelten Schuhen zu sehen.


    Ich begann, mir die Abdrücke näher anzusehen.

  • Es waren eindeutig die Abdrücke von Schuhen oder Sandalen mit genagelten Sohlen. Und es war nur ein Paar Schuhe, das sich da im Lehm abgebildet hatte, also auch nur ein Mann, der zu diesen Abdrücken gehörte. Solche Schuhe trugen gewöhnlich nur Soldaten. Dennoch war es nicht auszuschließen, dass jemand solche Schuhe geklaut oder auf dem Trödel gekauft hatte. Weiß man ja nie.


    Was, beim Hades, hatte der Bursche hier getrieben? Hatte der Ausgang und meine Hütte dazu benutzt, um sich einen schönen Lenz zu machen? Oder hatte der sich hier versteckt? Das wäre dann wohl ein ernster Fall. Dann würde er mein Erscheinen hier nicht mit überschwänglichem Wohlwollen bedenken. Ich schaute mich um. Vielleicht hockte er irgendwo im Busch und beobachtete mich. Aber Cato hatte sich vor die Hütte gelegt und fing Fliegen. Der Bursche schien also nicht in der Nähe zu sein.


    Da trafen meine Sklaven mit den Eselskarren ein. Jetzt würde für die nächsten Stunden hier lebhafter Lärm und Betrieb sein. Da brauchte man nicht damit zu rechnen, dass der Kerl ahnungslos auf das Gelände latschen würde. Ich beschloss, in Mogontiacum ganz vorsichtig rumzufragen, ob es irgendwo einen abgängigen Mann gäbe. Man würde sehen.

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