• Flaminina hatte es nicht eilig, nach Hause zu gehen.
    Ausserdem war die Casa Iulia nicht ihr wirkliches zu Hause, da war alles so groß und pompös und die Menschen, ihre Familie, ihr im Grunde fremd.
    Nichts zog sie dorthin.
    Dafür gab es hier eindeutig zu viel Neues und Interssantes zu entdecken.
    Niemand würde sie schelten, wenn sie sich auf den Märkten umsah, schliesslich brauchte sie Neues zum Anziehen oder zumindest Stoff.
    Ihr Onkel würde sie nicht in ihrer Lieblingstunika herumlaufen lassen, das war sicher, dafür war sie viel zu kurz. Nichts, was ein anständiges Mädchen aus gutem Haus in der Öffentlichkeit tragen würde.


    Den Gedanken an ihren griesgrämigen Verwandten beiseite schiebend taucht sie in das Gewühl, die Gerüche und Farbenpracht des Marktstände ein.
    Die Sklavin würde aufpassen müssen, sie hier nicht aus den Augen zu verlieren, aber das war nicht ihre, Flamininas Sorge.
    Neugierig streift sie von Stand zu Stand, nimmt hier eine exotische Frucht in die Hand, um daran zu schnuppern, fährt dort mit den Fingern prüfend über feinen Stoff, ganz versunken in die Vielfalt, die sich ihr hier bietet.

  • Sein Amt und seine Stellung im Palast kostete Silanus mehr Zeit, als ihm eigentlich lieb war. Zu tun gab es eigentlich immer etwas und an manchen Tagen spielte er sogar schon mit dem Gedanken, den Kaiser um ein eigenes Schlafzimmer im Palast zu bitten, damit er sich nicht zur späten Stunde noch von einer Prätorianereskorte nach Hause begleiten lassen musste. Doch heute war einer der Tage, an dem die Sonne wieder einmal kräftig strahlte und einen wirklich ausgesprochen warmen Frühlingstag für die Römer herbeizauberte. Da hielt auch den Iunier nichts mehr im Palast und so hatte er sich in seiner Mittagspause selbst zu den Märkten aufgemacht, anstatt wie immer einen Sklaven los zu schicken, um dort etwas zwischen den Ständen zu flanieren und nach einigen exotischen Früchten Ausschau zu halten, die er während seiner Dienstzeit in Aegyptus kennen und lieben gelernt hatte. Bei einem Händler seines Vertrauens wurde er auch recht rasch fündig, suchte sich einige geschmackvolle Stücke aus und bezahlte. Als er den Stand schließlich wieder mit einer vollen Tüte in den Händen verlassen wollte, machte er ohne vorher zurück zu schauen einen Schritt nach hinten und stieß dabei recht unsanft mit einer anderen Person zusammen, die wohl eben hinter ihm gestanden war oder vorbeigehen wollte. Fast wäre auch die Tüte dabei zu Boden gefallen, doch er konnte sie gerade noch ausbalancieren.


    "Ich bitte vielmals um Verzeihung!" sagte er sofort, ohne sich noch zu der betreffenden Person umgedreht zu haben.

  • Die Person entpuppt sich als junge Frau, die erschrocken aufquietscht, als Silanus sie anrempelt. Selbst von der exotischen Auslage des Standes abgelenkt, trifft sie der Rempler völlig unvorbereitet
    Prompt verheddert sie sich im Saum der etwas zu langen Tunika und gerät ins Straucheln.
    "Verdammt" entfährt es ihr, während sie sich müht, ihr Gleichgewicht wieder zu finden. Entschlossen rafft sie den zu langen Stoff etwas empor.
    "Und was machst du, wenn ich sie dir nicht gewähre, wenn du nichtmal hinschaust, wen du umrennst?" fragt sie interessiert nach, eine Spur Belustigung in der Stimme, ihre blauen Augen blitzen auf.
    Immerhin hat sich Silanus ein hübsches junges Ding zum anrempeln ausgesucht, er hätte weniger Glück haben können.

  • Noch ehe Silanus reagieren konnte, kam der sichtlich erschrocken dreinblickende Händler hinter seinem Stand hervorgeschossen. Natürlich war ihm sein Stammkunde bestens bekannt. Das junge Ding hingegen, das nun auch noch frech zu werden schien, sah er zum ersten Mal. Dementsprechend barsch reagierte er, als er versuchte den hohen Palastbeamten zu verteidigen. Man wollte schließlich doch nicht wegen eines solchen Vorfalls einen derart prominenten Kunden verärgert wissen. Schließlich ließ sich mit seinem Namen ganz gut Werbung betreiben. Welche römische Matrone würde nicht bei einem Stand einkaufen, von dem sogar die rechte Hand des Kaisers Waren bezog und manche dieser exquisiten Früchte vielleicht sogar in einer Schale im Officium des Kaisers höchst persönlich landeten. Verärgert fauchte er daher die junge Frau an.


    "Du dummes Ding! Entschuldige dich gefälligst bei dem hohen Herrn. Weißt du denn nicht wer hier vor dir steht? Und dann schau gefälligst, dass du weiter kommst!"


    Dann wandte er sich entschuldigend an Silanus, als wäre es sein Fehler gewesen, dass der Iunier mit dem Mädchen zusammengestoßen war.


    "Entschuldige bitte Herr! Ich hätte mehr acht geben müssen. Ich schicke dir meinen Burschen mit, damit er dir deinen Einkauf in den Palast tragen kann."


    Noch ehe der Händler einen der Sklavenjungen herbeiwinken konnte, die ihm für gewöhnlich am Stand zur Hand gingen, bremste ihn Silanus mit einer abwinkenden Geste wieder ein.


    "Schon gut, schon gut. Es war ja meine Schuld. Die junge Dame kann überhaupt nichts dafür."


    In diesem Moment wandte er sich auch endlich der jungen Frau zu und …. war sichtlich überrascht und auch ein wenig von ihrem Erscheinungsbild angetan. Ohne Zweifel stand er vor einer jungen Römerin und ihrer Kleidung nach zu urteilen, stammte sie nicht unbedingt aus der Unterschicht, auch wenn sie ohne Sklaven oder Wächter unterwegs zu sein schien. Nach der kurzen Störung durch den Händler musste er noch einmal kurz überlegen, was ihr letztes, recht selbstbewusstes Kommentar gewesen war, ehe er ihr freundlich lächelnd darauf antwortete.


    "Dann entschuldige ich mich noch einmal. Es tut mir wirklich sehr leid. Ich hoffe dir ist nichts passiert."


    Man konnte Silanus dabei aus dem Gesicht ablesen, dass er sich seiner Schuld mehr als bewusst war.

  • "Er hat sich nicht vorgestellt, bevor er mich umgerannt hat" erwiedert Flaminina nicht minder fuchtig. Ihre Augen werden schmal, würde sie diesem Händler nicht klein beigeben, sich die Schuld für etwas geben lassen, was sie nicht angestellt hatte. Mit einem leisen Zischen zieht sie den Atem ein, macht sich bereit, sich entsprechend ihre Temperamentes zu verteidigen.
    Doch ehe sie eine weitere Antwort über ihre Lippen bringt, dreht sich der Mann um.
    Die ausdrucksvollen Augen weiten sich, der Mann war deutlich älter als sie und wenn der Händler recht hatte, ein wichtiger Herr, sie hätte ihr Zunge im Zaum halten sollen. Doch nun war es zu spät.
    Eine leichte Röte steigt ihr in die Wangen, rasch senkt sie den Blick, war es unhöflich, jemanden anzustarren.
    "Ich verzeihe dir." erklärt sie mit einem anmutigen Neigen des Kopfes, deutlich ruhiger als zuvor "Ich war abgelenkt und sah dich nicht. Verzeih mir meine Unachtsamkeit."
    Erst jetzt hebt sie wieder den Blick und schaut ihn an, ein winziges Lächeln hebt ihre Mundwinkel. "Nein, es ist mir nichts passiert. "
    Der MAnn konnte ja nicht ahnen, das ihr dieser kleine Rempler nicht wirklich etwas ausgemacht hatte, war es nichts im Verglech mit einem Schafbock, der seine 'Damen' verteidigte. Wochenlang hatte sie blaue Flecke gehabt, unwillkürlich streicht sie sich über die Stelle an der Hüfte.

    Der feine Stoff der Tunika spricht dafür, das sie aus gutem Haus sein muss, auch die Frisur spricht dafür. Das braune Haar zwar nicht nach der neustesten Mode frisiert, doch von kundigen händen egbändigt.Auch wenn sich einige vorwitzige Strähnen den kundigen Händen einer Ornatrix entzogen haben mussten und nun das Gesicht schmeichelnd umrahmen. Silanus erspäht eine Sklavin, die offensichtlich die junge Römerin begleitet, die diese nicht aus den Augen lässt.

  • Da war also doch eine Sklavin, die wohl zu dem Mädchen gehörte, sich aber die ganze Zeit über dezent im Hintergrund gehalten hatte. Die Reaktion ihrer Sklavin, oder vielmehr die unterlassene Reaktion, sagte viel über die junge Römerin aus. Da die Sklavin nicht sofort herbeigeeilt war, um ihrer Herrin zu helfen, deutete dies auf eine recht selbstbewusste und keinesfalls hilflose junge Dame hin, die dem Iunier hier gegenüberstand.


    "Schon gut. Wichtig ist, dass es dir gut geht."


    Silanus Zeit beim Exercitus war zwar bereits einige Zeit her, doch er hatte sich darüber hinaus recht fit gehalten und immer noch, vor allem im Vergleich zu dieser zierlichen jungen Frau, einen durchaus muskulösen Körperbau mit einem recht stattlichen Kampfgewicht. Er wandte sich noch einmal ganz kurz ab, um den Händler zu signalisieren, dass alles in Ordnung war.


    "Ich danke dir. Wir kommen nun alleine klar, denke ich. Bis zum nächsten Mal!"


    Der Händer nickte lächelnd, da ihm der Procurator wohl nichts nachzutragen schien und trottete wieder hinter seinen Marktstand. Silanus sah hingegen wieder zu der jungen Frau, die nun seine ungeteilte Aufmerksamkeit hatte. Wer sie wohl war? Um dies herauszufinden, sollte er wohl den Anfang machen und sich vorstellen.


    "Mein Name ist übrigens Lucius Iunius Silanus. Damit du weißt, wem du dieses Missgeschick zu verdanken hast. Und mit wem habe ich das Vergnügen?"

  • Ganz offenkundig sagte der jungen Frau sein Name nichts, bleibt ihr Blick mit freundlichem Interesse auf ihn gerichtet.


    "Es ist mir eine Freude, dich kennen zu lernen, Lucius Iunius Silanus. Mein Name ist Iulia Flaminina" stellt sie sich mit einem Lächeln vor.
    Krampfhaft versuchte sie sich zu erinnern, was ihre Mutter ihr über diese ganzen Höflichkeitsfloskeln erklärt hatte und schob vorsichtshalber hinterher.
    "Ich bin das Mündel von Manius Iulius Potitus". Daran war hoffentlich nichts falsch.


    Ihre Augen wandern zu seinen Einkäufen.
    "Als Mittagsmahl ein wenig ungewöhnlich, oder?" fragt sie neugierig, bar jeder Schüchternheit.
    Erschrocken weite sich ihre Augen und ihre Hand flieht zum Mund, doch so ganz kann sie ein schmunzeln nicht verbergen.
    "Oh entschudlige, das war zu neugierig und vorlaut, nicht wahr? Das passiert mir dauernd. Entschudlige bitte."sagt sie aufrichtig, aber nicht zerknirscht.


    Unruhig verlagert sie das Gewicht von einem Bein auf das andere, macht die schlanke Gestalt kaum den Eindruck einer bewegungsarmen Städterin, die sich nur in der Sänfte herumtragen lässt. Überhaupt fehlt ihr die gelassene Weltgewandtheit einer geborenen Römerin oder die Fähigkeit zur belanglosen Konversation.

  • "Die Freude ist ganz meinerseits Iulia."


    Eine Iulia… soso…. Eine Iulia mit einem bezaubernden Lächeln, wie er feststellen konnte. Da die Gens sehr groß und weit verzweigt war, ersparte er sich die Frage, ob sie vielleicht über Ecken mit seinem neuen Klienten Iulius Crassus verwandt war. Wie alt sie wohl war? Bestimmt noch keine Zwanzig. Doch trotz ihrer jungen Jahre sehr weiblich und hübsch anzusehen. Der Iunier bemühte sich nicht all zu sehr davon ablenken zu lassen. Sein Name schien ihr nichts zu sagen. Ihm wiederum war der Name ihres Tutors nicht bekannt. Er war daher sehr froh als sie das Thema wechselte und auf seinen Einkauf einging. Neugierig und vorlaut war ihre Frage bestimmt, doch keinesfalls ungebührlich. Silanus konnte sich daher auch ein schmunzeln nicht verkneifen, als er ihr, trotz der nachgereichten Entschuldigung, auf ihre Frage antwortete und dabei die Tüte in seiner Linken begutachtete.


    "Das ist wohl war, aber um ehrlich zu sein, bin ich seit meinem Aufenthalt in Alexandria vernarrt in diese Früchte. Und sie sind genau das richtige, um sich den Bauch zu füllen, und dennoch nicht all zu schwere Kost zu sich zu nehmen."


    Zumindest ging er davon aus und klopfte sich dabei mit seiner Rechten auf den leichten Bauchansatz, der unter seinen Gewändern zwar kaum zu erkennen war, aber der seinem Ego in letzter Zeit doch ein wenig zu schaffen machte.


    "Außerdem komme ich derzeit vor lauter Arbeit ohnehin kaum dazu, mir lange für Mahlzeiten wirklich die nötige Zeit nehmen zu können. Und was führt dich auf die Märkte, wenn du mir die Frage erlaubst?"


    Immerhin sah sie nicht so aus, als ob sie Haushaltseinkäufe erledigen wollte. Auch ihre Sklaven trug keinen Korb oder Tüten, die auf einen Einkauf Rückschlüsse zuließen.

  • "Und da heisst es, das die Römer nur ihrem dekandenten Lebenswandel frönen, ständig zu üppigen Festmahlen zusammen kommen und Geschäfte nur nebenbei in den Thermen erledigen." verschmitzt blinzelt sie "Oder bist du nur die glorreiche Ausnahme? Was hält dich denn so in Atem, das das Mittagsmahl so karg ausfällt? Macht man das in Alexandrien so?"


    Er war eher belustigt, als verärgert, dann war es nicht so schlimm. Diese Klippe hat sie erfolgreich umschifft, stellt sie erleichtert fest.
    Entspannter plaudert sie weiter, auf charmante Art offen, ohne zu flirten.


    "Ich bin erst seit ein paar Tagen in der Stadt und wollte mich nur mal in Ruhe umschauen. Es gibt hier so viel zu entdecken, alles hier ist einfach..." sie macht eine vage, allumfassende Geste "..gross. Und beeindruckend. Hier scheint es echt alles zu geben, was man sich vorstellen kann. Und vermutlich noch ein Dutzend Dinge mehr, von denen ich nichtmal gehört habe."

  • "Keine Sorge, dass was man über uns sagt, stimmt meist auch und ich bin einem Besuch in den Thermen oder einem üppigen Festmahl keineswegs abgeneigt. Aber ich brauche es nicht jeden Tag. Zudem hätte ich auch keine Zeit dafür, denn deine Frage sollte nicht lauten was mich in Atem hält sondern vielmehr wer. Die Antwort darauf wäre schneller formuliert. Der Kaiser! Ich habe das manchmal zweifelhafte Vergnügen am Kaiserhof zu arbeiten."


    Er verschwieg welchen Posten er dort genau einnahm, lachte dafür aber herzhaft, da ihn der Gedanke daran selbst sehr belustigte, denn das Vergnügen war wirklich manchmal zweifelhaft. Das war natürlich nicht auf den Kaiser oder sein Amt an sich bezogen, sondern mehr um die Vielzahl an Aufgaben und den hohen Zeitaufwand, welche dieser Job mit sich brachte. Und auch wenn bestimmt die meisten anderen Römer es als mehr als wünschenswert empfanden, den Kaiser jeden Tag so nahe sein zu können oder eine solch hohe, einflussreiche und gut bezahlte Stellung im Zentrum der Macht einzunehmen, war der Iunier nicht jeden Tag über seine Entscheidung froh, diesen arbeitsintensiven Posten übernommen zu haben.


    Auch das dieses Mädchen zum ersten Mal in Rom war und ihre Aussage über die „Größe“ der Stadt, fand er belustigend, zeigte dies aber eher durch ein freundliches Lächeln, als durch ein Lachen. Schließlich sollte sie nicht das Gefühl haben ausgelacht zu werden. Doch er konnte ihre Reaktion durchaus verstehen. Viele Menschen reagierten bei ihren ersten Besuch in Rom ähnlich.


    "Das erste Mal in Rom? Wirklich?! Dann wirst du in den nächsten Tagen noch einiges zu besichtigen haben. Es gibt kaum eine andere Stadt die mehr Abwechslung und Sehenswertes bietet als Rom. Dass kannst du mir ruhig glauben. Ich bin schon etwas herumgekommen im Reich. Besuchst du hier in Rom deine Familie?"

  • Das herzhafte Lachen des Iuniers lässt Flaminina etwas verwirrt dreinschauen. Was war so lustig daran, für den Kaiser zu arbeiten? Wenn es ein Scherz war, verstand sie ihn nicht und sie mochte es nicht, sich dumm zu fühlen.
    Ihr Lächeln wirkt ein wenig gezwungen, stimmt sie in das Lachen nicht ein, auch wenn es ansteckend wirkt.


    Nur zu gern folgt sie dem neunen Thema, etwas weniger heikles.


    "Ja, dies ist mein erster Besuch in Rom bei meiner Familie. Bisher habe ich in Hispania gelebt, meine Mutter ersuchte meinen Onke nach dem Tod meines Vaters , mein Tutor zu werden und so bin ich hier."
    Ihre Schultern zucken empor und das Gesicht der jungen Frau wirkt bemüht gleichmütig. Man muss kein sonderlicher Menschenkenner sein, um zu erkennen, das die Resie nach Rom nicht dem Wunsch Flamininas entsprochen hat.


    Erneut regt sie sich, verlagert das Gewicht auf die Zehenspitzen und kann sich gerade noch bremsen, herumzuwippen. Stillzustehen ist anscheind keine Spezialität des Iulierin.
    "Ich habe ja Zeit mir alles anzusehen, ich bleibe ja länger. Eingelebt habe ich mich noch nicht. Allein in einem so grossen Haushalt zu leben, ist schon ungewohnt."
    .. und eine Herausforderung. Sie war sich nicht ganz sicher, welche Erwartungen man an sie stellte, aber als unverheiratete junge Frau allein durch die Stadt zu strolchen gehörte sicher nicht dazu. Anständig im Sinne ihrer Tante, der Vibullia, wäre es bestimmt, den ganzen Tag im Haus zu hocken.
    Rasch schiebt sie den Gedanken an ihre Familie beiseite und konzentriert sich auf ihren Gesprächspartner. Sie schenkt ihm ein Lächeln und lässt ihre Neugier wieder die Oberhand gewinnen. Vermutlich war es auch nicht 'anständig' so lange mit einem Fremden zu schwatzen, aber wenn sie Ärger bekam, dann sollte es sich wenigstens gelohnt haben.
    "Stammst du aus Alexandrien oder warst du nur eine zeitlang dort? Die Resie dorthin muss doch schon spannend sein und man bekommt viel zu sehen. Was ist das beeindruckenste an Alexandria?"

  • Sie kam also aus Hispania. Ein weiterer Zufall, denn auch der Iunier hatte den Bürgerkrieg fernab der Schusslinie in Hispania Taracconensis verbracht, um sich von seinem Lungenleiden zu erholen. Doch mit solchen Details wollte er die junge Frau nicht langweilen. Stattdessen verfolgte er interessiert ihre weiteren Erzählungen. Sie war also nach Rom gekommen, um zu bleiben. Natürlich entging ihm auch nicht ihre quirlige Art, die sie kaum einen Moment stillstehen lies. Einmal dachte Silanus sogar, dass sie gleich nach vorne auf ihn zu kippte und machte sich schon bereits sie aufzufangen. Doch es war falscher Alarm. Gekonnt schaffte sie es wieder sich auszubalancieren. Schließlich sprach sie seine Zeit in Alexandria an und bereitwillig erzählte ihr der Iunier davon.


    "Nein, ich stamme nicht aus Alexandria. Ich war dort einige Zeit als Tribunus Angusticlavius bei der Legio XXII in Nikopolis stationiert. Es war eine sehr schöne und auch interessante Zeit, wenn ich mich so daran zurück erinnere. Die Kultur dort. Überhaupt das ganze Alltagsleben. Ganz anders als hier in Rom und kaum zu vergleichen. Die Reise selbst ist weniger spannend, da das Schiff hier in Ostia ab und in Alexandria wieder anlegt. Außer eine Menge Wasser sieht man da nicht viel. Aber kurz vor dem Ziel, wenn Alexandria dann am Horizont erscheint und über allen hinweg der große Leuchtturm von Pharos thront. Das ist schon ein sehr beeindruckender Anblick. Ich denke der Leuchtturm hat mich immer am meisten fasziniert. Vorallem wenn in der Nacht das gewaltige Pechfeuer an seiner Spitze lodert. Ich hatte auch das Glück ihm einmal besichtigen zu können, um mir das ausgeklügeltes System von Hohlspiegeln anzusehen, dass Tagsüber das Feuer ersetzt. Eine unvorstellbare Ingenieurskunst."


    Silanus, der mit leuchtenden Augen sichtlich ins Schwärmen geraten war, musste sich wieder aus seinen Erinnerungen reißen, um sich nicht noch weiter darin zu verlieren. Schließlich kam er wieder auf Rom zurück, dass für die neue Bewohnerin dieser Stadt bestimmt interessanter war als irgendwelche langen Erzählungen von all zu fernen Orten. Und ihm kam in diesem Zusammenhang eine Idee, die er der jungen Frau unverbindlich vorschlagen wollte.


    "Aber natürlich hat auch Rom zahlreiche Sehenswürdigkeiten zu bieten, die nicht minder prunkvoll und interessant sind. Wenn es dein Tutor erlaubt könnte ich dir ja bei Gelegenheit den Palast zeigen. Als kleine Entschuldigung für meine Ungeschicktheit."

  • Mit leicht schief gelegtem Kopf lauscht Flaminina seinen Worten, die klaren blauen Augen verschleiern sich, als ihre lebhafte Phantasie Bilder vor ihrem geistige Auge entstehen lässt. Die weite, bewegte Fläche des Meeres, das Kreischen der Möwen und der anregende salzige Geruch der See, wie herrlich musste das sein!


    Die letzten Worte des Iuniers scheinen Flaminina zu überrumpeln, wenig geübt darin, ihre Gefühle zu verbergen, blinzelt sie ihn überrascht an.
    Für einen Moment fehlen ihr die Worte, ihre Zungenspitze fährt über die Lippen,während sie nach den richtigen Worten sucht.
    "Sicher, gern, ich werde ihn fragen, was soll er schon dagegen haben? Auch wenn sicher keine weitere Entschuldigung nötig ist, es ist ja nichts weiterpassiert. "
    Zaghaft lächelt sie wieder.

  • Die indirekte Frage der Iulia war mehr als berechtigt. Was sollte ihr Tutor dagegen haben? Für einen normalen Bürger war es alles andere als Alltäglich in den Palast vorgelassen zu werden. Ganz im Gegenteil kannte der Druchschnittsrömer die Palastmauern lediglich von außen. Es handelte sich also durchaus um eine große Ehre, dorthin eingeladen zu werden. Dementsprechend rechnete auch Silanus nicht mit einem Nein. Allerdings gebot es die Höflichkeit ihren Tutor vorher zu fragen und sie nicht gleich mit in den Palast zu nehmen.


    "Vermutlich wird er nichts dagegen haben. Und wenn du es nicht als Entschuldigung ansehen möchtest, dann als Willkommensgeschenk für eine neue Einwohnerin dieser Stadt."


    Wobei letzteres wohl übertrieben war. Nicht jeder Bürger hatte das Glück von einem der obersten Palastbeamten über den Haufen gerannt und anschließend in den Palast zu einer Führung eingeladen zu werden. Kurz ertappte sich der Iunier bei den Gedanken, ob er eine alte Schachtel auch zu dieser Führung eingeladen hätte, oder ob dieser zufällige Lichtblitz auf das hübsche junge Mädchen zurückzuführen war, das nun hier vor ihm stand. Sie war ihm eigentlich etwas zu jung, um auf anhieb mehr hinter seinen Gedanken zu vermuten, über die er sich gerade selbst nicht ganz sicher war. Wobei er ja immer noch nicht ihr genaues Alter wusste. Doch nach dem Alter fragte man eine Frau bekanntlich nicht. Vor allem keine, die man gerade erst kennengelernt hatte. Doch trotz, oder vielleicht gerade aufgrund ihres jugendlichen Charmes, ihrer sichtlich quirligen und vor allem offenen und herzlichen Art, hatte sie wohl zumindest schon einmal Silanus Interesse und den Wunsch nach einem weiteren Treffen geweckt. Doch ansonsten wahr sich auch der Iunier nicht ganz sicher, warum er nun doch so etwas wie Aufregung in seiner Magengrube verspürte, als sie ihm zugesagt hatte.


    "Wann wäre es dir denn Recht?"

  • "Meinetwegen gleich morgen" sprudelt es spontan aus der jungen Iulierin hervor.
    Verschwörereisch neigt sie sich dem Iunier etwas zu und senkt die Stimme, als wolle sie ihm nun ein Geheimnis verraten. "Das bewahrt mich davor, den Tag mit meiner Tante zu Hause zu verbringen."
    Ihre Augen blitzen auf, ist es leicht nachzuvollziehen, wie schwer es für das lebhafte Wesen sein musste, den Tag mit einer gesetzten römischen Matrone zu verbringen.


    Mit einem übertriebenem Seufzer rückt sie wieder von ihm ab und strahlt ihn gut gelaunt an. Wie zuvor wirkt sie nicht, als hätte sie irgendwelche Hintergedanken, Zum einen schien das nicht ihrem Wesen zu entsprechen, zum anderen war sie wirklich recht jung. Silanus würde sie vom Aussehen auf vielleicht 17 höchstens 18 Jahre schätzen , wenn auch ihre ungestüme Art sie noch jünger wirken lässt.


    "Aber warten wir ab, was mein Tutor sagt. Es könnte allerdings sein, das ich morgen zur Mittagszeit mal diese berühmten gewürzten Würstchen hier auf den Märkten probieren möchte. ."

  • Silanus konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen, als sie ihm verriet, dass seine Einladung ein guter Vorwand war, um ihrer Tante zu entgehen. Gleichzeitig hoffte er aber auch, dass es dieser Tante nicht einfallen würde, die junge Iulia bei ihrem Besuch des Kaiserpalastes zu begleiten. Es war nicht ungewöhnlich, dass behütete Mädchen aus gutem Hause einen Anstandsdame zur Seite gestellt bekamen. Vor allem dann, wenn sie sich mit einem Mann trafen. Und im Zusammenhang mit der Chance den Palast einmal von innen zu sehen, war die Chance doch sehr hoch, dass Flaminina morgen nicht alleine auftauchen würde. Da er es gegebenenfalls ohnehin nicht verhindern konnte, sagte Silanus auch nichts. Es hätte komisch gewirkt, hätte er zu ihr gesagt, sie solle alleine kommen. Man musste einfach abwarten und schauen, was daraus wird. Vielleicht schickte ihre Familie so wie heute nur eine Sklavin mit. Dieser Gedanke veranlasste den Iunier kurz zu der Sklavin zu sehen, die sich immer noch dezent im Hintergrund hielt. Er riskierte daher nur einen kurzen Blick, bevor er wieder in die strahlend blauen Augen der jungen Iulia sah, in der sichtlich große Vorfreuden abzulesen waren.


    "Also gut, dann morgen. Wenn du schon vormittags Zeit hast, dann kann ich dir versichern, dass du pünktlich zur Mittagszeit wieder hier bist, um die gewürzten Würstchen zu probieren. Ich würde vorschlagen wir treffen uns zur hora tertia vor dem Palasteingang. Ist dir das recht oder zu früh für dich?"

  • Zum Glück kann sie Silanus Gedanken nicht lesen, so arglos ist sie nun auch wieder nicht, als das sie eine Bitte um ein Treffen allein nicht zumindest merkwürdig gefunden hätte.


    Mit einem leisen Lachen hebt Flaminina etwas abwehrend die Hände.
    "Versprechen kann ich nichts, ich muss schon abwarten, was mein Onkel sagt. Die Zeit würde mir schon recht sein, aber wie gesagt.. Ich schicke einen Boten ... zur casa Iunia?"
    Fragend legt sie etwas den Kopf schief, vieilleicht wohnte er ja auch woanders.

  • "Schon gut. Wir wollen deinen Onkel schließlich nicht verärgern. Wenn mich der Bote nicht persönlich antrifft, dann kann er in der Casa Iunia eine Nachricht für mich hinterlassen. Meine Haussklaven richten sie mir dann aus."


    Je nachdem wann der Bote vorbei kam, konnte es durchaus noch sein, dass Silanus im Palast war. In diesem Fall war eine Nachricht keine schlechte Idee. Er hatte daher sicherheitshalber darauf hingewiesen.


    "Wichtig ist nur, dass du mir Bescheid gibst und ich dich zum ausgemachten Zeitpunkt beim Palasteingang abholen kann. Sonst lassen dich die Prätorianer nicht hinein."


    Den Iunier schoss dabei durch den Kopf, dass die junge Dame bisher seine Behauptung gar nicht hinterfragt oder sich zumindest erkundigt hatte, was sein eigentlicher Job im Palast war. Schließlich konnte ein jeder daher kommen und gegenüber einer jungen Frau einfach behaupten, dass er für den Kaiser arbeitete, um sie so zu beeindrucken. Das war vermutlich ein wenig naiv, aber aufgrund des jungen Alters seines Gegenübers irgendwo auch verständlich. Welches junge Mädchen träumte nicht davon, einmal auf den Spuren der Augusta durch den Palast zu wandeln. Dasselbe würde sich vermutlich auch der Onkel denken, wenn sie ihm davon erzählte und seine Erlaubnis für diesen Besuch einholen wollte. Andererseits, selbst wenn Silanus der Hausmeister im Palast war. Solange er tatsächlich jemanden in den Palast hineinbringen konnte, war der Rest für die Besucher vermutlich egal. Der Iunier wischte den Gedanken daher beiseite und lächelte freundlich.


    "Es würde mich also freuen von dir zu hören."

  • In den hübschen blauen Augen funkelt es leicht spöttisch auf.
    "Natürlich wirst du von mir hören, oder fürchtest du, eine Iulierin steht nicht zu ihrem Wort? Sobald ich etwas weiss, schicke ich dir einen Boten."
    Da war es wieder, das Freche und Vorlaute, doch mildert sie die Worte mit einem heiteren Lächeln ab.


    Tatsächlich schien sie sich keine weiteren Gedanken darum zu machen, das er nicht das sein könnte, was zu sein er vorgab. Oder vielleicht war ihr schlichtweg jeder Vorwand recht, der strengen Aufsicht ihrer Tante zu entkommen, selbst wenn er der Gärtner oder Stallmeister war.
    Vermutlich wäre Silanus enttäuscht, wenn er wüsste, das Kaiser oder Paläste so garnicht in Flalmininas Wünschen und Träumen auftauchten.


    Leicht neigt sie den Kopf in einer verabschiedenen Geste.
    "Dann hast du etwas, worauf du dich freuen kannst. Ich wünsche dir noch einen angenehme Tag."
    Gedanklich ist die junge Frau schon dabei, wie sie ihren Onkel überreden konnte und der Plan, der in ihr heranreift, entlockt ihr ein verschmitztes Lächeln.
    Sie würde rasch noch ein paar Dinge besorgen müssen......

  • SIlanus schmunzelte, als Flaminina vorlaute Antwort hörte. Eine Iulia steht zu ihrem Wort. Natürlich! Wie konnte er nur wagen das in Zweifel zu ziehen. Um nicht den Unmut der jungen Frau auf sich zu ziehen, unterließ er es darauf einzugehen. Schließlich war es für ihn langsam Zeit in den Palast zurück zu gehen. Auch die Iulia schien sich wieder auf den Weg machen zu wollen.


    "Vielen Dank! Den wünsche ich dir auch Iulia. Bis morgen."


    Silanus nickte der jungen Iulia verabschiedend zu und ging dann seines Weges. Nach ein paar Metern drehte er sich jedoch noch einmal kurz in ihre Richtung, um noch einmal einen Blick auf sie zu erhaschen, bevor er schließlich ganz im Gewühl der Marktbesucher verschwand.

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