Cubiculum Claudia Agrippina | Der Unterricht beginnt

  • Aristoteles war bereit. Die Unterrichtsmaterialien hatte er vorbereit. Jetzt fehlte nurnoch die Schülerin.Er wusste das Dominus Maevius ihr gestern Bescheid gesagt hatte und stand nun vor dem Cubiculum der jungen Claudierin.


    Beim Gedanken an sie brannte der Schmerz wieder zwischen seinen Schenkeln. Wegen ihr hatte man ihn kastriert. Also technisch betrachtet hatte Maevius die Kastration angeordnet, aber Agrippina war der Grund für diese Vorsichtsmaßnahme gewesen. Ausserdem hatte sie sich kein bisschen für ihn eingesetzt, sondern sich nur um die Manneskraft dieses orientalischen Schönlings Onatas gesorgt. Darum war Onatas nun auch immernoch ein viriler Mann während Aristoteles ein hodenloser Eunuch war. Das er negativ gegenüber der Agrippina und ihrem Schoßsklaven eingestellt war konnte man wohl als untertrieben betrachten. Sie sollte nicht erwarten das er ein leichter Lehrer werden würde. Mit diesem Gedanken klopfte er.

  • Im Gegensatz zu Aristoteles war ich alles andere als bereit! Ein Sklave hatte mich in der Frühe geweckt, so dass Eleni ganz besorgt aus ihrer Kammer hereingeeilt kam, um nachzusehen, was geschehen war. Der Sklave plapperte ganz eingeschüchtert davon, dass der Maevius dies angeordnet habe. Der neue Hauslehrer stunde bereit und würde bereits auf mich warten und bat nun darum, eintreten zu dürfen
    „Welcher neue Hauslehrer?,“ fragte ich verdutzt und sah dabei Eleni an. „Er meint wahrscheinlich den Kastraten,“ entgegnete sie. Dann fiel es mir auch wieder ein. Der unglückliche Vorfall, während des gestrigen Marktbesuches. Aristoteles, der arme Kerl hatte die Bekanntschaft mit dem Maevius gleich mit dem Verlust seiner Männlichkeit bezahlt! Mich wunderte, dass er heute bereits einsatzfähig war!


    Ich hatte keine große Eile. Zuerst nahm ich ein Frühstück ein, dann ließ ich mich waschen und einkleiden. Danach wartete ich auf meine neue Ornatrix, die mir in aller Selenruhe meine Frisur steckte. Erst dann, als ich mit allem an mir zufrieden war, bedeutete ich Naevia, die inzwischen auch zu mir gestoßen war, man könne den Sklaven Aristoteles nun zu mir einlassen.

  • Als er angenommen hatte das der Unterricht bald beginnen könnte hatte er sich gründlich geirrt. Man hatte ihn angemeldet, aber anstatt ihn umgehenden hereinzubitten hatte sich geschäftige Betriebsamkeit entfalltet. Sklaven waren gekommen und gegangen. Anscheinend hatte die Claudierin erstmal ein Frühstück eingenommen und dann hatte sie sich wohl herausputzen lassen. In Aristoteles brodelte es. Warum musste sich diese Kuh aufdonnern wenn man ihn doch extra kastriert hatte um sie zu unterrichten? Konnte sie sich das nicht für Onatas aufheben? Er jedenfalls stand sich nicht gerne frisch operiert die Beine in den Bauch.


    Als man ihn endlich einließ war sein Gesichtsausdruck sehr gequält. Er schaute Agrippina an die wirklich herausgeputzt war und sagte mit leicht säuerlicher Miene.


    " Guten Morgen, Agrippina! Ich hoffe der heutige Unterricht kommt die nicht ungelegen. Maevius hat gewünscht das ich umgehend damit beginne. Er meinte du hättest einen recht grossen Aufholbedarf was das feinere Benehmen angeht. Sollen wir vieleicht direkt damit beginnen? Nehmen wir mal eine Situation als Beispiel. Wenn eine Partrizierin mit einem Sklaven konfrontiert ist sollte sie dann umgehend zur Sache kommen oder sich umfassend um ihr äusseres kümmern? Besonders wenn der betreffende Sklave bereits kastriert wurde und das Aussehen seiner Herrin darum nichtmehr richtig zu schätzen weis? Was ist deine Meinung? Wie sollte sich eine hochgeborene junge Dame verhalten?"


    Dabei sah er ziemlich sarkastisch aus. Vieleicht war es keine gute Idee Agrippina so zu provozieren, aber im Moment fürchtete er Maevius mehr als das Mädchen.

  • Als Aristoteles eintrat, beachtete ich ihn kaum. Denn ich saß noch immer an meiner Kommode und betrachtete mich in meinem Handspiegel. Meine ägyptische Neuerwerbung hatte wirklich gehalten, was sie versprochen hatte. Sie war eine ausgezeichnete Ornatrix. Zwar verstand sie kaum etwas von dem, was man ihr sagte, doch dieses Manko würde man ihr auch noch austreiben. Ähnlich wie Naevia, die einige meiner Kleidungsstücke wieder verräumte, war auch Eleni noch damit beschäftigt, dasselbe mit den Tiegeln meiner Kosmetik zu tun. Beide Sklavinnen waren vertieft in ihr Tun, so dass auch sie dem Hauslehrer nicht einmal ein Fünkchen ihrer Aufmerksamkeit schenkten. Doch das sollte sich schon sehr bald ändern. Kaum hatte der Sklave seinen Mund aufgemacht, hielten beide inne und sahen auf. Ähnlich erging es mir. Ich fokussierte meinen Blick auf den Sklaven, dessen säuerliche Mine mir noch weniger gefiel, als der Ton, den er anschlug.
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    „Was fällt dir ein, Sklave!“, herrschte Eleni ihn an und trat nun an meine rechte Seite. „Dies ist deine Domina, die du gefälligst auch so anzusprechen hast! Und wie kannst du es überhaupt wagen…“ Ich beschwichtigte Eleni, die ja ganz außer sich war, mit einer Handbewegung, da ich sofort ahnte, woher der Wind wehte. Der Maevius hatte hier einmal wieder seine Hand im Spiel und machte nun diesen Sklaven zu seinem Spielball. Doch auf meinen Wink hin, verstummte sie, bedachte den Sklaven aber weiterhin mit einem äußerst verärgerten Ausdruck. „Ist schon gut Eleni! Du siehst doch, unser Freund hier ist wütend,“ meinte ich belustigt. Noch nahm ich das Verhalten des Sklaven auf die leichte Schulter. Im Grunde konnte ich ihn ja verstehen, wenn er mit seinem Schicksal haderte. Doch warum er all seine Wut auf mich projizierte, verstand ich nicht. Schließlich war nicht ich es, die seine Entmannung befohlen hatte.
    „Du fragst mich, wie sich eine hochgeborene junge Dame in diesem Fall verhalten soll? Nun, lass mich nachdenken.“ Für einen Moment mimte ich mich hochkonzentriert, dann wandte ich mich dem Sklaven wieder zu und antwortete ihm ganz ungezwungen in einem ruhigen, doch bestimmten Ton. „Ich würde dem Sklaven ein für alle Mal klar machen, dass er sich gerade auf sehr dünnem Eis befindet und sich glücklich schätzen kann, dass ich heute Morgen eine so gute Laune habe, so dass ich ihm statt zwanzig Peitschenhieben lediglich nur fünf angedeihen lasse. Bist du mit dieser Antwort zufrieden?“

  • Nun setzte Aristoteles eine säuerliche Miene auf und sagte:


    "Euer unwürdiger Sklave ist hier um euch zu unterrichten und ich sehe das der Dominus recht hatte das es einiges an Unterricht bedarf. Einen Sklaven den man gerad erst gezwungen hat sich an seinen empfindlichen Geschlechtsteilen operieren zu lassen mit Peitschenhieben zu drohen zeigt dein kkndliches Verständnis von solchen Dingen. Lass mich die Prinzipien der angemessenen römischen Herrchaft erläutern.


    Es ist wichtig zu verstehen das Schmerz nur bis zu einem gewissen Grad motiviert, beonders wenn man ihn schon benutzt hat. Eine erfahrene Herrin oder Herr wissen das man neben Strenge vor allem durch sein römisches Vorbild die Sklaven beherrscht. Ekn Sklave muss jederzeit wissen das seine Herrschaften ihm kulturell als Römer überlegen sind. Dies ist jedoch nur möglich wenn man sich selbst sittsam und diszipliniert verhält. Wie ich sehe sind hier noch einige Lektionen fällig. Wie gefällt dir diese?"


    Aristoteles hoffte das dies kein Fehler gewesen war, aber was sollte sie schon tuen. Maevius wirkte nicht wie jemand der es akzeptierte ei en wertvollen Sklaven durch Totpeitschen zu verschwenden.

  • Ich sah schon, wie schwer es Eleni fiel, sich bei diesen Äußerungen zurückzuhalten. Wäre es nach ihr gegangen, hätte sie Aristoteles ordentlich den Kopf gewaschen. Doch ich hatte ihr geboten, sich zurückzuhalten, woran sie sich auch hielt.
    Doch auch meine Geduld schien bei solch einer Niederträchtigkeit bald an ihre Grenzen zu stoßen. Erst recht als er mir unterschwellig mit dem Maevius drohte. Ausgerechnet der Maevius, der ja im Grunde für seine Misere verantwortlich war!
    „Du meinst also, dir in deiner jetzigen Situation mit Schlägen zu drohen sei barbarisch und eines Römers nicht würdig? Mal ganz davon abgesehen, dass du mir gerade vorwirfst, ich ließe es an Sittsamkeit und Disziplin mangeln. Dann sag mir doch Sklave, wie sollte ich mich deiner Meinung nach einem Sklaven verhalten, der unverschämt ist und mich beleidigt? Meinst du, ich könnte ihm damit drohen, ihn für die nächsten Tage in ein dunkles Loch zu verbannen? Bei Wasser und Brot?“ Interessiert sah ich zu Naevia hinüber, die sich, da sie ja die Villa Claudia schon länger als ihr Zuhause betrachtete, hier bestens auskannte. „Naevia, sag mir, gibt es einen solchen Carcer in der Villa? Ein tiefes feuchtes und dunkles Loch, in das man aufmüpfige Sklaven steckt?“ Naevia musste nicht lange über meine Frage nachsinnen und nickte mit einem gewissen Unbehagen. „Ja, Domina! Den gibt es.“
    „Nun,“ meinte ich und wandte mich meinem Lehrer wieder zu. „Wie würde dir das gefallen?“

  • Aristoteles schluckte wieder. Da hatte er die Kleine wohl doch zuviel provoziert. Bemuht die Haltung zu bewahren sagte er:

    "Ein paar Tage in Einsamkeit und schlechter Umgebung sollten effektiv sein, doch zeigt sich wahres Geschick in der Anleitung von Sklaven darin das sie einsehen warum sie dienen sollen. Durch eine unbeugsame Einstellung stellt man klar was man erwartet und reagiert nicht uber. In diesem Fall sollte es ausreichen mich mindere Arbeiten im Haushalt erledigen zu lassen, auf dass ich begreife das es eine Ehre ist als Paedagogus zu dienen. Dann ist diese Frage endgultig geklart. Wie du siehst begreife ich dies schon, jedoch sehe ich es als meine Aufgabe an dich zu unterrichten. Seit ihr mit dem Unterricht unzufrieden, Herrin?"


    Hoffentlich verstand sie sein Argument, sonst konnte er sich auf ein paar Tage in einem dunklen Loch einstellen.

  • Offensichtlich hatte ich mit der Drohung des claudischen Carcers genau ins Schwarze getroffen. Prinzipiell gab es wohl kaum einen Sklaven, der nicht davor zitterte – vor dem berühmt berüchtigten „Loch“. Jeder Sklave, der nach ein paar Tagen aus absoluter Dunkelheit und stetig feucht kalter Umgebung wieder ans Tageslicht kam, schien danach verändert. Im besten Falle hatte er dadurch Läuterung erfahren.
    „Da könnte ich dir durchaus zustimmen. Doch mein Vater, der unglücklicherweise bereits im Elysium weilt, hatte im Bezug auf störrische und unverschämte Sklaven stets eine klare Haltung. In seinem Umgang mit ihnen war er immer darauf bedacht, möglichst selten eine Wertminderung zu provozieren. Das bedeutet im Klartext, dass nur im äußersten Notfall die Peitsche zum Einsatz kam. Denn die Peitsche, wenn man sie richtig anwendet, hinterlässt meist hässliche Narben. Außerdem können sich die Wunden bei falscher Behandlung entzünden und der Sklave stirbt daran. Zumindest aber ist er für mehrere Tage nicht einsatzfähig. Wodurch eine Menge Geld verloren gehen kann, was zwar in deinem Fall nicht wirklich zutreffend wäre, wenn man einmal die Kosten für deine Verpflegung außer Acht lässt. Viel effektiver hingegen waren seine anderen Maßnahmen, um dem Unfreien klar zu machen, wer am längeren Hebel sitzt und wem allein er sein kümmerliches Dasein zu verdanken hat. Alleine die Drohung, der Sklave müsse die nächsten Tage im Carcer zubringen, half oft schon, um der Einsicht einen Weg zu bereiten. Und wie ich sehe, vermag es bei dir ähnliche Assoziationen hervorzurufen. Das ist gut! Du weißt also bereits, wer dein Herr, oder in diesem Fall deine Herrin, ist und welche Macht sie über dich besitzt. Du tust also gut daran, sie nicht weiter zu reizen, denn wisse Sklave, für dich ist allzeit ein Platz im Loch frei!“ Ich beobachtete ihn kurz, ohne eine Miene zu verziehen. Lediglich Naevia deutete ich an, mir etwas von dem verdünnten Traubenmost in meinen Becher zu gießen, da meine Kehle sich trocken anfühlte. Nach einem großen Schluck sprach ich dann weiter. „Fakt ist, ich habe dich auf Betreiben Maevius Tullinus als Paedagogus gekauft. Alleine schon aus ökonomischer Sicht wäre es reinste Verschwendung, dich niedere Arbeiten verrichten zu lassen, da ich zu der Einsicht gelangt bin, aus dir und deiner Profession durchaus einen Nutzen ziehen zu können. Da ich nun deine Herrin bin und nicht etwa der Mavius, wirst du mir von nun an den nötigen Respekt zukommen lassen, selbst dann wenn du deiner Aufgabe als Paedagogus nachkommst. Desweiteren wirst du dich in Zukunft mit mir… und nur mit mir über den Lehrstoff beraten. Zusammen werden wir dann ein passendes Curriculum erstellen. Nun, was sagst du dazu?“

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