Als Antias und Fimbria am Abend vom Wachdienst zurückkehrten, empfing sie schon von weitem ein recht eigentümlicher Geruch, der an Penetranz zunahm, je näher sie den Unterkünften kamen. Vor den Baracken der Urbaner herrschte rege Betriebsamkeit. Unter ausgelassenem Geplapper wurden Fässer unter die Vordächer gewuchtet, Säcke geschnürt und Amphoren verkorkt. Die Rationen waren endlich ausgegeben worden. Keinen Tag zu früh, denn sogar die letzten vertrockneten Brotfladen waren im feuchten Dunst der vergangenen Regentage zu grün gesprenkelten Schwämmen aufgequollen, die nichtmal ein halbverhungertes Mastschwein mehr angerührt hätte. Befriedigt stellten die Heimkehrer fest, dass aus dem Abzug ihrer Unterkunft bereits dicke Rauschwaden wehten.
Hispo rammte das letzte herumstehende Fass gegen die Barackenmauer und grinste ihnen breit entgegen. „Na, ihr faulen Säcke? Jetzt kommt ihr, wo die Arbeit erledigt ist.“
„Ist da auch was Frisches bei?“ fragte Fimbria misstrauisch schnuppernd.
„Teilweise.“ Hispo wischte sich den Schweiß von der Stirn und roch mit schiefem Blick an seinen Fingern.
„Das Korn ist trocken, keine Sorge. Und ihr werdet's nicht glauben ... es gibt rauchfrische Lucanicae! Ansonsten Eier, Milch, Traubenessig, Öl, Dörrfrüchte, Obst, eingelegter Ziegenkäse, geräucherte Speckseiten und vor allem .. naja .. schuppige Grüße aus dem Tyrrhenischen Meer.“
„Hä?“
„FISCH?“ platzte Antias heraus. Hispo nickte bedeutungsvoll.
„Zwei Fässer, randvoll.“
Das musste ein Scherz sein. Antias löste den Deckel eines Fasses, hob ihn hoch und knallte ihn sofort wieder drauf.
„Seid ihr dämlich oder was? Der stinkt ja jetzt schon!“
Hispo zuckte entschuldigend die Achseln.
„Wenn wir den Fisch nicht genommen hätten, hätten wir die Würste nicht gekriegt.“
Antias konnte es nicht fassen. Es war Sommer! Immer noch! Und der Fisch war nicht mal eingesalzen!
„Wie kommen die auf so was?“ fragte Fimbria kleinlaut.
Hispo wusste nicht, was er mit seinen müffelnden Fingern anfangen sollte und streckte die Hände von sich wie ein flügellahmer Reiher.
„Die Miles von der Zuteilung haben gesagt, der Sturm draußen auf See hätte wie's scheint die ganzen Fanggründe durcheinandergebracht. Jedenfalls ersaufen die Märkte von Ostia grade im Fisch. Also isser billig.“
„.. und wertlos.“ brummte Antias.
„Vielleicht wenn man ihn trocknet?“ schlug Fimbria vor.
„Nur zu..“ ätzte Antias zurück. „..du kannst ja jeden einzeln mit der Tunica abrubbeln.“
„Nee .. auslegen.“
„Wo denn? Hmm .. vielleicht räuchern.“
„An der Kochstelle in der Baracke? Nur über meine Leiche!“
Inzwischen hatte sich das gesamte Contubernium ratlos um die miefenden Fässer versammelt; mit Ausnahme der Zwillinge, die Kochdienst hatten und in der Unterkunft vor sich hin werkelten. Antias ging zu Macro hinüber und überbrachte ihm die Nachricht seiner Schwester. Dann starrte er wieder grübelnd auf die Fischfässer. Das Zeug musste hier weg, egal wie. Aber vielleicht nicht unbedingt sofort.
„Könnten wir die Angelegenheit vielleicht auf später verschieben? Ich hab Hunger. Trotz allem.“ Antias seufzte auf und marschierte hoffnungsfroh zur Barackentür. Hispo eilte ihm hastig nach.
„Bevor du da reingehst .. also ..“ Das klang nicht ermutigend.
„Was?“
„Naja .. die Zwillinge haben sich auch so ihre Gedanken über den Fisch gemacht, und ..“
„Sag nicht es gibt Fisch!“
„Nein, nein .. Puls und Würstchen .. aber ..“
„Götter!“ schnitt Antias Hispo das Wort ab und riss entnervt die Tür auf.